Titel: Hydrostatischer Krahn, von Hrn. J. Robertson, Ingenieur zu Ardrossan.
Fundstelle: Band 135, Jahrgang 1855, Nr. XIX., S. 82
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XIX. Hydrostatischer Krahn, von Hrn. J. Robertson, Ingenieur zu Ardrossan. Aus dem Practical Mechanic's Journal, Novbr. 1854, S. 174. Mit Abbildungen auf Tab. II. Robertson's hydrostatische Krahn. Dieser hydrostatische Krahn wird sich bei Bauten und in Maschinenbauwerkstätten in allen den Fällen sehr vortheilhaft erweisen, wo schwere Körper gehoben oder bewegt werden sollen, und besonders wo wegen Beschaffenheit des Bodens oder der Stellung des zu hebenden Körpers die Benutzung gewöhnlicher Winden oder Krahne Schwierigkeiten darbietet. Ein solcher Krahn kann, wie ein Flaschenzug, leicht aufgehängt werden, während er den Vortheil gewährt, daß seine volle Kraft direct in der Linie der Mittelpunkte der Aufhängung wirkt. Wie alle Maschinen dieser Classe, liefert er eine große Kraft in einem sehr kleinen Raume, und seine Benutzung kann je nach der Last leicht verändert werden, indem man bei einer leichten Last eine große Geschwindigkeit und bei einer schweren Last eine kleine Geschwindigkeit mit einer großen Kraft anwendet. Der wesentliche Charakter dieses in England patentirten Apparats ist die Anwendung eines Treib- oder Kraftcylinders, welcher aufgehängt wird und mit einem Kolben versehen ist, auf den der Wasserdruck einwirkt. So kann z.B. in einem Magazin oder einem Waarenlager der Kraftcylinder in umgekehrter Stellung an seinem verschlossenen Ende an irgend einen Balken oder sonstigen festen Punkt mittelst eines Seils oder Hakens aufgehängt werden. Die Kolbenstange geht in diesem Falle durch eine Stopfbüchse am untern Ende des Cylinders, und am Ende der Stange, welches aus der Stopfbüchse hervortritt, befindet sich ein Haken, um das Zugseil daran zu hängen. Das Kraftwasser wird durch eine biegsame Röhre, auf welche die Schwingungen oder Erschütterungen des Cylinders keine nachtheilige Wirkung haben können, diesem zugeführt. Durch ein mit dem Treibcylinder verbundenes Ventil kann die treibende Flüssigkeit auf beide Seiten des Cylinderkolbens gerichtet werden, so daß das obere Ende des Cylinders einen Behälter für das Wasser bildet. Den Druck des Wassers kann eine natürliche Wassersäule oder eine Druckpumpe liefern; letztere kann entweder in einiger Entfernung von dem Treibcylinder oder in dessen Nähe angebracht werden. Sind Lasten auf bedeutende Höhen zu ziehen, so kann dieß entweder durch Rollen oder Hebel, die mit der Treibkolbenstange verbunden werden, oder durch eine sogenannte teleskopische Anordnung des Treibcylinders bewirkt werden; in letzterm Falle wird ein Cylinder in dem andern angebracht, wobei der innere als Kolben wirkt; der innere Cylinder hat aber ebenfalls einen Kolben, so daß durch diese doppelte Wirkung ein langer Zug erhalten werden kann. Auch können statt eines Cylinders behufs der hebenden Bewegung zwei oder mehrere neben einander aufgehängt werden. Auch transportable Krahne können nach diesem Princip construirt werden, und es wird in diesem Fall der Treibcylinder horizontal auf dem Kreuzbaum des Krahngerüstes angebracht, der mit Rädern oder Rollen versehen ist, so daß der ganze Apparat rückwärts oder vorwärts, überhaupt dahin geschoben werden kann, wo er erforderlich ist. Der Cylinder ist seinerseits auf einem Wagen angebracht, daher ebenfalls beweglich, und auch die Druckpumpe liegt auf einem solchen Wagen. Das Absperrungsventil am Treibcylinder hält die Wassersäule auf, und folglich auch jedes an dem Krahn hängende Gewicht. Man kann den Apparat auch so einrichten, daß er das Gewicht der damit zu hebenden Last angibt, indem man mit dem Treibcylinder einen kleinen Cylinder verbindet, welcher mit zwei etwas verschiedenen Weiten ausgebohrt ist; eine einzige Kolbenstange ist dann mit zwei Kolben versehen, die den beiden Cylinderdurchmessern entsprechen, und das Kraftwasser im Treibcylinder hat Zutritt zu dem Raum zwischen diesen beiden Kolben. Der Unterschied zwischen der Fläche beider Kolben ist nur sehr gering, und der größere Kolben muß, im Verhältniß seiner größern Fläche, gegen den Widerstand einer an der Kolbenstange angebrachten Feder wirken. Letztere ist mit einem Zeiger versehen, welcher sich auf einer graduirten Scala verschiebt und das mit dem Krahn zu hebende Gewicht direct angibt. Hr. Robertson hat verschiedene Arten seines Krahns construirt, von denen wir eine näher beschreiben wollen, die eigenthümliche Vortheile besitzt. Fig. 5 ist ein Aufriß des hydrostatischen Treibcylinders, welcher in dem Moment dargestellt ist, wo er gerade eilte Hebung vollbracht hat. Fig. 6 ist ein Grundriß von dem Deckel und