Titel: Ueber die Fabrication der Eisenbahnschienen in England und Wales; vom Ingenieur Röhrig in Hannover.
Fundstelle: Band 135, Jahrgang 1855, Nr. LXXII., S. 335
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LXXII. Ueber die Fabrication der Eisenbahnschienen in England und Wales; vom Ingenieur Röhrig in Hannover. Aus dem Notizblatt des hannoverschen Architekten- und Ingenieur-Vereins, 1854, Bd. III S. 541. Fortsetzung und Schluß der Abhandlung im polytechn. Journal Bd. CXXXI S. 100. Mit Abbildungen auf Tab. V. Röhrig, über die Fabrication der Eisenbahnschienen in England und Wales. II. Das Schweißen der Packete. Man unterscheidet hierbei: einfache Schweißung (single heating) und doppelte Schweißung (double heating). Die Schweißung wird einfach genannt, wenn das Packet in einer Schweißhitze zur fertigen Schiene ausgewalzt wird, und diese ist allemal mit den niedrigen Packeten verbunden. Die hohen Packete werden in zwei Schweißhitzen ausgewalzt, und darin ist der zweite Vorzug derselben enthalten, indem hierdurch eine ungleich größere Garantie für vollkommene Schweißung gegeben ist. Die Operation des Schweißens geschieht in Oefen (balling furnaces), deren Construction durch die Abbildungen (Fig. 12 bis 14) eines in einem englischen Eisenwerke gebräuchlichen Ofens erläutert wird. Die Dimensionen solcher Oefen variiren vorzugsweise nach Verschiedenheit des angewandten Brennmaterials. Eine specielle Beschreibung derselben findet sich in einem jeden Lehrbuche der Hüttenkunde und darf deßhalb hier wohl übergangen werden, nur möchte zu erwähnen seyn, daß die neuere deutsche Erfindung der Treppenröste, welche Ersparung an Brennmaterial und Benutzung von geringem Brennmaterial bezweckt, in England und Wales noch keinen Eingang gefunden hat. Allerdings leitet die Reichhaltigkeit der brittischen ausgedehnten Kohlenfelder weniger auf diese ökonomischen Fragen hin, indessen ist die Einführung der meisten Verbesserungen in der Eisenfabrication in England noch anderer Ursachen wegen stets von besonders großen Schwierigkeiten begleitet. So wurde auch der Anwendung der heißen Gebläseluft sehr stark und lange opponirt, und die Benutzung der Hohofengase, welche in Deutschland, Frankreich und den Vereinigten Staaten seit vielen Jahren sehr erfolgreich geschieht, hat selbst jetzt in England noch mit großen Vorurtheilen zu kämpfen. Schon Anfang vorigen Jahres habe ich es versucht, englische Hüttenbesitzer von dem Nutzen der Treppenröste durch Mittheilung der in Deutschland dadurch erlangten günstigen Resultate zu überzeugen, doch ohne Erfolg. Zum Bau eines solchen Ofens werden verwandt: circa 4 Tonnen Gußeisen,   „     8 1/2 Centner Schmiedeisen und   „     4044 feuerfeste Steine, von denen 2844 zur Errichtung des Schornsteins und 1200 zur Bildung des Ofens dienen. Außerdem werden etwa 4 Ruthen Rauhsteine zur Fundation des Ofens gebraucht, und die Errichtung der ganzen Feueranlage geschieht in der Regel zu dem accordirten Preise von L. 5. Ein Ofen kann im Durchschnitt drei Monate betrieben werden, doch bedarf gewöhnlich während dieser Zeit das Gewölbe, der Fuchs und der Kamin einer dreimaligen Reparatur und resp. Erneuerung. Die Oefen für die erste undnnd zweite Schweißung sind ganz gleich. Ein Arbeiter (baller), welcher in zwölfstündigen Schichten arbeitet, ist zur Bedienung eines Ofens ausreichend, indem die Tagelöhner (coatchers), welche die Schienen-Packete von den Oefen nach den Walzen zu fahren haben, die nöthige Hülfe beim Einsetzen und Herausnehmen der Packete leisten. A. Erste Schweißung. Die Schienen-Packete werden auf einer vor jedem Ofen befindlichen Bank, deren Höhe mit dem Herde des Ofens im gleichen Niveau