Titel: Anleitung zur Anwendung des Wasserglases; von Dr. L. C. Marquart in Bonn.
Autor: L. C. Marquart
Fundstelle: Band 140, Jahrgang 1856, Nr. CII., S. 441
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CII. Anleitung zur Anwendung des Wasserglases; von Dr. L. C. Marquart in Bonn. Marquart, Anleitung zur Anwendung des Wasserglases. Das Wasserglas, kieselsaure Kali oder Natron, ist eine vor sehr vielen Jahren von dem nun verstorbenen Professor Joh. Nep. v. Fuchs in München gemachte Entdeckung, welche, wie so manche deutsche Erfindung, erst zu Ehren gekommen ist, nachdem man im Auslande dieselbe gewürdigt hat. – Schon im Jahre 1840 bestand eine Wasserglas-Fabrik in Böhmen auf den gräflich v. Wurmbrand'schen Gütern; seit 1847 benutzte Wilhelm v. Kaulbach das Wasserglas bei seinen Fresko-Malereien und namentlich im neuen Museum zu Berlin; auch schon in den zwanziger Jahren wurde das Holzwerk und die Decorationen des neuen Theaters zu München, nachdem das alte durch Brand zerstört war, auf Befehl des Königs von Bayern mit Wasserglas überzogen und auf diese Weise unverbrennlich gemacht. Alle Erfolge wären aber wahrscheinlich von uns noch unbeachtet geblieben, wenn nicht Professor v. Liebig im vorigen Herbste, nach dem Besuche der Pariser Ausstellung, mit Kuhlmann die Fabriken des letztern in Lille besucht, und die Resultate gesehen hätte, welche mit dem Wasserglase in Frankreich erzielt worden sind. Seit dem Briefe Liebig's in der Münchener Abend-Zeitung, welcher die Runde durch fast alle deutschen Zeitungen gemacht hat, und worin Liebig namentlich über die Ausdehnung der Fabrication des Wasserglases in Lille und seine vielseitige Anwendung in Frankreich spricht, ist man plötzlich auf diesen Gegenstand auch in Deutschland aufmerksam gemacht worden, und das Interesse, welches sich in allen Schichten der Gesellschaft dafür kund gibt, legt zugleich Zeugniß für die Wichtigkeit des Wasserglases ab. – Wie es aber gewöhnlich der Fall ist, stellt man theils Forderungen an den neuen Gegenstand, welche seiner Natur nach nicht erfüllt werden können; anderntheils macht man Versuche ohne alle Sachkenntniß, und untergräbt so den Ruf des Wasserglases, dessen mannichfaltige nützliche Anwendbarkeit außer allem Zweifel steht. Ich werde im Folgenden meine eigenen Erfahrungen über die Anwendung des Wasserglases und die mir über diesen Gegenstand von Hrn. Prof. Kuhlmann in Lille zugekommenen Mittheilungen möglichst kurz und bündig zusammenstellen. Das Wasserglas gibt in fein gepulvertem Zustande mit kochendem Wasser jene Auflösung, welche man als präparirtes Wasserglas in den Handel bringt. Die Stärke dieser Flüssigkeit ist verschieden; ich liefereDer Verfasser ist Inhaber der Fabrik chemischer Producte im Bonnerthal bei Bonn; Wasserglas in der zum Gebrauche geeigneten Form und in den verschieuenen Sorten von 33grädigem, 40grädigem und 66grädigem, sowie Blanc fix, geschlämmter Braunstein und alle im Verlaufe dieser Abhandlung erwähnten Stoffe sind von ihm zu beziehen; auch beantwortet er gern schriftliche Anfragen, das Wasserglas betreffend. dieselbe 33grädig, 40grädig und 66grädig, womit angezeigt wird, daß im 33grädigen Wasserglase in 100 Gewichtstheilen 33 Gewichtstheile festes Wasserglas und 67 Gewichtstheile Wasser enthalten sind. Hieraus ergibt sich dann, daß im 40grädigen der Wassergehalt in 