Fig. 7 ein Grundriß von dem Boden des Cylinders. Fig. 8 ist ein Aufriß des Apparats, welcher den zu einem Hube ausgezogenen Kolben zeigt; der Wasserbehälter und die Druckpumpe sind ebenfalls in Verbindung mit dem Treibcylinder dargestellt. Fig. 9 ist ein senkrechter Längendurchschnitt des Cylinders und Kolbens, und Fig. 10 eine Ansicht (rechtwinklich auf Fig. 8) des Wasserbehälters und der Pumpe. Mittelst dieser Maschine kann jede Länge einer Hebung bewirkt werden; die Kolbenstange A ist nämlich röhrenförmig und die Zugkette B geht durch dieselbe hindurch. Der Cylinder C ist an seinem obern Ende mit einem Bügel D versehen, der durch den Deckelrand geht und durch Splinte darin festgehalten wird. Mittelst dieses Bügels und eines Seils ist der Cylinder an einen Balken aufgehängt. Der Kolben E ist aus einem Stück mit der Kolbenstange gegossen, und an deren unterm Ende ist eine ringförmige Verstärkung F angebracht, um ihr größere Festigkeit zu geben. Der Kolben ist auf gewöhnliche Weise geliedert und das untere Ende des Cylinders mit einer Stopfbüchse versehen, die ganz so eingerichtet ist, wie die Packung an den Bramah'schen Pressen, indem ein Falz G in dem Ring des Cylinders ausgedreht ist. Die Kette ist mit der hohlen Kolbenstange durch einen Schließkeil H, welcher durch den Ring F und durch ein Glied geht, verbunden, und wenn der Kolben bis zu seinem höchsten Punkt gehoben worden ist, so wird ein Keil durch den Kopf des Cylinders bei I und durch ein Glied gesteckt, so daß die Kette aufgehalten wird, während Kolben und Kolbenstange niedergezogen und unten mit einem Kettengliede, für einen neuen Hub, verbunden werden. Auf dem Cylinder sind bei I Vorsprünge angebracht, um den Keil genau in der Mitte zu erhalten, so daß die Kette die Wand der röhrenförmigen Kolbenstange nicht berührt. Das Kraftwasser kann in einem kleinen Gefäß J enthalten seyn, welches mittelst dreier Klammern in beliebiger Entfernung von dem Treibcylinder, an einer passenden Stelle angebracht ist. Die Druckpumpe K ist zum Theil in das Gefäß J eingelassen und wird durch den Hebel L bewegt. Dieser Hebel sowohl, als die Stütze M, durch welche der Drehungsbolzen geht, hat eine Anzahl von Löchern, so daß der Drehpunkt, je nachdem die zu hebende Last eine Kraft erfordert, leicht verändert werden kann. Das Kraftwasser wird mittelst der biegsamen Röhre N in den Cylinder C getrieben und wirkt auf die untere Seite des Kolbens E. Wenn der Kolben den obersten Punkt seines Zuges erreicht hat, so wird bei I ein Keil durch ein Kettenglied gesteckt, um Kette und Last zu halten, während der untere Keil H herausgenommen wird, damit der Kolben zu einem neuen Hube niedergezogen werden kann. Um den Niedergang des Kolbens zu bewirken, läßt man das Wasser in das Gefäß J zurückfließen, indem ein Verbindungsweg geöffnet und dann wieder mit einem Hahn abgesperrt wird, wenn der Kolben wieder gehoben werden soll. Dieser Apparat kann auch sehr vortheilhaft zum Niederlassen großer Lasten benutzt werden, in welchem Falle der Abfluß des Wassers, unter dem Kolben weg, mittelst eines Sperrhahns regulirt wird, um die gehörige Bewegungsgeschwindigkeit zu erlangen. Nachdem der Kolben von dem Gewicht niedergezogen worden ist, wird die Kette am obern Ende des Cylinders festgehalten, und es wird der untere Keil H herausgenommen, worauf der Kolben durch Einpumpen von Wasser wiederum gehoben wird. Darauf wird der Keil H wieder eingesteckt, der Keil bei I weggenommen und durch Auslassen des Wassers aus dem Treibcylinder, mittelst Oeffnens eines Hahns, der Kolben mit der Kette niedergelassen. Man fährt auf diese Weise fort, bis die Last zu dem verlangten Punkt herabgelassen ist. Unter andern Anwendungen macht der Erfinder auch den Vorschlag, diese Maschine in einem Theile des Ingenieurwesens anzuwenden, der besondere Schwierigkeiten darbietet, nämlich zum Abbringen oder Wiederflottmachen gestrandeter Schiffe vom Meeresstrande. Nachdem man seewärts einen sichern, festen Punkt, mittelst eines schweren Ankers oder auf sonstige Weise erlangt hat, wird das Schlepptau bis zum Deck des Fahrzeuges gebracht und dort der hydrostatische Cylinder an einem Mast, oder an irgend einem andern sichern Punkte befestigt. Die Maschine wird nun am Bord betrieben, was gar keine weitere Schwierigkeit darbietet, und man erlangt dadurch eine wirksamere Kraft als durch irgend ein Bugsir-Dampfboot. Die Wirkung ist langsam, aber sicher, und die Kraft kann bis zu jedem beliebigen Grad gesteigert werden. Es sollte kein Schiff den Hafen ohne diesen eben so einfachen als nützlichen Apparat verlassen.

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Tafel Tab.
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Tab. II