Titel: Ueber die Anwendung des Schwefelammoniums als Fixationsmittel in der Photographie; von J. J. Pohl.
Fundstelle: Band 125, Jahrgang 1852, Nr. X., S. 20
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X. Ueber die Anwendung des Schwefelammoniums als Fixationsmittel in der Photographie; von J. J. Pohl. Aus den Sitzungsberichten der k. k. Akademie der Wissenschaften in Wien, 1851. Pohl, über Photographie. Im Mai des Jahres 1847, mich vorübergehend mit Photographie behufs Copirung von Maschinen-Modellen etc. beschäftigend, kam ich auf die Idee, die Einwirkung von Schwefelammonium, das einen Ueberschuß von Schwefel gelöst enthielt, auf ein mittelst Gallussäure hervorgerufenes und bereits durch unterschwefligsaures Natron fixirtes Bild zu versuchen, in der Hoffnung, den braunen Ton desselben durch die Bildung von Schwefelsilber in Schwarz zu verwandeln. Die vorhergehende Behandlung war jedoch der Art, daß sich am Papier kein Chlorsilber gebildet haben konnte. Ich benutzte eine Flüssigkeit, welche auf einen Gewichtstheil concentrirtes Schwefelammonium dreißig Theile Wasser enthielt, ließ das Bild ungefähr 10 Minuten in derselben eingetaucht und wusch es nachher sorgfältig mit Wasser ab. Die braunrothe Farbe des Bildes war wirklich, wie ich vorausgesetzt, in eine schön dunkelschwarzbraune übergegangen, ohne daß die Schärfe des Bildes dabei gelitten hatte. Ich benutzte nun die Einwirkung der Dämpfe des concentrirten Schwefelammoniums auf ein wie früher dargestelltes Bild, um noch schwärzere Tinten zu erlangen; der Erfolg war aber nicht der erwartete, denn statt einer schwarzen Photographie erhielt ich nach etwa acht Minuten ein eigenthümlich fahlfarbiges Bild, das jedoch die volle Schärfe beibehalten und Aehnlichkeit mit dem Grundtone der sogenannten Tonabdrücke hatte. Wiederholte Versuche gaben immer dasselbe Resultat, es war also festgestellt, daß man, nach vorausgegangener Fixirung des photographischen Bildes mittelst unterschwefligsaurem Natron, durch Anwendung von Schwefelammonium, je nach der Concentration desselben, zweierlei Farbentöne, einen schwarzbraunen und einen fahlfarbenen hervorbringen könne. Ich versuchte nun unter sonst gleichen Umständen die Einwirkung des Schwefelammoniums, ohne vorhergegangene Fixirung mit unterschwefligsaurem Natron – und mit gleichem Erfolge wie früher; ja fortgesetzte Versuche zeigten, daß nach Einwirkung von Schwefelammonium auf das hervorgerufene Bild, die Fixation mittelst des Natronsalzes völlig entbehrlich sey, das Schwefelammonium also selbst fixirend wirke, und daß man es ganz in seiner Macht habe, damit schwarzbraune oder fahlfarbige Bilder zu erzeugen. Es zeigte sich ferner, daß die mit Schwefelammonium fixirten Photographien ebenso gut, wenn nicht besser, nach dem Auswaschen dem Lichte Widerstand leisten, als die mit unterschwefligsaurem Natron fixirten, welche, wenn diese letzte Operation nicht mit der äußersten Sorgfalt vorgenommen wird und wenn sie nicht retouchirt sind, nach zwei bis drei Jahren immer etwas an Intensität verlieren. Mit Schwefelammonium im Jahre 1847 fixirte Bilder haben jetzt noch ihre volle Kraft beibehalten. Die eben beschriebenen Versuche waren an Bildern angestellt, welche als lichtempfindliche Substanz kein Chlorsilber enthielten, ich ließ aber ebenfalls Schwefelammonium auf ein nach Blanquart-Evrard's Verfahren erzeugtes positives Bild einwirken, das also mittelst Chlorsilber entstanden und wegen Nichtversetzen des unterschwefligsauren Natrons mit salpetersaurem Silberoxyd rothbraun erhalten war. Unmittelbar nach dem Eintauchen in verdünntes Schwefelammonium nahm die Photographie eine schwärzliche Farbe an, wurde aber dann immer blasser und blasser, die Contouren verwachsener, bis endlich das Bild nach ungefähr 10 Minuten vollkommen verschwunden war. Dieser Uebelstand zeigte sich jedesmal, so oft das bildgebende Papier mit Chorsilber imprägnirt war; es ist also die Anwendung des Schwefelammoniums als Farbenverwandlungs- und Fixationsmittel bei gleichzeitiger Benutzung von Chorsilber unstatthaft. Ich will nun das