Titel: Ueber Bereitung und Anwendung des Dammarfirnisses; von J. Miller.
Fundstelle: Band 128, Jahrgang 1853, Nr. XVIII., S. 58
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XVIII. Ueber Bereitung und Anwendung des Dammarfirnisses; von J. Miller. Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, 1853, Nr. 10. Miller, über Bereitung und Anwendung des Dammarfirnisses. In Lucanus „Anleitung zur Wiederherstellung und Erhaltung der Gemälde“ (Halberstadt 1828) ist dieses Firnisses zum Ueberziehen der Gemälde zuerst gedacht. Den Resultaten seiner Analyse zufolge hielt Obiger das Dammarharz (Gummi Dammar) zur Bereitung eines Lackfirnisses sehr geeignet, und empfiehlt in jener Schrift den aus 1 Theil Dammarharz und 2 Thln. Terpenthinöl bereiteten Firniß zum Ueberziehen der Oelgemälde. Spätere Erfahrungen jedoch haben gezeigt, daß er seiner Sprödigkeit wegen für diesen Zweck weniger vortheilhaft ist als der Mastixfirniß, da namentlich letzterer die Eigenthümlichkeit besitzt, sich durch Reiben mit Speichel wieder von den durch Rauch oder Staub verunreinigten Gemälden wegputzen zu lassen. Das Gemälde erscheint dann wieder beinahe in seiner ehemaligen Frische, und es kann somit ein neuer Firnißüberzug gemacht und auf diese Weise so oft wiederholt werden, als nöthig ist, was bei dem Dammarfirniß nie der Fall seyn kann, da er so hart austrocknet, daß er nur durch Lauge, welche jedenfalls dem Gemälde nachtheilig seyn würde, entfernt werden kann. Jedoch zum Ueberfirnissen von Kupferstichen, Landkarten, Tapeten und dergl. verdient derselbe seiner Durchsichtigkeit und Härte wegen den Vorzug. In der Lackirkunst wurde er seit dieser Zeit vielfältig angewendet, theils auch wieder verlassen, theils ganz aufgegeben. Letzteres zu thun war mir nicht möglich. Einen solch schönen Firniß, der auf so leichte Weise bereitet werden kann, schön glänzt und schnell trocknet, jede Farbe, namentlich ganz lichte, wie rosa, lila, hellblau u.s.w. nach dem Firnissen ganz unverändert stehen läßt, konnte und wollte ich nicht aufgeben. Die Ursache, warum er aufgegeben wurde, ist wohl diese, daß dieser Firniß, ungeachtet er sehr schnell hart wird, so daß er leicht Risse bekommt, in der gelindesten Wärme, ja sogar in der warmen Hand wieder weich und klebrig wurde; freilich Eigenschaften, die einen Firniß durchaus nicht empfehlen können. Darum suchte ich dieser ihn entwerthenden Eigenschaft so viel als möglich entgegen zu arbeiten, und es gelang mir auch in ziemlich vollkommener Weise. Ich will meine Erfahrungen hier mittheilen. Das Dammarharz (Resina Dammara alba. matao chochin), auch Katzenaugengummi (Gum cat's eye) genannt, ist ein harziges Product verschiedener Gattungen der Dammara alba und Xylopia, und besteht nach der ältern Analyse des Lucanus und der ziemlich gleichlautenden von Brandes (eine neuere ist mir nicht zu Handen gekommen) aus 83,1 in Alkohol löslichem Harze, aus 16,8 Unterharz (Dammarin) und 0,1 Gummi, Schleim und Kalksalzen; von spec. Gewicht = 1,1, löst es sich auch im stärksten Weingeist nur theilweise, besser in Aether, vollkommen in ätherischen und fetten Oelen. Es bildet blaßgelbe zum Theil eiförmige Stücke, zwischen den Zähnen ein Mittelding zwischen Mastix und Sandarach; ersterer läßt sich kauen, letzterer schwer zerbeißen. Man findet bei der Untersuchung helle, auf dem Bruche wie Glas glänzende Stücke, dieß sind die härtesten, am schwersten zu zerbrechen; sodann etwas dunklere, mit mehr oder weniger Unreinigkeiten vermischt, ebenfalls glänzend und durchsichtig, aber leichter zerbrechlich zwischen den Fingern, welche dadurch stark zusammenkleben; diese sind die weniger tauglichen; zuletzt ganz weiße, undurchsichtige Stücke, matt auf dem Bruche, wachsähnlich und fühlen sich beim Zerreiben äußerst harzig an; dieß sind ganz unbrauchbare Stücke, und diejenigen, welche den Firniß verhindern, fest auszutrocknen und im Glase hell zu werden. Hieraus geht hervor, daß man, ehe man einen Dammarfirniß bereitet, das Harz sorgfältig ausscheidet (electirt) und absondert, die wachsartigen Stücke ganz entfernt und, soll der Firniß vorzüglich werden, auch die dunkleren Stücke zu einem geringern Firniß verwendet. Firnißt man mit Dammarfirniß, so wird man finden, daß er auf der Oberfläche sehr bald trocken erscheint, daß sogar darauf gefallene Unreinigkeiten sich wieder wegblasen oder mittelst eines weichen Federbesens leicht wegstäuben lassen, während die untere Schichte noch naß ist und mit dem Finger berührt, noch so stark klebt, daß man einen leichten