ist, (gewöhnlich durch Mädchen) zusammengesetzt und auf einer 3 Zoll breiten, starken eisernen Stange, die von der Bank bis in den Ofen reicht, durch zwei Arbeiter bequem in den Ofen geschoben. Man setzt nun zur Zeit 4 Packete so in den Ofen ein, daß alle parallel mit der Feuerbrücke liegen, und bei gutem Gange des Ofens erhält man 8 Schweißhitzen in 12 Stunden; man erhitzt also in dieser Zeit an Schienen, deren Gewicht 71 Pfd. pro Yard beträgt, circa 6 tons, wozu etwa 2 tons Steinkohlen erforderlich sind. Die Packete werden im Ofen zuerst auf die obere Seite gelegt, so daß der untere Theil derselben der größten Hitze ausgesetzt ist und, wenn dieser Theil den richtigen Grad der Schweißhitze erhalten hat, so gewandt, daß der den Kopf der Schiene bildende Theil auf denselben Hitzgrad gebracht wird und wozu dann 5 bis 10 Minuten genügen. B. Zweite Schweißung. Hierbei setzt man nur 3 Packete zur Zeit in den Ofen und diese auf dieselbe Weise, d.h. parallel mit der Feuerbrücke, wie bei der ersten Schweißung geschieht; doch da sie im rothwarmen Zustande eingesetzt werden, so bedürfen sie bedeutend kürzere Zeit, um zur Schweißhitze zu gelangen, und daher ist es möglich etwa 17 tons in 12 Stunden bei der zweiten Schweißung zu erhitzen, welches ebenfalls mit etwa 2 tons Kohlenverbrauch geschieht. In dem Capitel I. (polytechn. Journal Bd. CXXXI S. 100) „Zusammensetzung der Schienenpackete“, ist erwähnt worden, in welchem hohen Grade eine nachtheilige Zusammensetzung der Packete der vollkommenen Schweißung entgegenwirkt, und folgt daraus schon, wie große Sorgfalt auf den Schweißproceß zu verwenden ist. Dieser Proceß ist nun aber eben so schwierig, als er für die Schienenfabrication von Wichtigkeit ist. Sind die Packete zu gering erhitzt, dann ist eine Schweißung derselben ganz unmöglich und die Lamellen werden nur zusammengeklebt werden. Kömmt dieser Fehler bei der ersten Schweißung vor, so kann er durch eine gute Hitze der zweiten Schweißung wieder verbessert werden; ist jedoch die zweite Schweißhitze eine zu niedrige, so ist eine schlechte Schiene das unvermeidliche Resultat. Uebersteigt man auf der anderen Seite die Schweißhitze, so wird eines Theils der Eisenabgang um ein Bedeutendes vermehrt und außerdem das Eisen verbrannt werden, und die erfolgte Schiene wird ein großblättriges mürbes Gefüge und viele Brüche auf der Oberfläche zeigen. Durch richtige Leitung des Feuers allein sind beide Uebelstände zu vermeiden und diese erfordert ebensowohl einen geschickten als auch sehr sorgfältigen Arbeiter. Die letztere Eigenschaft der englischen Arbeiter wird indeß bedeutend benachtheiligt dadurch, daß dieselben nach dem Gewichte der erzeugten Schienen bezahlt werden, wonach es in ihrem Interesse liegt, so viele Packete als möglich zu erwärmen. Und deßhalb wird von ihnen meistens weniger auf Qualität als auf Erzeugung großer Quantitäten hingestrebt. Aber auch der geschickte und gewissenhafte Arbeiter ist nicht im Stande so große Packete vollkommen gleichmäßig zu erwärmen, und die Hitze wird bei ihnen nicht an jeder Stelle dieselbe seyn. Daher denn die Structurverschiedenheit, welche an verschiedenen Stellen einer und derselben Schiene zu beobachten ist. Der oben erwähnte nachtheilige Einfluß der gebräuchlichen Zusammensetzung der Packete ist durch die chemische Zusammensetzung und Structur der verschiedenen Eisensorten begründet, und bleibt hier noch ein zweiter Nachtheil der Packetirung zu erwähnen, welcher ein mechanischer genannt werden dürfte. Bei der gewöhnlichen Zusammensetzung der Packete aus 1/4 Eisen Nr. 2 und 3/4 Eisen Nr. 1 haben die Kopfplatten (Eisen Nr. 2) die geringe Stärke von 1/2 Zoll, welche verursacht, daß