Titel: Verfahren zum Sortiren der Seidenwurmeier; von Hrn. Despeyroux, Professor der Physik in Alais.
Fundstelle: Band 127, Jahrgang 1853, Nr. XV., S. 70
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XV. Verfahren zum Sortiren der Seidenwurmeier; von Hrn. Despeyroux, Professor der Physik in Alais. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, October 1852, S. 731. Despeyroux, Verfahren zum Sortiren der Seidenwurmeier. Seit mehreren Jahren klagt man im Gard-Departement allgemein über das häufige Mißrathen der Seidenwürmerzucht; dasselbe wird, der Entartung der Racen beigemessen, an welchem hauptsächlich zwei Ursachen Schuld sind: 1) die geringe Sorgfalt, welche der Eierzucht gewidmet wird, und 2) die atmosphärischen Einflüsse. Vordern zog sich im Gard-Departement jeder Züchter seine Eier selbst; sein eigener Vortheil brachte es daher mit sich, nur diejenigen Eier zu behalten, welche unter den besten Umständen erhalten worden waren und ein ganz gutes Product versprachen. In dem Maaße aber, als die Seiden-Industrie fast zur einzigen der Gegend ward, überließ man die Eierzucht Leuten, welche, ohne selbst Seidenzüchter zu seyn, mit den Eiern einen besondern Handelszweig trieben. Anfangs befanden sich Eierzüchter und Seidenzüchter bei dieser Theilung der Arbeit sehr wohl. Bald aber mischten sich, wie bei jedem gedeihenden Industriezweig, unwissende und habgierige Concurrenten ein und verminderten den wohlverdienten Nutzen des geschickten und sorgfältigen Eierzüchters; wenig gewissenhaft hinsichtlich guter Cocons, welche angewendet werden müssen, um gute Eier zu bekommen, sahen sie mehr auf Quantität als Qualität, und lieferten in den Handel geringere Producte, die vormals verworfen wurden, welchen man aber ein gutes Aussehen zu verleihen das Mittel gefunden hatte. Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten; häufiges Mißlingen öffnete den Seidenzüchtern die Augen, sie begannen einzusehen, daß ein wohlfeiler Einkauf ihnen oft Schaden verursacht, und gaben wieder jenen Eierzüchtern den Vorzug, die zugleich Seidenzüchter waren und deren Producte man als die bessern erkannte. Leider hatte aber das Uebel schon zu sehr um sich gegriffen. Durch atmosphärische Einflüsse, hauptsächlich Spätfröste, wurden die Eier der geschicktesten, bis dahin immer glücklichen Seidenzüchter unfruchtbar gemacht. Der Jammer war allgemein, man wollte nun von den Naturforschern Hülfe, deren Rathschläge man früher nicht beachtet hatte, machte denselben Vorwürfe, daß sie die entarteten Racen nicht auf einmal in kräftige zu verwandeln vermöchten, und überließ sich neuerdings dem Schlendrian und Empirismus. Indessen war man bedacht, Eier aus andern Gegenden kommen zu lassen, wo das Uebel noch nicht so herrschte. Allein – entweder konnte nicht allen Bestellungen genügt werden, oder welche Ursachen sonst so gewirkt haben mögen – es trat dieses Jahr (1852) eine vollkommene Mißernte ein, wodurch eine Menge Seidenzüchter, denen dieses Geschäft die einzige Nahrungsquelle ist, zu Grunde gerichtet wurden. Es wurden nun öffentliche Berathungen ausgeschrieben. In der Versammlung zu Alais wurde beschlossen, neben aller Begünstigung der Einfuhr von Eiern aus Italien, beinahe den einzigen welche dieses Jahr gut ausfielen, eine Prämie von 500 Franken demjenigen Eierzüchter zu ertheilen, dessen Eier die besten Producte liefern, unter der Bedingung jedoch, daß er sein Verfahren bei der Eierzucht mittheile. Man hielt dieses Mittel noch für das beste, obgleich nicht für das einzige, um die Eierzucht wieder auf richtigen Weg zu führen. Sortiren der Eier. – Von hoher Wichtigkeit erscheint bei der notorischen schlechten Beschaffenheit der Eier die Sortirung derselben. Schon oft wurde die Frage aufgeworfen, ob es nicht ein Mittel gebe, die schlechten von den guten Eiern zu unterscheiden; noch nie aber wurde sie beantwortet. Hr. Gourdon von Nages zeigte zwar an, daß er dieselben in gute, mittlere und schlechte sortiren könne, verlangte aber für die Mittheilung seines Verfahrens 150 bis 200,000 Fr. Man ließ sich in Alais darauf ein, obwohl derselbe das Sortiren nicht an Ort und Stelle vornahm, wie anfangs verlangt worden war. Auch schickte er die Eier nicht in drei, sondern nur in zwei Sorten abgetheilt zurück und zwar von 10 Unzen, die er erhalten hatte, nur 3 1/2 Unzen als gute, worüber man sich sehr verwundern mußte, weil die ihm übergebenen Eier als von guter Qualität galten. Der Preis von 10 Fr. per Unze, wie er seine ausgelesenen Eier verkaufte, während die im Handel vorkommenden zu 3 Fr. geliefert werden, stimmt auch mit obigem Verhältniß von 10 : 3 ziemlich überein. Versuche, welche ich mit dem Sortiren der Eier anzustellen beauftragt war, hatten den Erfolg, daß die physischen Eigenschaften der von mir sortirten Eier ziemlich dieselben waren, wie bei den von Hrn. Gourdon gereinigten, daher die Resultate, welche er von den seinigen verspricht, und der daraus entspringende Werth derselben, dann auch von den meinigen zu erwarten ist. Folgendes nun ist mein Verfahren. Man taucht die Eier in eine Salzlösung von 5° an Baumé's Aräometer. Alles was obenauf schwimmt, besteht in leeren, leichten Häuten; nachdem diese entfernt sind, bringt man die unter der Flüssigkeit gebliebenen Eier in eine Salzlösung von genau 10° an Baumé's Aräometer. Alles was obenauf schwimmt, wird als mittelmäßig betrachtet und beiseite gebracht. Der untergetauchte Theil wird in eine dritte Salzlösung von 11° Baumé gebracht, und die Eier welche darin obenauf schwimmen und in der Flüssigkeit von 10° B. untergehen, sind die guten. Alles was in der Lösung von 11° B. untergetaucht blieb, besteht aus ausgetrockneten, eingeschrumpften Eiern, deren entgegengesetzte Wände sich berühren und die ich schwere Häute nenne. Diese schweren Häute und die leichten vereinigt, liefern die schlechte Eiersorte. Man kann also durch dieses Verfahren die Eier in schlechte, mittlere und gute abtheilen. Daß mein Verfahren dasselbe sey wie das Gourdon'sche, kann ich nicht behaupten. Jedenfalls aber sind die so behandelten Eier von gleicher physischer Beschaffenheit, und wenn Hr. Gourdon sich eines wirklich mechanischen Verfahrens bedient, so kann nur das Ausschwingen zu diesem Resultate führen. Die Zuchtversuche mit den von Hrn. Gourdon und den von mir gereinigten Eiern wurden so spät und unter so ungünstigen Umständen angestellt, daß es unentschieden blieb, ob diese Methoden in ökonomischer Hinsicht vortheilhaft sind.