Titel: Verbesserungen an Geschossen, welche sich Claude Etienne Minié zu Paris, am 31. Mai 1854 in England patentiren ließ.
Fundstelle: Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XXV., S. 101
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XXV. Verbesserungen an Geschossen, welche sich Claude Etienne Minié zu Paris, am 31. Mai 1854 in England patentiren ließ. Aus dem London Journal of arts, Mai 1855, S. 291. Mit Abbildungen auf Tab. II. Minié's Verbesserungen an Geschossen. Diese Verbesserungen beziehen sich auf die Anwendung cylindrischer, länglicher oder kugelförmiger Geschosse von geringerem Durchmesser als das Kaliber des Laufs, für gezogene oder glatte Gewehrläufe – eine Einrichtung, welche eine bedeutende Verminderung des Gewichts der militärischen Munition gestattet, ohne mit den Läufen der gegenwärtig gebräuchlichen Feuerwaffen eine Veränderung vornehmen zu müssen. Diese Verbesserung wird durch die Anwendung einer cylindrischen Hülse oder eines Kugelhalters erreicht, welcher aus irgend einem leichten Material angefertigt wird. Hiezu eignet sich z.B. zusammengerolltes Patronenpapier oder anderes Papier, das zu der gehörigen Länge geschnitten und dann in Formen gepreßt wird. Dieser Kugelhälter hat an seinem vorderen flachen Ende eine Vertiefung zur Aufnahme des Geschosses von reducirtem Durchmesser; und an seinem hinteren Ende ist eine Höhlung gelassen, um den durch die Explosion des Schießpulvers oder der sonstigen explosiven Substanz erzeugten Gasen zu gestatten die cylindrische Hülse gegen die Wände des Laufs auszubreiten. Bei gezogenen Läufen aber erhalten Hülse und Kugel eine rotirende Bewegung. Die vordere Vertiefung läuft von vom nach hinten conisch zu, so daß die Kugel die Hülse mit Leichtigkeit verläßt, sobald der Flug der letzteren durch den Widerstand der Luft verzögert wird. Fig. 19 stellt die Hülse mit der Kugel dar; die Figuren 20 und 21 repräsentiren eine Modification des Kugelhalters. Die allgemeine Form des letztern für gezogene Gewehre ist diejenige eines Theils von einem Cylinder. Der Durchmesser der Hülse ist etwas kleiner als das Kaliber des Laufs, um das Laden zu erleichtern. a ist eine conische Vertiefung an dem vorderen Ende der Hülse, zur Aufnahme der Kugel; dieselbe paßt ohne Zwang in diese Vertiefung und verläßt sie während des Fluges, sobald nämlich der Geschwindigkeitsunterschied zwischen ihr und der Hülse groß genug ist. b ist die hintere kugelförmige Vertiefung, gegen welche die Explosion wirkt und die Hülse seitwärts ausbreitet, so daß diese sich dicht an das Innere des Laufs anschließt. Die Explosion wirkt daher mit voller Kraft auf das Geschoß und ertheilt diesem bei gezogenen Läufen zugleich eine rotirende Bewegung. Zur Beförderung dieser ausbreitenden Bewegung sind in die Rückseite der Hülse Einschnitte gemacht. Obgleich die glatte Hülse sowohl bei gezogenen als auch bei glatten Gewehrläufen anwendbar ist, so ist doch für die letzteren im Allgemeinen eine Hülse von anderer Form vorzuziehen. Diese ist in Fig. 24 in der Seitenansicht und Fig. 23 in der Frontansicht dargestellt. Die Hülse hat, wie in Fig. 19 und 20, eine conische Vertiefung a an ihrem vorderen Ende, aber ihre cylindrische Fläche ist nicht glatt, sondern mit drei Schraubengängen 1,2,3 versehen. Das Geschoß erhält im vorliegenden Falle durch die auf die Schraubengänge drückenden Gase eine rotirende Bewegung von 1 bis 2 Umdrehungen auf je 6 Fuß, welche durch den Widerstand der Luft nicht aufgehoben werden. Die Schraubengänge können auch, wie Fig. 24 zeigt, an dem Geschoß selbst angebracht werden, wodurch die Nothwendigkeit aufgehoben ist, sich der Hülsen oder schweren gezogenen Läufe zu bedienen. In diesem Falle muß dem Geschoß 1 Millimeter Spielraum gegeben werden. Im Allgemeinen kommt für jede Schraubenrinne auf die cylindrische Fläche ein Gang, sie mögen an der Hülse oder an dem Geschoß selbst angebracht seyn. Sie müssen sich nach dem conischen Theil des Geschosses hin öffnen, damit die Gase entweichen können. Die Tiefe der Gänge beträgt 1/4 vom Durchmesser des Geschosses; die Länge des cylindrischen Theils sollte immer dem Kaliber gleich seyn, und der Schwerpunkt im Mittelpunkt der Achse liegen.

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Tafel Tab.
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Tab. II