Titel: Ueber Beleuchtung mit Holzgas.
Fundstelle: Band 135, Jahrgang 1855, Nr. XV., S. 47
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XV. Ueber Beleuchtung mit Holzgas. Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1854, Heft 3, S. 156. Ueber Beleuchtung mit Holzgas. In Betreff dieses Gegenstandes sind der Redaction (unserer Quelle) von sicherer Hand Mittheilungen zugekommen, woraus das Folgende entnommen ist. I. Die Bereitung eines mit Heller Flamme brennenden und daher zu praktischer Anwendung geeigneten Leuchtgases aus Holz ist bekanntlich eine vor wenigen Jahren gemachte Erfindung des Hof-Apothekers Dr. Pettenkofer zu München. Ungeachtet das hierbei beobachtete Verfahren noch nicht veröffentlicht wurde, so hat sich doch das Holzgas bereits einen bedeutenden Ruf und einige Verbreitung erworben. Es werden zur Zeit die Städte Bayreuth, Basel, Heilbronn, Pforzheim, Oldenburg mit solchem Gase erleuchtet, und derartige Anlagen für Coburg, Gotha, Darmstadt und Würzburg sollen im Bau begriffen seyn. In München selbst werden nur einige Privatanstalten mit Holzgas erleuchtet, darunter namentlich die Bahnhofsgebäude, deren Erleuchtung Dr. Pettenkofer contractlich billiger übernommen hat, als die dortige Steinkohlengas-Gesellschaft verlangt hatte. Im Allgemeinen gewährt die Bereitung des Holzgases große Annehmlichkeiten, indem der Gaserzeugungsproceß sehr rasch vor sich geht und die Retorten alle 1 1/2 Stunden geleert und wieder gefüllt werden können. Die Nebenproducte-Holzkohle und Theer-sind sehr gut zu verwerthen. Bei der Kohlengasbeleuchtung ist der Abgang an Retorten sehr bedeutend, da der Schwefelgehalt der Steinkohle die Retorten schnell unbrauchbar macht; auch ist eine größere Zahl von Retorten nöthig, weil der Gasentwickelungsproceß langsamer von Statten geht. Die Gasanstalt des Münchener Bahnhofes hat zu 280 Flammen nur zwei Retorten von der bekannten D-Form, von welchen gewöhnlich nur Eine gebraucht wird, und die stets mit 90 Pfd. Holz geladen werden. Da die Gasentwickelung sofort ihren Anfang nimmt, wenn das sehr trockene Holz (welches über dem Retortenofen in Vorrath lagert) in die glühenden Retorten geworfen wird, so hat man für erforderlich gehalten, die Retorten mit Einem Male zu füllen, wozu man sich einer großen, das ganze Füllungsquantum enthaltenden Blechschaufel bedient. Die ausgezogene glühende Holzkohle wird in eiserne Dämpftonnen geworfen, welche man mit einem mittelst Wasserverschluß luftdicht gemachten Deckel bedeckt. Neuerlich soll man angefangen haben, die Kohlen durch aufgeschütteten feuchten Sand zu dämpfen. Die Reinigung des Holzgases geschieht mittelst trockenen Kalkes, nicht Kalkmilch. Die Production an Holztheer ist beträchtlich; daher sind die verschiedenen Vorrichtungen zum Auffangen des Theers größer als bei der Kohlengasbereitung. In der Münchener Anstalt wird der als Nebenproduct entstehende Holzessig nicht verwerthet; es soll jedoch in neuester Zeit die vollkommene Reinigung des rohen Holzessigs gelungen seyn und Jemand in Bayern ein Geschäft darauf begründet haben. Die in den Retorten gewonnene Holzkohle ist ungemein leicht, wird aber sehr gerne genommen, so daß niemals Vorrath davon bleibt. Die Anstalt in München verkauft die Kohle nach dem Gewicht, was sehr zweckmäßig ist, da das Gewicht einen weit zuverlässigeren Maaßstab des Brennwerths abgibt, als das Maaß. II. Folgende Kostenberechnung ist von der Holzgasbereitung zu Bayreuth, im Monat November 1853, entnommen: A. Verbrauch zum Anheizen und Fortheizen.   