100 Theilen 60 beträgt und im 66grädigen 34. Das gewöhnliche Wasserglas ist aus ökonomischen Rücksichten Natron- oder Soda-Wasserglas und in den mehrsten Fällen zur Anwendung tauglich. In einzelnen Fällen, welche ich im Verlaufe dieser Gebrauchs-Anweisung anführen werde, muß Kali-Wasserglas angewandt werden. Das Wasserglas wird immer kalt aufgetragen und muß, da es an der Luft verdirbt, in gut verschlossenen Gefäßen aufbewahrt werden. Das 33grädige Wasserglas wird beim ersten Anstriche mit seinem zweifachen Gewicht Regenwasser verdünnt und eignet sich dann zum Anstrich von Häusern, Dächern, Holzwerk, Zeugen, zur Dichtmachung von weichen und porösen Steinen. Man gibt mehrere Anstriche und muß jeden Anstrich, bevor man neue aufträgt, gut trocknen lassen, wozu wenigstens 24 Stunden Zeit erfordert werden. Zu den späteren Anstrichen kann man sich einer stärkern Auflösung bedienen, und zwar einer solchen, welche aus gleichen Gewichtstheilen Wasserglas von 33 Grad und Regenwasser besteht. Damit der Anstrich fest werde, setzt man 1/10 des Gewichts fein geschlämmte Kreide zu. Hieraus folgt, daß man das 40grädige Wasserglas beim ersten Anstrich mit 2 1/2 Gewichtstheilen Wasser und beim zweiten mit 1 1/4, das 66grädige aber mit 5 Gewichtstheilen beim ersten und mit 2 1/2 Gewichtstheilen beim zweiten Anstrich verdünnen kann. Wasserglas hält nicht auf Flächen, welche bereits einen frischen Oelanstrich erhielten; dagegen wohl auf solchen, wo das Oel durch Luft und Licht consumirt ist. Die Pinsel dürfen nicht zum Oelfarbe Anstrich gebraucht seyn und müssen nach jedesmaligem Gebrauch mit Wasser rein ausgewaschen werden, weil sie sonst gleichsam versteinert werden. Auf eine Fläche von 600 Quadratfuß reinen Kalkverputz verbrauchte ich zum ersten Anstrich 6 Pfd. Wasserglas 33° und 12 Pfd. Wasser,    „   zweiten   „ 6   „         „ „      „    12   „       „    „   dritten     „ 4   „         „ „      „      8   „       „ Als Farbe wurden ungefähr 20 Pfd. gemahlener Kreide und hinreichend Ultramarin gebraucht und hierdurch ein Zimmeranstrich erzielt, welcher sich mit Seife und Bürste abwaschen läßt. Das Wasserglas dient: 1) Zum Anstreichen von Holz, um dasselbe gegen die Einwirkung des Feuers, so wie auch der Luft und Feuchtigkeit zu sichern. 2) Zum Anstriche auf Kalkmörtel und Steine im Innern und Aeußern der Gebäude. 3) Zum Anstriche von Metallen, als Eisen, Zink, um dieselben vor der Oxydation (dem Rosten) zu schützen; zum Bemalen von Glas und Porzellan. 4) Zum Anstriche oder zur Verkieselung von Steinen, namentlich porösen Kalksteinen, und allen solchen, welche der Verwitterung unterworfen sind. 5) Zur Anfertigung von hydraulischem Kalt oder Roman-Cement. 6) Zum Drucken auf Papier und Gewebe. 7) Zum Kitten von Glas, Porzellan, Steinen und Metallen. 1. Anstrich auf Holz. Das Wasserglas schützt das damit angestrichene Holzwerk gegen die Einwirkung des Feuers, des Wassers und der Luft. Beim Anstriche des Holzes mit Wasserglas muß man mehr den Nutzen als die Schönheit im Auge haben. Das Holz wird durch diesen Anstrich auf seiner Oberfläche gleichsam verglaset, wodurch es außer der so schätzenswerthen Eigenschaft, kein Feuer zu fangen, auch noch sehr bedeutend an Dauerhaftigkeit gewinnt. Ein solcher Anstrich verliert weder durch die Feuchtigkeit noch durch die Luft seine Eigenschaften. Zart gearbeitete