Titel: Neues Verfahren den Gehalt des Chlorkalks zu bestimmen; von Dr. Penot in Mülhausen (Oberrhein).
Fundstelle: Band 127, Jahrgang 1853, Nr. XXVI., S. 134
Download: XML
XXVI. Neues Verfahren den Gehalt des Chlorkalks zu bestimmen; von Dr. Penot in Mülhausen (Oberrhein). Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, 1852, Nr. 118. Penot's Verfahren den Gehalt des Chlorkalks zu bestimmen. Das genaueste Verfahren um den Gehalt des Chlorkalks zu bestimmen, ist dasjenige von Gay-Lussac, wobei man arsenige Säure anwendet; die Schwierigkeit dabei den Punkt genau zu treffen, wo der Tropfen schwefelsauren Indigos welcher der Probeflüssigkeit zugesetzt wurde, sich vollständig entfärbt, bringt aber oft eine solche Unsicherheit in die Resultate, daß viele Fabrikanten eine neue Methode wünschen, welche praktischer und sicherer ist. Vor einigen Jahren wurde vorgeschlagen eine Auflösung von schwefelsaurem Eisenoxydul in eine Auflösung von Chlorkalk zu gießen, bis ein Tropfen des Gemisches durch das rothe Blutlaugensalz blau gefärbt wird. Wer dieses Verfahren versucht hat, weiß daß es kein annehmbares Resultat gibt; einerseits weil sich während der Operation viel Chlor entbindet, welches der Bestimmung gänzlich entgeht, andererseits weil das angewandte schwefelsaure Eisenoxydul nicht immer von ganz gleicher Beschaffenheit ist. Ich wende zur Chlorkalkprobe die arsenige Säure auf eine Weise an, wobei man mit der größten Genauigkeit gerade an dem Punkt innehalten kann, welcher den Gehalt des geprüften Chlorkalks anzeigt. Diese Methode gründet sich auf eine bekannte Thatsache, welche bereits in anderer Art von Houton-Labillardière zu demselben Zweck angewandt wurde. Wenn man Kartoffelstärkmehl in einer Auflösung von Jodnatrium kochen läßt, so erhält man ein farbloses Product, welches auf Zusatz von ein wenig Säure oder von Chlor blau wird, weil sich dann das freigemachte Jod mit dem Stärkmehl verbindet. Um für die Chlorkalk-Probe ein Reagenspapier zu bereiten, erhitze ich bis zur vollständigen Auflösung und Entfärbung: einen Gramm Jod, sieben Gramme krystallisirtes kohlensaures Natron, drei Gramme Kartoffelstärkmehl, beiläufig einen Viertelliter Wasser. Ich nehme dann die Flüssigkeit vom Feuer und setze soviel Wasser zu, daß das Ganze einen halben Liter beträgt; in dieser Flüssigkeit tränke ich weißes Papier, das ich dann trocknen lasse. Dieß nenne ich jodirtes Papier. Um die Probeflüssigkeit zu bereiten, löse ich in der Wärme 4,44 Gramme arsenige Säure mit 13 Grammen krystallisirtem kohlensaurem Natron in beiläufig drei Viertellitern Wasser auf, und ergänze dann das Ganze mit Wasser zu einem Liter. Bei dieser Methode muß man die Anwendung von Salzsäure vermeiden (deren man sich bei Gay-Lussac's Verfahren bedient), wegen der Wirkung der Säuren auf das jodirte Papier. Wenn ich einen Chlorkalk Probiren will, löse ich ihn auf gewöhnliche Art auf, nämlich 10 Gramme in 1 Liter Wasser. Ich nehme einen Alkalimeter der Auflösung, welchen ich in ein Glas gieße, dann fülle ich den Alkalimeter mit Probeflüssigkeit, und gieße davon nach und nach in die Auflösung des Chlorkalks, bis ein Tropfen von letzterer, auf das jodirte Papier gebracht, es nicht mehr färbt. Die Zahl am Niveau der im Alkalimeter zurückgebliebenen Flüssigkeit zeigt direct den Grad des Chlorkalks an, oder die Anzahl von Litern Chlorgas welche in einem Kilogramm des probirten Chlorkalks enthalten sind. Bekanntlich erfährt man den Gehalt bei Gay-Lussac's Verfahren erst mittelst einer Tabelle. Wenn man sich von der Genauigkeit des erhaltenen Resultats durch eine Gegenprobe überzeugen will, so wiederholt man den Versuch im umgekehrten Sinne, d.h. man gießt die Chlorkalk-Auflösung in einen Alkalimeter Probeflüssigkeit, bis ein Tropfen des Gemisches das jodirte Papier blau färbt. Der jetzt gefundene Grad muß in der Gay-Lussacschen Tabelle mit dem zuerst gefundenen übereinstimmen. Angenommen z.B. der probirte Chlorkalk enthalte 90 Liter Chlorgas im Kilogramm, das heißt man habe das erste Mal 90 Grade erhalten, so muß man das zweite Mal 111 Grade finden. Dieses Verfahren ist so empfindlich, daß wenn die Färbung des jodirten Papiers schwächer zu werden beginnt, dieß