3274 Pfund Holz zum Anheizen, 39072     „       „    zum Heizen der Retorten, 52225     „       „    zum Gasmachen, 10285     „    Kalk  zur Reinigung, 99 fl. 18 kr. Arbeitslohn für 4 bis 5 Männer. B. Gewonnen wurden 276000 Kubikfuß Gas,   10348 Pfund Holzkohle,     1391    „      Theer,   12400    „      Holzessig. C. 1000 Kubikfuß Gas kosten daher:   11,86 Pfd. Holz zum Anheizen, 27 kr. per Cntr. fl.   3,20 kr 141,56   „    „    zum Heizen der Retorten 38,22  „ 189,22   „    „    zum Gasmachen 51,09  „   37,26   „ Kalk, 36 kr. per Cntr. 13,41  „ Arbeitslohn 26,60  „ –––––––––– 2 fl. 12,52 kr. Hiervon gehen ab für die Nebenproducte: 37,8 Pfd. Holzkohle, 1 fl. 30 kr. per Cntr.  5,1   „   Theer, 6 fl. per Cntr 34,02 kr.18,36  „ –  „ 52,38  „      ––––––––––––––                             Bleiben Erzeugungskosten 1 fl. 20,14 kr. D. 100 Pfund Holz haben gegeben: 528,56 Kubikfuß Gas,   19,81 Pfund Holzkohle,     2,66     „ Theer,   23,74     „ Holzessig. Der Centner Holzessig soll zu 18 kr. zu verwerthen seyn. Eine bayerische Klafter hat 126 bayerische Kubikfuß; das bayerische Pfund ist = 560 Gramme oder 1,19732 kölnische Pfund. – Die bayerische Klafter Föhrenholz (als die zur Gasbereitung angewendete Holzart) wiegt ungefähr 22 Centner. III. Die große Actien-Baumwollspinnerei zu Augsburg hat verschiedene Beleuchtungsarten früher angewendet, namentlich Oelgas und zuletzt Braunkohlengas (niemals Steinkohlengas); jetzt bedient sie sich des Holzgases, über dessen Kosten folgende Berechnung vorliegt: Die Anstalt hat 760 Flammen und jährlich 831 Brennstunden. Eine Flamme consumirt 4 3/4 Kubikfuß Holzgas stündlich, demnach ist der jährliche Verbrauch 760 × 831 × 4 3/4 = 2,999,910 Kubikfuß, oder in runder Zahl 3 Millionen Kubikfuß. Eine Klafter Föhrenholz, welche gespalten (also ohne Rinde) 2100 bayerische Pfund wiegt und 10 fl. kostet, gibt 13500 Kubikfuß Gas. Der jährliche Bedarf an Gasholz ist also 222 Klafter zum Preise von 2220 fl. – kr.     Eine Klafter Holz läßt aber nach der Destillation 3 ZuberHolzkohlen zurück, welche sich durch Zerbröckeln undZerfallen um 20 Proc., also auf 2,4 Zuber vermindern; derZuber ist zu 2 fl. 24 kr. in Partien verkäuflich. Nun erhältman aus 222 Klafter Holz (zu 2,4 Zuber) 532 Zuber Kohlenim Werthe von 1276  „  48  „ ––––––––––– Es bleiben also Kosten für Destillations-Material   943 fl. 12 kr. Man arbeitet jährlich während 105 Tagen (zu 24 Stunden) mit zwei Retorten, und während anderer 105 Tage (zu 24 Stunden) mit Einer Retorte. Bei 2 Retorten betragen die Kosten in 105 Tagen: für Heizmaterial 831 fl. 15 kr.  „   Kalk und Reinigung       441  „  –   „  „   Arbeitslohn 626  „ 30  „ ferner bei 1 Retorte in 105 Tagen: für Heizung   525 „   –   „   „  Kalk und Reinigung           416 „  30  „   „  Arbeitslohn   427 „   –   „ ––––––––––– Summa 3267 fl. 15 kr. Es sind drei Retorten im Gange, wovon jede 600 fl. kostet. Bei dreijähriger Dauer derselben berechnen sich auf jedes Jahr die Nachschaffungskosten mit   600 fl. – kr. die sonstige Unterhaltung des Apparats und der    Werkzeuge mag betragen   400  „ –  „ ––––––––––– Summa 1000 fl. – kr. Hiernach ergibt sich folgende Zusammenstellung der Kosten für 3,000,000 Kubikfuß Gas: 1) Destillations-Material, nach Abzug des Erlöses    aus Holzkohlen   943 fl. 12 kr. 2) Heizung, Reinigung und Arbeitslohn 3267  „  15 „ 3) Reparatur und Nachschaffung 1000  „   –  „ –––––––––––– Total 5210 fl. 27 kr. 1000 Kubikfuß Holzgas kommen also auf 1 st. 44,2 kr. zu stehen, und Eine Flamme kostet per Stunde (mit 4 3/4 Kubikfuß Gasverbrauch) 0,495 Kreuzer. IV. Der Ingenieur L. A. Riedinger, welcher sämmtliche in Süddeutschland jetzt bestehende Holzgas-Anlagen erbaute, macht über die Leuchtkraft dieses Gases folgende Angaben, wobei eine 22 Linien hoch brennende Gasflamme vorausgesetzt und die Lichtstärke nach Stearinkerzen 6 Stück im Pfunde ausgedrückt ist:  Lichtstärke      gleich der     von  Gasverbrauch     in einer     Stunde   1 Kerze 0,95 Kubikfuß   2 Kerzen 1,20       „   3     „ 1,40       „   4     „ 1,70       „   5     „ 2,10       „   6     „ 2,40       „   7     „ 2,60       „  Lichtstärke      gleich der     von  Gasverbrauch     in einer     Stunde   8     „ 2,70       „   9     „ 2,94       „ 10     „ 3,17       „ 11     „ 3,40       „ 12     „ 3,45       „ 13     „ 3,62       „ 14     „ 3,70       „ 15     „ 3,77       „ 16     „ 3,83       „ 17     „ 4,00       „ 18     „ 4,13       „ 19     „ 4,30       „ Er rechnet auf 56 Kilogramme (100 bayerische Pfd.) Föhrenholz in 1 1/2 Stunden Destillationszeit 500 Kubikfuß Gas. Hartes Holz gebe, nach Verhältniß seines Gewichts, dasselbe Resultat in Gas, liefere jedoch weit bessere Nebenproducte. V. Die Holzgas-Fabrik in Oldenburg ist ganz neu. Bei der Kleinheit der Stadt hat das Unternehmen zur Zeit keine vortheilhafte Ausdehnung erlangen können: es sind nur 300 Flammen vorhanden, die Straßenbeleuchtung und Privatbeleuchtungen in Häusern zusammengerechnet. Das Gas wird hinsichtlich feiner Helligkeit gelobt, aber es ist zu theuer (3 Rthlr. Courant für 1000 Kubikfuß). Man versichert dort, jedes beliebige Holz-Kiefer, Tanne, Buche oder Eiche-eigne sich zur Bereitung des Gases, gleichviel ob Stammholz, Wurzel- oder Stukenholz; wesentliche Bedingung sey jedoch in allen Fällen: größte Trockenheit. Zur Heizung der Retorten wendet man Torf an. Eine wesentliche Verschiedenheit zwischen der Holzgas- und der Steinkohlengas-Bereitung liegt darin, daß bei ersterer das Gas auf seinem Wege von der Retorte nach dem Kalk- (Reinigungs-) Apparate zunächst durch eine unter der Retorte angebrachte, im Feuer liegende und rothglühende eiserne Röhre geführt wird. Zur Reinigung gebraucht man in Oldenburg Kalkmilch. VI. Zum Schlusse mag eine Preisvergleichung zwischen Holzgas und Steinkohlengas hier Platz finden. Nach oben vorgekommenen Mittheilungen berechnen sich die Herstellungskosten für 1000 Kubikfuß