Titel: Gänzliche Beseitigung des schädlichen Raumes bei Luftpumpen; von Ed. Schöbl.
Fundstelle: Band 123, Jahrgang 1852, Nr. XXXI., S. 183
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XXXI. Gänzliche Beseitigung des schädlichen Raumes bei Luftpumpen; von Ed. Schöbl. Aus Poggendorff's Annalen der Physik, 1851 Nr. 12. Mit einer Abbildung auf Tab. III. Schöbl, über gänzliche Beseitigung des schädlichen Raumes bei Luftpumpen. Wichtig ja unentbehrlich ist die Luftpumpe für alle Physiker; dafür sprechen nicht nur die zahlreichen Anwendungen, welche sie von ihr zu machen genöthigt sind, sondern auch die vielen Versuche derselben, ihr seit der ersten Zusammenstellung von Otto Guericke bis auf die neueste Zeit eine vollkommenere Construction und leichtere Handhabung zu verschaffen; auch wir treten als Verbesserer vor die Schranken. Als solcher ist es nicht unser Ziel, etwa die Theorie der Luftpumpe auseinander zu setzen, oder ihre Entwickelungsgeschichte aufzustellen, sondern kurz nur die Hebung ihres bisherigen, wenn auch sehr verkleinerten Hauptmangels, und zwar die vollständige Tilgung des schädlichen Raumes zu bewirken. Der relative Werth dieser unserer Modification wird dadurch ersichtlich, daß der schädliche Raum sowohl dem Verdünnen als dem Verdichten der Luft eine bestimmte Gränze setzt. Ist nämlich die Luft im Recipienten so dünn geworden, wie es die im schädlichen Raume enthaltene wird, wenn sie sich nach dem Aufziehen des Kolbens im ganzen Stiefel verbreitet, so ist kein Uebertritt irgend eines Lufttheilchens aus dem Recipienten in den Stiefel möglich, daher auch keine weitere Verdünnung; allein auch die Verdichtung kann nur nahe so weit getrieben werden, bis die im Stiefel enthaltene der äußeren Luft an Dichte gleichkommende Luftmasse durch Zusammendrücken in den schädlichen Raum die Dickte derjenigen erreicht, welche im Recipienten eingeschlossen ist. Bezeichnen wir die Größe des schädlichen Raumes mit s, die Größe des Stiefels sammt der des schädlichen Raums mit s, so ist die äußerste Gränze der Verdünnung der Bruchtheil s/S, die äußerste Gränze der Verdichtung aber das S/s fache der Dichte der äußeren Luft. Da aber dieser Grad der Verdünnung und Verdichtung der Luft zu wissenschaftlichen Forschungen unzureichend ist, so bemühten sich unter anderen Graßmann durch Anwendung zweier Stiefel bei Hahnluftpumpen, Fortin und Babinet bei Ventillustpumpen, durch sinnreich zusammengestellte, dem Kolbenzug vorangehende theilweise Aussaugung der Luft aus dem schädlichen Raume, denselben zu erhöhen, was auch, ihre Mühe lohnend, günstig ausfiel. Denn bezeichnet man bei der Babinet'schen, unter Beibehalt der Werthe von s und S, mit s' den schädlichen Raum des zweiten Stiefels, zu welchem auch der Verbindungscanal zum ersteren gehört, und mit S' den Inhalt dieses Stiefels sammt der seines ganzen schädlichen Raumes, so wird die Gränze der Luftverdünnung = ss'/SS' also nahe (s/S)². Die Gränze ist allerdings weitergeschoben aber nicht aufgehoben; soll die Verdünnung und Verdichtung beliebig weit getrieben werden können, wie es in der That sehr wünschenswerth ist, so muß die Verdünnungsgränze unendlich klein, jene der Verdichtung unendlich groß werden; dieses bewirkt keine Hülfscombination, sondern einzig und allein die vollkommene Beseitigung des schädlichen Raums selbst, d. i. durch Gleichsetzung s = 0 wird 0/S = ∞ klein S/0 = ∞ groß. Die Construction, durch welche wir dieses Problem gelöst haben, ist äußerst einfach, unserem Wahlspruch getreu: suche bei größtmöglicher Einfachheit die größte Vollkommenheit. Ja die Einfachheit geht hierbei so weit, daß sie unwillkürlich an das Ei des Columbus erinnert. Wir nehmen hierzu eine gewöhnliche einstiefelige Hahnluftpumpe, der Boden ihres Stiefels wird conisch ausgehöhlt, so zwar, daß die Spitze dieser Höhlung mit dem oberen Ende der Bohrung des Hahnes zusammenfällt, in diese Höhlung paßt luftdicht eingeschliffen ein massiver Kegel, der die untere Platte des Kolbens vertretend, mit feinem Scheitel genau bis zur Bohrung des Hahnes reicht, wie Fig. 14 im Durchschnitte zeigt. Wird nun der Kolben herabgedrückt, so muß die sämmtliche im Stiefel enthaltene Luftmasse durch die Bohrung des Hahns entweichen, da nirgends auch das geringste Plätzchen für einen schädlichen Raum sich vorfindet; bei umgestellter Communication des Stiefels mit dem Recipienten steigt der Kolben, füllt den ganzen Stiefel mit einer Luftmasse aus dem Recipienten und verdrängt selbe beim Niedersinken und geänderter Stellung des Hahnes abermals ganz vollständig aus dem Stiefel etc. Somit ist der schädliche Raum vollständig beseitigt, unser Problem gelöst. Prag, im August 1851.

Tafeln

Tafel Tab. III
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