Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 122, Jahrgang 1851, Nr. , S. 71
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Miscellen. Miscellen. Die Semmering-Locomotiven. Ueber das Ergebniß der Versuche, welche auf einem Theil der Bahn über den Semmering mit den für den Preis concurrirenden Locomotiven angestellt wurden (man vergl. die Preis-Ausschreibung im polyt. Journal Bd. CXVI S. 162), enthält die Allg. Ztg. mehrere von der Station Peyerbach datirte Berichte, welchen wir Folgendes entnehmen. Die Commission hatte es bei Beurtheilung der Preisfrage mit vier Maschinen zu thun, nämlich 1) mit der Locomotive „Vindobona“ aus der k. k. privilegirten Maschinenfabrik der Wien-Gloggnitzer Eisenbahn-Gesellschaft in Wien; 2) mit der Locomotive „W. Neustadt“ aus der Fabrik des Hrn. Wenzel Günther zu W. Neustadt; 3) mit der Locomotive „Bavaria“ aus dem Eisenwerk Hirschau des Hrn. H. A. v. Maffei in München; 4) mit der Locomotive „Seraing“ aus den Eisenwerken der Gesellschaft John Cockerill in Belgien. Gemäß §. 9 des Programms mußte jede dieser vier Locomotiven die Proben über den größeren oder geringeren Grad der Beweglichkeit in den Curven durchmachen, bevor sie zur Preisconcurrenz zugelassen werden durften. Am 13. August wurde mit der Locomotive Bavaria begonnen. Auf einem Gefälle von 1: 40 in Curven von nur 100 Klaftern Radius legte diese Maschine 5 Meilen in einer Stunde zurück, ohne Belastung. Auf ein gegebenes Zeichen hielt die Maschine in dieser angenommenen Geschwindigkeit plötzlich inne, ohne weiter als 18 Klafter nach dem Bremsen fortzugleiten. Das Programm erlaubt bei einer Schnelligkeit von 4 Meilen per Stunde 80 Klafter W. M. 14. August. Die Locomotive Seraing lief auf derselben Strecke mit 5 1/2 Meilen Geschwindigkeit per Stunde, und bremste vollkommen auf einer Länge von 40 Klaftern. 15. August. Die Locomotive Neustadt lief mit einer Geschwindigkeit von 5 Meilen per Stunde, und bremste bei einer Länge von 30 Klaftern. 17. August. Die Maschine Vindobona lief mit 4 Meilen Geschwindigkeit per Stunde, und bremste auf 70 Klaftern Länge. Diese Proben glücklich überstanden, schritt die Commission zur zweiten Vorprobe gemäß §. 10 des Programms (Vgl. Eisenb.-Ztg. 1850, Nr. 17), nämlich der Belastung der Locomotive mit 2500 Centnern auf den starken Steigungen von 1 : 40 mit Schnelligkeiten von nicht unter 1 1/2 Meilen per Stunde. Auch hier machte die Locomotive Bavaria den Anfang. Mit einer Last von 2640 Centnern durchlief sie die stärksten Steigungen von 1 : 40 mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 2.44 Meilen per Stunde. Die Locomotive Seraing durchlief dieselben Strecken mit 2523 Ctrn. mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 1.88 Meile per Stunde. Die Maschine Vindobona mit einer Belastung von 2500 Ctrn. lief mit 1.5 Meile Geschwindigkeit. Die Maschine Neustadt lief mit 2500 Ctrn. in einer Geschwindigkeit von ebenfalls 1.5 Meile per Stunde. Alle Maschinen, mit Ausnahme der Locomotive Vindobona, störten den Oberbau nicht im geringsten. Letztere jedoch verursachte eine bedeutende Depression auf die Schienen. Alle vier Maschinen wurden nach diesen überstandenen Vorproben zur Concurrenz um den ausgesetzten Preis von 20,000 Stück Ducaten zugelassen. In Folge der Sitzung der Commission vom 19. Aug. legte die Locomotive Bavaria am 20. und 21. August die folgenden wohlgelungenen Hauptproben in Bezug auf Schnelligkeit, Brennmaterial-Verbrauch und Belastung ab. Probestrecke zwischen Station Peyerbach und Eichberg: Länge der