Holzgas in Bayreuth auf 1 fl. 20,14 kr. oder 18 gGr. 4 Pf., wobei jedoch für Verzinsung und Abtragung des Anlagecapitals, für Abnutzung des Inventars und für Verwaltung- und andere General-Kosten noch nichts in Anschlag gebracht ist. Mit einiger (aber auch nicht vollständiger) Berücksichtigung dieser Dinge berechnet man in Augsburg die Erzeugungskosten von 1000 Kubikfuß auf 1 fl. 44,2 kr. oder 23 gGr. 10 Pf. In Augsburg hat man 760 Flammen, welche jährlich 831 Stunden brennen, also 760 × 831 = 631,560 Brennstunden. Auf dem hannoverschen Central-EisenbahnhofeMittheilungen des hannov. Gewerbever., 1854, Heft 2 (daraus im polytechn. Journal Bd. CXXXII S. 462). hatte man im Jahr 1852/53 712 Flammen mit zusammen 1,104,730 Brennstunden, und hierzu wurden die 1000 Kubikfuß Steinkohlengas für 1 Rthlr. 1 gGr. 2 Pf. hergestellt, Reparaturkosten und Verzinsung des Anlagecapitals mit gerechnet; oder für 19 gGr. 4 Pf. ohne Capitalverzinsung. Die verbrauchte Gasmenge betrug in Augsburg       3,000,000 Kubikfuß in Hannover 5,890,738       „ Auf jede Brennstunde Einer Flamme betrug der Gasverbrauch in Augsburg       4,75 Kubikfuß in Hannover 5,33       „ Wie die Leuchtkraft des hannoverschen Steinkohlengases zu jener des Holzgases sich verhalte, ist nun freilich nicht ermittelt, und somit wird jede genaue Werthvergleichung unmöglich. Wäre aber etwa das Holzgas nicht bedeutend besser als das Steinkohlengas, so würde demselben in unserem Lande kaum eine vortheilhafte Anwendung zu prophezeien seyn. Denn bei gleicher Berechnungsweise (mit Einschluß der Reparaturkosten, aber ohne Zinsen des Anlagecapitals) kommen 1000 Kubikfuß Holzgas in Augsburg um 4 gGr. 6 Pf. höher zu stehen, als 1000 Kubikf. Steinkohlengas in Hannover, welcher Unterschied schwerlich dem größern Umfange der hiesigen Anstalt allein zu Gute gerechnet werden darf. Nachtrag. Vorstehende Angaben über die Holzgasbeleuchtungen sind mit vieler Sorgfalt und Genauigkeit zusammengestellt, und sie beziehen sich auf den Stand der Fabrication, wie derselbe zur Zeit der Erhebungen war. Bezüglich des zuletzt aufgeführten Kostenpunktes, nämlich der Herstellungskosten des Holzgases im Vergleich mit dem Steinkohlengas, kann die Redaction des polytechn. Journals aus guter Quelle einige Nachträge liefern, welche in dem von Hannover ausgegangenen Berichte nicht enthalten sind. Man hat in neuerer Zeit bei größeren Beleuchtungen angefangen, mehr Holzgasretorten in dasselbe Feuer zu legen, und erzielt dadurch eine wesentliche Ersparung an Brennmaterial; solche Oefen sind bereits in Heilbronn, Bayreuth und Coburg im Betriebe. Zugleich kann die Versicherung gegeben werden, daß sich die Herstellung von rohem holzessigsaurem Kalk in der Art bezahlt, daß der Centner Holzessig einen reinen Gewinn von mindestens 18 Kreuzern abwirft, was mithin die Herstellungskosten von 1000 Kubikfuß Holzgas um circa 12 Kreuzer verringert. Die bessere Ausnützung des zur Reinigung des Gases von Kohlensäure dienenden Kalkes, durch zweckmäßigere Apparate als bisher angewendet wurden, wird gleichfalls eine Verringerung der Kosten bewirken. Die Fabrication von Holzleuchtgas hat in der kurzen