Gegenstände von Holz, welche leicht reißen und sich werfen, können nur sehr vorsichtig mit Wasserglas angestrichen werden, weil das Wasserglas eine zum Gebrauche bereitete Auflösung in Wasser ist. In der Regel werden die Hölzer durch diesen Anstrich gebräunt, junges Eichenholz nimmt die Farbe von altem an; Hölzer mit weißem, dichtem Gewebe, als Eschen- und Weißbuchenholz, eignen sich zu diesem Anstriche am besten. Beim Anstriche des Holzes mit Wasserglas muß man ganz besonders eine zu concentrirte Auflösung vermeiden, da hier eine so feste chemische Verbindung nicht stattfindet, wie beim Anstriche des Kalkmörtels mit Wasserglas, sondern die Farben und der kieselartige Ueberzug gleichsam einen Firniß bilden, welcher sich blättert, wenn derselbe zu dick gestrichen wird. Ich empfehle daher zum Anstriche von Holz 1 Pfund 33grädiges Wasserglas mit 5 Pfund Wasser zu verwenden, mehrere Anstriche aufzutragen, aber jedesmal gut trocknen zu lassen, bevor man einen neuen Anstrich aufträgt. Soll das angestrichene Holz der Feuchtigkeit ausgesetzt werden, so nützt es nichts dasselbe mit einem so dicken Ueberzuge zu versehen daß es lackirt erscheint, da derselbe abgespült wird. Demungeachtet haftet das Wasserglas aber, was in die Poren des Holzes eingesogen ist, und bildet mit der Holzfaser eine chemische Verbindung, welche dem Feuer und der Fäulniß Widerstand leistet. Soll das Holz mit Farben versehen werden, welche indessen nicht sehr fest haften, so wird am besten zuerst 33grädiges Wasserglas mit 5 Theilen Regenwasser verdünnt, hierzu 1/10 fein geschlämmte Kreide gegeben und der Anstrich aufgetragen. Nach dem Trocknen gibt man einen zweiten Anstrich mit etwas mehr Kreide und endlich den dritten, indem man die Farben, welche man aufzutragen wünscht, mit starkem Wasserglase abreibt. Es können nicht alle Farben beim Anstriche mit Wasserglas gebraucht werden, über welchen Gegenstand ich das Nähere beim Anstrich auf Kalkmörtel mittheilen werbe. Nach meinen Erfahrungen gibt ein Wasserglas-Anstrich ohne Farbenzusatz dem Eichenholze eine sehr angenehme Färbung, ähnlich dem frischen Mahagony, während das Tannenholz eine dem Kirschbaum ähnliche Färbung annimmt. Holz, Papier, Leinwand, ja sogar Stroh, welche mehrmals mit Wasserglas angestrichen sind, fangen durchaus nicht mehr Flammen, sondern verkohlen nur, wenn die diese Gegenstände allenfalls umgebenden Flammen zu sehr die Ueberhand gewinnen sollten. An allen Gebäuden, vorzüglich Theatern, Fabriken, Stallungen etc., kann man der Feuersgefahr daher sehr vorbeugen, wenn alle brennbaren Gegenstände 3- bis 6mal mit Wasserglas überstrichen werden. Holz, welches dem freien Einflusse der Witterung ausgesetzt ist, oder sich an feuchten Orten bei Mangel an Luftwechsel befindet, wird durch einen Wasserglas-Anstrich conservirt und gegen Schwamm und Wurmfraß gesichert; daher der Anstrich für Stallungen, Gruben etc. zu empfehlen ist. Fässer und Bütten, welche in Brauereien, Brennereien, Essigfabriken, Zuckersiedereien, Milchkellern gebraucht werden, können mit Wasserglas angestrichen, leichter gereinigt werden. Wein- und sonstige Lagerfässer können mit Wasserglas außen angestrichen werden, um das Holz zu conserviren, wobei zugleich der Vortheil erzielt wird, daß das Verdunsten beschränkt und das häufige Nachfüllen vermieden wird. 2. Anstrich auf Kalkmörtel und