Strecke 3200 W. Klafter, festgesetzte Schnelligkeit zwischen 1 1/2 und 2 1/2 Meilen per Stunde; Steigungen zwischen 1: 40 und 1: 100; Curven von 100 Klaftern Radius. Gewicht der Bavaria 861 Centner. Aus dem Vergleich der 12 gelungenen Fahrten ersieht man leicht die große Regelmäßigkeit im Gange der Maschine, sowie besonders in dem Brennmaterial-Verbrauch. Merkwürdig ist es, daß bei der Mehrbelastung von beinahe 400 Centnern der Verbrauch an Holz und die Geschwindigkeit in Meilen dieselben wie am Tag vorher geblieben sind. Es sind diese schönen Resultate den außerordentlich gelungenen Proportionen der Maschine, sowie der umsichtsvollen Behandlung derselben durch den Führer Kleinheinz zuzuschreiben. Jeder Locomotive war die Anzahl von 20 Preisprobefahrten gestattet, worunter 12 als gelungene sich herausstellen mussen. Eine gelungene Fahrt ist die zu nennen, welche mit einer Minimalbelastung von 2500 W. Ctrn. nicht unter 1 1/2 Meilen Geschwindigkeit für eine Stunde und nicht über 2 1/2 Meilen für die Stunde auf irgend einem Punkt der Bahnstrecke im Aufwärtsfahren, und 2 Meilen für die Stunde im Abwärtsfahren erzielt wird. Der Concurrent kann von diesen 20 Fahrten die gelungensten und günstigsten zur Herausstellung der Leistungsfähigkeit seiner Locomotive selbst auswählen. Wenn ihm 12 Fahrten nacheinander vollkommen gelingen, ist er von den übrigen 8 entbunden. Textabbildung Bd. 122, S. 73 Abfahrt.; Fahrten-Nummer.; Witterung.; Dauer der Fahrt von Peyerbach nach Eichberg aufwärts.; Durchschn. Geschwindigkeit per Stunde; Dampfspannung per Quadratzoll.; Expansion.; Holzverbrauch in Bündel zu 50 Pfd.Die Klafter Holz wiegt 16. 7 Cntr. Die Holzconsumtion bezieht sich auf die Hin- und Rückfahrt.; Dauer der Rückfahrt von Eichberg bis Peyerbach.; Angehängte Last in Cntr. Wiener Gewicht.; 20. August; Meil.; warm u. trocken; Min.; Pf.; B.; Uhr; windig; Sec.; Hub; Min.; bei; wie die vorige; 21. August; günstig, warm; Eine Undichtigkeit der Stopfbüchsen des Schieberkastens machte diese Fahrt zur mißlungenen.; Da die Maschine Bavaria 12 wohlgelungene Fahrten nach einander zu Stande gebracht hatte, wurden die Proben für diese Maschine einstweilen als geschlossen erklärt. Jedoch auf die Bitte der Sectionsräthe v. Ghega und von Schmid, und um den schon vollendeten Probefahrten die Krone aufzusetzen, sollte der Bavaria eine noch größere Leistung auferlegt werden. Hr. Ingenieur Joseph Hall zögerte keinen Augenblick, die Belastung auf 4000 Ctr. W. G. zu bestimmen. Am 22. August, um 11 Uhr Vormittags, bei günstiger Witterung ging die Maschine in Begleitung oben genannter Herren, der ganzen Commission, vieler in- und ausländischen Fachmänner, mit dieser oben genannten Last von 4000 W. Ctr. von Peyerbach an aufwärts. Die Dampfspannung betrug beim, Abfahren 98 Pfd. Die Strecke von Peyerbach bis Eichberg, 3200 Klafter, wurde ohne den geringsten Anstand in 28 Minuten zurückgelegt. Die mittlere Geschwindigkeit betrug 1 9/10 Meilen per Stunde. Brennmaterial-Consumtion für die Hin- und Rückfahrt 44 1/2 Bündel Holz zu 50 Pfd. Die Dampfspannung erhielt sich zwischen 98 Pfd. und 85 Pfd., und bei der Ankunft in Eichberg stand sie wieder 93 Pfd. Am 23. August machte die Locomotive Seraing von der Gesellschaft Cockerill zwei Probefahrten, an weiteren Fahrten wurde sie an diesem Tage durch das Rinnen der Siederöhren verhindert. Am 26. und 27. August legte die Locomotive Seraing die weiteren 10 Fahrten zurück, die von der Commission als gelungen angenommen wurden. Die Fahrten Nr. III. und IV. mit