Titel: Thermographie oder Verfahren Gegenstände durch directes Abdrucken derselben abzubilden; von Hrn. Felix Abate in Neapel.
Fundstelle: Band 133, Jahrgang 1854, Nr. LXXXV., S. 354
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LXXXV. Thermographie oder Verfahren Gegenstände durch directes Abdrucken derselben abzubilden; von Hrn. Felix Abate in Neapel. Aus dem Journal of the Society of arts durch das Mechanics' Magazine, 1854, Nr. 1612. Abate's Thermographie. Diese Erfindung bildet eine neue Kunst, welche natürliche und künstliche Gegenstände mittelst directen Abdruckens auf eine geeignete Substanz abzubilden gestattet. Die Proben davon, welche der Society of arts in ihrer letzten Sitzung vorgelegt wurden, sind Abbildungen von Furnirholz (theils einfachem, theils mit eingelegter Arbeit verziertem), welche auf Holz, Kattun und Papier gemacht wurden. Ehe ich auf diese Erfindung näher eingehe, muß ich, um Mißverständnissen zu begegnen, bemerken, daß sie wesentlich von dem sogenannten Naturselbstdruck verschieden ist, welcher in der kais. Hof- und Staatsdruckerei zu Wien ausgeübt wird und für England den HHrn. Bradbury und Evans patentirt ist; der Naturselbstdruck besteht bekanntlich darin, von natürlichen Gegenständen Abdrücke in Blei oder Gutta-percha etc. zu machen und von diesen dann galvanoplastische Copien anzufertigen, mit welchen auf gewöhnliche Weise gedruckt wird.Man sehe polytechn. Journal Bd. CXXVIII S. 315. Ich habe die ersten Proben meiner Erfindung schon auf der Weltausstellung im J. 1851 vorgelegt, nämlich eine besondere Anwendung derselben, Metallographie genannt, wofür ich auch mit der Preismedaille belohnt wurde. Meine Metallographie besteht im Abdrucken gravirter Holztafeln auf metallische Oberflächen; dabei befeuchte ich die abzudruckende Holztafel mit Auflösungen solcher Salze, welche sich zersetzen, wenn man sie mit gewissen Metallen in Berührung bringt und dabei durch elektrochemische Wirkung einen anhaftenden Niederschlag von einem gefärbten Metalloxyd bilden, oder welche überhaupt eine chemische Veränderung auf dem anzuwendenden Metall hervorbringen. Solche Salze sind diejenigen von Kupfer, Antimon etc., auf Platten von Zink, Zinn, Silber etc.; das Schwefelammonium auf Platten von Kupfer und Messing. Ich wende zwei Principien bei diesem Kunstzweig an; das eine Princip ist die eben erwähnte chemische Wirkung; das andere, welches die Grundlage und den Schlußstein der Erfindung in ihrem allgemeinsten Sinne bildet, beruht auf der Porosität des abzudruckenden Gegenstandes, welche die Absorption der ihn befeuchtenden Flüssigkeit veranlaßt, worauf diese mittelst der Pression in einer Quantität abgegeben wird, welche für jeden Punkt des Gegenstandes der Capacität seiner Poren proportional ist, so daß, wenn irgend eine chemische Veränderung auf dem Abdruck bewerkstelligt wird, um eine Färbung desselben hervorzubringen, diese Färbung durch ihre verschiedenen Schattirungen ein getreues Bild des aufgedruckten Gegenstandes erzeugt. Um diese Erfindung zum Drucken auf vegetabilische Substanzen, anstatt auf Metallplatten, anwenden zu können, mußte ein neues Princip in den Proceß eingeführt werden, welches diejenige chemische Veränderung hervorbringt, die bei der Metallographie von selbst eintritt. Ich benutzte zu diesem Zweck zweierlei Principien, welche dieses Resultat herbeiführen. Das eine Princip, welches ich dem Zeugdruck mittelst Reservirens und Aetzens entlehnte, ist die eigenthümliche Wirkung, welche die Salze, Säuren und Alkalien auf einander und auf vegetabilische Farbstoffe haben; das andere Princip fand ich in der Wärme, welche veranlaßt, daß auf den mit Säuren imprägnirten vegetabilischen Substanzen eine Färbung eintritt, wahrscheinlich indem die Säure eine beschleunigte