Titel: Ueber das Schmiedeisen und die Legirungen von Stirling.
Fundstelle: Band 121, Jahrgang 1851, Nr. LXV., S. 274
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LXV. Ueber das Schmiedeisen und die Legirungen von Stirling. Aus dem Moniteur industriel, 1851 Nr. 1562 und 1564. Ueber Stirling's Schmiedeisen und Eisenlegirungen. Im polytechn. Journal Bd. CXVII S. 307 haben wir die Processe mitgetheilt, durch welche es dem Engländer Morries Stirling gelang, das Gußeisen fester zu machen, nebst den verschiedenen Legirungen des Eisens mit andern Metallen, welche Stirling zu technischen Zwecken empfiehlt. Wir kommen nun auf diesen wichtigen Gegenstand zurück und lassen die Versuche folgen, welche seitdem mit diesen neuen Producten angestellt worden sind. Um die Festigkeit des Schmiedeisens zu erhöhen, verbindet es Hr. Stirling im Puddelofen mit Block- oder Körnerzinn. Ein Zusatz von 2 Proc. Zinn verändert das Ansehen und die Beschaffenheit des Eisens sehr wesentlich, und 1 Proc. liefert ein Metall, welches mit einem krystallinischen Bruch zerbricht, sich aber unter dem Hammer, dem Quetsch- und Walzwerk, sowie in der Schmiede gut verhält und eine schöne ebene Oberfläche zeigt. Es war eine solche Verbindung hauptsächlich vortrefflich für die oberste Lage bei den Packeten zu Eisenbahnschienen, während die andern Lagen aus gewöhnlichen Rohschienen oder einmal geschweißtem Eisen bestanden. Dadurch wird die eigentliche Fahrbahn der Schienen härter, während der übrige Theil die gewöhnliche Geschmeidigkeit, Biegsamkeit und Festigkeit des guten Stabeisens behält. Auch zu andern ähnlichen Zwecken, z. B. zu den Radreifen der Locomotiven und Eisenbahnwagen (man vergl. polytechn. Journal Bd. CXX S. 330) ist ein solches Eisen um so eher anwendbar, da es sich sehr gut und mit recht glatter Oberfläche auswalzen läßt. Wismuth, Antimon und Arsenik können ebenfalls als Zusätze angewendet werden und geben fast dasselbe Resultat wie Zinn. Ein Zusatz von Zink, sowohl im metallischen Zustande, als auch in dem des Oxydes oder Carbonates, d. h. als Galmei, hat ebenfalls einen großen Einfluß auf das Schmiedeisen. Dasselbe erlangt dadurch eine hellere Farbe und eine bessere Oberfläche, während es seine Geschmeidigkeit und die fadige Textur beibehält. Ein Zusatz von Kupfer macht das Stabeisen härter; es darf daher nur in dem geringen Verhältniß von 1 oder 2 Procent, dem Gewicht nach, angewandt werden. Setzt man dem Roheisen Mangan zu, so erhält man, sey es durch das Herd- oder Puddelfrischen, ein stahlartiges Eisen. Das im Handel vorkommende schwarze Manganoxyd (Graubraunsteinerz), im Verhältniß von 1 Proc. beim Puddeln zugesetzt, beschleunigt diese Operation und erhöht die Härte des Eisens. Wir wollen nun Einiges über den Gang der Processe sagen. Nachdem das gewöhnliche Roheisen im Puddelofen niedergeschmolzen ist, setzt man 1½ bis 2 Kilogr. Galmei auf jede Charge von 215 bis 225 Kilogr. zu, und vermengt das Ganze möglichst genau mit einander. Ist nun das Gemisch mit dem Quetschwerk gezängt und ausgewalzt, so erhält man Rohschienen oder Eisen Nr. 1, welches hinsichtlich seiner Eigenschaften dem gewöhnlichen englischen Eisen Nr. 2, oder einmal geschweißtem, gleichkommt. Wird es zerschnitten, in Packete zusammengelegt und ausgewalzt, so erhält man ein Eisen, welches Nr. 3 vom englischen Eisen gleichkommt, d. h. Stabeisen erster Sorte. Die Fabrication mit dem legirten Eisen ist daher gegen diejenige mit gewöhnlichem um einen ganzen Proceß abgekürzt. Statt des gewöhnlichen Roheisens kann man auch Roheisen Nr. 3 oder Nr. 3 extra, d. h. solches nehmen, welches durch das (im polytechn. Journal Bd. CXVII S. 312 beschriebene)Verfahren Stirling's verstärkt worden ist. Das aus solchem verstärktem Roheisen dargestellte Stabeisen zeichnet sich durch seine fadige oder nervige Textur aus, und die Fäden sind viel feiner als wenn man gewöhnliches Roheisen anwendet. Bei einem andern Verfahren setzt man jeder Charge von 215 bis 225 Kilogr. 