Verfahren genau angeben, mittelst welchem ich die besten positive Photographien erhielt, wünschend daß Andere, denen mehr Zeit und Gelegenheit zu Gebote steht, die Wirkungen des Schwefelammoniums näher studiren mögen, welches, so viel mir bekannt, in der Photographie noch nicht verwendetwerwendet wurde.In der Daguerreotypie, d.h. Darstellung der Lichtbilder auf Metallplatten, wurde das Schwefelammonium bereits von Prechtl (Martin's, Handbuch der Photographie, Wien 1841, S. 99) zur Farbenveränderung in Anwendung gebracht. A. Positive Lichtbilder, schwarzbrauner Ton. 1. Ueberstreichen des PapiersDas von mir benutzte Papier ist das unter dem Wasserzeichen Whatmann Turkei-Mill im Handel vorkommende. mit einer Flüssigkeit, welche aus gleichen Theilen einer concentrirten kalten Lösung von Gallussäure in Wasser und einem Theil salpetersauren Silberoxydes in 16 Theilen Wasser besteht. Das Ueberstreichen geschieht mittelst eines Baumwollbüschchens. 2. Sorgfältiges Abtrocknen des überstrichenen Papiers zwischen Fließpapier. 3. Exposition im Copirrahmen der Einwirkung des Lichtes durch 2 bis 5 Minuten. 4. Hervorrufen des Bildes mittelst concentrirter Gallussäure-Lösung, durch Schwimmenlassen auf derselben mit abwärts gekehrter Bildseite. 5. Abspülen mit Wasser, am besten mit einer Spritzflasche, dann Schwimmenlassen des Bildes durch 15 Minuten in reinem Wasser und darauf folgend wiederholtes sorgfältiges Abspülen mit Wasser. 6. Eintauchen in gelbes Schwefelammonium, 1 Theil des concentrirten Präparates mit 25 Theilen Wasser versetzt,Das Schwefelammonium wird erhalten, wenn man käufliches, concentrirtes Ammoniak mit Schwefelwasserstoffgas sättigt und die so erhaltene Flüssigkeit im unverdünnten Zustande in wohlverschlossenen Flaschen aufbewahrt, in welche man etwas Schwefelblumen bringt. bis die gewünschte Farbe zum Vorschein kommt. 7. Vollständiges Auswaschen zuerst durch Durchziehen in kaltem Wasser, dann aber durch öfteres Abspülen mit heißem Wasser mittelst der Spritze.Viele Photographen haben die Gewohnheit, das Bild beim Auswaschen zwölf Stunden und länger im Wasser liegen zu lassen, was nur schädlich ist, da hierdurch nicht bloß ein Zeitverlust entsteht, sondern auch die beabsichtigte Reinigung nicht vollkommen erfolgt, und überdieß noch durch Aufquellen der Papierfaser die Schärfe der Contouren verloren geht. 8. Völliges Trocknen, zuerst zwischen Fließpapier, dann an freier Luft. B. Positive Lichtbilder, fahlfarbener Ton. Die Erzeugung dieser Lichtbilder ist bis zu Nr. 6 mit der so eben beschriebenen identisch. Um aber dann den fahlen Farbenton hervorzubringen, wird in eine viereckige flache Porzellantasse so viel concentrirtes Schwefelammonium gebracht, daß der Boden derselben damit bedeckt ist, dann die Tasse mit einer Glasplatte bedeckt, die an ihrer unteren, der Flüssigkeit zugewandten Seite das zu fixirende Bild trägt, welches im feuchten Zustande mit Leichtigkeit an dem Glase haften bleibt. Es ist auf diese Weise das Bild den Dämpfen des Schwefelammoniums ausgesetzt, welche man durch 10 Minuten einwirken läßt, worauf die Operationen Nr. 7 und 8, wie früher angegeben, vorgenommen werden. Ich kann nicht umhin, hier noch auf eine besondere Anwendungsart der Photographie aufmerksam zu machen. Nimmt man irgend einen dünnen Pflanzenbestandtheil, wie z.B. ein Blatt, und macht davon im Copirrahmen nach einer der gebräuchlichen Verfahrungsarten für positive Bilder einen Abdruck, so erhält man ein außerordentlich scharfes negatives Bild des Blattes, an welchem die feinsten Verästelungen etc. wahrnehmbar und mit einer Treue wiedergegeben sind, welche kein Zeichner hervorzubringen im Stande ist. Das so erhaltene negative Bild kann nun wieder zur Erzeugung von vielen positiven dienen, allein es geht dabei etwas von der Schärfe der Zeichnung verloren. Ich mache die Pflanzen-Physiologen und Botaniker auf diesen Umstand besonders aufmerksam, weil vielleicht durch dieses einfache Verfahren, wenn es zweckmäßig angewandt wird, Gelegenheit gegeben ist, das Studium dieser beiden Wissenschaften bedeutend zu erleichtern.