Verkohlung der Oberfläche dieser Substanzen bewirkt. Ich nenne daher diese neue Kunst Thermographie (Abdrucken mittelst Einwirkung der Wärme). Aus der Beschreibung des Verfahrens wird man mit einiger Verwunderung ersehen, wie außerordentlich empfindlich die vegetabilischen Substanzen für die gemeinschaftliche Einwirkung von Säuren und Wärme sind, indem eine Spur von Säure und ein momentanes Erwärmen hinreichen, um die auffallendsten Wirkungen hervorzubringen. Das Verfahren besteht in Folgendem: Angenommen, der Gegenstand von welchem Abdrücke gemacht werden sollen, sey ein Blatt Furnirholz; so setze ich dieses Holz kalten Salzsäure-Dämpfen aus, oder netze es schwach mit verdünnter Salzsäure und wische dann die Säure von der Oberfläche gut ab. Hernach lege ich es auf ein Stück Kattun oder Papier, oder gewöhnliches Holz, und bewerkstellige durch einen Schlag der Presse einen Abdruck, welcher nun ganz unsichtbar ist; indem ich aber unmittelbar hernach auf diesen Abdruck eine starke Wärme einwirken lasse, erscheint augenblicklich ein höchst vollkommenes und schönes Bild des abgedruckten Holzes. Auf dieselbe Weise kann ich mit dieser Holztafel, ohne sie nochmals mit Säure zu präpariren, eine Anzahl Abdrücke, beiläufig zwanzig, machen; da alsdann die Säure größtentheils erschöpft ist, und die Abdrücke folglich schwach werden, so muß man die Säuerung der Platte auf angegebene Weise wiederholen; auf diese Art fährt man fort Abdrücke zu machen, da das Holz durch diese Operationen nicht im geringsten verletzt wird. Alle diese Abdrücke zeigen im Allgemeinen eine derjenigen des Holzes ähnliche Farbe, welche für die hell gefärbten Holzarten, wie Eichen-, Wallnuß-, Ahornholz etc. eine höchst natürliche ist; für andere Hölzer, welche eine eigenthümliche Farbe haben, wie Mahagony-, Rosenholz etc., muß der Abdruck, wenn ein getreues Bild verlangt wird, auf einen in der hellen Farbe des Holzes gefärbten Stoff gemacht werden. Ich muß hier bemerken, daß bei den auf angegebene Weise gemachten Abdrücken die Töne bezüglich des Originalholzes umgekehrt sind, die lichten also dunkel, und die dunklen hell, was jedoch den Effect nicht beeinträchtigt. Der Grund davon ist, weil die verschiedenen Farbentöne in demselben Holz durch das mehr oder weniger dichte Aneinanderliegen seiner Fasern in den verschiedenen Theilen hervorgebracht werden; wo die Fasern dicht an einander liegen, ist die Farbe dunkel, und wo dieselben nicht zusammenhängen, ist sie hell; da nun bei obigem Proceß um so mehr Säure absorbirt wird, je geringer der Zusammenhang der Holzfasern ist, so muß der Effect nothwendig der umgekehrte des Originals seyn. Wenn ich den natürlichen Effect des abzudruckenden Holzes hervorzubringen wünsche, so ändere ich das Verfahren folgendermaßen ab: ich befeuchte die Oberfläche, welche den Abdruck annehmen soll, mit verdünnter Säure, das Furnirholz hingegen befeuchte ich vor dem Abdrucken mit verdünntem flüssigem Ammoniak; es ist einleuchtend, daß in diesem Falle das Alkali die Säure neutralisirt und daher bei der nachfolgenden Einwirkung der Wärme ein getreues Abbild der Druckfläche entstehen muß. Es läßt sich erwarten, daß die Thermographie, wie die anderen Verfahrungsarten um Gegenstände direct abzudrucken, den Naturwissenschaften, insbesondere der Botanik, Mineralogie und Anatomie, sehr wichtige Dienste wird leisten können, weil wir dadurch in Stand gesetzt sind, die innere Structur der Körper bloßzulegen. Die neue Kunst kann aber auch für die Gewerbe sehr vortheilhaft werden; denn man kann sich mittelst derselben auf sehr wohlfeile Weise getreue Copien von seltenen und kostspieligen Hölzern, sowie von Kunstwerken, Mosaik und eingelegten Arbeiten, zur Benutzung für Papiertapeten, oder für Meubles anstatt der Furnirung verschaffen.