Steine. Der Gebrauch des Wasserglases zum Anstrich von Steinen und Mörtelwänden ist unstreitig der wichtigste. Wenn wir die jetzt gebräuchlichen Anstriche dieser Gegenstände näher betrachten, so sind dieselben sämmtlich von geringer Haltbarkeit, sobald sie der Einwirkung von Licht, Luft und Wasser ausgesetzt sind. Abgesehen von dem theuern Oelanstrich, sind sie sämmtlich der Art, daß sie abfärben, wenn man sie mit den Kleidern oder der Hand reibt. Einmal beschmutzt kann eine angestrichene Wand, sie sey denn mit Oelfarbe angestrichen, nicht gereinigt werden, und selbst die mit dem theuern Oelanstrich versehene Wandfläche verliert bald, wenn sie mit Seife, Wasser und Bürsten gereinigt wird. Der Anstrich mit Wasserglas auf Mörtelwände und Steine vereinigt alle Vorzüge in sich. Er ist verhältnißmäßig billig, dauerhaft, nicht abfärbend, und kann durch Waschen mit Seife und Bürsten unbeschadet seiner Schönheit gereinigt werden. Ob aber ein solcher Anstrich, wie man ihm zumuthet, im Stande ist feuchte Mauern trocken zu machen, muß ich bezweifeln. Zum Anstriche von Mauern und Steinen ist es am besten, aber nicht durchaus nöthig, dieselben vorher zu silicatisiren, d.h. mit einer verdünnten Lösung von Wasserglas, 1 Theil 33grädiges und 3 Theilen Regenwasser anzustreichen. Hat man große Flächen auf diese Weise zu bearbeiten, so bedient man sich tragbarer Pumpen oder Spritzen, deren Strahl in Form eines feinen Regens vertheilt wird, indem man ihn durch eine mit feinen Oeffnungen versehene Siebplatte treibt. Kalkmörtel oder poröse Kalksteine wirken auf die Wasserglas-Lösung, d.h. auf das kieselsaure Natron oder Kali zersetzend ein; der kohlensaure Kalk und Aetzkalk (Kalkhydrat) dieser Körper, welche weich und zerreiblich sind, werden in kieselsauren Kalk verwandelt und die Oberfläche nimmt ein glasiges dunkleres Ansehen an, wird fest, hart und widersteht den Einflüssen von Luft und Feuchtigkeit. Man kann sich von diesem Erfolge leicht überzeugen, wenn man ein Stück Kreide 2 bis 3 Tage lang in eine verdünnte Lösung von Wasserglas legt. Nach dem Trocknen findet man die Kreide nicht mehr zum Schreiben tauglich, also auch nicht abfärbend, sondern steinhart geworden und bei gut ausgeführtem Versuche am Stahle Feuer gebend. Farben halten, wie erwähnt, auf Kalkmörtel ganz vorzüglich; man reibt dieselben mit 33grädigem Wasserglas wie gewöhnlich sorgfältig an, und hat nur auf die Wahl der Farbe einige Sorgfalt zu richten. Ein zweimaliger Anstrich mit Farbe auf die vorher mit Wasserglas getränkte oder nicht getränkte Fläche reicht in der Regel hin dieselbe zu decken. Man kann dann noch einen Anstrich oder auch zwei mit Wasserglas geben, um einen Glanz oder lackirten Ueberzug zu erzielen; zur Befestigung der Farben ist es nicht nöthig, da diese auch ohne dieses fest auf der Wand haften. Zur Erzielung einer weißen Farbe rührt man Kreide im Wasserglas an; die Farbe ist nicht blendend weiß, wie überhaupt diese Eigenschaft jedem Kreideanstriche abgeht. Dagegen ist der Anstrich von Zinkweiß mit Wasserglas außerordentlich schön weiß, und dieses Material würde sich ohne Weiteres hierzu eignen, wenn die Wirkung des Wasserglases auf Zinkweiß nicht eine zu heftige wäre. Zinkweiß und Wasserglas verbinden sich fast augenblicklich, indem sich kieselsaures Zink bildet, und man würde nicht soviel Zeit haben, um den