Titel: Untersuchungen über die Dauerhaftigkeit der Bronze als Schiffsbeschlag; von Hrn. Bobierre.
Fundstelle: Band 125, Jahrgang 1852, Nr. XLVIII., S. 187
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XLVIII. Untersuchungen über die Dauerhaftigkeit der Bronze als Schiffsbeschlag; von Hrn. Bobierre. Aus den Comptes rendus, Mai 1852, Nr. 18. Bobierre, über die Dauerhaftigkeit der Bronze als Schiffsbeschlag. Seit einem Jahre von dem Handelsgericht zu Nantes beauftragt, den Ursachen des Verderbens der zum Beschlag des Schiffes „Sarah“ verwendeten Bronze nachzuforschen, untersuchte ich diese Legirung im Vergleich mit jener vieler andern Schiffsbeschläge, deren Dauer zur See mir bekannt war.Die Idee, den Kupferbeschlag der Schiffe gegen die Zerstörung durch das Meerwasser zu schützen, gehört bekanntlich Sir Humphrey Davy an. Er hatte aus der Theorie gefolgert und zeigte durch Versuche welche zu Portsmouth angestellt wurden, daß das Kupfer vor Veränderung bewahrt werden kann, indem man es mit Metallen in Berührung bringt, welche positiver oder oxydirbarer als es selbst sind, z.B. Zink, Zinn, Eisen etc. Es stellte sich heraus, daß wenn die Oberfläche des schützenden Metalls wenigstens ein Hundertundfünfzigstel von der Oberfläche des Kupfers beträgt, weder Zerfressung noch Gewichtsabnahme des Metalls stattfindet, während im entgegengesetzten Falle die Gewichtsabnahme des Kupfers um so größer ist, je mehr die Oberfläche des positiveren und oxydirbarenoxydirbareren Metalles vermindert wird.Man beeilte sich, die Theorie des großen Chemikers in die Praxis einzuführen, aber leider war das Hülfsmittel schlechter als das Uebel. Indem das Kupfer nicht mehr oxydirbar war, hörte es auf giftig zu seyn; es vergiftete die Pflanzen und Mollusken nicht mehr, welche sich an das Schiff anhingen; bald wurden die Massen von Vegetalien und Schalthieren welche sich klumpenweise anhingen, so groß, daß das durch sie beschwerte Schiff fast seine ganze Geschwindigkeit verlor und kaum den Hafen erreichen konnte. Man war daher genöthigt, die glänzende Entdeckung aufzugeben und zum Rothkupfer zurückzukehren, welches oft erneuert werden muß.Später fand man, daß die Bronze, welche sechs Procent Zinn enthält, als Schiffsbeschlag viel länger dauert als das Kupfer und den von Davy aufgestellten theoretischen Bedingungen entspricht, ohne den Uebelstand einer stets zunehmenden Anhäufung von Parasiten darzubieten.So machte z.B. das Packetboot „Ferdinand“ aus dem Hafen von Nantes zehn Jahre lang seine Fahrten in den heißesten Meeren, ohne daß sein Bronzebeschlag zerstört wurde. Auch der Bronzebeschlag der „Aline“ widerstand mehrere Jahre der Einwirkung des Meerwassers, ohne merkliche Veränderung. Diese zwei Beschläge waren ein wenig abgenutzt, aber sehr gleichförmig, ihre Dicke blieb dieselbe an allen Stellen des Blechs; man bemerkte bloß hie und da einige Streifen oder parallele Eindrücke von unbedeutender Tiefe.Alles schien daher anzuzeigen, daß das schwierige und große Problem endlich gelöst sey. Aus Beobachtungen, welche in England und Frankreich unter den entscheidendsten Umständen angestellt wurden, ging hervor, daß bei Bronze von guter Qualität, z.B. derjenigen von Imphi, der Gewichtsverlust des Beschlags im Verhältniß von Eins zu Zwei vermindert war. Die ersten Bronzen welche die Fabrikanten lieferten, waren von sehr guter Qualität, und man kann eine große Anzahl von Schiffen nennen, deren Bronzebeschlag sieben, acht und neun Jahre dauerte.In Folge der Concurrenz der Fabrikanten wurden aber die Preise erniedrigt und Bronzen von schlechterer Qualität geliefert. Manche Capitäne sahen plötzlich die Bekrustung ihres Schiffsbeschlags mit einer erschreckenden Schnelligkeit zunehmen, worauf die Geschwindigkeit ihrer Schiffe in beträchtlichem Verhältniß abnahm; andere mußten nach achtzehn Monaten das zerstörte Metallblech erneuern, während sie glaubten eine Bronze zu besitzen, welche wenigstens sechs oder acht Jahre