Titel: Ueber die Werthbestimmung des Graphits; mitgetheilt von Dr. Julius Löwe.
Autor: Julius Löwe [GND]
Fundstelle: Band 137, Jahrgang 1855, Nr. CXII., S. 445
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CXII. Ueber die Werthbestimmung des Graphits; mitgetheilt von Dr. Julius Löwe. Löwe, über die Werthbestimmung des Graphits. Der Werth einer Graphitsorte richtet sich begreiflich nach der Menge des Kohlenstoffs, welchen dieselbe enthält; allein gerade dieser ist in den im Handel vorkommenden Proben oft so gegen die mit ihm gemischten mineralischen Bestandtheile zurücktretend, daß es in vielen Fällen nicht allein wünschenswerth, sondern sogar wichtig ist einen sicheren Anhaltspunkt über dessen wahren Werth zu besitzen. Die Analyse vermag es allein hier ein entschiedenes Veto oder Votum abzugeben, sie ist zu befragen, ob es rathsam erscheint, neue Fundorte auszubeuten, denn der Graphit findet eine vielseitige Anwendung und ist in seiner größten Reinheit ein so vortrefflicher Leiter des galvanischen Stromes, daß er vielen der besseren metallischen Leiter hierin nicht nachsteht und aus diesem Grunde als ein wichtiges Moment der Galvanoplastik zu betrachten ist. Die Oxydation dieses Kohlenstoffs mittelst freien Sauerstoffgases und die Werthbestimmung seiner Proben auf diesem Wege aus der gefundenen Gewichtsmenge Kohlensäure nach Art der Elementaranalyse, ist bei sorgfältiger Ausführung eine ebenso mühsame, zeitraubende als kostspielige Arbeit, denn bekanntlich ist der Graphit noch weit schwieriger verbrennbar, als der ihm elementarähnliche Diamant, seine Theilchen entziehen sich der Einwirkung des freien Sauerstoffgases um so leichter, je beträchtlicher die Anwesenheit der mit ihm gemengten mineralischen Bestandtheile ist, die in höherer Temperatur zusammensintern und ihn umhüllen, und außerdem erfordert die Ausführung derartiger Arbeiten eine gewisse Uebung und Geschicklichkeit, wozu nicht jedem Gelegenheit geboten ist bei technischen Berufgeschäften dieselben sich anzueignen. Vortrefflich ist dagegen, was Schnelligkeit und Leichtigkeit der Ausführung anbelangt, die Methode der Oxydation des Graphits mittelst zweifach-chromsaurem Kalis und Schwefelsäure; allein nach dieser Bestimmung sind nur dann genaue Resultate zu erlangen, wenn die hiernach resultirende Kohlensäure in dazu geeigneten Apparaten aufgefangen und gewogen wird. Sie verlangt somit ein System complicirt verbundener Geräthschaften, welche nicht Jedermann, wie dem Chemiker vom Fache, zu Gebote stehen. Den Gehalt der der Analyse unterworfenen Graphitproben nach dieser analytischen Methode aus dem Gewichtsverluste der unlöslichen mineralischen Bestandtheile zu berechnen, welche nach der vollendeten Oxydation bei der Filtration zurückbleiben, ist nach eigenen darüber ausgeführten Versuchen nicht statthaft, oder wenigstens nicht bei allen Sorten ausführbar, indem sowohl bei vielen untersuchten Proben das Eisenoxyd, der Kalk, als geringe Mengen von Thonerde, Magnesia und Spuren von Kieselsäure aufgelöst in das Filtrat übergehen, deren Gesammtsumme in Procenten berechnet, den Gehalt der analysirten Proben oft zu 10–12 Procent Graphit zu hoch ergibt,Bekanntlich hat schon Karsten in einzelnen Graphitsorten 2–10 Procent Eisenoxyd nachgewiesen. denn man müßte hiernach von der Annahme ausgehen, daß die mineralischen Bestandtheile der Graphite vollständig unlöslich, was beim Eisenoxyde und der Kieselsäure wohl nie und bei den übrigen Basen nur selten der Fall seyn dürfte. Diesem Nachtheile in der Weise zu begegnen, daß man im Filtrate die aufgelösten Basen quantitativ bestimmte, würde durch Zeitaufwand einerseits aufheben, was andererseits diese Methode an Vortheilen bietet. Ich bediene mich bei der Werthbestimmung einer Graphitprobe jenes Ganges welchen man pflegt bei der Analyse der durch Säuren nicht zersetzbaren Silicate einzuschlagen. Die Schwerflüchtigkeit des Graphits bei nicht zu hohen Temperaturgraden, so wie dessen ungemein schwere Verbrennbarkeit, besonders in einem schmelzenden Alkaligemenge, welches die oxydirbaren Theilchen umhüllt und sie vor dem Zutritt der Luft abschließt, ähnlich, wie die schwer weißbrennbaren, kohlenhaltigen Rückstände mit Alkalisalzen gemengter Aschen organischer Körper, gestattet das Aufschließen und Trennen der kieselsauren Verbindungen mittelst Natronkali, welche den Graphittheilchen mechanisch beigemengt sind. Man mengt zu diesem Zwecke eine schwach geglühte und abgewogene Probe der sehr fein gepulverten Graphitsorte