Titel: Untersuchungen über die Krustenbildung in den mit Meerwasser gespeisten Dampfkesseln; von Hrn. Cousté.
Fundstelle: Band 125, Jahrgang 1852, Nr. LXIII., S. 258
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LXIII. Untersuchungen über die Krustenbildung in den mit Meerwasser gespeisten Dampfkesseln; von Hrn. Cousté. Aus den Comptes rendus, August 1852, Nr. 5. Cousté's Untersuchungen über die Krustenbildung in den mit Meerwasser gespeisten Dampfkesseln. Wenn es gelänge die Bildung von Kalkkrusten in den Dampfkesseln zu verhindern, so könnten keine Explosionen mehr entstehen, außer in Folge von Verwegenheit oder Sorglosigkeit der Maschinisten und Heizer; man würde überdieß 40 Procent an Brennmaterial bei den Landmaschinen und 65 Procent bei den Schiffsmaschinen ersparen. Um diese Frage zu lösen, untersuchte der Verfasser zuerst die Kessel mehrerer Dampfboote, um die Form der Niederschläge und deren Vertheilung auf der Heizfläche kennen zu lernen. Dann analysirte er diese Niederschläge, und bestimmte auf synthetischem Wege die Theorie ihrer Bildung. Letztere gab ihm zwei Verhinderungsmittel an die Hand: das eine besteht im theilweisen Entleeren, welches nur bei Niederdruckkesseln anwendbar ist; das andere besteht im Speisen mit destillirtem Wasser, welches bei allen Kesseln anwendbar ist, aber einen besonderen Apparat zur Condensation erfordert. Endlich hat der Verfasser den Verlust an Wärmestoff berechnet, welchen die Bekrustung der Kessel veranlaßt. Wir lassen nun die Hauptpunkte seiner Abhandlung folgen. Es bilden sich zweierlei Niederschläge: erhärtete Niederschläge, welche die Krusten ausmachen und zum größeren Theil aus schwefelsaurem Kalk bestehen, außerdem basisch-kohlensaure Bittererde, freie Bittererde, Wasser und Spuren von Eisen und Thonerde enthalten; schlammige Niederschläge, welche aus denselben Bestandtheilen in sehr wandelbaren Verhältnissen bestehen, und mit organischen Substanzen, ferner mit Kieselerde und Thonerde gemengt sind. Diese zwei Arten von Niederschlägen sind frei von kohlensaurem Kalk, obgleich das Meerwasser solchen enthält, und unterscheiden sich dadurch von den Niederschlägen welche die süßen Wässer hervorbringen. Die Abwesenheit von kohlensaurem Kalk ist Folge der Reaction der salzsauren Bittererde. Diese Thatsache wird wahrscheinlich zur Entdeckung eines praktischen Mittels führen, um die Krustenbildung in den mit süßem Wasser gespeisten Kesseln zu verhindern. Während der Incrustirung verwandeln sich alle Kalksalze in schwefelsauren Kalk, in Folge von Reactionen, woraus sich die Theorie der Erscheinung ergab, daher man bezüglich der Krustenbildung sämmtlichen im Meerwasser vorkommenden Kalk als in Form von schwefelsaurem Kalk vorkommend betrachten kann. Der schwefelsaure Kalk ist der einzige krustenbildende Bestandtheil; er schlägt sich in Folge von Krystallisation nieder, und es würde keine Kruste entstehen, wenn diese Krystallisation nicht stattfände. Um diese Krystallisation zu verhindern, muß man das Wasser hinsichtlich des schwefelsauren Kalks unter dem Sättigungspunkt erhalten, und daher während des Ganges in solchem Verhältniß Wasser ausleeren, daß der ausgezogene schwefelsaure Kalk wenigstens demjenigen gleich ist, welchen das Speisewasser in den Kessel bringt. Das zwischen dem Entleeren und Speisen des Kessels einzuhaltende Verhältniß hängt von dem Gehalt des natürlichen Meerwassers an Kalisalzen ab, und von der Auflöslichkeit des schwefelsauren Kalks im Salzwasser. Das Wasser des Oceans und des mittelländischen Meeres enthält 0,14 bis 0,16 Procent schwefelsauren Kalk (allen Kalk in Form von schwefelsaurem angenommen) und gelangt zur Sättigung bei 13° Baumé (beobachtet bei 12° R. Temperatur), wenn man es durch Sieden unter dem atmosphärischen Druck concentrirt. Der Grad bei welchem die Sättigung stattfindet, sinkt in dem Maaße als der Siedepunkt oder der Druck steigt. Zwischen 1 und 2 Atmosphären ergibt sich folgendes Gesetz: eine Zunahme des Drucks um 0,2 Atmosphären vermindert die Concentration, bei welcher die Sättigung durch schwefelsauren Kalk stattfindet, um 1 Baumé'schen Grad. Hieraus folgt daß ein zweckmäßig geleitetes Entleeren die Niederdruckkessel gegen Bekrustung schützen kann, nicht aber die Kessel von mittlerem und hohem Druck. Diese Entleerung muß eine ununterbrochene und regelmäßige seyn, und eine solche läßt sich nicht mittelst Pumpen bewerkstelligen. Der Verfasser schlägt vor, letztere durch einen zu diesem Zweck von ihm erfundenen Apparat zu ersetzen. Obgleich die Entleerung die indirecte Heizfläche gegen Bekrustung schützt, so verhindert sie doch die Bekrustung der directen Oberfläche nicht. Der Verfasser beweist es durch die Erfahrung und durch die Theorie. Es ist unmöglich, die Bekrustung der Kessel mittleren und hohen Drucks zu verhüten, sofern man sie mit Meerwasser speist. Der Verfasser schlägt vor, sie mit destillirtem Wasser zu speisen, und er hat hierzu einen Apparat construirt, um den aus dem Cylinder tretenden Dampf ohne Verlust an Triebkraft zu condensiren. Er gibt die Mittel an, um den Verlust an destillirtem Wasser zu ersetzen, welcher durch das Entweichen von Dampf und Wasser aus dem Kessel entsteht. Die theoretische Berechnung des Brennmaterial-Verlusts in Folge der Bekrustung ergibt, daß dieser Verlust wenigstens beträgt: 40 Proc. des gegenwärtigen Kohlenverbrauchs für die Kessel mit niederm Druck; 47 Procent des gegenwärtigen Kohlenverbrauchs für die Kessel mit mittlerem Druck (3 Atmosphären); 40 Proc. des gegenwärtigen Kohlenverbrauchs für die Kessel mit hohem Druck (5 Atmosphären); 22 Proc. des gegenwärtigen Kohlenverbrauchs für die Locomotiven (5 Atmosphären).