ausdauern würde.Diese unerwartete Zerstörung des Bronzebeschlags verursachte den Rhedern einen bedeutenden Schaden. Der Beschlag eines Schiffes von 500 Tonnen kostet beiläufig 10,000 Franken; wenn man ihn daher alle zwei Jahre erneuern muß, anstatt in je acht Jahren, so vergrößern sich die Auslagen um 30,000 Franken.Hr. Bobierre, welcher vom Handelsgericht in Nantes beauftragt wurde, die Ursachen dieser Veränderungen der Bronze zu ermitteln, hat mit der größten Sorgfalt die Eigenschaften der zum Beschlag einer großen Anzahl von Schiffen angewandten Legirungen untersucht, deren Dauer zur See ihm bekannt war, und dabei gefunden, daß, was man für eine Anomalie hielt, gewiß die Folge einer schlechten Fabrication ist. Die Beschläge von großer Dauer hatten eine Farbe, welche sich viel mehr derjenigen des Kanonenmetalls als derjenigen des Rothkupfers näherte; ihr Korn war vollkommen fein, ihre Textur sehr gleichartig, ihre Härte groß; auch war ihre Dicke, wie wir erwähnten, an allen Stellen gleich geblieben; die Abnutzung war eine vollkommen regelmäßige. Die Beschläge hingegen, welche sich mangelhaft erwiesen, hatten eine schlechte Farbe, ein grobes Korn, eine ungleichartige Textur; hie und da zeigten sich Zinnflecken; das positive Metall war folglich entweder in viel zu geringem Verhältniß vorhanden, oder schlecht vertheilt, und konnte das Kupfer nicht mehr schützen. Eine dem Zweck entsprechende Bronze muß wenigstens vier Procent Zinn enthalten; die Veränderlichkeit der Legirung ist fast proportional dem Verhältniß der oxydirbarsten Metalle. Das fast constante Vorkommen von Arsenik in den Bronzen ist kein großer Nachtheil, sie können dessenungeachtet zur See eine sehr große Dauer haben. Hr. Bobierre hat durch Veröffentlichung seiner genauen Untersuchungen der Industrie einen sehr großen Dienst geleistet. – Seit zwei Jahren wendet man, besonders zu Marseille, einen Metallbeschlag an, welcher von einem dänischen Baron erfunden ist und von Besson und Comp. angefertigt wird, zur See vortrefflich aushält und mit sehr großem Vortheil den Bronzebeschlag ersetzen soll; wir hoffen über diese wichtige Erfindung bald Näheres mittheilen zu können. (Cosmos, Revue encyclopédique, 1852 Nr. 5.) Ich überzeugte mich bald, daß die Dauer der Bronze lediglich von ihrer Zusammensetzung abhängt, und daß die Unregelmäßigkeiten, welche man beim Verderben der bronzenen Schiffsbeschläge beobachtet zu haben glaubt, in der Zusammensetzung der Legirung ihre Erklärung finden. In dieser Abhandlung theile ich die angestellten Analysen mit, und werde in einer nachfolgenden die synthetischen Versuche veröffentlichen, welche meine Folgerungen bestätigen. Das erste von mir analysirte Muster eines bronzenen Schiffsbeschlags war, wie erwähnt, von der „Sarah“. Im März 1849 angeschlagen, war diese Legirung im Mai 1850 an einigen Stellen schon so durchlöchert, daß sie in Calcutta durch eine neue ersetzt werden mußte. Der Beschlag der „Sarah“ war ziemlich gleichförmig abgenutzt; auf beiden Seiten des SchiffsDas nach der Abnahme sorgfältig bestimmte Gewicht des Beschlags war folgendes: Backbord 1662 Kilogr.; Steuerbord 1492 Kilogr. hatten vorzüglich der Vordertheil und die Wassertracht gelitten. Das Metall war mit einer grünlichweißen Haut überzogen, worin ich 22,2 Proc. Zinnoxyd fand. Die Farbe der Legirung näherte sich mehr derjenigen des gewöhnlichen Rothkupfers als derjenigen der Statuenbronze. Mehrere Blätter waren unversehrt, andere zeigten Lücken auf ziemlich großen Flächen, die mit seltsam begränzten krummen Linien endigten. Bei den Blechen die am meisten verdorben waren, zeigte sich das Metall siebartig durchlöchert. An allen Blechen war leicht zu bemerken, daß das Metall von grobem, nicht sehr dichtem Korn, mittelmäßigem Glanze und die Legirung nicht von gleichartiger Beschaffenheit war. Der Mangel an Gleichartigkeit war noch leichter zu erkennen, wenn man ein Stück der Bronze in einen Schraubstock spannte und