Zeit, seitdem sie ausgeübt wird, allerdings nicht diejenige technische Vollkommenheit in Benützung aller Momente errungen, welche dem Steinkohlengas seit Jahren zur Seite steht; abgesehen davon, daß sämmtliche Holzgasbeleuchtungen erst seit sehr kurzer Zeit bestehen, ist zu berücksichtigen, daß alle Gasanstalten in den ersten Jahren bei weitem nicht die günstigen Resultate liefern, welche sie nach mehrjährigem Betriebe erzielen; die bisherigen Ergebnisse haben aber dennoch entschieden herausgestellt, daß schon gegenwärtig das Holzgas für die meisten Gegenden Deutschlands sich billiger stellt, als das Steinkohlengas. Es können bereits Beispiele aufgeführt werden, wo Steinkohlengasbeleuchtungen mit Vortheil in Holzgasbeleuchtungen umgeändert worden sind; erst kürzlich hat Hr. Blochmann in Dresden die Steinkohlengasfabrik des dem Grafen von Einsiedeln gehörigen Eisenhüttenwerkes „Lauchhammer“ für Holzgas umgeändert, und man ist dort nicht nur mit der Aenderung wohl zufrieden, sondern bezeugt auch, daß die Herstellung von 1000 Kubikfuß Holzgas um mehr als 50 Procent weniger koste, als diejenige des bisherigen Steinkohlengases. Ein solches Resultat dürfte als relativer Maaßstab jedenfalls geeigneter seyn, als die Vergleichung der Kosten bei einem Betrieb für 3 Millionen Kubikfuß Holzgas mit einem für 7 Millionen Kubikfuß Steinkohlengas. Die Leuchtkraft des Holzgases anlangend, muß dieselbe entschieden als größer angenommen werden, als bei Steinkohlengas. Das k. bayer. Handelsministerium hat vor einiger Zeit eine Commission zur Entscheidung dieser Frage niedergesetzt, deren Experten die Akademiker Professor Freiherr v. Liebig und Ministerialrath Dr. Steinheil waren; den Bericht derselben lassen wir (mit Weglassung der die Details enthaltenden Beilagen) hier folgen: Zusammenstellung der Ergebnisse der commissionellen Vergleichung von Holz- und Steinkohlengas. Die Erhebungen über das Münchener Steinkohlengas und das Holzgas in Bayreuth haben folgende Resultate geliefert: Erhebungen über die Leuchtkraft. a) Steinkohlengas. Textabbildung Bd. 135, S. 54 Beobachtet; Reducirt; Mittel; 1853, August 15; Dumas-Brenner; b) Holzgas. Textabbildung Bd. 135, S. 55 Beobachtet; Reducirt; Bayreuth. Sept. 4; Dumas; Septbr. 4 Abends.; Dumas; Sept. 5; Dumas.; Sept. 6; Dumas; Sept. 6; Dumas; München 1854 Januar 10 In obiger Zusammenstellung bedeutet: c das Gas-Consumo des Brenners per Stunde beobachtet in bayerischen Kubikfußen an einer Gasuhr. l ist die directe Ablesung des Photometers im Mittel aus mehreren EinstellungenDer Photometer besteht aus einem 1,8 Meter langen, 0,09 Meter breiten und 0,016 Meter dicken Tannenbrett, auf welches bündig zur Längenkante ein Rücken von Ahorn, genau 2 Met. lang und 0,02 Met. breit und dick, symmetrisch aufgeschraubt ist. Längs des Rückens bewegt sich ein Schlitten mit einer auf die Bewegung senkrechten, auf dünnen Holzrahmen gespannten Papierfläche, in deren Mitte ein Kreis von 0,015 Meter Durchmesser durch Stearin durchscheinend gemacht ist. Der Photometer kommt in horizontaler Lage so zwischen die in Helligkeit zu vergleichenden Flammen, daß ihre Mittelpunkte normal