Belastungen von über 2500 Cntr. stellten sich als nicht sehr vortheilhafte in Bezug auf Zeit und Brennmaterial heraus, weßhalb bei den späteren Fahrten die Minimal-Belastung von 2500 Cntr. wieder angenommen wurde. Eine Uebersicht der von dieser Maschine gemachten 12 Probefahrten enthält die nachstehende Tabelle: Textabbildung Bd. 122, S. 74 Abfahrt.; Fahrten-Nummer.; Witterung.; Dauer der Fahrt von Peyerbach nach Eichberg aufwärts.; Durchschn. Geschwindigkeit per Stunde; Dampfspannung per Quadratzoll.; Holzverbrauch in Bündel zu 50 Pfd.; Dauer der Rückfahrt von Eichberg bis Peyerbach.; Angehängte Last in Cntr. Wiener Gewicht.; Meil.; 23. August; Uhr; Min.; Sec.; Pfd.; B.; 26. August; 27. August Die Maschine Seraing vollendete mit Nr. XII. ihre Probefahrten, warf aber immer noch viel Wasser aus dem hintern Kamin aus, ein Nachtheil der langen Kessel, besonders bei der großen Wasser-Nieveauveränderung auf Steigungen von 1: 40. Vergleicht man diese letzten zwölf Fahrten der Maschine Seraing mit den vorhergehenden der Maschine Bavaria, so ist leicht zu ersehen, daß letztere bei weitem günstigere, konstantere Resultate im Effect geliefert hat. Bei fast gleicher, eher größerer Geschwindigkeit der Maschine Bavaria förderte dieselbe bei den sechs letzten Probefahrten eine nahe an 900 Centner größere Last. Und trotz dieser Mehrlast war die Brennmaterial-Consumtion dennoch eine jedesmal geringere, als bei der Maschine Seraing. Den größten Effect leistete die Bavaria bei einer Belastung von 3400 Ctr. mit einer durchschnittlichen Schnelligkeit von 2 4/10 Meilen für die Stunde, mit einem Holzverbrauch von nicht ganz 1 Klafter durchschnittlich für die Hin- und Rückfahrt (6400 Klftr.) zusammen genommen. Die Maschine Seraing förderte hingegen mit einem durchschnittlich ähnlichen Brennmaterialverbrauch und mit einer durchschnittlichen Schnelligkeit von 2 1/10 Meilen nur zwischen 2500 und 2700 Ctr. Last. Die Locomotive „Neustadt“ von Günther in Wiener Neustadt machte am 25 Aug. ihre ersten drei Probefahrten, eine vierte Probefahrt am 28. Aug., auf letzterer wurde ein starkes Schleifen der Räder bemerkt, weßhalb die Fahrten nicht fortgesetzt werden konnten. Am 2. September fanden sodann weitere fünf Fahrten statt, die zehnte aber wurde des ungünstigen Wetters wegen eingestellt. Die Locomotive Neustadt zeichnete sich hiebei im Verhältniß zur Locomotive Seraing der Gesellschaft Cockerill, was den Consum an Brennmaterial betrifft, sehr vortheilhaft aus, und war die Aussicht zum Sieg über die letztere Maschine bedeutend nahe gerückt. Sie hielt den Dampf auf eine sehr constante Art; auch hatte das Schleifen der Räder ebenfalls bedeutend nachgelassen. Endlich wurden am 3 Sept. zwei und am 4 Sept. drei Probefahrten mit der Locomotive Neustadt vorgenommen. Das Resultat der einzelnen Fahrten enthält die folgende Zusammenstellung: Textabbildung Bd. 122, S. 75 Nach Zurücklegung eines Wegs von 2300 Klaftern blieb die Maschine stecken. Die Fahrt wurde daher für nicht gelungen erklärt. Abfahrt.; Nummer der Fahrt.; Dauer der Fahrt bis Eichberg; Mittlere Geschwindigkeit per Stunde; Dampfspannung in Pfd. per Quadratzoll.; Holzverbrauch in Bündel zu 50 Pfd.; Dauer der Rückfahrt.; Belastung in Wiener Centner.; Meil.; 25. August; Uhr; Min.; Pfd; Sec.; 28. August; 2. Septbr.; 3. Septbr.; 4. Septbr. Wenn man aus den bis hier mitgetheilten Probefahrten der drei Maschinen Bavaria, Neustadt und Seraing die auf ein Bündel Holz von 50 Pfund entfallende, in mittlerer Geschwindigkeit fortgeschaffte Last auszieht, so ergeben sich für die Bavaria 228 Ctr. Brutto, für die Neustadt 141 Ctr. Brutto, für die Seraing 152 Ctr. Brutto. Neustadt und Seraing stehen sich also im Effecte beinahe gleich, jedoch hat Neustadt noch drei Fahrten vor Seraing voraus. Die Bavaria steht einzig in ihrer Bedeutung da. Hierauf haben am 5., 6., 10. und 11. Sept. weitere Probefahrten mit den Maschinen „Bavaria“, „Seraing“ und „Neustadt“ stattgefunden. Wir stellen die Ergebnisse in Nachfolgendem zusammen. 