Titel: Künstliches Brennmaterial als Ersatz für Kohks, Steinkohlen und Holzkohlen beim Erzschmelzen; von den HHrn. Dehaynin zu Paris, und Hamoir zu Maubeuge (Nord-Departement).
Fundstelle: Band 133, Jahrgang 1854, Nr. LXV., S. 285
Download: XML
LXV. Künstliches Brennmaterial als Ersatz für Kohks, Steinkohlen und Holzkohlen beim Erzschmelzen; von den HHrn. Dehaynin zu Paris, und Hamoir zu Maubeuge (Nord-Departement). Aus Armengaud's Génie industriel, Juli 1854, S. 49. Dehaynin's künstliches Brennmaterial zum Erzschmelzen. Bekanntlich hat die Benutzung unverkohkter Steinkohlen anstatt der Kohks in den Hohöfen Schottlands, schon seit mehreren Jahren einen glücklichen Erfolg gehabt und bei der Roheisenfabrication eine bedeutende Ersparung ermöglicht, ja es ist diese Neuerung die wesentlichste Ursache der Zunahme der Eisenfabrication in diesem Lande. Dieser Fortschritt, welcher sich anfangs auf Schottland beschränkte, hat sich seitdem auf verschiedene Hüttendistricte Englands ausgedehnt und wurde insbesondere in Wales eingeführt. Es läßt sich nicht bestreiten, daß er in Verbindung mit dem geringen Preise der Erze und Kohlen, hauptsächlich zur Ueberlegenheit des englischen Eisenhüttenhaushalts und seiner Production beigetragen hat. Seit der Einführung dieses wichtigen Betriebsverfahrens war das Eisenhüttengewerbe auf dem Continent ebenfalls bemüht Nutzen daraus zu ziehen, und es haben zu dem Ende Versuchsschmelzen in Frankreich und in Belgien stattgefunden. Es sind jedoch alle diese Versuche ohne Erfolg geblieben: einerseits hat man in den bis jetzt bekannten Steinkohlenbecken nicht die besondere Kohlensorte gefunden, welche man unter ähnlichen Umständen in England anwendet; anderseits entzog der hohe Preis der Stückkohlen, welche die französischen und belgischen Steinkohlen-Bergwerke in der Regel nur in geringer Menge liefern, diesen Versuchen eines ihrer wesentlichsten Verdienste, nämlich die Productionskosten-Verminderung. Die Roheisenfabrication in Frankreich und Belgien (sowie in Deutschland) mußte sich also, wie bisher, auf Kohks und auf Holzkohlen beschränken, so daß das wohlfeile Mittel, womit die Natur das englische Eisenhüttengewerbe beschenkt hat, jenen Ländern gänzlich zu fehlen schien. In der letzten Zeit befaßten sich auch die HHrn. Dehaynin und Hamoir mit diesem wichtigen Problem, und nachdem sie alle Umstände, die sich auf die Steinkohlenproduction und auf die Roheisenfabrication in Frankreich, Belgien und England beziehen, genau untersucht haben, sind sie zu der Ueberzeugung gelangt, daß es möglich sey, die erwähnten Vortheile der englischen Eisenhütten-Industrie auch andern Ländern zukommen zu lassen. Da sie nämlich kein natürliches Brennmaterial fanden, welches der englischen magern Stückkohle ähnlich ist, haben sie eine solche künstlich darzustellen gesucht, deren Anwendung noch bessere Resultate gab. Wir müssen zuvörderst bemerken, daß die in den meisten Steinkohlenbecken Frankreichs und Belgiens (auch Deutschlands) so reichlich vorkommenden Staub- oder kleinen Kohlen, die Basis für diese Auffassung gegeben haben; der geringe Preis dieser Kohlensorten gestattet nämlich verschiedene Vorbereitungen mit denselben vorzunehmen, ohne daß dadurch die Productionskosten des Roheisens wesentlich erhöht werden; ihre Verschiedenheit gestattet überdieß ein Brennmaterial zu finden, welches für einen speciellen Zweck geeignet ist. Die Verf. schritten daher zu Untersuchungen über die relativen Eigenschaften des Kohlenkleins von Sandkohlen, Sinterkohlen und Backkohlen, um die geeignetsten für die Schmelzung der Erze im Allgemeinen und der Eisenerze in den Hohöfen insbesondere aufzufinden. Zuvörderst müssen diese Kohlen durch eine Setz- und Wascharbeit gereinigt werden; sie müssen eine gleichartige Feinheit erhalten; man muß sie so mit einander vermengen, daß sie die erforderliche Beschaffenheit erlangen; man muß sie ferner mittelst Theer oder irgend eines andern Bindemittels so vereinigen, daß sie durch einen zweckmäßigen Druck in Formen die Gestalt, die Dichtigkeit und das Volum bekommen können, welche für eine gute und vortheilhafte Verbrennung in den Oefen, worin sie verwendet werden sollen, die geeignetsten sind. Ferner müssen diese künstlichen Kohlen durch Trocknen und selbst durch Brennen den zweckmäßigen Grad der Trockenheit und der Härte erlangen. Um endlich diese Kohle, welche rein, gleichartig und zu ihrem Zweck geeignet ist, zum Hohofenproceß anwenden zu können, muß man nöthigenfalls die Construction der Hohöfen abändern, nämlich die Weite der Gicht und des Gestelles vergrößern, oder die Höhe des Gestelles vermindern, oder die Temperatur des Windes steigern. So besteht denn das Verfahren der HHrn. Dehaynin und Hamoir im Wesentlichen in der Zubereitung einer Steinkohle, welche vermöge ihrer Beschaffenheit, Reinheit, Form, Dichtigkeit, ihres Volums, überhaupt wegen ihrer chemischen und physischen Eigenschaften zum Verschmelzen der Erze im Allgemeinen und der Eisenerze in Hohöfen insbesondere geeignet ist, und die jetzt gebräuchlichen Brennmaterialien, wie Kohks und Holzkohlen, ersetzen kann. Die Vortheile, welche aus der Anwendung dieses Brennmaterials hervorgehen, sind folgende: solche Kohlen sind reiner als die natürliche Steinkohle, nicht so abweichend in ihrer Textur, Form, in ihrem Volum und in ihrer Dichtigkeit, während sie jener hinsichtlich des Preises und des Nutzeffects nicht nachstehen; ihre Vorbereitung macht es möglich, ihnen eine verschiedenartige Beschaffenheit zu ertheilen, welche den speciellen Bedingungen ihrer Benutzung, der Höhe der Oefen, dem Druck des Windes, der Natur der zu erzielenden Producte entspricht. Diese Producte werden von besserer Qualität seyn, als die mit unverkohkten Steinkohlen dargestellten. Da diese künstlichen Kohlen eine größere Heizkraft als die Kohks haben und minder theuer als diese sind, so wird man sie in geringerer Menge anwenden können und dadurch eine bedeutende Ersparniß erzielen. Die bei Anwendung solcher Kohlen aus den Oefen sich entwickelnden Gase enthalten mehr Kohlenstoff, und werden daher, unter die Dampfkessel geführt, einen größern Nutzeffect gewähren. Weitere Vortheile dieses künstlichen Brennmaterials sind: sein leichterer Transport, seine Unveränderlichkeit und Unzerreiblichkeit, welche seine Verwendung an entfernten Orten und in solchen Gegenden gestatten, wo jetzt nur Holzkohlen beim Hohofenbetriebe benutzt werden, wodurch das Eisenhüttengewerbe dieser Gegenden bedeutend gewinnen muß.