aufs innigste in einem glatten Achatmörser mit dem 3–4fachen Gewichte jenes Gemisches von gleichen Theilen reinem entwässertem kohlensaurem Natron und Kali, bringt das Ganze in einen geräumigen Platintiegel, spült den Mörser mit obigem Gemenge mehrmals nach, drückt den ganzen Antheil mittelst des glatten Achatpistills fest in den Tiegel ein und überdeckt es noch mit derselben Mischung, jedoch nur so weit, daß der Tiegel kaum zu 3/4 seines Rauminhaltes angefüllt ist. (Auch läßt sich die Mengung des Graphits mit den kohlensauren Alkalien mittelst eines starken Platindrahtes im Tiegel vornehmen. Die zur Untersuchung abgewogenen nöthigen Graphitproben betragen in den meisten Fallen 1–1,5 Gram.) Mit aufgelegtem, gut schließendem Deckel setzt man den Tiegel längere Zeit der Flamme der Lampe mit doppeltem Luftzuge aus oder erhitzt ihn zwischen mäßigem Kohlenfeuer in dem mit gebrannter Magnesia ausgefütterten hessischen Tiegel. War die Masse etwa 1/2–3/4 Stunden in gutem Flusse, so läßt man sie erkalten, laugt sie öfters mit heißem Wasser in einer Schale in der Weise aus, daß man den unlöslichen Rückstand sich erst absetzen läßt und dann die darüberstehende meist klare Flüssigkeit auf ein bei 100° C. getrocknetes und darauf gewogenes Filter abgießt. (Die Decantation läßt sich ohne Verlust nicht anwenden.) Das auf dem Filter Enthaltene spritzt man vermittelst her Spritzflasche in die Schale zurück und versetzt es bis zur schwach sauren Reaction mit reiner Salzsäure. Nachdem die Säure kurze Zeit damit in Berührung war, neutralisirt man sie vorsichtig so lange mit reiner Soda, als dadurch noch Aufbrausen erfolgt, und kocht den Rückstand mehrmals zur Entfernung der Kieselsäure und der Thonerde mit mäßig starker Kali- oder Natronlauge aus, filtrirt und spritzt darauf nach dieser mehrmals ausgeführten Operation den ganzen Rückstand von der Schale in das Filter, indem man ihn hier öfters mit warmem Wasser abwäscht, bis das Filtrat nicht mehr alkalische Reaction zeigt. (Die anfänglich angesäuerte und über dem Rückstand stehende Lösung, worin die meisten Basen nebst dem Kieselsäurehydrat aufgenommen sind, zu filtriren, ist nicht rathsam, indem dieselbe sehr langsam durch das Filter dringt.) Den so auf dem Filtrum von Kieselsäure und Thonerde befreiten Rückstand übergießt man zur Entfernung des Kalkes, des Eisenoxyds und der Magnesia 1–2mal mit starker Salzsäure, wäscht ihn so lange mit heißem Wasser aus, als das letzte Waschwasser noch Reactionen mit Ferrocyankaliumlösung zeigt, trocknet darauf das Filter im Luftbade wieder bei 100° C., zieht dessen anfängliches Gewicht von der zuletzt erhaltenen Gesammtsumme ab, und berechnet den gefundenen Antheil auf Procente. Nach dieser Methode wägt man also den Kohlenstoff als solchen und nicht wie bei den übrigen Analysen in der Form von Kohlensäure, aus welcher man den Kohlenstoff zurückberechnet. Um festzustellen, ob nicht bei der Temperatur der Schmelzhitze etwas Graphit sublimire, habe ich gereinigte Proben diesen Hitzgraden ausgesetzt, ohne einen erheblichen Gewichtsverlust zu bemerken. Da es bekannt ist, daß die Anwesenheit von Gasatmosphären die Flüchtigkeit einiger sonst sehr schwer flüchtiger Körper, wie z.B. dieses bei der Kiesel- und Borsäure bei Gegenwart von Wasserdämpfen der Fall ist, sehr bemerkbar schon bei niedriger Temperatur steigert, so ließ ich in einer verlängerten Kugelröhre über eine Graphitprobe bei Glühhitze längere Zeit einen Strom Kohlensäure streichen, die sich aus dem obigen schmelzenden Salzgemisch ebenfalls entbindet, ohne jedoch das geringste Sublimat selbst nach langer Dauer entdecken zu können. Da alle in der chemischen Literatur aufgezeichneten Versuche über Graphit denselben als ein selbst in den höchsten Temperaturen wenig flüchtiges Element erkennen ließen, so glaubte ich, auf diese Thatsachen gestützt, die weitere Prüfung unterlassen zu können. Diese Methode der Analyse des Graphits gewährt nach vielen Versuchen, die ich darüber ausgeführt, diejenige Genauigkeit, welche bei technischen Untersuchungen dieser Art wünschenswerth ist. Trägt man nur Sorge den Graphit fein zu pulvern, die Mischung mit dem kohlensauren Natronkali innig auszuführen, und durch nicht zu starke Anfüllung des Tiegels ein Uebersteigen der schmelzbaren Masse zu verhüten, so lassen sich in wenigen Stunden alle diese Operationen mit derselben Genauigkeit beenden, als dieses durch ähnlichen Gang bei der Analyse mit Säuren nicht zersetzbarer kieselsaurer Verbindungen der Fall ist.