diese Platten auf dem Transporte von den Oefen nach den Walzen (namentlich von den von letzteren entfernteren Oefen) durch den äußeren Einfluß der kalten Atmosphäre bedeutend an Hitze verlieren, wodurch eine vollkommene Schweißung derselben mit dem Kerne der Packete (Eisen Nr. 1) noch problematischer wird. Diesen Nachtheil beseitigt ein größeres Verhältniß (1/3 oder 2/5) Eisen Nr. 2, da dann jene Kopfplatten von 3/4 bis 1 Zoll stark sind; und ist deßhalb, wenn man überhaupt zwei Eisensorten zur Packetirung anwenden will, letztere Zusammensetzung der ersteren vorzuziehen. III. Auswalzen der Packete. Die Walzen, als der Haupttheil des Walzwerkes, erfordern besondere Sorgfalt sowohl in Bezug auf die Wahl des dazu zu verwendenden Eisens als auf den Guß und die Abdrehung. Das Walzeneisen muß fest, dicht und feinkörnig seyn, und man wählt gewöhnlich das halbirte (mottled) Eisen dazu, da dieses jene Eigenschaften am besten vereinigt. Walzen von porösem und grobkörnigem Eisen geben der Schiene ein rauhes Aeußere, und sind außerdem zu häufigen Reparaturen ihrer Oberfläche und selbst Brüchen im hohen Grade ausgesetzt. Letztere kommen namentlich häufig an den Scheiben (collars) vor, da diese meistens hoch und sowohl einem großen Drucke als plötzlichen Temperaturwechsel ausgesetzt sind. Der Guß geschieht in Sand und gewöhnlich, als die Qualität des Eisens verbessernd, aus Flammöfen. Das Abdrehen der Walzen ist vorzüglich einflußreich auf das Aeußere der Schiene, und die Form der Cannelirungen ist so zu construiren, daß die Querschnittsabnahme genau im Verhältnisse zum Widerstände des auszuwalzenden Eisens steht. Verschiedene Eisensorten machen je nach ihrer Härte und Textur eine Verschiedenheit in den Cannelirungen nothwendig; die Zahl der letzteren darf aber weder zu klein noch zu groß seyn, da die Schiene in beiden Fällen an der Oberfläche zerreißen wird: im ersten Falle durch den zu großen Widerstand gegen das Auswalzen und im zweiten durch die zu große Abkühlung der Schiene. Die englischen Walzendreher (roll-turners) besitzen größtentheils eine ganz vorzügliche Geschicklichkeit in ihrem Geschäfte, und vielfach sah ich von ihnen die Zubereitung von Walzen für ein ganz neues Schienen-Profil, welche so vollkommen war, daß der erste Walzversuch mit denselben ein untadelhaftes Product lieferte. Bei Anwendung von hohen Packeten und doppelter Schweißung sind die Cannelirungen auf drei Walzenpaare vertheilt. Fig. 15 zeigt die in einem englischen Eisenwerke gebräuchlichen Vorwalzen (blooming rolls) für die erste Schweißung. Die Maaße der Walzen und Spuren sind in der Zeichnung angegeben, woraus sich der große Durchmesser der ersteren ergibt. Letzterer ist der tiefen Spuren wegen erforderlich. Ferner ist es von Wichtigkeit, daß die erste Spur verhältnißmäßig groß ist, da die Porosität der Packete ein leichtes Aufnehmen von den Walzen erschwert. Das feilenförmige Einhauen der Spuren und Aufwerfen von Sand auf die Packete sind immer nur von zweifelhaftem Erfolg und haben allemal einen nachtheiligen Zeitverlust und ein Abkühlen des Eisens zur Folge. Die Geschwindigkeit dieser Walzen beträgt von 23 bis 25 Umdrehungen in einer Minute, und muß so gering seyn zur bessern Entfernung der Schlacken aus dem Eisen, wie auch zur Begünstigung der Schweißung. An beiden Seiten der Walzen befinden sich gußeiserne Platten (roughing plates) zur Auflage der Packete beim Ein- und Ausgange derselben aus den Spuren; außerdem ist hinter den Walzen ein Hebel (hook) (s. Figur 16) zum Heben der Packete über die Walzen angebracht. Letzterer wird in einigen Werken von Wales und England durch folgende, von Ellis patentirte Einrichtung der Walzen ersetzt. Die