Anstrich auszuführen, wenn man nicht dem Zinkweiß vorher 1/4 bis 1/2 Gewichtstheil Blanc fix Blanc fix oder Permanentweiß ist auf nassem Wege erzeugter schwefelsaurer Baryt; man s. die Notiz S. 77 in diesem Bande des polytechn. Journals. zumischte, welches mit Wasserglas ebenfalls eine gute weiße, aber halbdurchsichtige Farbe bildet, und verhindert daß das mit Wasserglas angeriebene Zinkweiß so plötzlich erhärte. Bleiweiß eignet sich zum Anstreichen mit Wasserglas weniger als Zinkweiß und erfordert jedenfalls einen Zusatz von Blanc fix, und zwar von 50 Procent und mehr, wenn die Farbe nicht plötzlich erhärten soll. Um die verschiedenen Farben hervorzubringen, mischt man die Kreide oder das Zinkweiß mit gelbem oder gebranntem Ocker, lichtem Chromgelb (d.h. chromsaurem Zink, nicht chromsaurem Blei), Schwefelcadmium, blauem und grünem Ultramarin, Schweinfurter Grün, Chromoxyd, Zinnober, Braunroth u.s.w. Berlinerblau, Pariserblau und jene grünen Farben, welche aus Chromgelb oder Berlinerblau bereitet werden, z.B. Neuwieder Grün, Laubgrün u.s.w., können zum Anstrich mit Wasserglas nicht benutzt werden, eben so wenig alle jene Farben, welche aus Pflanzen erzeugt werden, z.B. Orlean, Saftgrün, Schüttgelb u.s.w. Wenn man einen billigen Anstrich zu erzielen wünscht, so kann man auch einen gewöhnlichen Wasserfarbe-Anstrich mit Wasserglas überstreichen, man macht dann aber vorher eine Probe, da manche Farben-Anstriche durch einen Wasserglas-Anstrich sich ablösen. Mit gewöhnlichem Weißtalk geweißte Wände können vortheilhaft mit einem Anstriche von Wasserglas versehen werden, wodurch sie viel dauerhafter werden, nicht abschmutzen und zugleich abgewaschen werden können. Um der Weiße hierdurch keinen Eintrag zu thun, kann man dem Wasserglase etwas Weißkalk zusetzen. 3. Anstrich auf Metalle, Glas, Porzellan. Der Wasserglas-Anstrich mit und ohne Farben haftet ganz vorzüglich auf Metallen, Eisen, Zink und Messing und schützt dieselben gegen die Einflüsse der Luft und des Wassers, also gegen das Rosten, besonders wenn man Sorge trägt, daß diese Anstriche einige Zeit außer Berührung mit Wasser bleiben. Mit Wasserglas angestrichenes Eisen, besonders wenn man dem Wasserglas etwas feingeschlämmten Braunstein zusetzt, erträgt sogar Glühhitze, ohne daß der Anstrich leidet; im Gegentheil scheint sich ein Fluß zu bilden, welcher das Eisen überzieht. Ich habe mehrere Oefen mit Wasserglas an jenen Stellen überstrichen, wo sie glühend zu werden pflegen, und gefunden daß der Anstrich nicht abfällt, daß folglich das Eisen nicht verbrennt, sich nicht oxydirt und folglich die Oefen in der Glühhitze nicht fuchsig werden; die Versuche sind indessen noch zu neu, um vollständige Resultate liefern zu können. So viel ist aber außer Zweifel, daß man die Ofenpfeifenröhren vortheilhaft mit diesem Anstriche von Außen versieht, und dadurch das Rosten derselben verhindert; um denselben eine unbeschränkte Dauer zu geben, müßte auch die innere Oberfläche derselben mit einem Wasserglasüberzuge versehen werden. Hinsichtlich der Farben zum Anstriche der Metalle gilt das oben Gesagte. Wenn man Glas mit Wasserglasfarben bemalt, so wird diese Malerei halbdurchsichtig; diese Eigenschaft und der billige Preis dieser Glastafeln erlaubt es dieselben zu Kirchenfenstern und zur Zierde der Wohnungen häufiger zu benutzen. Blanc fix mittelst