Titel: Ueber die verschiedenen Baumwollsorten und ihre Tauglichkeit zur Fabrication eines guten Garns sowohl für Kette als Einschlag; von Hrn. Drapier.
Fundstelle: Band 130, Jahrgang 1853, Nr. LXXII., S. 305
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LXXII. Ueber die verschiedenen Baumwollsorten und ihre Tauglichkeit zur Fabrication eines guten Garns sowohl für Kette als Einschlag; von Hrn. Drapier. Aus dem Moniteur industriel, 1853, Nr. 1742. Drapier, über die verschiedenen Baumwollsorten und ihre Tauglichkeit zur Verspinnen. Die größtentheils aus spinnbarer Faser bestehende rohe Baumwolle zerfällt in zwei Classen, in langfaserige und kurzfaserige (von langem oder kurzem Stapel). Die erste Classe begreift einige Sorten in sich, die aus verschiedenen Ursachen nur in sehr kleiner Menge auf unsere Märkte kommen, nämlich diejenigen von Fernambuk, Bahia, Camouchie, Maragnan, Motrille, Cayenne und Bourbon; da jedoch hie und da noch eine Baumwolle von Fernambuk, Bahia, Cayenne, Bourbon und Motrille zugeführt wird, so will ich die Beobachtungen mittheilen, welche ich hinsichtlich dieser fünf Sorten gemacht habe, als ich sie zu verschiedenen Zeiten auf Maschinen von ähnlicher Construction, wie man sie jetzt anwendet, verspinnen ließ. Die drei ersten dieser Sorten haben lange, dicke und harte Fasern und dürften sich nur zu Kettengarn von den Nummern 15 bis 30,000 Meter im halben Kilogr. eignen, das jedoch, wenn die Baumwolle beim Spinnen geeignet behandelt wurde, zu Geweben für den Hausgebrauch recht gut ist. Die Bourbon-Baumwolle, obwohl etwas kurzfaseriger als die drei erwähnten Sorten, eignet sich sehr gut zu feinem Kettengarn, selbst von 90,000 Meter im halben Kilogr. Der Grund ist, daß ihre Fasern viel feiner und elastischer sind, als diejenigen der drei vorhergehenden Sorten; man kann in dieser Hinsicht annehmen, daß Garn Nr. 90 von Bourbon-Baumwolle aus ebenso viel Fasern zusammengesetzt ist, als Garn Nr. 30 von einer der drei obigen Sorten. Die Motrille-Baumwolle scheint mir diejenige zu seyn, aus welcher die Indier ihre buttergelben Nankins machen, weil sie diese Farbe nach mehrmaligem Waschen noch beibehält. Abgesehen von diesem Umstand besitzt diese Baumwolle ausgezeichnete Eigenschaften und eignet sich vortrefflich zur Fabrication sehr feinen Einschlaggarns, z.B. von Nr. 125,000 Meter per 1/2 Kilogr. Ich habe jetzt noch von zwei Baumwollensorten zu sprechen, die ebenfalls als langfaserige zu dieser ersten Classe gehören; man wendet dieselben mit gutem Erfolge zur Fabrication von Kettengarn erster Qualität an. Die erste dieser Sorten ist die lange Georgia-Baumwolle, aus welcher ein Kettengarn von Nr. 130,000 Meter gemacht wird. Die zweite ist die aus Aegypten kommende Mako- oder Jumel-Baumwolle; sie hat viel Aehnlichkeit mit der aus Brasilien kommenden sogenannten Bahia-Baumwolle. Die ägyptische Jumel-Baumwolle hat eine minder feine Faser als die lange Georgia-Baumwolle; sie eignet sich auch nur zu Kettengarn von höchstens Nr. 70. Die zweite Classe von Baumwollsorten enthält alle kurzfaserigen, welche heutzutage in sehr großer Menge aus Amerika und den Vereinigten Staaten kommen; sie sind hauptsächlich unter den Namen Luisiana-, (kurze) Georgia-, Mobile-, Carolina-, Virginia-, Smyrna-, Surate- etc. Baumwolle bekannt. Nach meiner Meinung ist die beste dieser Baumwollsorten die Luisiana erster Qualität, weil sich davon sowohl Kettengarn Nr. 60 für Musseline, als Einschlaggarn Nr. 80 für Gewebe aller Art machen läßt. Die kurze Georgia- und die Mobile-Baumwolle haben eine viel dickere und härtere Faser als man je an der Luisiana irgend einer Qualität findet; sie werden daher meistens nur zur Fabrication von Kettengarn von Nr. 15 bis 26,000 Meter auf Drosselstühlen oder Mulemaschinen verwendet. Auch werden mit der kurzen Georgia- und der Mobile-Baumwolle geringerer Qualität auf der Mulemaschine Einschlaggarne von Nr. 20 bis 34,000 Meter gemacht, die zu gewissen Geweben, wie z.B. zu Druckkattunen, noch recht gut taugen. Die vier letzten der erwähnten Baumwollsorten aus den Vereinigten Staaten eignen sich nach meiner Meinung nur zu mehr oder weniger feinem Einschlaggarn, je nach ihrer verschiedenen Qualität, wozu sie auch in der Praxis verwendet werden. Schließlich habe ich noch einer wenig bekannten Baumwollsorte zu erwähnen, welche die Engländer wegen ihrer Feinheit und der Gleichheit ihrer Fasern besonders zu schätzen scheinen. Diese Baumwolle, welche sie Sea-Island nennen, ist so fein, daß ein englischer Physiker, der sie mittelst eines guten Mikroskops betrachtete, sagt, die Dicke ihrer Faser betrage 1/2000 eines englischen Zolles, d.h. man könne 2000 dieser Fasern auf der Breite eines Zolles neben einander legen. Auch wird in England aus der besten Qualität dieser Baumwolle das Garn für Spitzen und feine Musseline gemacht. Andere Sorten gleichen Ursprungs (wie ich glaube New-Orleans) von demselben Physiker mit dem Mikroskop untersucht, zeigten noch einmal so dicke Fasern. Die Anwendung von Baumwollsorten der feinsten Faser zur Fabrication extrafeiner Garne ist gewiß sehr vortheilhaft und empfehlenswerth. Es folgt aus allen diesen Beobachtungen, daß diejenigen Baumwollsorten, deren Fasern die längsten, feinsten und weichsten sind, auch das beste Garn geben.