Walzen sind von gewöhnlicher Construction; an der Achse der untern Walze ist ein Getriebe befestigt, welches die Bewegung auf die obere Walze fortpflanzt. In dieses Getriebe greift eine gezahnte Stange ein, an welche eine von der Schwungradwelle der Dampfmaschine bewegte Kurbelstange angeschlossen ist, so daß das Getriebe und die Walzen sich nicht stetig nach derselben Seite, sondern abwechselnd nach verschiedenen Seiten drehen und letztere die Packete der Länge nach rückwärts und vorwärts auswalzen. Derselbe Zweck wird durch die in Fig. 17 dargestellte Maschinerie erreicht. Das conische Rad x ist an der Schwungradwelle befestigt und die Räder y und z laufen lose auf der mit den Walzen verbundenen Welle v. Diese hat zwischen jenen Rädern eine Verstärkung von quadratischer Form mit einem Muffenstück w, welches durch einen nach dem Walzengerüst reichenden Hebel beweglich ist. Die Räder y und z besitzen an der innern Seite Verstärkungen, die mit der Form der Muffe correspondiren und durchs Einrücken der letzteren in die Verstärkung des einen oder andern Rades wird den Walzen eine abwechselnde Bewegung mitgetheilt. Diese Einrichtung nun hat außer Ersparung an Arbeitslohn eine Verbesserung des Eisens zur Folge, indem beide Enden der Packete gleichartig ausfallen werden. Bei Anwendung des Hebels sind zur Bedienung dieser Walzen zwei Männer (roller und catcher) und zwei Knaben (hookers) erforderlich; die Knaben werden bei Anwendung des Ellis'schen Walzwerkes erspart. Die schweißwarmen Packete werden von den Oefen nach den Walzen und ebenso zurück für die zweite Schweißung auf eisernen zweirädrigen Karren (Fig. 18 und 19) gefahren. Die zweiten Vorbereitungswalzen (roughing rolls) sind mit den Façonwalzen (finishing rolls) durch Kuppelungswellen verbunden und haben daher gleiche Geschwindigkeit mit denselben. Die Dimensionen beider Walzenpaare wie die ihrer Spuren sind durch Fig. 20 und 21 angegeben; außerdem enthalten die Figuren 22, 23, 24, 25 und 26 die Cannelirungen der durch Fig. 21 gegebenen Façonwalzen in 1/4 der wirklichen Größe und Figur 27 ist das wirkliche Schienenprofil in 1/4 der wirklichen Größe, durch dessen Vergleichung mit der letzten Cannelirung die Contraction der rothwarmen Schiene zu ersehen ist. Die Geschwindigkeit dieser Walzenpaare ist in den Werken Englands und Wales sehr verschieden. Sie beträgt in den meisten Werken Staffordshire's, Shropshires, des nördlichen Englands und in einigen wenigen von Wales 60 bis 65, in den meisten Werken von Wales aber 75–80 und in einem des letzteren Landes sogar 95–104 Umdrehungen pro Minute. Dieselbe muß stets mit der Beschaffenheit des Eisens in Verhältniß stehen, darnach aber auch stets bei diesen Walzen größer seyn, als bei den ersten Vorwalzen. Die Bedienung dieser beiden Walzenpaare geschieht durch vier Walzer (zwei rollers und zwei catchers) und vier Knaben (hookers) mit Hülfe von drei Hebeln. Die Ellis'sche Einrichtung ist der großen Geschwindigkeit wegen bei diesen Walzen unausführbar. Bei einfacher Schweißung hat man nur ein Paar Präparirwalzen. Alle diese Apparate mit den erforderlichen Bewegungs-Maschinen sind in England und Wales zu einem hohen Grade der Vollkommenheit gebracht. Ebenso ist die Handgeschicklichkeit, Kraft und Ausdauer der brittischen Walzer ausgezeichnet und bedeutend größer als bei allen continentalen Arbeitern. Unbedingt hat das besondere Klima Englands und die damit nothwendig verbundene Lebensweise der Bewohner hierauf einen großen Einfluß, außerdem aber auch die frühe Gewöhnung der Engländer zur Arbeit, wobei auf der andern Seite die geistige Ausbildung wieder zu sehr vernachlässigt wird. Durch gute Apparate und geschickte