Titel: Versuche zur Entsilberung der Altaischen Erze nach Becquerel's Methode.
Fundstelle: Band 124, Jahrgang 1852, Nr. XXVI., S. 115
Download: XML
XXVI. Versuche zur Entsilberung der Altaischen Erze nach Becquerel's Methode.Aus Erman's Archiv für wissenschaftliche Kunde Rußlands, 1851, Bd. IX Heft 4, durch die Berg- und hüttenmännische Zeitung, 1851 Nr. 50. — Die Abhandlungen des Hrn. Becquerel, welche Notizen über sein Verfahren zur Gewinnung des Silbers und anderer Metalle aus den Erzen vermittelst der galvanischen Elektricität enthalten, wurden im polytechn. Journal Bd. LXIX S. 265, Bd. LXXVII S. 281 und Bd. CI S. 267 mitgetheilt.A. d. Red. Anwendung der Methode von Becquerels zur Entsilberung der Altaischen Erze. Nachdem Hr. Becquerel selbst mit einigen nach Paris gesandten Proben von Altaischen Erzen Entsilberungsversuche nach der von ihm vorgeschlagenen Methode angestellt hatte, wurden die HHrn. Sokolowskji, Aidarow und Josse beauftragt, sich an Ort und Stelle mit der Fortsetzung dieser Versuche zu beschäftigen. Sie sollten das neue Verfahren namentlich auf die schwer schmelzbaren und nur wenig goldhaltigen Erze der Krjukower und Therepanower Grube anwenden. Hrn. Becquerel's Bericht über seine Resultate war zwar keineswegs klar, indessen konnte man aus demselben doch ersehen: 1) daß man die Kohlensäure aus denjenigen Erzen, die kohlensaure Salze enthalten, vor der Anwendung seiner Methode entfernen müsse. So hat er bei der von ihm versuchten Arbeit der Syrjanower Erze, welche kohlensaures Blei, kohlensaures Kupfer und kohlensaures Zink enthalten, diese Salze zuvor mit Schwefelsäure zersetzt. Im Verlauf seiner Abhandlung sagt er freilich, daß man anstatt dessen die kohlensauren Verbindungen auch durch eine schwache Röstung zerlegen könne; er gibt indessen selbst zu, daß dann die folgenden Operationen weniger zuverlässig seyen. Die gleichfalls von ihm erwähnte Anwendung von Holzessig anstatt der Schwefelsäure scheint er nicht versucht zu haben. 2) Der zweite Theil des Processes besteht in der Verwandlung des Silbers der Erze in Chlorsilber. Er bewirkt diese, indem er zu dem Erze Kochsalz und geröstete Eisenkiese oder andere Schwefelverbindungen zusetzt, welche bei der Auflösung in Sulfate übergehen und dann das Kochsalz zerlegen und dessen Chlor auf das Silber in den Erzen wirksam machen. 3) Die dritte Operation oder die sogenannnte elektrische Abscheidung des Silbers hat Hr. Becquerel gar nicht beschrieben. Er begnügt sich mit der Angabe, daß man zu derselben Eisen und regulinische Silbermassen gebrauche, welche aber nicht durchaus verloren gingen. Man sieht hieraus, daß die 2 ersten Theile des sogenannten neuen Verfahrens nichts weiter sind, als die unter dem Namen der amerikanischen bekannte nasse Amalgamation, und daß Hr. B. demnächst, anstatt der in Amerika gebräuchlichen Ausziehung des Silbers durch Quecksilber unter Mitwirkung von Kupfer oder Eisen, dasselbe an dem positiven Pol einer galvanischen Säule niederschlägt und zwar zugleich mit den andern aufgelösten Metallen. Die Anordnung der Säule bleibt in dem französischen Berichte gleichfalls unerwähnt. Es war schon vor längerer Zeit versucht worden, in den Altaischen Hütten die Amalgamation anstatt der jetzt üblichen Bearbeitung der dortigen Erze einzuführen. Man beauftragte namentlich die HHrn. Völkner und Sokolowskji mit dahin gehörigen Versuchen, indem sie auf Reisen außerhalb Rußland die nöthigen Erfahrungen gesammelt hatten. Der Bericht, den sie schon 1834 über diese Versuche abstatteten, bestätigte indessen nur die frühere Ansicht, daß man Gold und Silber zugleich nicht mit Hülfe von Quecksilber ausziehen könne, und es wurde demnach nicht weiter an Amalgamation der Altaischen Erze gedacht. Hrn. B. Versuche beweisen nun, daß auch seine neue Methode nicht ausreicht, um das Gold zugleich mit dem Silber zu gewinnen. Der Grund hievon ist auch völlig klar, da der galvanische Strom nur aufgelöste Metallsalze zerlegt. Die concentrirte Kochsalzlösung, welche, besonders wenn Chloreisen und Chlorkupfer gegenwärtig find, das Chlorsilber vollständig aufnimmt, wirkt aber durchaus nicht auf das Gold und Hr. B. mußte daher dieses in den zerlegten Rückständen des Erzes behalten. Das Silber aus den jetzt