1 bis 2 Kilogr. Zinn oder ¾ bis 1½ Kilogr. metallisches Antimon zu. Die aus solchen Gemischen erhaltenen Rohschienen sind sehr krystallinisch und hart, so daß sie der Abnutzung sehr widerstehen und eignen sich daher besonders zur Bildung der Packete für Eisenbahnschienen, Radreifen u. s. w. Am zweckmäßigsten bildet man die Packete mit ¾ bis 5/6 Rohschienen aus dem mit Galmei legirten und mit ¼ bis 1/6 Rohschienen aus mit Zinn oder Antimon legirtem Roheisen; letzteres nimmt man bei den Packeten zu den Deckschienen. Die Mehrkosten auf 1 Tonne Eisen betragen 9 Franken. Der interessante Bericht der Commission, welche dieses Eisen bezüglich seiner technischen Anwendbarkeit geprüft hat — aus welchem Bericht wir bereits (im polytechn. Journal Bd. CXVII S. 312) Einiges mitgetheilt haben — weist die Widerstandsfähigkeit verschiedener von diesen Eisensorten nach und die Resultate sind in nachstehender Tabelle zusammengestellt. Die Versuche wurden von Hrn. Jessie Hartley zu Liverpool und in den Werkstätten zu Woolwich angestellt. Beschaffenheit des angewendeten Eisens. Belastung in Ton., welche den Bruch veranlaßt hat, per engl. Quadratzoll. Mittlere Verlängerung in Zollen, auf eine Breite von 2 Fuß. 15 Tonnen. Zerreißung bei: 23,23 Sogenanntes Kroneneisen 24,47 Dundyvan-Eisen, 1 ste Sorte, in Stäben 24,33 ½ 1. Dundyvan, Nr. 4; Roheisen 46 Pfd., Brucheisen 10 Pfd. 27,81 1/8 5,0(a) 2. Dundyvan-Eisen, gewöhnliche Sorte 476 Pfd., 4 Pfd. Galmei 25,86 3/6 3 5/8 (b) 3. Fast eben so wie Nr. 1. 27,7 1/12 5 3/16(c) 4. (d) Roheisen Nr. 2, 40 Pfd.; Blechabschnitzel und Brucheisen 16 Pfd. 24,33 9/16 5½(e) Dundyvan-Eisen 476 Pfd., Zinn 1 Pfd. 23,39 1/16 4/4(f) Deßgl. 476 Pfd. und Zinn 3 Pfd. 22,92 1/16 ¼(g) Bemerkungen. (a) Sehr festes Eisen, welches mit einem sehr verlängerten Faden zerriß, sich gut unter dem Hammer, beim Schweißen, rothwarm und kalt, verhielt. (b) und (c) verhielten sich wie das vorhergehende Eisen. (d) war erst im Kupolofen eingeschmolzen und dann verpuddelt. (e) Eisen, welches zum Drahtziehen und zu jeglichem Gebrauch benutzt werden konnte. wozu ein weiches und geschmeidiges Eisen erforderlich ist. (f) Eisen zu Deckschienen für Vahnschienen und Reisen, sowie zu allen Zwecken, die ein hartes und feinkörniges Eisen erfordern. (g) Deßgleichen. Die vorhergehende Tabelle gibt uns die Mittel an die Hand, um die Legirungen mit dem Eisen, welches dazu benutzt worden, zu vergleichen. Die nachstehende Tabelle gibt die temporären und permanenten Durchbiegungen verschiedener Eisensorten an. Textabbildung Bd. 121, S. 277 Beschaffenheit des angewendeten Eisens.; Belastungen in englischen Centnern.; Permanenter Pfeil.; Dundyvan; Roheisen Brucheisen; Dundyvan, Galmei; Zinn Wir theilen noch auszugsweise einen Bericht mit, welchen Hr. Owen, Revisor der Materialien in dem Marine-Arsenal zu Woolwich, im Juni 1848 an die Lords der Admiralität über die Proben erstattete, welche mit dem Stirling'schen Eisen zu Schiffsbeschlägen, sowie zu Bolzen und Nägeln, ebenfalls für den Bedarf der Marine, angestellt wurden. Die erste Reihe von Versuchen mit den Stirling'schen Legirungen wurde zu Chatham angestellt, um die Art und Weise zu untersuchen, wie sich das Metall walzen und sonst bearbeiten lasse. Der Bericht besagt, daß sich dieses Eisen so gut wie Kupfer zu Bolzen und Nagelstäben, oder auch zu Blech für Schiffsbeschläge, und zwar in einer nicht wesentlich verschiedenen Hitze, auswalzen lasse. Diese Bolzenstäbe wurden mit derselben Maschine probirt, mit welcher die Ankerketten probirt werden, und dabei