Manipulation wird nun in England und Wales Bedeutendes geleistet und vielfach aus einem schlechten Material ein wenigstens gut aussehendes Product erzeugt. Die gewöhnliche Productionsfähigkeit eines Schienenwalzwerkes beträgt circa 500 tons pro Woche, doch erzeugt ein in Wales befindliches Schienenwalzwerk, bei doppelter Schweißung, die überraschend große Quantität von 850 bis 900 tons wöchentlich. IV. Abschneiden der Schienen. Die Schienen werden im warmen Zustande, sobald sie von den Walzen kommen, durch Kreissägen abgeschnitten und zwar der Contraction wegen, welche 1/8 Zoll für jeden englischen Fuß beträgt, etwas länger als zum bestimmten Maaß. Mit dem Hitzgrade der Schienen variirt die Contraction und da derselbe nicht bei allen Schienen gleich ist, so ergibt sich eine Verschiedenheit in der Länge der letztern. Jene Kreissägen waren früher aus Stahl angefertigt und ökonomische Rücksichten haben veranlaßt, daß jetzt größtentheils eiserne Sägen angewandt werden. Diese stehen jedoch den ersteren in Bezug auf Leistung bedeutend nach; sie erfordern sehr häufiges Schärfen und auch im scharfen Zustande schneiden sie nur stumpf, wodurch die Stirnen der Schiene rauhe Flächen bekommen und häufig sogar das ganze Schienen-Profil vergrößert und verändert wird. Man sucht diesen Uebelstand dadurch auszugleichen, daß man die Schienenenden unmittelbar nach erfolgtem Abschneiden abfeilt. V. Dressiren der Schienen. A. Auf der Richtbank. (Im warmen Zustande.) Jedes Eisen von verschiedenen Dimensionen wird nicht gerade bleiben, wenn es warm gerichtet wurde, da die dünnern Theile rascher erkalten, wodurch eine ungleiche Contraction und Biegung des Stabes bewirkt wird. Um dieses zu vermeiden, wendet man convexe Richtbänke an, auf welchen den warmen Schienen vermittelst Holzschlägel die Form der Richtbank mitgetheilt wird, und die convexe Schiene richtet sich beim allmählichen Abkühlen gerade. Der Wölbungsgrad der Richtbank hängt vom Profile der Schiene und der Qualität des Eisens ab. Bei diesem Richten ist große Sorgfalt darauf zu verwenden, daß die Schläge mit dem Holzschlägel genau auf die Achse der Schiene geführt werden, da ein schiefer Schlag die warme Schiene aus ihrer Achse biegen wird. Außerdem bewirken die Schläge häufig eine geringe Profil-Veränderung der Schienen. B. Unter der Presse. (Im kalten Zustande.) Die in England und Wales meistens angewandten Pressen sind durch Fig. 28 und 29 dargestellt. Diese lassen in ihrem Erfolge nichts zu wünschen übrig und sind den Schrauben-Pressen vorzuziehen, da ungleich rascher damit gearbeitet werden kann. Hohe, schwere und nicht zu lange Schienen können am vollkommensten gerichtet werden, denn sobald die Schienen leicht und lang sind, werden sie durch ihr eigenes Gewicht wieder gebogen werden. Die Länge von 21 Fuß aber darf überall nicht ohne Nachtheil für das Richten überschritten werden. Empfehlenswerth dürfte es seyn, auch hier die Schienen etwas convex zu richten, indem dadurch einer nachtheiligen Durchbiegung beim Gebrauche derselben entgegengewirkt wird. VI. Lochen und Ausklinken der Schienen. Das Lochen der Schienen für Verbindung derselben durch Laschen erfordert große Sorgfalt, da eine nicht vollkommen richtige Stellung der Löcher zu unendlichen Schwierigkeiten beim Legen der Schienen führt, die oftmals mit den geringen Hülfsmitteln, welche auf der Bahn zu Gebote stehen, gar nicht zu überkommen sind. Mögen die Laschen nun durch drei oder vier Bolzen befestigt werden, so befinden sich an jedem Schienenende zwei Auslochungen, und diese sollten stets durch nur eine Bewegung der Maschine hergestellt werden, da dann bei einmal richtiger Stellung der Dornen eine Ungenauigkeit