1) Fahrten der Locomotive „Seraing“ am 5. Sept. auf der Strecke von Peyerbach nach Eichberg: Nr. der Fahrt. Belastung. Geschwindigkeit. Holzverbrauch. 1.    2541 Cntr.   2.03   M.     1600 Pfd. 2. 2541   – 2.03   – 1650  – 3. 2538   – 2.05   – 1650  – 4. 2538   – 2.32   – 1650  – 5. 2533   – 2.13   – 1550  – Der Holzverbrauch versteht sich, wie früher, für die Fahrt auf- und abwärts. 2) Fahrten der Locomotive „Neustadt“ am 6. Sept.: Nr. Belastung. Geschwindigkeit. Holzverbrauch. 1.     2526 Cntr.   2.29  M.    1250 Pfd. 2. 2534   – 2.01  – 1350  – 3. 2540   – 1.93  – 1550  – 3) Fahrten der Locomotive „Bavaria“ am 10. und 11. Sept. bei ungünstigem Wetter: Nr. Belastung. Geschwindigkeit. Dampfspannung. Holzverbrauch. 1.     3403 Cntr.  2.28 M.      100–95  Pfd. 1500 Pfd. 2.Bei mit Schnee vermischtem feinem Staubregen und heftigem Seitenwind. 3403  – 1.30  – 3. 2579  – 2.30  –   100–95  – 1100    – 4. 2548  – 2.09  –  100–95  – 1150    – 5. 2569  – 2.60  –  100–95  – 1250    – 6. 2576  – 2.50  – 100–95 – 1300    – Wie nunmehr bekannt, hat die „Bavaria“ den ersten, die „Neustadt“ den zweiten, die „Seraing“ den dritten und die „Vindobona“ den vierten Preis erhalten. –––––––––– Kurze Darstellung der an den preußischen Telegraphenlinien mit unterirdischen Leitungen bis jetzt gemachten Erfahrungen; von Werner Siemens. Berlin, 1851. Unter diesem Titel liegt uns eine Broschüre vor, welche ein besonderes Interesse deßhalb in Anspruch nimmt, weil der Verfasser, bekannt als der Urheber und eifrige Vertheidiger der unterirdischen Telegraphenleitungen, die damit in Preußen bis jetzt gemachten Erfahrungen ausführlich bespricht, die an den Tag gekommenen Mängel mit Angabe ihrer Ursachen hervorhebt und Mittel für ihre Beseitigung in Vorschlag bringt. Bekanntlich sind in neuerer Zeit bei den unterirdischen Telegraphenleitungen in Preußen häufige und bedeutende Störungen eingetreten und haben über die Zuverlässigkeit der Isolirung der Drähte mittelst einer Umhüllung mit Gutta-percha großen Zweifel erregt, selbst da, wo man früher mit vollster Zuversicht die Gutta-percha-Drähte in den Boden legte. Der Verfasser sucht nun nachzuweisen, wie die schlechten Resultate, welche die ersten unterirdischen Leitungen gegeben haben, nur Folge der bei ihrer Anlage begangenen Fehler sind, die theils in der durch die damaligen Zeitverhältnisse gebotenen Uebereilung, theils in dem gänzlichen Mangel an Erfahrungen über die Eigenschaften des zur Verwendung kommenden Materials, und ungenügender Sorgfalt bei der Auswahl und Verarbeitung desselben ihren Grund haben. Es sey jetzt aber der Zeitpunkt eingetreten, wo man auf der Grundlage wirklich gemachter Erfahrungen weiter bauen kann und ein bestimmtes und wohlbegründetes Urtheil darüber zu fällen im Stande ist: ob der neu eingeschlagene Weg überhaupt zu dem gewünschten Ziele führen wird, oder ob er als verfehlt zu betrachten und ganz zu verlassen ist. Die Fragen, von deren Beantwortung diese Entscheidung nur abhängen kann, sind folgende: 1) Erhält sich die gute, unverfälschte und nicht