Kali-Wasserglas auf Glas gestrichen, gibt demselben eine milchweiße Farbe von großer Schönheit; die Farbe verbindet sich innig mit der Kieselerde; nach einigen Tagen läßt sich die Farbe selbst durch Waschen mit warmem Wasser nicht mehr entfernen. Setzt man das auf diese Weise bemalte Glas einer hohen Temperatur aus, so bildet sich auf seiner Oberfläche ein schönes Email, welches vortheilhaft das mit Zinnoxyd erzeugte Email ersetzen kann. Ultramarin, Chromoxyd und die gefärbten Emaile werden diese neue Art Glasmalerei sehr unterstützen. Wenn bei allen diesen Färbungen von Metall, Glas u.s.w. auch keine eigentliche chemische Verbindung stattfindet, so ist doch eine außergewöhnliche Adhäsion wirkend, hervorgerufen durch ein kieseliges Cement, dessen Erhärtung erleichtert wird durch die außerordentliche Vertheilung, in welcher es der Einwirkung der Luft geboten wird. 4. Verkieselung von Steinen, namentlich von Kalksteinen und solchen, welche leicht verwittern. Wenn man gemahlene Kreide mit einer Auflösung von Wasserglas zum Teig anrührt, so erhält man eine Masse, welche langsam an der Luft erhärtet und endlich eine solche Härte annimmt, daß sie in gewissen Fällen zur Restauration von Monumenten oder zur Anfertigung von Gesimsen dienen kann. Kreide in Stücken oder poröse Kalksteine in eine Auflösung von Wasserglas getaucht, absorbiren selbst in der Kälte eine Portion Kieselerde, welche sehr beträchtlich werden kann, wenn man wiederholentlich und abwechselnd den Stein der Luft aussetzt und in die Auflösung taucht. Die Kalksteine erhalten hierdurch ein glattes Aeußere, ein gedrängtes Korn und eine mehr oder weniger gelbliche Farbe, je nachdem sie mehr oder weniger eisenhaltig sind. So präparirte Steine sind einer Politur fähig; die anfangs oberflächliche Härte dringt nach und nach bis zum Innern, selbst dann, wenn der Stein von beträchtlichem Umfange ist. Diese Eigenschaft scheint für Bildhauer-Arbeiten selbst die feinsten, aus Kalksteinen und sonstigem weicherem Material, von Bedeutung zu werden, da die Oberfläche der Steine, wenn dieselben vollkommen trocken sind, was für einen guten Erfolg wesentlich ist, auf keine Weise verändert wird. Versuche derartige Steine zur Lithographie anzuwenden scheinen vollkommenen Erfolg zu haben. Es versteht sich von selbst, daß man ebenso wie hier die Kalksteine in Wasserglaslösung zu tränken, auch schon vorhandene Bauwerke aus weichem Steine mit Wasserglaslösung überstreichen kann, um sie vor weiterer Zerstörung zu schützen. Zu diesem Zwecke wird eine Mischung von 1 Gewichtstheil 33grädigen Wasserglases mit 3 Theilen Wasser die besten Dienste leisten. Um diesen Steinen die nöthige Härte zu geben, ist es erforderlich, das Wasserglas nach und nach anzuwenden, sey es mittelst des Pinsels, mittelst Eintauchen oder Spritze, je nach der Art welche die Umstände erfordern, und zwar so lange, bis die Steine keine Flüssigkeit mehr aufnehmen können, während man nach jeder Behandlung mit Wasserglas die Luft wieder einige Zeit auf die Steine wirken läßt. Endlich ist es wesentlich besonders bei Bildhauer-Arbeiten den Theil des Salzes, welcher, nachdem alle Absorption aufgehört hat, auf der Oberfläche haften geblieben ist, durch Waschen mit Wasser zu entfernen. Man vermeidet hierdurch die Bildung eines glasartigen Ueberzugs, welcher das Steinkorn und die Niedlichkeit