Titel: Verfahren um die Empfindlichkeit der Collodiumschicht auf Glastafeln für eine beträchtliche Zeit zu sichern; von den HHrn. John Spiller und William Crookes.
Fundstelle: Band 132, Jahrgang 1854, Nr. XCIX., S. 360
Download: XML
XCIX. Verfahren um die Empfindlichkeit der Collodiumschicht auf Glastafeln für eine beträchtliche Zeit zu sichern; von den HHrn. John Spiller und William Crookes. Aus dem Philosophical Magazine, Mai 1854, S. 349. Verfahren um die Empfindlichkeit der Collodiumschicht auf Glastafeln für eine beträchtliche Zeit zu sichern. Das Collodium ist wegen seiner außerordentlichen Empfindlichkeit für Lichtbilder auf Papier etc. ein unschätzbares Material in allen denjenigen Fällen, wo eine rasche Wirkung statt finden soll; bis jetzt blieb aber seine Anwendung noch sehr beschränkt, weil man genöthigt ist die Vorbereitung der Glastafel und die Ausführung aller Manipulationen in einer verhältnißmäßig sehr kurzen Zeit zu bewerkstelligen, was nur in einem photographischen Laboratorium geschehen kann. Als wir vor einiger Zeit darüber nachdachten, weßhalb die in der Silberlösung empfindlich gemachte Glastafel ihre Wirksamkeit nur wenige Stunden behält, schien es uns höchst wahrscheinlich, daß die andauernde Empfindlichkeit der dünnen Collodiumschicht hauptsächlich davon abhängig ist, daß die Oberfläche feucht bleibt, so daß, wenn ihr diese Eigenschaft durch künstliche Mittel ertheilt werden könnte, die anfängliche Empfindlichkeit der Schicht sehr lange Zeit ungeschwächt bleiben würde. Unseres Wissens haben bis jetzt nur zwei Photographen Vorschläge zu diesem Zweck gemacht, nämlich einerseits Hr. Girod, dessen Verfahren darin besteht, die empfindliche Collodiumschicht zwischen zwei Glastafeln einzuschließen, mit nur so viel Silberlösung, als durch Capillaranziehung zurückgehalten werden kann; dadurch wird die Verdunstung des Wassers verzögert, daher die Oberfläche längere Zeit feucht und folglich empfindlich bleibt; andererseits Hr. Gaudin, welcher die Anwendung vollkommen luftdichter dunkler Kasten oder Gehäuse empfiehlt, worin eine Anzahl der feuchten Platten in horizontaler Lage angeordnet und bis zum Bedarf aufbewahrt werden kann. Abgesehen von diesen zwei Methoden, ist bekannt, daß die Glastafel eine beträchtliche Zeit lang empfindlich bleibt, wenn man sie in einer Lösung von salpetersaurem Silber eingetaucht läßt; man hat auch schon oft in der camera obscura für die Glastafel ein Bad in solchen Fällen angewandt, wo die Exposition zu lange fortdauern mußte, als daß die Tafel in den gewöhnlichen Schieber gesteckt werden konnte. Wir wollten jedoch nicht zu mechanischen Mitteln greifen, um die Verdunstung auf der Oberfläche der Glastafel zu verhüten, sondern bemühten uns ein chemisches Verfahren zu ermitteln, indem wir dem Bad Substanzen zusetzten, welche eine große Verwandtschaft zum Wasser haben; bei der Wahl derselben waren wir nothwendig auf solche beschränkt, welche neutrale Salze darstellen und keine unauflöslichen Verbindungen mit dem Silber bilden. Die essigsauren und insbesondere die salpetersauren Salze, welche zerfließlich sind, schienen uns zu diesem Zweck die geeignetsten zu seyn, und zu unseren ersten Versuchen wählten wir die salpetersauren Salze von Kalk, Magnesia und Zink, als den besten Erfolg versprechend. Wir versuchten dieselben der Reihe nach, gaben aber bald dem Zinksalz den Vorzug, womit wir ganz genügende Resultate erhielten. Anfangs versuchten wir das salpetersaure Zink direct dem Silberbad zuzusetzen, aber das Quantum welches davon erforderlich war, um bei einer so großen Menge salpetersauren Silbers das Auskrystallisiren auf der Glasplatte zu verhüten, machte die Lösung so dicht, daß sie nicht benutzt werden konnte. Folgendes Verfahren haben wir stets