der Auslochungen fast unmöglich ist. In vielen englischen Eisenwerken geschieht das Lochen auf diese Weise, doch in anderen wird wegen geringer Stärke der Maschinen nur eine Auslochung zur Zeit gemacht, welches häufige Unrichtigkeiten in der Stellung der Löcher veranlaßt. Die in Figur 28 und 29 dargestellte Presse wird vielfach auch zum Lochen von Schienen benutzt, indem man bis zu acht Auslochungen durch eine Bewegung dieser Maschine bewerkstelligt. Von weniger großem Nachtheile möchte ein geringes Versehen im Ausklinken oder Lochen des Schienenfußes seyn, doch auch dieses sollte möglichst auf die vorerwähnte Weise geschehen. VII. Vollendung der Schienen. Unter IV, Abschneiden der Schienen, ist erwähnt worden, daß die Schienen verschieden lang ausfallen und die rauhen Stirnflächen derselben abgefeilt werden. Der heiße Zustand der Schienen weist aber schon hinlänglich darauf hin, wie unvollkommen jenes Abfeilen seyn muß – in der That ist jene Arbeit eine der angreifendsten der ganzen Schienen-Fabrication – und es sollten alle Schienen mit Feile, Meißel, Hammer, Winkel, Profilstück und Längenmaaß und auch gleichfalls, wie in Belgien geschieht, durch Hobelbänke nachgearbeitet und vollendet werden. Doch sowohl in England als in Wales wird diese Vollendung der Schienen im Allgemeinen sehr vernachlässigt, welches hauptsächlich durch die früheren geringen Schienenpreise verursacht ist und worüber in einem späteren Capitel gesprochen werden wird. VIII. Grundplan eines Schienenwalzwerkes in Wales. Fig. 30 zeigt den Grundplan eines Werkes, welches sich sowohl in Bezug auf Vorzüglichkeit aller seiner Apparate und Maschinen, als auch auf Arrangement desselben als eines der besten in Wales auszeichnet. In dieser Zeichnung bezeichnet:   1) Dampfmaschine.   2) Balancier.   3) Krummzapfen.   4) Schwungrad.   5) Vorwalzen für die erste Schweißung.   6) Schere zum Zerschneiden von Schienen und Schienenpacketen.   7) Vorwalzen für die zweite Schweißung.   8) Façon-Walzen für Schienen.   9) Vorwalzen10) Façon-Walzen für Stabeisen. 11) Drehbank. 12) Kreissägen. 13) Wagen zum Transporte der gewalzten Schienen nach den Sägen. 14) Richtbank. 15) Lager für die Schienen zum Abkühlen derselben. 16) Gebäude mit den verschiedenen Richtmaschinen. 19) Schweißöfen. 20) Dampfscheren zum Zerschneiden der Eisenstäbe für die Packete. 21) Schienenwege. IX. Schienenprofil. Bei der Wahl des Schienenprofils sind in Betracht zu ziehen: 1) die Bedingungen, welche der Eisenbahn-Ingenieur an die Schiene stellen muß, und 2) die Möglichkeiten, welche vom Schienenfabrikanten erfüllt werden können. Durch die Untersuchungen Barlow's, Weishaupt's und anderer sind erstere hinreichend erörtert worden und sollen deßhalb nur letztere hier näher ins Auge gefaßt werden. Es sind folgende unterscheidende Profile vorgeschlagen und je nach der Ansicht der betreffenden Ingenieure für verschiedene Eisenbahnen adoptirt, obgleich in der That noch jeder durch größere oder geringere Veränderungen eine Verbesserung der Schienen angestrebt hat. a. Breitbasige Schienen. b. Stuhlschienen. c. Schienen. d. Barlow's Schienen. Vorausgesetzt, daß sämmtliche Schienen für ihren Zweck hinreichend stark construirt sind, so wird die Haltbarkeit der Schienen a und b vollkommen gleich seyn, indem die Bildung des Kopfes allein die Dauer der Schiene begründet, und dieser bei beiden Schienenprofilen auf dieselbe Weise darzustellen ist. Der Fuß dagegen ist bei beiden unwesentlich, da breitbasige Schienen zu ihrer Herstellung kein besseres Eisen verlangen, sondern diese größere Schwierigkeit in vielen Werken durch die Vollkommenheit der Walzapparate allein schon besiegt wird; und zweitens