Titel: Ueber Beleuchtung der Steinkohlengruben; von Hrn. Jobard, Director des Gewerbemuseums zu Brüssel.
Fundstelle: Band 143, Jahrgang 1857, Nr. XXV., S. 118
Download: XML
XXV. Ueber Beleuchtung der Steinkohlengruben; von Hrn. Jobard, Director des Gewerbemuseums zu Brüssel. Aus dem Moniteur universel vom 2ten und 3ten November 1856. Jobard, über Beleuchtung der Steinkohlengruben. Ist es möglich, die Strecken unserer Steinkohlengruben auf dieselbe Weise zu beleuchten, wie man die Straßen erhellt? Man antwortet ja, wenn sie keine schlagenden Wetter entwickeln, und nein, wenn sich solche so bilden können, daß Explosionen möglich sind. Letztere Meinung, welche die vorherrschende geworden ist, dürfte ungeachtet ihres Alters, oder vielmehr wegen desselben, einer Prüfung bedürfen; denn es darf als allgemeine Regel gelten, daß unsere alten Bergleute, wenig vertraut mit den Gesetzen der Physik, sich oft geirrt haben. Was thaten die ersten Steinkohlenbergleute, um sich gegen die Explosionen schlagender Wetter zu sichern? Am Montag wurden die brennbaren Gase, welche sich Sonntags gebildet hatten, vor der Einfahrt der Bergleute von denselben angezündet, wobei sie Feuerräder mit Feuersteinen, die Funken entwickelten, als Geleucht benutzten. Die Chinesen bedienen sich einer Kohle, die keine Flammen erzeugt, wenn man sie am Ende einer Latte hin und her bewegt. Davy machte die Entdeckung, daß eine mit Drahtgaze bedeckte Lichtflamme die schlagenden Wetter worin die Bergleute arbeiten, nicht entzündet; man glaubte dieser unzulänglichen Vorsichtsmaßregel jedoch die der Wetterführung beifügen zu müssen, welche anfänglich bloß die natürliche war, jetzt aber zur mechanischen umgestaltet ist. Zur Zeit der Anwendung der Wetterhaltung mit Feuerkörben, welche darin bestand, Kohlenfeuer in der Nähe der obern Oeffnung einer sehr hoben Esse, an einem über Tage gelegenen Orte, Kloster genannt, zu unterhalten, um den Zug zu befördern, ereignete sich vor fünfzig Jahren, in den Steinkohlengruben von Charleroi Folgendes: Ein Regierungs-Bergbeamter, welcher mit der Beaufsichtigung der Gruben beauftragt war und die schlagenden Wetter kannte, hatte beim Durchblättern der von seinen Vorgängern geführten Acten gefunden, daß alle Explosionen sich Montags ereigneten; daraus schloß er, daß sie eine Folge der Unterbrechung des Betriebes und der Nichtunterhaltung des Wetterofens am Sonntage sind; er ordnete daher einen ununterbrochenen Wetterzug an, und der Montag hörte auf ein Unglückstag zu seyn. Derselbe Beamte gefiel sich darin, die Arbeiter zu erschrecken, indem er kleine Anhäufungen brennbarer Gase die er in den Vertiefungen der Förste wahrnahm, anzündete. Oder er hielt seine Lampe in das Grubengas, welches Schichten an der Förste bildete, und veranlaßte hierbei drei verschiedenartige Wirkungen: in den Wettern an der Sohle brannte die Lampe wie sie brennen soll; an der Endosmose-Gränze der beiden Gase bildete die Lampe große Flammen und die Drahtgaze wurde rothglühend; als die Lampe rasch in das reine Grubengas erhoben wurde, erlosch sie. Alles dieß stimmt vollkommen mit der gesunden Theorie überein, welche auf eine constante und regelmäßige Beleuchtung der Steinkohlengruben hätte führen sollen; denn es wäre rationell gewesen, an den Försten der Gruben offene Lampen anzubringen, in denen die Gase im Verhältniß ihrer Entstehung verbrannt worden wären. Jetzt, wo es in den auflässigen schwebenden Strecken große Gasbehälter gibt, wäre es leicht, diese Gase mittelst an den obern Enden dieser Behälter angebrachter Löcher und mittelst Röhren in Gasometer, die über Tage befindlich sind, abzuleiten; aus diesen Gasometern müßte das Grubengas an die zu beleuchtenden Orte unter Tage geführt und dort in Brennern verbrannt werden. Man müßte die Lichtflammen, wie bei den Müseler'schen Sicherheitslampen,Polytechn. Journal Bd. CXXIX S. 345 mit einem dicken Glase umgeben und über denselben einen doppelten Mantel von Drahtgaze anbringen, um die Verbrennungsproducte ohne Gefahr entweichen zu lassen. Obgleich das Grubengas minder glänzend als unser gereinigtes Leuchtgas ist, so würde es doch auf diese Weise sehr gut benutzt werden können; die Gasometer und die Röhren würden die ganzen Kosten bei dieser Sicherheitsbeleuchtung ausmachen. Gegenwärtig (Anfangs November 1856) läßt ein bedeutender Steinkohlenwerksbesitzer zu Lüttich, Hr. Braconnier, eine Wetterführung vorrichten, um die Gase aus einer seiner Steinkohlengruben aufzufangen und zu benutzen. Die von ihm getroffene Einrichtung ist höchst einfach: die Wetteresse ist oben durch eine Klappe verschlossen; neben dieser einfachen Esse ist eine andere angebracht und beide sind durch einen Canal mit einander verbunden. Das Gas muß in den oberen Theil der verschlossenen Esse gelangen, während die Luft durch die offene Esse entweichen wird, deren Zug nöthigenfalls mittelst desselben Gases befördert werden kann, indem man dasselbe aus seinem Gasometer in diese Esse leitet und daselbst unter einem weiten Mantel von starker Drahtgaze verbrennt. Im Lüttich'schen gibt es Steinkohlenwerke, die so gut betrieben werden, daß die Gase zu der Wetteresse gelangen, indem sie auf der Luftschicht fortgleiten, und durch ihre specifische Leichtigkeit aus der Grube strömen, ohne jede künstliche Wetterführung.