verdorbene Gutta-percha im Erdboden unverändert, oder unterliegt sie einer, wenn auch langsamen Umwandlung? Aus der Beschaffenheit, in welcher sich die meisten der seit mehreren Jahren im Boden liegenden Drähte dermalen befinden, und aus dem Umstande daß Veränderungen nur da eingetreten sind, wo sich Mängel in dem Material oder in der Fabrication nachweisen lassen, lasse sich – nach der Ansicht des Verfassers – mit Sicherheit folgern, daß die Gutta-percha, wenn unverfälscht und nicht vor oder bei der Fabrikation verdorben, sich in hinlänglicher Tiefe des Erdbodens ganz unverändert erhält und daher zu unterirdischen Leitungen vollständig geeignet ist. 2) Ist die Technik der Drahtfabrication und die Kenntniß des Materials so weit vorgeschritten, daß jetzt nur Drähte zur Verwendung kommen, welche nicht die Ursache baldigen Verderbens in sich tragen? Hier meint der Verfasser, daß bereits die an den neueren Telegraphenlinien gemachten Erfahrungen diese Frage bejahen. Die im Frühjahr 1849 angelegten Linien Breslau-Oderberg, Berlin-Hamburg, Köln-Aachen mit unterirdischer Leitung seyen in fast unausgesetzt gutem Betriebe geblieben. Es sey noch kein Fall constatirt, daß auf diesen neueren, im dritten Jahre bestehenden Linien eine Veränderung der Gutta-percha oder auch nur eine vorübergehende Dienstunterbrechung in Folge schlechter Fabrication der Drähte vorgekommen wäre, womit jedoch nicht behauptet werden soll, daß auf diesen neueren Linien durchaus keine Fabricationsfehler vorkommen. Das Vorkommen solcher Fehler würde sich nur durch eine sehr strenge, gründliche und mit Benutzung aller Hülfsmittel der Wissenschaft durchgeführte Controlirung der Fabrication selbst und des zur Verwendung kommenden Materials vermeiden lassen, es werde aber eine jährlich wiederholte gründliche Revision der unterirdischen Leitungen, bei welcher alle vorhandenen Isolationsfehler beseitigt werden, jedenfalls nöthig seyn, und es müsse die Technik der Drahtfabrication für hinlänglich ausgebildet erklärt werden, wenn auch noch hin und wieder Fehler derselben vorkommen. Die Erfahrung habe auch gezeigt, daß die unvulcanisirte Gutta-percha im feuchten Boden nicht wie im Seewasser nach und nach in ein weniger gut isolirendes Hydrat umgewandelt wird. Die etwas geringere Härte und das etwas schnellere Sprödewerden der ungeschwefelten Gutta-percha in freier Luft seyen zwar noch bleibende Nachtheile derselben, dagegen lasse die Schwefelung die Verwendung schlechter und wasserhaltiger Masse weniger gut erkennen. Die Anwendung ungeschwefelter, gut entwässerter Gutta-percha sey daher rathsamer, indem sie die Gefahr der Verwendung schlechter Drähte noch weiter vermindert. 3) Sind die unterirdischen Drähte gegen äußere Beschädigungen hinlänglich zu sichern? Die bei den neueren Telegraphenanlagen angewendete Tiefe von 3 Fuß sichert die Drähte nach allen bisherigen Erfahrungen nicht nur vollständig gegen zufällige Beschädigung bei Ausführung der gewöhnlichen Eisenbahnarbeiten und gegen Benagung durch Thiere, sondern entzieht sie auch gänzlich dem Zutritt der atmosphärischen Luft und beseitigt daher die Möglichkeit einer allmählichen Verharzung der Gutta-percha. An solchen Orten, wo der Draht durch besondere Verhältnisse einer Beschädigung aus irgend welchem Grunde ausgesetzt, oder wo die Tiefe von 2 1/2–3 Fuß nicht zu erreichen ist, kann derselbe leicht durch Thonrinnen, oder wo es nöthig, durch eiserne Röhren geschützt werden. Der günstigen Beantwortung der gestellten entscheidenden Fragen ungeachtet