rasch abbrach; man konnte dann in der Masse leicht Blasen, namentlich aber Zinnflecken wahrnehmen, was eine unvollkommene Vertheilung desjenigen Metalls anzeigt, welches dem Kupfer gegenüber die Rolle des positiven Elements vertreten muß. Schon auf den ersten Blick, besonders aber mittelst der Loupe, fand man, daß zum Walzen ein Metall angewendet worden war, dessen Theile nicht alle gleichartig beschaffen waren. Da ich wußte, daß ein Schiff des Hafens von Nantes, das Packetboot „Ferdinand“, ebenfalls mit Bronzebeschlag, zehn Jahre lang zur See gewesen war, so suchte ich mir ein Blech von dieser Legirung zu verschaffen. Auch erhielt ich ein Stück Bronze von dem Beschlag der „Aline“, welcher mehrere Jahre der Einwirkung des Meerwassers ausgesetzt blieb, ohne merklich dadurch zu leiden. Meine ersten analytischen Versuche wurden mit diesen verschiedenen Metallproben vergleichend und gleichzeitig angestellt. Schon der bloße Anblick zeigte einen großen Unterschied zwischen den vortrefflichen Bronzen des „Ferdinand“ und der „Aline“ und der fehlerhaften Bronze der „Sarah“. Erstere hatten nämlich eine Farbe, welche sich mehr derjenigen des Kanonenmetalls als derjenigen des Rothkupfers näherte; ihr Korn war vollkommen fein; ihr Gefüge sehr homogen und ihre Härte beträchtlicher. Endlich waren sie gleichmäßiger abgenützt, daher an allen Stellen von ziemlich gleicher Dicke und die nachtheilige Einwirkung des Seewassers offenbarte sich nur durch eine Reihe einige Millimeter langer, paralleler Linien von unbedeutender Tiefe. In allen Bronzebeschlägen, die ich untersuchte, fand ich kleine Antheile von Arsenik; nachdem ich mich aber durch praktische Versuche überzeugt hatte, daß sein Vorkommen in der Legirung kein wesentlicher Fehler ist, bestimmte ich ihn nicht mehr quantitativ. Folgendes sind die Analysen der verschiedenen Proben; die am meisten verdorbene Platte der „Sarah“ bildet das eine Ende der Reihe, und die vortreffliche Bronze des „Ferdinand“ das andere Ende derselben. Angewandte Substanz, 1000 Gewichtstheile. Kupfer. Zinn. Blei. Arsenik.               Bemerkungen. 1. Fein durchlöcherte Platte der „Sarah“    (Backbord)     971   24   5   Spur 2. Auf großen Flächen durchbrochene    Platte („Sarah“, Steuerbord)     968   24   8   Spur 3. Platte in gutem Zustand (dasselbe    Schiff, Backbord)     959   29 12   Spur 4. Platte in gutem Zustand (dasselbe    Schiff, Steuerbord)     960   31   9   Spur Verhältnismäßig gutes Aussehen. 5. Platte in sehr gutem Zustand (das-    selbe Schiff, Steuerbord)     952   35 13   Spur Das analysirte Stück war von der     besten Stelle der Platte gewählt. 6. Platte von einem Beschlag, welcher    nicht sehr lange im Gebrauch war     959   34   7   Spur Das Muster erhielt ich v. Hrn.    Brosse, Rheder zu Nantes. 7. Beschlag des Packetboots „Ferdi-    nand“, welcher zehn Jahre in See war     953   41   6   Spur Muster von dem in Reparatur    befindlichen Schiff genommen. 8. Anderes Muster desselben Beschlags    (dasselbe Aussehen)     847   44   9   Spur 9. Muster vom Beschlag der „Aline“,    welche eine lange Fahrt gemacht    hatte     935   55 10   Spur Aussehen wie bei der vorigen     Bronze. 10. Bronzene Bolzen von schönem    Aussehen, zum Schiffsbau bestimmt       –   66   –      – 11. Analoge Legirung, von Hrn. Vo-    ruz, Gießer zu Nantes; schönes    Aussehen       –   56   –      – Aus diesen analytischen Resultaten geht klar hervor: daß im fehlerhaften Beschlag das positive Metall in sehr geringer Menge vorhanden ist; daß bis zu einer gewissen Gränze der Gehalt der Legirung an oxydirbarenoxydirbareren Metallen der Dauerhaftigkeit der Legirung proportional ist; daß die Beschläge, welche eine große Dauer erprobten, wenigstens 4 Proc. Zinn enthalten; endlich daß die Legirung, wenn sie weniger als 4 Procent Zinn enthält, grobkörnig ist, eine schlechte Farbe hat und Zinnflecken bekommt, kurz daß dann das positive Metall in der Masse schlecht vertheilt ist.