erst unter einer Belastung von 27 Tonnen per Quadratzoll zerrissen — eine Probe, wie sie alle andern zu Bolzen und Ketten angewendeten Kupfer- und Eisensorten nicht aushalten. Kupfer zerreißt gewöhnlich bei 2l,15 Tonnen und Eisen bei 23 Tonnen. Die übrigen Versuche wurden zu Woolwich in der Absicht angestellt, sich von der Festigkeit der Stirling'schen Mischung im Vergleich mit derjenigen des besten Kanonenmetalls zu überzeugen, um es bei Gußstücken statt des letzteren anwenden zu können, nämlich zu den Schrauben der Schraubendampsschiffe, zu Rahmen, Nägeln, Bolzen etc. Aus dem Bericht geht hervor, daß Kanonenmetall unter einer Belastung von 11 Tonnen zerbrach, während das Stirling'sche Metall erst bei 16 Tonnen nachgab. Man hat alsdann die Steifheit beider Metalle durch folgendes Mittel zu bestimmen gesucht. Stäbe von gleicher Stärke (7/8 Zoll im Quadrat) wurden auf 2¼ Fuß von einander entfernte Unterlagen gelegt und in der Mitte mit einem gleichen Gewicht (6½ Cntr.) belastet. Das Resultat war, daß das Kanonenmetall in der Mitte eine Durchbiegung von 5 7/16 und das Stirling'sche Gemisch eine solche von 1 2/6 Zoll annahm, letzteres daher in dem Verhältniß von 18 zu 87 steifer war. Eine andere Versuchsreihe über die Anfertigung und das Anbringen von Bolzen und Nägeln wurde zu Portsmouth angestellt und gab sehr genügende Resultate. Man hat sowohl zu Portsmouth als in Chatham auch die Versuche über die Anfertigung und die vergleichende Festigkeit dieser Stücke wiederholt, und alle diese Versuche haben bewiesen, daß die Ersparung bei den jetzigen mittlern Kupferpreisen nicht unbedeutend sey; denn die Tonne Kupfer kostet jetzt 100 Pfd. St. (der preuß. Ctnr. 34 Thlr. 6 Sgr.), während die Tonne von der Legirung nur 80 Pfd. St. (1 preuß. Cntr. 27 Thlr. 10⅔ Sgr.) kostet. Außerdem hat man noch einen Vortheil dadurch, daß die Legirung ein geringeres spec. Gewicht als das Kupfer hat, wodurch auf die Tonne 4 Pfd. Sterl. erspart werden. Der Berichterstatter, Hr. Owen, bemerkt daher, daß er diese Legirungen zu Gußstücken gar nicht genug empfehlen könne, namentlich zu den Schrauben der Schraubendampfschiffe, zu Rahmen, Luftpumpen, Dampfcylindern, zu Bolzen und zu Nägeln, namentlich zu solchen, womit die Beschläge der Schiffe befestigt werdenHr. Owen hat bei seinen Versuchen über die galvanischen Eigenschaften des Metalls gefunden, daß es allen gebräuchlichen Beschlägen gegenüber sich elektropositiv verhält, welche Eigenschaft die anderen Rägel, womit die Beschläge der Schiffe befestigt werden, nicht besitzen., zu Holz- und andern Schrauben, zu Kolbenstangen, kurz alle Gegenstände, welche ein Material erfordern, das sich gut walzen lassen muß. Diese Legirungen eignen sich auch sehr gut zu Blech für Schiffsbeschläge, weil sie vom Salzwasser und andern ätzenden Substanzen weniger angegriffen werden, als Kupfer oder Kanonenmetall, und weil sich die Oberfläche der Legirung wegen deren dichteren Textur besser poliren läßt. Auch Hr. Wright, Materialienverwalter der London- und Nordwest-Eisenbahn, hat ein sehr günstiges Zeugniß über die Dauer der neuen Legirung bei ihrer Anwendung zu Achsenbüchsen ausgestellt; er hatte am Schlusse des Jahres 1848 schon über 3000 Stück von solchen Büchsen auf der erwähnten Eisenbahn angewendet. Aus einem Bericht an den Verwaltungsrath der südwestlichen Eisenbahn vom Monat April 1849 ersieht man, daß zwei aus dieser Legirung gegossene Büchsen, nachdem sie ein Jahr lang benützt worden waren, mehr als 60,000 engl. Meilen zurückgelegt hatten, und bei einer genauen Untersuchung sich durchaus nicht abgenutzt zeigten. Endlich haben sich auch einige ausgezeichnete Gießer und Metallarbeiter in England von der Vortrefflichkeit dieser Legirungen zu den mannichfaltigsten Zwecken überzeugt.