Titel: Ueber den Einfluß des Jods und Broms auf die Tonabstufungen im photographischen Bilde; von W. Horn.
Fundstelle: Band 133, Jahrgang 1854, Nr. CV., S. 429
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CV. Ueber den Einfluß des Jods und Broms auf die Tonabstufungen im photographischen Bilde; von W. Horn. Aus des Verfassers W. Horn„photographischem Journal“, Sept. 1854, S. 35. Horn, über den Einfluß des Jods und Broms auf die Töne im photographischen Bilde. Wenn man das photographische Bild einer Landschaft betrachtet, so findet man, daß die grüne Vegetation immer unvollkommen sich abbildet; – es sind daran die gelben, braunen und rothen Töne Ursache, welche in dem verschiedenen Grün beigemischt erscheinen. Um diese Uebelstände bestimmter aufsuchen zu können, bedient man sich des Sonnenspectrumss, d.h. man läßt durch eine Spalte, z.B. eines Fensterladens, einen Lichtstrahl durch ein Prisma in ein dunkles Zimmer fallen; – wird derselbe auf Papier aufgefangen, so erscheint er nicht weiß, sondern zerlegt in seine sieben Regenbogenfarben – er gibt das Bild eines Abschnittes desselben. Man denke sich nun diese sieben Farben in der Camera auf eine empfindliche Platte wirkend, so wird man aus dem erhaltenen Bilde genau ersehen, welche von den sogenannten sieben Farben zu licht, zu dunkel oder etwa gar nicht sich abgebildet, d.h. keinen chemischen Eindruck auf die empfindliche chemische Schichte gemacht haben. Aus diesen Beobachtungen ergab es sich nun, daß die rothen und gelben Strahlen keine chemische Wirkung äußern, während blaue wieder zu schnell die empfindliche Schichte afficiren. Hieraus ist es auch erklärbar, daß dieses Mißverhältniß in der chemischen Intensität sich auch auf alle jene Farben erstreckt, welche aus Mischungen der obbezeichneten bestehen, z.B. Violett, Braun, Grün u.s.w. Da nun die Gesichtsfarben, und namentlich in ihren Schattirungen, gerade aus den am meisten in der chemischen Wirkung von einander abweichenden obbezeichneten Farben: Gelb, Roth, Blau bestehen, so ist es begreiflich, daß alle jene Tinten in einem Porträt, welche das Gelb oder Roth enthalten, zu dunkel, jene hingegen zu licht sich abbilden, welche das Blau zur Grundlage haben. – Ein solches Porträt kann also dann nur sehr unvollkommen, und würde oft gar nicht ähnlich seyn, wenn nicht die Conturen sich mit Präcision abgebildet hätten. Robert Hunt schon hat diesen Nebelstand nachgewiesen,Phil. Trans. No. 129 und 217, Jahrgang 1840 und 1842, so wie in Phil. Jour. Art. 19. 1843. indem er die Versuche auf Daguerre'schen Platten mit dem Sonnenspectrum machte und fand, daß das jodirte Silber für die rothen und orangefarbigen Strahlen fast unempfindlich sey – daß die Empfindlichkeit erst außerhalb des Gelb und in der Mitte des Blau anfängt und am stärksten beim Indigoblau ist – er fand aber auch, daß sich diese chemische Einwirkung noch weiter, d.h. auf solche Strahlen erstreckt, welche uns ganz unsichtbar sind. Es ist unter solchen Umständen ganz unmöglich, daß ein mit Jodsilber erzeugtes Porträt oder anderes photographisches Bild den künstlerischen sowohl als den Anforderungen des Publicums entspreche, und das ist es, sagt Hunt, was uns gebietet: das Jod, so groß das Opfer auch sey, wenn möglich um jeden Preis gänzlich aus der Photographie zu verbannen, oder so viel als möglich zu beschränken. Hunt hat durch seine Versuche dargethan, daß man zum Brom seine Zuflucht nehmen müsse; eine neue Photographie müsse geschaffen werden, sagt er, in welcher das Brom die Grundlage bildet. Es wird somit in einem richtigen photographischen Bilde jeder Abstufung des Roth, Blau u.s.w. ein bestimmter grauer Ton entsprechen, welcher weder lichter noch dunkler sich abbilden darf, d.h. die chemische Intensität soll der sichtbaren, physikalischen möglichst gleich seyn. Da aber gerade die physikalisch intensivste, d.h. am weitesten sichtbare Farbe: das Orange, die schwächste chemische Wirksamkeit besitzt, so erscheint das zu lösende Problem, womit sich namentlich die Gelehrten Englands thätigst beschäftigen, von höchster Wichtigkeit für die Photographie. Dieß nun ist der unschätzbare Vortheil der Anwendung von Brom-Verbindungen in unseren photographischen Substanzen neuester Zeit!