empfiehlt der Verfasser die neuerdings angewendete Ueberziehung der isolirten Drähte mit Bleiröhren. Durch die Ueberziehung mit Blei werde die Gutta-percha gänzlich dem Zutritt sowohl der Feuchtigkeit wie der Luft entzogen. Da das Blei den Draht dicht umgibt und die etwa noch vorhandenen Zwischenräume durch Talg ausgefüllt sind, so werde die Feuchtigkeit auch in dem Falle sich nicht zwischen der Gutta-percha und dem Blei durch Capillarkraft verbreiten können, wenn die Bleiröhre irgendwie beschädigt seyn sollte. Der Bleiüberzug verhindere ferner die leichte Beschädigung des isolirenden Gutta-percha-Ueberzuges auf dem Transport und beim Einlegen, und mache stattgefundene Beschädigungen leichter erkennbar. Die mit der Anwendung des Bleies in Verbindung stehende Vergrößerung der den unterirdischen Leitungen eigenthümlichen Ladungserscheinungen ist nach bereits vorliegenden Erfahrungen nicht so beträchtlich, daß sie nicht durch die Wahl und Einrichtung der telegraphischen Apparate unschädlich zu machen wäre. Endlich ist auch die Kostenvermehrung durch die Ueberziehung der isolirten Drahte mit Bleiröhren nicht so bedeutend, wie es auf den ersten Blick scheint. Da der isolirende Ueberzug allen äußeren Einwirkungen entzogen ist, so kann er ohne Gefahr beträchtlich schwächer gemacht werden. Die Ersparung an Gutta-percha ersetzt dann den größten Theil der Kosten des Bleiüberzuges. Außerdem erlaubt der mit Bleiröhren zu erzielende höhere Grad von Isolation die Anwendung schwächerer Drähte für lange Linien. Der Verfasser geht hierauf auf eine Erörterung der relativen Vor- und Nachtheile der oberirdischen und unterirdischen Leitungen über, und findet die überwiegenden Vorzüge auf Seiten der letztern. Er schließt seine Schrift mit Folgendem: „Der Zweck dieser Blätter war: zu zeigen daß die ungünstigen Resultate, welche die ersten, in Preußen angelegten, unterirdischen Leitungen gegeben haben, nicht Folge des angenommenen Systems, sondern der, meist durch Mangel an Erfahrung und ungünstige Verhältnisse herbeigeführten Fehler der Anlage und späteren Verwaltung waren. Diese Fehler sind bei den neueren Anlagen großen Theils vermieden und werden sich bei späteren durch richtige Benutzung der gewonnenen Erfahrungen und der Fortschritte der Technik gänzlich beseitigen lassen. Es ist aber zu beklagen, daß durch diese ungünstigen Resultate ein sehr allgemeines und unbegründetes Vourtheil gegen das System unterirdischer Leitungen überhaupt hervorgerufen ist. Ueber den wahren Werth desselben kann nur eine genaue, von wissenschaftlichen und sachkundigen Männern angestellte, vergleichende Analyse der bisherigen Resultate endgültig entscheiden. Es würde daher gerade jetzt von hoher Wichtigkeit und großem praktischem Nutzen seyn, wenn die Regierung den schon einmal betretenen Weg wieder einschlüge und das gutachtliche Urtheil einer wissenschaftlichen Commission über die jetzt vorliegenden Resultate und die zu ergreifenden Maßregeln, sowie über diejenigen organischen Einrichtungen der Verwaltung, die zur steten Erhaltung der Dienstfähigkeit der Leitungen und des ganzen Instituts durchaus nothwendig sind, einholte.