geförderten Altaischen Erzen enthält 0,040 bis 0,045 Gold, welches man doch unmöglich wegen anderweitiger Vortheile der Becquerel'schen Methode verloren geben kann. Es gibt freilich am Altai auch goldarme Erze, aber selbst unter den ärmsten enthalten die Salairsker und die Tscherepanower doch noch gegen 0,01 Gold, denn die Krjukower Erze, welche zu größerem Theile aus Chlorsilber bestehen und fast ganz goldfrei sind, werden jetzt nicht mehr gewonnen. Hr. Sokolowskji suchte dem erhaltenen Auftrage durch Versuche im Kleinen zu genügen, bei denen er namentlich die goldärmern und schwer schmelzbaren Tscherepanower Erze nach jener Methode behandelte. Er nahm 1 Pfd. des zu zerlegenden Erzes, unterwarf es den von B. verlangten Vorbereitungen (Zerkleinerungen), zersetzte die etwa in demselben vorhandenen kohlensauren Salze mit Schwefelsäure und mengte dann das Ganze in Gestalt eines dünnen Breies mit Kochsalz und Eisenvitriol oder mit geröstetem armen Rohstein, den man von Salairsker Erzen erhalten hatte. Geröstete Kiese wurden nicht angewendet, weil die Erze zu denselben am Altai äußerst selten sind. — Das Gemenge von Erzpulver und Salzen wurde 2–3 Wochen lang in flachen Gefäßen an einem mäßig warmen Orte gelassen und von Zeit zu Zeit einiges Wasser zu demselben gefügt. Dann unterwarf man es der Einwirkung einer kleinen Wollaston'schen Säule, deren amalgamirte Zinkplatten mit Kupferplatten umgeben sind. Die Ausziehung gelang hierbei um so vollständiger, je länger die Berührung der Erze mit den Salzen gedauert hatte. Hr. Sokolowskji hat indessen niemals mehr als die Hälfte des Silbergehaltes eines Erzes ausscheiden können. Er läßt es zweifelhaft, ob man diesen Mangel an Erfolg durch Schwäche des elektrischen Stromes zu erklären habe, oder durch unvollständige Einwirkung des Kochsalzes, welches namentlich bei schwefelhaltigen Erzen vorzukommen schien. Hr. B. sagt in dem Berichte über seine Versuche mit Altai'schen Erzen, daß er aus denselben eine Verbindung von Blei, Kupfer und Silber erhalten habe, in welcher das letztere nur 0,02 des Ganzen betrug, und daß sich diese Verbindung an und für sich zur Kupellirung geeignet fand. Dieses Ergebniß erklärt sich nur dadurch, daß Hr. B. mit Syrjanower Erzen gearbeitet hat, welche in der That sehr bleihaltig sind. Hätte er aber ein gleiches Verfahren auf andere Altaische Erze angewendet, so würde er ein Metallgemisch erhalten haben, aus dem sich das Silber durchaus nicht ohne einen anderweitigen Bleizusatz abscheiden läßt. Hr. Sokolowskji hat mit Strömen von verschiedener Stärke gearbeitet, indem er als flüssige Leiter in der galvanischen Kette theils reines Wasser, theils Salzlösungen, theils endlich verdünnte Schwefelsäure anwandte. Er bemerkte nun, daß sich bei der zuerst genannten Anordnung und mithin bei geringster Stromstärke, an dem Drahte des positiven Poles ein metallischer Niederschlag nur so langsam bildete, daß er erst nach einigen Tagen bemerkbar wurde. Er bestand dann aber auch aus Silber, dem nur sehr wenig Blei und Kupfer beigemengt war. Wenn man dagegen Säure als flüssigen Leiter gebrauchte, so entstand an dem Poldraht sehr schnell ein Niederschlag von Eisen, Zink und etwas Mangan, welche sich sogleich wieder zu weißlichen oder bräunlichen Flecken oxydirten, während sich an dem Ende des Drahtes Blei und Kupfer mit nur äußerst geringer Beimengung von Silber in metallischem Zustande erhielten. Bei starker Wirkung der Säule reducirten sich also (auch) die elektro-positivern Metalle und bei schneller Wirkung derselben (nur) die mehr elektronegativen. Hr. Sokolowskji hält zwar die fragliche Angelegenheit durch seine Versuche noch keineswegs für erledigt. Er ist aber doch überzeugt, daß man die B'.sche Methode auf diejenigen Altaischen Erze anwenden könnte, welche entweder gar kein Gold enthalten oder doch nur eine so geringe Menge desselben, daß sein gänzlicher Verlust durch anderweitige Vortheile der neuen Entsilberungsmethode ersetzt würde. Auch müßte man, selbst wenn etwa dergleichen jetzt noch nicht beachtete Erze in dem genannten Hüttenbezirke vorkämen, den dabei anzuwendenden elektrischen Strom auf weit wohlfeilere Weise zu erzeugen suchen, als es bisher durch die gewöhnlichen galvanischen Apparate gelingt.