Titel: Neues Verfahren in der Fabrication marmorirter Papiere; von Tucker.
Fundstelle: Band 142, Jahrgang 1856, Nr. LVI., S. 229
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LVI. Neues Verfahren in der Fabrication marmorirter Papiere; von Tucker. Aus der deutschen Gewerbezeitung, 1855, S. 404. Tucker's Verfahren in der Fabrication marmorirter Papiere. Bei dem gewöhnlichen Verfahren, marmorirte Papiere zu erzeugen, bedient man sich eines Wasser- oder Schleimbades, worauf man die Farben trägt, die sich verbreiten, auf der Oberfläche schwimmen und dann von dem Bogen Papier, den man über dieß Bad rollt, aufgenommen werden. Der Zweck, den man bei Anwendung dieser Schleime verfolgt, ist nicht nur, die Farben auf der Oberfläche zu erhalten, sondern sie auch auf das Papier zu übertragen und theilweise zu trocknen. Man versuchte Oelfarben anzuwenden, stieß aber auf Schwierigkeiten. Erstens gestattet das Oel wegen seiner sehr flüssigen Eigenschaften den Farben, in einander zu laufen oder in Tropfen auf der Oberfläche stehen zu bleiben, anstatt sich zur Erzielung des gewünschten Zweckes auszubreiten und zu vertheilen; zweitens, wenn diese genannten Uebelstände auch nicht auf dem Bade stattfinden, so ist doch zu besorgen, daß sie sich nach Auftragung der Farben auf der Oberfläche des Papiers und bevor dasselbe trocknen kann, zeigen werden. Endlich trocknet das Oel nicht genug, selbst wenn es vorher gekocht ist. Diese Uebelstände sowohl, wie noch andere, die anzuführen wären und den Buntpapierfabrikanten wohl bekannt sind, stellten sich der Anwendung der trocknenden Oele als Träger der Farben in dem Fabricationsverfahren mit der Wanne (Marmorirkasten) gegenüber. Sie verhinderten ebenso die Anwendung bloßen Wassers zum Bade und zwangen, Zuflucht zu Bädern von Traganthgummi, Leim von Pergamentabfällen und Flohsamenabkochung zu nehmen. Die meisten Oele besitzen eine so große Flüssigkeit, daß ein einziger Tropfen von 2 bis 3 Millimeter im Durchmesser sich leicht und fast augenblicklich über eine Oberfläche von 50 bis 60 Centimeter im Durchmesser verbreitet. In der That bedarf es nur eines Augenblicks, damit sich dieß Oel über die ganze Oberfläche des Bades verbreitet und alle dasselbe bedeckenden Farben verjagt und auseinander treibt. Man fügt manchmal, besonders bei Erzeugung des sogenannten Muschelmarmors auf Schleim, einem Liter Wasser und Farbe 1 oder 2 Tropfen trocknendes Oel bei. Ist die Farbe auf die Oberfläche des Bades getragen, so widersetzt sich diese kleine Menge Oel in gewissem Grade dem Zusammenlaufen der Farben und dem sich Mischen anderer, die es vor sich her treibt oder in einer Art vertheilt, woraus die muschelartige Zeichnung entsteht. In der von Tucker vorgeschlagenen Verbesserung bedient man sich des reinen Wasserbades und nicht mehr des Schleimbades. Die Flüssigkeit, so wie die anderen Eigenschaften des Leinöls oder eines anderen trocknenden Oels widersetzten sich seiner alleinigen Anwendung als Uebertragungsmittel der Farben bei der Bereitung marmorirten Papiers. Es kam daher darauf an, einen andern Stoff zu finden, der, vereinigt mit jenem trocknenden Oele, dessen Flüssigkeit hinlänglich vermindert, um den Farben, die man mit ihm versetzt, zu gestatten, getrennt zu bleiben, ohne sich weder mit der Oberfläche des Bades, noch mit anderen Farben, die man darauf zu bringen die Absicht hat, zu vermischen. Diesen Stoff fand Tucker endlich in dem im Handel unter dem Namen Dammarharz vorkommenden bekannten Gummiharze. Mischt man dieses Harz zu einem zweckmäßigen Uebertragungsmittel, z.B. Terpenthinöl, so verbindet es sich mit dem Oele und theilt demselben nicht nur die nöthigen Eigenschaften zur Hervorbringung des Marmors mit, sondern verleiht dem Oele auch einen zur Verbindung desselben mit den Farben sehr vortheilhaften Körper und eine trocknende Eigenschaft. Das Gummiharz muß in dem Terpenthinöl in dem Verhältniß von 1 Kilogr. Gummi zu 4 Liter Terpenthinöl gelöst werden. Man kann dieses Verhältniß zwar verändern, indeß ist dieses Verhältniß für den in Rede stehenden Zweck das beste. Zu 1 Liter trocknenden Oels fügt Tucker gewöhnlich etwa 2 Liter Dammarfirniß, doch verlangen einige Farben ein viel geringeres Verhältniß an Firniß. Diese Mischung verbindet man mit den verschiedenen Farben, die man anwenden will und gibt ihnen dadurch die gewünschte Dicke. Sind die Farben nach Vorschrift zubereitet, so trägt man eine derselben als Grund auf die Oberfläche des Wasserbades und läßt sie sich darüber ausbreiten, was in einer halben Minute geschehen ist. Die Farbe trocknet nach und nach, und ein Stab, den man hineintaucht, unterbricht und theilt sie so, daß sie sich nicht wieder vereinigen kann, wie es Oel- oder Wassertropfen, damit in Berührung gebracht, thun würden. In diese unterbrochene Farbenmasse schaltet Tucker die anderen Firnißfarben ein, was dadurch bewerkstelligt wird, daß der Stab in die Aderfarbe getaucht wird und man ihn dann mit dieser Farbe, die er nach sich zieht, um die Massen der Grundfarbe herumbewegt, so daß er diese nicht nur unterbricht, sondern sie auch mit der Aderfarbe einsäumt, wie man dieß im natürlichen Marmor sehen kann. Ist ein solches bewirkt, so taucht man eine kleine Klinge oder einen Spatel in das Bad und treibt damit alle die Adern und Grundfarbenmassen durcheinander, daß sie einander in dem Maaße berühren, wie es die gewünschte Zeichnung und die Figur im Marmor erheischt. Hat man dieß erreicht, dann wird das Papier oder die Fläche, die man marmoriren will, auf das Farbenbad gelegt und gleich wieder abgehoben, wodurch die Fläche die ganze auf dem Bade schwimmende Zeichnung aufnimmt. Nachdem diese Papiere trocken geworden sind, was in kurzer Zeit geschieht, glättet man sie und wird die durch das angegebene Verfahren hervorgebrachte Zeichnung in bedeutendem Grade dem natürlichen Marmor, dem Achate oder was immer für einen bunten Stein man nachahmen will, gleichen. Weder das Harz, noch der Firniß können, einzeln angewendet, die Wirkung hervorbringen, die man durch ihre Vereinigung und durch Anwendung des eben beschriebenen Verfahrens erreicht. Auf diese Art kann man mit Oelfarbe – Papier, Pappdeckel, Papiermaché, Metallplatten, Schiefertafeln u.s.w. marmoriren und die mannichfaltigsten und schönsten Wirkungen hervorbringen.