anzeigt, daß man die Probeflüssigkeit nur noch tropfenweise in den Chlorkalk gießen darf; denn der erste Tropfen in Ueberschuß reicht hin, damit das Papier sich nicht mehr verändert. Allerdings können die Säuren, wie das Chlor, das jodirte Papier blau färben; es ist aber nicht zu befürchten, daß man den Chlorkalk durch Zusatz einer Säure verfälscht, welche ihn zum Theil zersetzen und dadurch seinen Werth verringern müßte. Ueberdieß würde diese Säure durch den Kalk gesättigt, und hätte keinen Einfluß auf den chlorometrischen Gehalt. Hat man einen sehr schwachen Chlorkalk zu Probiren, so nimmt man in den Alkalimeter 10 Grade Probeflüssigkeit und 90 Grade Wasser; der gesuchte Gehalt ist dann der zehnte Theil von dem gefundenen. Bericht über Penot's Chlorkalk-Probe; von Hrn. Vedles. Der Ausschuß für Chemie, welcher mit der Prüfung des von Dr. Penot empfohlenen Verfahrens von der Industriegesellschaft beauftragt wurde, hat die Angaben desselben vollkommen bestätigt gefunden. Unter den zahlreichen Methoden den Chlorkalk zu titriren, welche bisher vorgeschlagen wurden, wird das Verfahren von Gay-Lussac in der Praxis am allgemeinsten angewandt. Dieses Verfahren, welches sich auf die Eigenschaft der arsenigen Säure gründet, sich auf Kosten des Chlors bei Gegenwart von Wasser zu oxydiren und in Arseniksäure zu verwandeln, verbindet mit einer großen Genauigkeit den Vortheil am schnellsten und leichtesten ausführbar zu seyn. Es ist jedoch einige Uebung erforderlich, um den Punkt zu treffen, wo die bläuliche und sehr schwache Färbung, welche durch den Tropfen schwefelsauren Indigos hervorgebracht wurde, von selbst in Gelb übergeht, was die Anwendung des Verfahrens für ein ungeübtes Auge etwas schwierig macht. Dieser Uebelstand verschwindet vollständig durch Penot's Abänderung des Verfahrens. Derselbe behält die arsenige Säure bei, ersetzt aber den schwefelsauren Indigo durch sein farbloses jodirtes Papier, welches sich durch die geringste Spur von freier Säure oder freiem Chlor violett färben kann. Er mußte deßhalb die saure arsenigsaure Auflösung von Gay-Lussac aufgeben und sie durch eine alkalische Auflösung ersetzen. Die Anwendung des jodirten Papiers gestattet mit der größten Leichtigkeit den Punkt zu treffen, wo dieses Papier aufhört sich durch einen Tropfen der Mischung zu färben. Diese neue Verfahrungsart hat überdieß den Vortheil direct den chlorometrischen Grad anzugeben, indem sie gestattet die arsenigsaure Auflösung in die Chlorkalklösung zu gießen, denn wenn man mit einer alkalischen Probeflüssigkeit reagirt, besteht kein Grund mehr, weßhalb man nicht direct verfahren sollte. Bei der directen Probe ist es sogar viel leichter den Punkt zu treffen, wo man innehalten muß, als bei der indirecten Probe, welche Hr. Penot als Gegenprobe vorschlägt. Wenn man die alkalische arsenigsaure Auflösung in diejenige des zu prüfenden Chlorkalks gießt, findet die höchste Färbung des Papiers, je nach der Stärke des Chlorkalks, entweder am Anfang oder gegen die Mitte der Operation statt; und die Abnahme dieser Färbung dient dem Probirer als Anhaltspunkt; während bei der Gegenprobe (welche im umgekehrten Sinne gemacht wird) der Punkt wo man aufhören muß, derjenige ist, wo die Färbung des Papiers anfängt. Man hat daher kein Merkmal, und die Färbung, anstatt gerade den Punkt anzuzeigen wo man aufhören muß, zeigt vielmehr an daß er überschritten ist. Wir haben vorher gesagt, daß bei der directen Probe, die höchste Färbung je nach der Stärke des Chlorkalks, entweder am Anfang oder gegen die Mitte der Operation stattfindet. Wenn man nämlich eine etwas concentrirte Chlorkalkauflösung, von 90 bis 100°, anwendet, und einen Tropfen derselben auf das Papier bringt, so erfolgt zuerst Färbung durch das frei gemachte Jod, welches auf das Stärkmehl reagirt; und hernach Entfärbung durch Verdrängung des Jods, welches durch das Chlor aus dieser Verbindung vertrieben wird. In dem Maaße als die arsenige Säure durch das Chlor oxydirt wird, schwächt sich die Chlorkalklösung so weit ab, daß die violette Färbung einige Zeit lang stationär bleiben kann, und sie wird dann durch allmähliche Zusätze immer schwächer, bis alles Chlor verschwunden ist.