“ Bei der großen Wichtigkeit des Gegenstandes, besonders für Preußen, wo das System der unterirdischen Leitungen bis jetzt fast ausschließlich in Anwendung war, darf man annehmen, daß der Vorschlag des Hrn. Siemens eine günstige Aufnahme bei der Regierung finden und dazu dienen werde. ein entscheidendes Urtheil über die fernere Zulässigkeit der unterirdischen Telegraphenleitungen herbeizuführen. (Eisenbahn-Zeitung 1851, Nr. 39.) Verfahren künstlichen Kampher vom natürlichen zu unterscheiden. Durch die Anwendung polarisirten Lichts läßt sich die kleinste Menge natürlichen Kamphers von dem künstlichen Kampher (der festen Verbindung von Salzsäure mit Terpenthinöl) unterscheiden. Wenn man kleine Stückchen von jedem besonders auf Glasschieber bringt und jeden mit einem Tropfen Alkohol versetzt, so lösen sie sich auf und krystallisiren schnell. Ueberwacht man die Krystallisation des natürlichen Kamphers mittelst des Mikroskops und polarisirten Lichts, so sieht man eine ausgezeichnet schöne Entfaltung von gefärbten Krystallen, während bei dem Kunstproduct nichts der Art beobachtet wird. W. Bailey. (Silliman 's Journal, Mai 1851.) Morphiumbereitung aus einem bisher weggeworfenen Gegenstande. Wenn man die zur Oelgewinnung ausgeschlagenen Kapseln des bei uns gebauten Mohns ganz so behandelt, wie die Lehrbücher angeben bei der Bereitung des Morphiums aus dem theuern Opium, so erhält man ein sehr schönes und billiges Morphium, und ganz wenig Narcotin. (Gemeinn. Wochenschr. des polyt. Vereins zu Würzburg, 1851 S. 222.) Künstliches Leder. In Abington im Staate Massachusetts wurde eine Mühle zum Mahlen und Pulvern der Lederabschnitzel oder Abfälle von Schustern und Sattlern errichtet. Diese Abschnitzel werden in ein gröbliches Pulver wie Schnupftabak verwandelt, und dieses Pulver wird dann mit gewissen Gummiarten und anderen Substanzen gemischt, welche ihm eine solche Cohäsion geben, daß die ganze Masse geschmolzenem Leder ähnlich wird. Dieser Teig trocknet bald so weit aus, daß man ihn auf die gewünschte Dicke, z.B. 1 Millimeter, zu einem haltbaren und wasserdichten Blatt auswalzen kann. D'Aubreville. (Moniteur industriel, 1851 Nr. 1594.) Streichriemensalbe. Die meisten Salben sind zu weich und bleiben deßhalb an den Messern hängen. Schubert bedient sich seit zwei Jahren nachstehender Salbe: Man schmelzt etwas Gutta-percha und knetet das gleiche Gewicht gelöschten Kalk darunter, der zuvor durch ein sehr feines Sieb geschlagen wurde. Diese Masse streicht man mit einem heißen eisernen Spatel oder Messer dünn, aber gleich auf das Leder oder auf ein dazu passendes Stück weiches Holz, z.B. Lindenholz, erwärmt dann den Ueberzug etwas und reibt feinstes Pulver von Schieferstein oder Blutstein oberflächlich ein. Man könnte auch allenfalls einen Theil des Kalks durch Blutstein ersetzen. Die Masse schärft gut und läßt die Messer vollkommen rein. (Gemeinnutz. Wochenschr. d. polyt. Vereins zu Würzburg, 1851 S. 152.) Ueber die neue Krankheit des Weizens. In Folgendem theilt H. Vilmorin dasjenige mit, was man über diese, an vielen Orten (in Frankreich) zugleich vorgekommene Krankheit weiß. Wo ich die Krankheit beobachten konnte, sagt er, beschränkt sie sich meistentheils auf einzelne Strecken. Man bemerkt auf einigen Streifen, welche am Rande des Feldes liegen, etwas darniederliegende Halme von weißlicher Farbe. Die Aehre ist mager; die Blüthe bildet sich langsamer, als auf den danebenstehenden Halmen, oder doch sehr unvollkommen. Da wo die Krankheit etwas stärker auftritt, legt sich der Halm ganz um, ohne daß Winde oder Regen ihn niedergeschlagen hätten. Wenn man einen Büschel solcher niederliegender Halme ausreißt, so bemerkt man, daß das Stroh zwischen dem zweiten und dritten Knoten braun aussieht, wie brandig, und an dieser Stelle einen starken Umbug hat. Oeffnet man das Stroh an dieser krankhaften Stelle, so findet man das Innere des Halms mit Weißen, baumwollartigen