der Bildhauer-Arbeit verändern würde. In Gegenden, wo Hausteine nicht vorkommen, und der Transport derselben viele Kosten macht, wird es sich rentiren, künstliche Steine mittelst Wasserglas zu machen. Das Verfahren ist sehr einfach: Gewaschener und schwach erwärmter Sand wird mit erwärmter Wasserglaslösung so angefeuchtet, daß ein Teig entsteht, welcher in Formen geschlagen wird. Nachdem dieser Teig in der Form etwas consistent geworden, wird die inwendig mit Blech ausgefütterte oder mit Oel angestrichene Form entfernt, und der Stein an einem luftigen Orte ausgetrocknet. Um hierbei möglichst wenig Wasserglas zu verbrauchen, können in das Innere dieser Masse kleine Geschiebe eingeknetet werden. Verkieselung des Gypses. Die Wirkung des Wasserglases auf Gyps weicht wesentlich von der auf gewöhnlichen Kalkstein oder kohlensauren Kalk ab. Die Erscheinungen sind hierbei ganz verschieden, die Resultate der Anwendung unsicher und folglich schwierig zu erlangen. Beim Vermischen von pulverisirtem Gyps oder beim Tränken von Gypsfiguren und sonstigen Ornamenten mit Wasserglas, sey es Kali- oder Natron-Wasserglas, bilden sich neben kieselsaurem Kalk zugleich schwefelsaures Kali oder Natron. Es ist bekannt, daß letzteres Salz die Kalksteine durch seine Krystallisationsfähigkeit zerstört, und es ist daher, um Gyps zu erhärten, durchaus nothwendig nur Kali-Wasserglas anzuwenden. Dieß wäre indessen nicht das einzige Hinderniß; die Wirkung des Wasserglases auf den lockeren Kalkstein ist eine nach und nach eintretende gelinde, während die Wirkung auf den Gyps eine plötzliche, oft augenblickliche ist, in Folge dessen ein sehr beträchtliches Aufblähen des Gypses eintritt, wenn man ihn mit Wasserglas anrührt oder ein Abstoßen von Schuppen, wenn man mit gegossenem Gyps arbeitet. Jedenfalls müssen zur Verhärtung des Gypses noch viel verdünntere Auflösungen des Wasserglases als dieß bei andern Steinen der Fall ist, benutzt werden. 5. Anfertigung von hydraulischem Kalk (Roman-Cement). Wenn man gebrannten Kalk und kieselsaures Alkali (trocknes Wasserglas) beide fein pulverisirt und mischt, und zwar 10 bis 12 Gewichtstheile Silicat und 100 Theile Kalk, so erhält man einen Kalk, welcher alle Eigenschaften des hydraulischen Kalkes zeigt. Diese Eigenschaft erlaubt dort, wo man keinen hydraulischen Kalk besitzt, auf eine sehr ökonomische Weise Wasserbauten einzurichten, indem man die Stärke dieser hydraulischen Cemente nach Belieben richten kann. Durch diese Eigenschaft, den gewöhnlichen Kalk in hydraulischen Kalk umzuwandeln, möchte das Wasserglas auch die Eigenschaft besitzen, feuchte Wände trocken zu machen, welche Eigenschaft man so sehnlichst von einem bloßen Ueberstreichen der Wände mit Wasserglas erwartete, die meinen Erfahrungen zufolge sich aber nicht bestätigt hat. Man würde den alten Verputz zu entfernen und einen neuen aus hydraulischem Kalk nach obiger Mischung und trocknem scharfen Sand angefertigt anzubringen haben, nach dessen Erhärtung ein Anstrich mit Wasserglas ohne Zweifel besser halten wird. Es wäre aber auch zu versuchen, feuchte, von ihrem Verputze befreite Wände mit Wasserglas zu überstreichen, einige Zeit der Luft auszusetzen und dann wieder einen neuen Kalkverputz anzubringen. 