auf die beiden Endkanten des Rückens stehen. Der Schlitten wird nun verstellt längs des Rückens, bis der durchscheinende Kreis, unter einem Winkel von 45° gegen die Papier-Ebene betrachtet, nicht mehr unterschieden werden kann von dem übrigen Theile der Papierfläche. In dieser Lage theilt die Papierfläche den Rücken in zwei Theile, welche sich, jeder aufs Quadrat erhoben, verhalten wie die Helligkeiten der beiden Flammen. – Die in den Beobachtungen als Helligkeit aufgeführten Zahlen sind die unmittelbaren Ablesungen einer oben auf dem Rücken angebrachten Scala, die der jedesmaligen Stellung der Papierfläche gegen beide Flammen entspricht.Zur Messung des Druckes des Gases vor feinem Eintritt in die Gasuhr und zur Bestimmung seiner Temperatur diente ein mit Thermometer versehener Manometer.. c' ist das auf die Normaleinheiten (englische Kubikfuße beim Normalbarometerstand und 0° Temperatur) reducirte (beobachtete) Consumo (per Stunde) und l' ist die Anzahl der Normallichterhellen per Normalkubikfuß (englischen Kubikfuß) Gas per Stunde für das Consumo c' des Brenners per Stunde. Bei allen Helligkeitsvergleichungen haben Wachskerzen als Einheit gedient, wie sie der Magistrat von München bei seinem Vertrage mit der Gasgesellschaft zu Grunde gelegt hat. Die Höhe, mit welcher die Flamme im normalmäßigen Zustande brennt, beträgt 27,4 Pariser Linien. Diese Normalwachslichter consumiren in einer Stunde 10,081 Gramme Wachs. Es ergibt sich aus obiger Zusammenstellung die Helligkeit für den Consumo per Stunde beim Steinkohlengas. Consumo per Stunde = c' =    Nr.     Kubikfuß        4,5      Kubikfuß           2      Kubikfuß           4      Kubikfuß           6    l. Normall.      l' Normall.    l. Normall.    l' Normall.     1 2,08   9,36 1,41   2,82 1,93   7,72 2,56 15,36     2 2,10   9,45 1,60   3,20 1,98   7,92 2,50 15,00     3 1,52   6,84 1,05   2,10 1,42   5,68 1,84 11,04     4 2,76   2,52 2,53   5,06 2,73 10,92 2,91 17,46     5 3,33 14,99 2,94   5,88 3,28 13,12 3,50 21,00     6 2,64 11,88 2,20   4,40 2,56 10,24 2,80 16,80 Mittel 2,405 10,84 1,955   3,91 2,317 9,27 2,685 16,11 Holzgas. Consumo per Stunde = c' =    Nr.     Kubikfuß        4,5     Kubikfuß        2,0     Kubikfuß        4,0     Kubikfuß        6,0    l' Normall      l' Normall.    l' Normall.    l' Normall.     1 2,25   10,12 1,49   2,98 2,10   8,40 2,61   15,66     2 2,48   11,16 1,56   3,12 2,34   9,36 2,95   17,70     3 3,37   15,17 2,93   5,86 3,30 13,20 3,61   21,66     4 3,14   14,13 2,40   4,80 3,04 12,16 3,45   20,70     5 3,27   14,72 2,95   5,90 3,22 12,88 3,44   20,64     6 2,72   12,24 2,95   4,32 2,60 10,40 3,01   18,06 Mittel 2,87   12,92 2,25   4,497 2,77 11,07 3,18   19,07 Somit ergibt sich für 4 1/2 (engl.) Kubikfuß Consumo per Stunde Steinkohlengas       = 10,84 Münchener Normallichter Holzgas = 12,92        „           „ Demnach ist das Verhältniß der Leuchtkraft beider Gasarten durchschnittlich Holzgas/Steinkohlengas = 6/5 Um die obigen Helligkeitsmessungen mit den in England angestellten Messungen direct vergleichen zu können, wurden die Münchener Normal-Wachskerzen in Consumo und Helligkeit verglichen