mit dem besten Erfolg angewandt. Nachdem die Glasplatte mit Collodium überzogen worden ist (wir benutzen ein Collodium welches Jodammonium, Bromammonium und Salmiak in gleichen Verhältnissen enthält), macht man sie empfindlich durch Eintauchen in die gewöhnliche Lösung von salpetersaurem Silber (30 Gran auf die Unze), und nachdem sie darin die gebräuchliche Zeit verweilt hat, überträgt man sie in eine zweite Lösung von folgender Zusammensetzung: salpetersaures Zink (geschmolzenes)   2 Unzen, salpetersaures Silber 35 Gran, Wasser   6 Unzen. Die Platte muß in diesem Bad gelassen werden, bis die Zinklösung die Collodiumschicht gänzlich durchdrungen hat (wir fanden fünf Minuten zu diesem Zweck vollkommen hinreichend, eine viel längere Zeit schadet jedoch nicht); dann nimmt man sie heraus, läßt sie aufrecht auf Fließpapier abtropfen, bis alle auf ihrer Oberfläche befindliche Feuchtigkeit absorbirt worden ist (beiläufig eine halbe Stunde), und bewahrt sie nun bis zum Gebrauch auf. Das auf der Platte stets zurückbleibende salpetersaure Zink ist hinreichend, um dieselbe sehr lange Zeit feucht zu erhalten, und wir sehen keinen Grund, weßhalb sie nicht eben so lang ihre Empfindlichkeit behalten sollte, über welchen Punkt wir gegenwärtig Versuche anstellen; bis jetzt haben wir nur solche Platten geprüft, welche beiläufig eine Woche lang aufbewahrt worden waren, nach deren Verlauf wir keine Abnahme der Empfindlichkeit bemerken konnten. Es ist nicht nöthig, daß man nach der Exposition in der camera obscura sogleich die Entwickelung des Bildes vornimmt, da letzterer Proceß zu gelegener Zeit vorgenommen werden kann, wenn es nur innerhalb einer Woche geschieht. Vor der Entwickelung des Bildes muß man die Platte jedoch einige Secunden lang in dem anfänglichen Bad von salpetersaurem Silber (30 Gran auf die Unze) lassen, sie dann herausnehmen und entweder mit Pyrogallussäure oder einem Eisenoxydulsalze (Eisenvitriol) entwickeln, hernach fixiren etc. Die von uns angegebene Methode gewährt bedeutende Vortheile. Sie gestattet nicht nur im Freien mit Leichtigkeit ohne allen beschwerlichen Apparat Lichtbilder darzustellen, sondern auch in solchen Fällen, wo dieß bisher wegen der Schwäche des Lichts nicht möglich war, z.B. in schlecht beleuchteten geschlossenen Räumen, natürlichen Höhlen etc.; nöthigenfalls kann man die Exposition eine ganze Woche dauern lassen und selbst noch länger, und auch das mangelnde Tageslicht durch Anwendung irgend eines künstlichen Lichts ersetzen. Dieses Verfahren wird sich auch nützlich erweisen, wenn man die Platte im empfindlichen Zustande vorräthig haben soll, während der genaue Zeitpunkt der Exposition mehr von möglichen Vorfallenheiten als von dem Willen des Photographen abhängt, ferner unter Umständen wo es nicht möglich wäre die Platte gerade vor der Exposition zu präpariren; aus diesen Gründen dürfte es ein schätzbares Hülfsmittel seyn, um gerade vor Beginn einer Schlacht die Stellungen der Streitkräfte aufzunehmen. Man kann dem gewöhnlichen salpetersauren Silberbad ein kleines Verhältniß von salpetersaurem Zink zusetzen, ohne daß dessen Wirkung dadurch im geringsten beeinträchtigt wird; durch einen solchen Zusatz läßt sich der Uebelstand beseitigen, daß die dünne Collodiumschicht bei warmer Witterung bisweilen im Zimmer des Photographen vor der Exposition theilweise trocken wird. Ohne Zweifel werden sich viele andere Substanzen zu demselben Zweck mit dem gleichen Erfolg wie das salpetersaure Zink anwenden lassen; außer den schon erwähnten dürften salpetersaures Cadmium und Mangan, vielleicht auch salpetersaures Kupfer, Nickel und Kobalt brauchbar seyn. Das Glycerin schien uns anfangs sehr gute Resultate zu versprechen, bis jetzt kommt es aber nicht in reinem Zustand im Handel vor.