Titel: Destillation der Steinkohlen und anderer bituminösen Stoffe mittelst überhitzter Wasserdämpfe, zur Gewinnung von Paraffin etc.; von Hrn. W. Brown.
Fundstelle: Band 132, Jahrgang 1854, Nr. CXVII., S. 431
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CXVII. Destillation der Steinkohlen und anderer bituminösen Stoffe mittelst überhitzter Wasserdämpfe, zur Gewinnung von Paraffin etc.; von Hrn. W. Brown. Aus dem Moniteur industriel, 1854, Nr. 1860. Brown, über Destillation der Steinkohlen mittelst überhitzter Wasserdämpfe, zur Gewinnung von Paraffin etc. Die erste Operation besteht in der Destillation der Steinkohlen unter dem Einfluß von überhitzten Wasserdämpfen von der Temperatur des Dunkelrothglühens. Zu dem Ende werden die Steinkohlen in eine Retorte eingefüllt, welche mit einer Dampfröhre versehen ist, die vorher durch einen Ofen geht, worin sie stark rothglühend gemacht wird. Diese Dampfröhre tritt an dem verschlossenen Ende in die Retorte, so daß, wenn dieselbe mit Steinkohlen angefüllt und der Ofen gefeuert ist, die überhitzten Dämpfe an diesem Ende einströmen, sich schnell mit den flüchtigen Producten der Steinkohlen vereinigen, sie mit fortführen und dabei deren Verwandlung in Gase vollständig oder theilweise verhindern, wodurch die Ausbeute an wesentlichen und verdichtbaren Producten bedeutend größer wird. Die Dampfröhre geht durch einen Ofen, der von dem Retortenofen getrennt ist, daher man aus letzterm das Feuer wegnehmen, oder dessen Intensität vermindern kann, ohne die Temperatur des Dampfrohrs zu verringern. Durch dieses Mittel wird die Destillation gänzlich oder theilweise bei einer Temperatur, die unter der dunkeln Rothglühhitze ist, ausgeführt. Die Röhre besteht aus Gußeisen, oder aus emaillirtem Gußeisen, oder auch aus Thon. Zur Condensation bedient man sich eines Refrigerators, dessen Temperatur nicht unter 10° C. sinken darf. Nachdem man auf diese Weise eine gewisse Menge von den flüchtigen Producten der Steinkohle erhalten hat, so unterwirft man dieselben von Neuem einer Destillation in einem Kolben, mit oder ohne Anwendung des Dampfrohrs. Man bedient sich dieses Rohrs, wenn man viel Paraffin gewinnen, und man läßt es weg, wenn man hauptsächlich flüssige flüchtige Producte erhalten will. Wenn man bei dieser zweiten Destillation Wasserdämpfe anwendet, so führt man sie im überhitzten Zustande ein, indem man sie durch eine Röhre strömen läßt, die in dem Retorten- oder in einem andern Ofen, oder auch in den Canälen von jenen rothglühend gemacht wird. Der Dampf strömt in den obern Theil des Kolbens ein und veranlaßt die Destillation der flüchtigen Substanzen, hält aber deren Zersetzung oder Verwandlung in Gase und unbrauchbare Verbindungen auf. Auf diese Weise werden das Paraffin und die festen Kohlenwasserstoffe conservirt. Während des Verlaufs der zweiten Destillation bemerkt man, daß in verschiedenen Perioden des Processes verschiedene Producte übergehen. Zuvörderst destillirt ein flüssiges unreines Eupionöl über, welches etwa ein Achtel der ganzen angewandten Flüssigkeit beträgt; dann ein dickes Oel, welches Paraffin enthält und 40 bis 50 Procent dieser Flüssigkeit beträgt. Endlich geht eine dicke butterartige Substanz über, die hauptsächlich aus Paraffin, aber gemengt mit diesem Oel besteht; die Destillation derselben dauert bis zu Ende des Processes fort und dieses Product bildet etwa ein Viertel von dem Volum der destillirten Flüssigkeit. Die weitere Behandlung dieser drei Producte ist nun nachstehende: Das unreine Eupionöl, welches zuerst erhalten wurde, wird mit 5 bis 10 Procent seines Gewichts concentrirter Schwefelsäure vermischt, die man mit ihrem gleichen Volum Wasser verdünnt hat; darauf setzt man doppelt-chromsaures Kali zu, die Hälfte vom Gewicht der angewandten Schwefelsäure. Das Gemisch wird in einem Gefäß von Holz, Blei oder Thon erwärmt und dabei sorgfältig umgerührt. Sobald die Temperatur 100° C. erreicht hat, nimmt man das Gefäß vom Feuer, läßt es erkalten und ruhig stehen. Man gießt das auf der sauren Flüssigkeit schwimmende Eupionöl ab, und behandelt es mit heißer Aetzkalilösung, rührt um, und läßt eine Zeit lang ruhig stehen. Endlich gießt man das auf der alkalischen Flüssigkeit schwimmende Eupionöl ab, und destillirt es für sich mit Wasser oder mit Dampf. Das schwere Oel, welches Paraffin enthält, wird mit Schwefelsäure und Braunstein im Verhältniß von 10 Procent Säure und 5 Procent Superoxyd behandelt, oder es wird wie das Eupion der Einwirkung der Schwefelsäure und des doppelt-chromsauren Kalis unterworfen. Darauf behandelt man es mit einer Natronlauge, läßt es stehen, gießt es dann ab und destillirt es. Die ersten Producte, welche hauptsächlich aus Eupionöl bestehen, werden dieser früher erhaltenen Substanz hinzugefügt; die zweiten, welche die größere Menge bilden, werden als Schmieröl benutzt, während die letzten Producte, welche dick und von butterartiger Consistenz sind, mit dem unreinen Paraffin vermischt werden, welches in der dritten Periode bei der Destillation der Rohproducte überging. Das Paraffin wird nun auf folgende Weise behandelt: Man läßt dasselbe wenigstens 24 Stunden an einem kalten Orte stehen, damit es krystallisirt, wirft es dann auf ein Filter (ähnlich dem zum Filtriren des Wallraths gebräuchlichen), und wenn der flüssige Theil abgelaufen ist, nimmt man das Paraffin weg und unterwirft es dem Druck einer starken Presse (wie dieß mit der Stearinsäure geschieht). Darauf schmilzt man es um, und preßt es nochmals; der flüssige Theil wird jedesmal den Rückständen beigemischt, welche man so behandelt wie es für das schwere und Schmieröl angegeben wurde. Das Paraffin wird darauf geschmolzen, wobei man die Temperatur auf etwa 200° E. steigert, dann gießt man 1/20 bis 1/10 seines Gewichts concentrirte Schwefelsäure hinzu und rührt sorgfältig um. Nachdem das Gemisch einige Minuten gekocht hat, nimmt man es vom Feuer, sondert die kohligen Substanzen ab, welche sich als schwarzes Pulver von dem geschmolzenen Paraffin abgesetzt haben, das man endlich mit Wasser und einer schwachen Natronlösung kocht. Man läßt erkalten und wascht die Paraffinkuchen, welche nun Handelswaare sind.