mit Londoner Spermaceti-Kerzen, welche nach den Angaben von Frankland per Stunde 9,266 Gramme Spermaceti consumiren. Ein (engl.) Kubikfuß Gas per Stunde entspricht nach der Vergleichung und Reduction l' (10,231) Grammen Spermaceti, oder es entspricht einem (engl.) Kubikfuß Gas per Stunde für Steinkohlengas   für Holzgas. bei Consumo 2 Kubikfuß   20,05 Gramme   23,02 Gram. Sperm. von p. Stunde 4   23,73   28,34 4,5   24,65   29,36 6   27,42   32,53 Consumo. In englischen Normallichtern ausgedrückt hat bei einem Consumo von 4 1/2 Kubikfuß per Stunde Steinkohlengas       14,45 engl. Normallichter Holzgas 17,23   „          „ Vermeintlicher Verlust der Leuchtkraft durch lange Leitung. Die Versuche in Bayreuth an der Gasfabrik und bei Bopp in der St. Georgen-Vorstadt (10,000 Fuß Abstand) ergaben:   c     l     c'     l' Gasfabrik 1. 5,58 = 14,36    5,66 = 17,36 5,46 = 15,85 5,57 = 15,86 5,57 = 15,86    4,887    3,246   + 0,5   + 0,1 St. Georgen 5,64 = 14,58              13,5 5,34 = 15,90 5,376 = 15,24 5,45 =      7215,24     30    4,781+ 0,1    3,188+ 0,02 Gasfabrik 2. 5,508 = 15,88    4,834    3,287 Hiernach findet beim Holzgas durch die Länge einer Leitung von 10,000 Fuß kein meßbarer Verlust an Leuchtkraft statt, indem beide Stationspunkte auf dasselbe Consumo gebracht, ergeben: St. Georgen       4,861       3,204     Unterschied = 6/300 =1/50, Gasfabrik 4,861 3,266 auf welche Größe die Messung nicht sicher ist. (gez.) Steinheil.                                     (gez.) Dr. Freihr. v. Liebig. Der Ingenieur Hr. Ludwig August Riedinger, dessen Ausdauer und technischem Geschick die Einführung der Pettenkofer'schen Erfindung in die Praxis hauptsächlich zu verdanken ist, theilt uns aus Coburg, wo er zur größten Zufriedenheit der Behörden und Privaten die Holzgasbeleuchtung hergestellt hat, nachfolgende Daten mit. Nach dem Bericht der HHrn. v. Liebig und Steinheil hat das Münchener Steinkohlengas im Vergleich mit den erwähnten Normal-Wachskerzen (Höhe der Flamme = 27,4 Par. Linien, 4 Wachskerzen = 1 Pfd.) durchschnittlich folgende Leuchtkraft: Normalkerzen        16,11    10,84    9,27    3,91 entsprechen Kubikfuß (engl.)    Münchener Steinkohlengas      6      4,5    4    2 Berechnet man das Steinkohlengas auf ganze Zahlen von Normalkerzen, so entsprechen: Normalkerzen        5    10    14    16    18 Kubikfuß Münchener Steinkohlengas    2,55      4,08      5,01      5,90      6,66 Riedinger's Versuche in Coburg ergaben: Normalkerzen        5    10    14    16    18 entsprechen Kubikfußen    Holzgas in Coburg    1,70    2,70      3,70      3,97      4,30 die Leuchtkraft dieser Kerzen    kostet in München (1000    Kubf. Steinkohleng. fl. 6)    0,92 kr.    1,47 kr.    1,87 kr.    2,14 kr.    2,40 kr. sie kostet in Coburg (1000    Kubikfuß Holzgas fl. 7)    0,17 kr.    1,13 kr.    1,55 kr.    1,67 kr.    1,80 kr. jene Leuchtkraft ist folglich    um Procente billiger in    Coburg als in München    24 Proc.    23 Proc.    17 Proc.    22 Proc.    25 Proc. Hr. Riedinger hofft noch in diesem Winter die Holzgasbeleuchtung in Würzburg und in Darmstadt zu eröffnen. Die Redact. des polytechn. Journals.