verwickelten Fasern besetzt, welche unstreitig ein Schwammgewebe (Mycelium), das erste Alter aller Pilze, sind. Der Theil des Halms, auf welchem sich diese Schmarotzerpflanze befindet, verliert seine gewöhnliche Consistenz, wird bald spröde und sieht endlich wie eine todte Materie aus, die keinen Saft mehr hindurchläßt, der Aehre und den Körnern also ihre Nahrung entzieht. – Entwickelt sich das Uebel erst nach der Blüthe, wie dieß im heurigen Jahre fast überall der Fall war, und greift es nicht zu schnell um sich, so können die Körner durch den in den Blättern und in dem obern Theil des Halmes enthaltenen Saft noch ziemliche Nahrung finden; doch ist anzunehmen, daß der angegriffenen Pflanze beträchtlich weniger Nahrung zufließt. Nur die zuerst befallenen Theile kommen gar nicht zur Blüthe und bei ihnen fehlt das Korn ganz, was aber in diesem Jahre seltene Ausnahmen sind. Man sollte daher, ohne sich wegen des Nebels, welches schwerlich von Bedeutung seyn wird, zu beängstigen, sorgfältig die Phasen seiner Entwickelung beobachten, um es, wenn es im nächsten Jahre wieder erscheint, bekämpfen zu können. (Moniteur industriel, 1851, Nr. 1568.) Gypsen des Mistes, besonders in Pferchen. Wo Gyps wohlfeil zu haben ist, sollte man den Dünger, sobald er aus den Ställen kommt, sogleich damit bestreuen, um das bei der Zersetzung des Düngers sich entwickelnde Ammoniak zu binden und ihm so jenen Bestandtheil, auf welchem seine fruchtbarmachende Kraft größtentheils beruht, zu erhalten. Ein Landwirth im französischen Departement Puy-de-Dôme bestreut täglich die Pferche, wo seine Schafe übernachteten, mit Gyps, wodurch er die Ernte bedeutend verbessert; es ist dieses Verfahren auch leichter ausführbar, als das Eingraben des Mistes unter die Erde. Der Boden sollte bei dessen Anwendung nicht zu kalkig, sondern mehr Thonboden seyn, auch nicht zu trocken, vielmehr feucht, und überdieß muß die Pferche dichter oder längere Zeit von den Thieren bewohnt werden als gewöhnlich. (Moniteur industriel, 1851 Nr. 1562.) Der Feldsalat als Futtergewächs. Der Feld- oder Ackersalat (Valeriana olitoria) ist als ein Futtergewächs zu empfehlen, welches frühzeitig heranwächst, also zu gebrauchen ist, wenn das trockene Futter schon ausgeht und das neue noch nicht hinlänglich entwickelt seyn kann. Diese Pflanze ist sehr nahrhaft, namentlich für das Rindvieh, das sie fett macht, gelinde abführt und dessen Milch an Güte und Menge davon zunimmt. Sie wächst gerne in jedem Boden, im sandigen wie im festesten. Man säet sie im August oder der ersten Hälfte Septembers in ein Haber- oder Gersten-Stoppelfeld, welches keiner andern Zubereitung bedarf, als kreuzweise geeggt zu werden, ehe man den Samen dünn säet. Der Same bleibt 5–6 Jahre keimfähig; doch muß er beim Säen wenigstens schon ein Jahr alt seyn, weil der einjährige nicht so gut und später aufgeht als älterer. Die Pflanze wird noch grün von Ende April bis zu ihrer Reife, Ende Juni, vom Vieh gefressen. Sie entwickelt zahlreiche Stengel und Blätter und wird 8 bis 11 Zoll hoch. Sie läßt sich mit der Hand leicht ausreißen, was man thut, wenn die Stengel gelb werden; man legt sie an einem gedeckten Ort in Haufen, drischt und schüttelt sie 10–12 Tage darauf aus, um die Samen zu gewinnen. Die trockenen Stengel sind auch noch ein gutes Futter. Nach ihrem Anbau läßt sich die Brache anwenden, weil man das Feld noch auf alle mögliche Weise bestellen kann; man kann dann aber auch eine andere schnell heranwachsende Pflanze bauen. (Moniteur industriel, 1851 Nr. 1562.)