der Zweck des Umdrehens der Stuhlschienen ganz verloren geht, indem der in den Stühlen liegende Theil derselben gewöhnlich zuerst abgenutzt ist. c. Die Fabrication der Schienen ist im Allgemeinen schwieriger als die der beiden ersten Arten, und die complicirte Form derselben kann nicht allein durch Vollkommenheit der Apparate ausgeglichen werden, sondern erfordert stets ein besseres (weicheres) Eisen. Aber auch ohne diese Anwendung bedingt die besondere Form dieser Schienen eine solche Pressung und Dehnung des Eisens durch die Walzen, wodurch dasselbe allein schon sehniger und weicher und daher der raschen Abnutzung zugänglicher gemacht wird. d. Die Barlow'schen Schienen dienen als vortrefflicher Beweis, wie auch die schwierigsten Formen durchs Walzen vollkommen hergestellt werden können. Doch hat diese complicirte Form eine Verschlechterung der Schiene zur Folge, indem das über die Fabrication der Schienen Gesagte bei diesen in vergrößertem Maaße Anwendung findet. Es ist vorhin schon erwähnt worden, wie jeder mit der Anlage einer Eisenbahn beschäftigte Ingenieur eine Normal-Schiene zu construiren versucht hat, und daher kommt es denn, daß eine jede Eisenbahn-Gesellschaft ein besonderes Schienen-Profil auf ihren Bahnen anwendet. Indem nun so kaum einmal zwei Ingenieure in diesem Punkte mit ihren Ansichten übereinstimmen, liegt die Annahme nicht fern, daß noch Keiner die gewünschte Normal-Schiene dargestellt hat. Wohl aber sind jetzt hinreichende Erfahrungen über alle verschiedenen zur Anwendung gekommenen Profile gesammelt worden, und auf Grund dieser erlaube ich mir, den verehrlichen Eisenbahn-Verwaltungen in Folgendem einen Vorschlag zu machen, welcher durch seine Folgen von der höchsten Wichtigkeit seyn dürfte. Nach den jetzigen Erfahrungen und mit Beiseitelegung aller Vorurtheile kann es nicht mehr schwer fallen, ein Schienenprofil zu wählen, welches die meisten erreichbaren Anforderungen erfüllt. Dieses nun möge von einer Anzahl competenter Ingenieure festgesetzt und, wo möglich, von sämmtlichen Eisenbahnverwaltungen adoptirt werden. Die daraus entspringenden Vortheile sind wahrlich so groß, um zum energischen Handeln für Erreichung des Zweckes auffordern zu müssen. Die Herstellung von Schienen nach einem dem Fabrikanten neuen Profile ist für diesen allemal mit Schwierigkeiten verbunden, welche erst durch längere Uebung überwunden werden können, und je größer die Anzahl einer zu walzenden Schienensorte ist, um so sicherer wird die größte Vervollkommnung der dazu nöthigen Apparate etc. zu erreichen seyn. Ein wie bedeutend vollkommeneres Product würde nun noch erlangt werden, wenn sämmtliche Schienenfabrikanten die Erzeugung einer Schienensorte verfolgen und vervollkommnen könnten! Den zweiten und unberechenbaren Vortheil würde die große Umwandlung des Schienenhandels ergeben. Die Fabrikannten wären im Stande gleichmäßig zu arbeiten und Vorrathe zu halten, und dadurch würden die Schienen nicht allein von besserer Qualität darzustellen, sondern auch zu billigern Preisen anzukaufen seyn! X. Schienenpreise. In den vorstehenden Capiteln ist versucht worden, sowohl die Vorzüge als Mängel der englischen Schienenfabrication darzustellen, und leider ergibt das Resumé, daß die letzteren überwiegend sind; indeß ist es eine Verpflichtung, die Gründe noch zu erwähnen, welche großentheils die mangelhafte Fabricationsweise veranlaßt haben. Es ist dieß vor allem der zu niedrige Preis, der sich aus der nachstehenden, auf sorgfältige Ermittelungen gestützten Selbstkosten-Berechnung der Schienen ergibt, welche für die gewöhnlichere Packetirung aus 3/4 Eisen Nr. 1 und 1/4 Eisen Nr. 2 und in der Periode 1851–1852 zusammengestellt ist, während welcher die Schienen zu L. 5 und selbst zu L. 4. 