6. Druck auf Papier und Geweben. Das Wasserglas eignet sich vorzüglich zum Drucken mit Farben auf Papiere, Gewebe u.s.w., also besonders zur Tapetenfabrication. Der Buchdruck, der Druck in Farben, die Application des Goldes und Silbers in Pulver oder Blattform; Alles dieses läßt sich mit Leichtigkeit ausführen, indem man für gewisse Farben Sorge trägt, die Anwendung von Schwefelverbindungen bei der Bereitung der Farben zu vermeiden. Mittelst kieselsaurem Kali oder Wasserglas kann man das Ultramarin dauerhafter auf Geweben und wohlfeiler befestigen, wie durch die gegenwärtig angewendeten Mittel. Tapeten, welche bereits aufgeklebt sind, mit einer dünnen Auflösung von Wasserglas überstrichen, werden zwar etwas dunkler, nehmen aber einen Glanz an und können abgewaschen werden, was namentlich für Gastzimmer und solche Räume, welche viel besucht werden, von hoher Wichtigkeit seyn muß. Man könnte befürchten, daß beim Druck mit Wasserglas auf Papier das Papier leiden würde; dieß ist indessen nicht der Fall, wenn das Wasserglas die gehörige Menge Kieselerde enthält. Beim Drucken auf Geweben werden die Stoffe nach dem Drucken einige Tage der Luft ausgesetzt; die Kieselerde ist dann mit der Farbe befestigt und das Natron oder Kali können durch Waschen entfernt werden. 7. Das Kitten von Glas, Porzellan und Metallen. Als Kitt ist das Wasserglas von großer Wichtigkeit, besonders für Steine, Glas und Porzellan. Wenn man das Wasserglas gehörig stark anwendet, so hält die Kittung so fest, daß beim Zerschlagen des Gegenstandes jede andere Stelle eher bricht, als die gekittete. Waren die zerbrochenen Gegenstände der Art, daß man sie der Hitze aussetzen kann, so kann das auch nach der Kittung geschehen. Man hat beim Kitten darauf zu sehen, daß das Wasserglas möglichst concentrirt, aber doch dünnflüssig sey. Die Stücke, welche gekittet werden sollen, erhitzt man ungefähr bis zur Temperatur des siedenden Wassers, streicht mittelst eines erwärmten Pinsels das durch die Wärme dünnflüssig gemachte Wasserglas auf beide Flächen, drückt sie dann zusammen und umbindet sie mit einer Schnur. Den gekitteten Gegenstand läßt man noch einige Zeit in gelinder Wärme liegen, bis die Austrocknung vollkommen stattgefunden hat, was bei 1 Zoll dicken Gegenständen an 14 Tage erfordert. Fein gepulverter Schmirgel, Eisenoxyd oder Manganoxyd mit Wasserglas zum Kitt angerührt, nehmen eine außerordentliche Härte an, und widerstehen der Hitze ohne rissig zu werden; sie haben aber den allgemeinen Uebelstand, daß sie erst nach längerer Zeit ganz unlöslich in Wasser werden. Der Kitt aus Manganoxyd und Wasserglas in dünner Schicht auf Eisen gebracht, verglast sich bei hoher Temperatur auf demselben. In Vorstehendem habe ich eine allgemeine Schilderung derjenigen hauptsächlichsten Momente gegeben, bei welchem die Silicate des Kalis oder Natrons, welche wir mit dem Namen Wasserglas belegen, anzuwenden sind. Es ließen sich noch mehrere anführen, welche indessen mehr specielle Zwecke verfolgen, so z.B. dient die verdünnte Lösung des Wasserglases schon seit längerer Zeit und in vielen Färbereien und Zeugdruckereien zum Ersatze des Kuhdüngers. Gleich wie zur Fabrikation von künstlichen Bausteinen und zur Anfertigung von lithographischen Steinen läßt sich mittelst Wasserglas und Bittersalz oder gebrannter Magnesia eine Zusammensetzung erzielen, welche dem Meerschaum ganz analog ist, und ihn höchst wahrscheinlich ersetzen kann. Bonn, im Junius 1856.