Gegenstand in die Höhe ziehen kann. Daraus geht hervor, daß dieser Firniß nur in dünnen Schichten aufgetragen werden darf, auch jeder Ueberzug, bevor man einen neuen aufträgt, gut ausgetrocknet seyn muß. Die Hauptursache aber, warum dieser schöne Firniß meist ein so ungünstiges Resultat liefert, liegt nach meiner Erfahrung nächst dem Hauptfehler des Nichtsortirens in der Bereitungsart. Alle Vorschriften, die man besitzt (außer der in meinem Lackirbuche„Die Firnißfabrication in ihrem ganzen Umfange“ bei Dannheimer in Kempten im Jahr 1842 erschienen. angegebenen) lauten dahin, daß man das Harz pulvere, mit zwei Theilen seines Gewichtes Terpenthinöl übergieße und im Sand- oder Wasserbade digerire, oder auch nur so nach und nach sich auflösen lasse; ja einige schlagen sogar die Schüttelmethode vor, welche ich bei keinerlei Firniß anerkennen kann, weil durch ein wenig Sieden des Fluidums die Auflösung schneller und inniger von Statten geht und bei weitem mehr Glanz und Dauerhaftigkeit erreicht wird. Und namentlich bei diesem Dammarfirniß ist es das Sieden des Fluidums hauptsächlich, wodurch allein ein Fabricat erzeugt wird, das die leidige Eigenschaft, so leicht wieder klebrig zu werden, beinahe ganz verloren hat. Durch mehrfache Unfälle in Beziehung auf das leichte Zerspringen von irdenen und Glasgefäßen veranlaßt, verschaffte ich mir zur Bereitung dieses Firnisses ein Geschirr aus verzinntem Eisenblech, sogenanntem Gesundheitsgeschirr. In einen solchen Topf mit Füßen oder auch in Form der gewöhnlichen Casserole zum Einsetzen, bringe ich ein oder mehrere Pfunde je nach der Größe des Geschirrs, welches nur halb damit angefüllt seyn darf, gepulvertes auserlesenes Dammarharz, wäge auf 1 Pfund Harz 1 1/2 Pfund Terpenthinöl in eine Flasche ab, gieße davon sogleich so viel an das im Topfe befindliche Harz, daß es sich zu einem leichten Teig anrühren läßt. Diesen Harzteig setze ich auf gelindes Kohlenfeuer, worauf er bald anfangen wird sich zu zertheilen. Wenn er nun anfängt zu schäumen, so rührt man mit einem eisernen Spatel, aber nur an der Oberfläche, beständig um, bis sich die Blasen zertheilen, und allmählich das Sieden beginnt. Nun läßt man die Mischung leicht und hauptsächlich so lange sieden, bis man den Boden des Geschirres durch den klar gewordenen Firniß durchschimmern sieht. Hierauf nimmt man den Topf vom Feuer, läßt den Firniß etwas erkalten, gießt sodann das noch übrige Terpenthinöl unter beständigem Umrühren hinzu, und seiht ihn noch heiß durch einen Filztrichter oder auch durch Watte. Nun ist der Firniß fertig; auch der kleinste Theil des Harzes wird gelöst und mit dem Terpenthinöl innig verbunden, die Auflösung beinahe farblos und glanzhell seyn, was nie geschieht, wenn man ihn nur ansetzt wie einen Branntweinliqueur. Nur eine unvollständige Auflösung und Verbindung des Fluidums mit dem Harze trägt zum größten Theile die Schuld des leicht wieder Weichwerdens. Das Rissebekommen zu verhüten, habe ich zum öftern schon Campher, 3 Drachmen auf das Pfund, zugesetzt. Dieser Firniß eignet sich zu weißen und mit lichten Farben angestrichenen Gegenständen, welche keiner besondern Reibung oder Hitze, wie z.B. Kaffeebretter, ausgesetzt sind, auf das Vortheilhafteste; soll jedoch derselbe mehr Härte und Dauer besitzen, so versetzt man ihn mit fettem Copalfirniß auf folgende Weise: Man schmelze 1/2 Pfund Copal, vom reinsten, weißesten, versetze ihn mit 8 Loth hellstem Leinölfirniß und gieße unmittelbar hierauf 1 Pfund auf obige Art gelösten Dammar recht langsam unter beständigem Umrühren hinzu, so daß der Guß nur in Strohhalm dickem Strome geschieht, und verdünne hierauf das Ganze mit so viel Terpenthinöl, als zur gehörigen Consistenz nöthig ist. Dieser Firniß läßt als Dammarfirniß in Beziehung auf Härte und Dauer nichts zu wünschen übrig, aber leider ist er nicht so farblos, wie reiner Dammar, jedoch um vieles heller, als der hellste Copalfirniß. Ich habe mich über diesen Firniß deßwegen so verbreitet, weil ich weiß, daß ein gewöhnliches Recept, das ich hätte geben können, doch nie zum gewünschten Ziele geführt hätte; und glaube somit dargethan zu haben, daß das Dammarharz sich recht gut zu einem wohlfeilen farblosen Firniß verwenden läßt, mit welchem man Gegenstände von weißen oder sonst hellen Farben sehr schön lackiren kann, und daß derselbe, mit Copal versetzt, mit Nutzen auf tausenderlei Gegenstände verwendet werden kann, um den theuren Copalfirniß zu ersparen, was wohl manchen Fabrikanten und Lackirern gut zu Statten kommen dürfte.