10 sh. per ton verkauft wurden. Eisen Nr. 1.   L.   s.   d. Roheisen, 23 cwt 1 qrt. 16 lbs, (1 Ton = 40 sh.)   2   6   9 Steinkohlen, 14 cwt, (1 Ton = 6 sh.)   –   4   2 Arbeitslohn etc.   –   6   3 –––––––––– 1 Ton Eisen Nr. 1 = L.           2   17   2 Eisen Nr. 2.   L.   s.    d. Eisen Nr. 1, 22 cwt 0 qrt. 26 lbs   3   3    5 Steinkohlen, 8 cwt   –   2    5 Arbeitslohn etc.   –   2    6 1/2 ––––––––––––– 1 Ton Eisen Nr. 2 = L.       3   8    4 1/2 Schienen.   L.   s.   d. Eisen Nr. 1, 18 cwt 3 qrt. 0 lbs   2   13   7 Eisen Nr. 2, 6 cwt 1 qrt. 0 lbs   1     1   4 Steinkohlen: Erste Schweißung, 7 cwt   –     2   1                    Zweite Schweißung, 2 cwt                                           –     –   7 Arbeitslöhne:       Zerschneiden der Stäbe für die Packete   –   2       Packetirung   –   1       Erste Schweißung   1   1       Zweite Schweißung   –   6 1/2       Transport der Packete von den Oefen nach den Walzen       –   5       Erste Walzung   –   3       Zweite Walzung   1 10       Abschneiden und Feilen der Schienenenden   –   3       Richten der Schienen   –   8 1/2       Nachsicht derselben   –   4 1/2       Lochung derselben   –   4       Transport derselben nach dem Verschiffungsplatze   4   6       Andere Transportkosten für Sand, Schlacken etc.   2   6 Unterhaltung der Oefen und Maschinen 12   – Unterhaltung der Gebäude und Capital-Verzinsung   –   6 Gehalt der Beamte   –   3 ––––––––––––––– = L. 5   3   4 1/2                     Davon der Gewinn an rauhen Schienenenden   8   7                     Bleiben die Selbstkosten für 1 Ton Schienen = L. 4 14   9 1/2 In dieser Rechnung nun sind Ausfall-Schienen, welche auch bei der vollkommensten Fabrication vorkommen werden, noch nicht in Anschlag gebracht, und zieht man ferner in Betracht, daß der Fabrikant für die Gefahr seiner großen Auslage und die damit nothwendig verbundene Sorge, für seine Arbeit und Anstrengungen auch äquivalente Remuneration gerechter Weise erwarten darf, so drängt sich die Ueberzeugung auf, daß Schienen nicht mit Vortheil zum Preise von L. 5 verkauft werden können. Der große Bedarf an Schienen und daneben etwas Speculation führten später ein rasches Steigen der Preise herbei, doch damit gleichzeitig trat eine Erhöhung der Arbeitslöhne – die vielfach durch die unglücklichen, auf sämmtliche Fabriken Englands so nachtheilig wirkenden strikes der Arbeiter erzwungen wurden – und eine Vertheuerung aller zur Eisenfabrication erforderlichen Materialien und Hülfsmittel ein. Aus diesen Gründen, und indem die Fabrikanten außerdem ihren gehabten Schaden möglichst auszugleichen suchten, hob sich die Fabrication nicht in der Weise als die Kaufpreise der Schienen es hätten erwarten lassen sollen. Und auch jetzt sind nur trübe Aussichten für eine reelle Verbesserung, da der Eisenbedarf gegen die Production so sehr überwiegend ist, daß der englische Fabrikant sich nicht, und wenn überhaupt, nur durch unverhältnißmäßig große Opfer darauf einlassen wird, von seiner gewöhnlichen Fabricationsweise abzugehen. Und fast jedes civilisirte Land der Erde ist durch sein Eisenbedürfniß mehr oder weniger von England abhängig! Indem nun dieses Bedürfniß so groß ist, daß selbst die jetzigen politischen Verhältnisse Europa's nur wenig auf den Eisenhandel einwirken konnten und der doppelte Nachtheil, die Vertheuerung der Fabricate mit gleichzeitiger Verschlechterung derselben, immer fühlbarer wird, so ist die schleunigste Benutzung aller noch unbenutzten Hülfsquellen anderer Länder für die Eisenindustrie dringende Verpflichtung!

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