Titel: Ueber das Verhalten der Metalle des Platinerzes in hohen Temperaturen; von H. Sainte-Claire Deville und H. Debray.
Fundstelle: Band 145, Jahrgang 1857, Nr. XII., S. 44
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XII. Ueber das Verhalten der Metalle des Platinerzes in hohen Temperaturen; von H. Sainte-Claire Deville und H. Debray. Aus den Comptes rendus, Mai 1857, Nr. 21. Deville, über das Verhalten der Metalle des Platinerzes in hohen Temperaturen. Um das rohe Platinerz zur Gewinnung seiner nützlichen Metalle zu verarbeiten, so wie um dasselbe auf seinen Gehalt an diesen Metallen zu probiren, haben wir neue Methoden ermittelt, welche sich auf die ausschließliche Anwendung des trockenen Weges und der zum Schmelzen dieser Metalle erforderlichen hohen Temperaturen gründen. Ehe wir jedoch diese Verfahrungsarten veröffentlichen, wollen wir unsere Beobachtungen über das Verhalten der Metalle des Platinerzes in hohen Temperaturen mittheilen. Platin. – Es ist nach dem Palladium das schmelzbarste Metall der Gruppe. Nachdem es einmal geschmolzen ist, verflüchtigt es sich merklich und zeigt im Augenblick des Erstarrens die Erscheinung des Spratzens, welche man bisher nur beim feinen Silber beobachtet hatte. Es bildet sich daher wahrscheinlich bei sehr hoher Temperatur ein Platinoxyd, welches sich zersetzt sobald das Metall erkaltet. Diese Theorie des Spratzens wird durch folgenden Versuch bestätigt; wir brachten vollkommen reines Silber auf eine viel höhere Temperatur als zu seiner Verdampfung erforderlich ist; das Silber oxydirt sich dann wie flüssiges Blei, und wenn man seine Dämpfe rasch verdichtet, so sieht man, daß sie aus gelbem Silberoxyd bestehen, welches einen etwas helleren Ueberzug bildet, als die Bleiglätte. Proust hatte schon bemerkt, daß das Silber sich am Löthrohr oxydirt. Damit sich das Spratzen beim Platin zeigt, muß man eine Masse von wenigstens 100 bis 600 Grammen Metall lange Zeit über im KalktiegelMan vergl. Deville's Abhandlung über Oefen und Tiegel zur Erzeugung sehr hoher Temperaturen, im polytechn. Journal Bd. CXL S. 428. A. d. Red. im Fluß erhalten, und das Metallbad rasch entblößen. Wenn man es langsam erkalten läßt, spratzt das Platin nicht. Durch das Schmelzen im Kalktiegel wird das Platin vollkommen gefeint und so weich wie das reine Kupfer, wovon man sich in der Münze zu Paris überzeugt hat. Das so behandelte Metall ist weißer als das gewöhnliche Platin, und eignet sich zur Fabrication von plattirtem Blech, weil es alle Porosität verloren hat. Es besitzt aber noch die Eigenschaft, die Gase an seiner Oberfläche zu verdichten und die Erscheinungen der Glühlampe hervorzubringen; seine Dichtigkeit ist 21,15. Palladium. – Bei dem Palladium kann man die Erscheinung des Spratzens noch leichter hervorbringen als beim Platin. Da sich aber der Sauerstoff erst in dem Augenblick entbindet, wo die obere Schicht des Metalls erstarrt ist, so zeigt der Zain im Innern nach dem Spratzen leere Räume, obgleich seine Oberfläche vollkommen regelmäßig ist. Das Palladium scheint sich noch leichter zu oxydiren als das Silber, denn seine Oberfläche ist stets matt in Folge einer schwachen Oxydschicht. Es verflüchtigt sich bei einer sehr hohen Temperatur, indem es grünliche Dämpfe bildet, welche sich als bräunliches Pulver, ein Gemenge von Metall und seinem Oxyd, verdichten. Wie das Silber löst es sich in Jodwasserstoffsäure mit Entbindung von Wasserstoffgas auf; wie das Platin kann das Palladium die Erscheinungen der Glühlampe hervorbringen. Osmium. – Dieses Metall ist unter dem gewöhnlichen Druck unschmelzbar, wie das Arsen, mit welchem es so große Aehnlichkeit hat. Aber bei einer sehr hohen Temperatur verflüchtigt es sich rasch, ohne sich zu oxydiren und ohne einen Rückstand zu hinterlassen (wenn es rein ist). Die Temperatur bei welcher das Osmium verschwindet, ist nicht weniger hoch als diejenige bei welcher das Platin selbst Dämpfe ausgibt. – Bekanntlich kommt die Osmiumsäure bei einer Temperatur gegen 100° C. ins Sieden, und wir haben diese merkwürdige Eigenschaft benutzt, um die Dichtigkeit ihres Dampfes nach der Methode von Dumas zu bestimmen; zwei Versuche, bei Temperaturen von 246° und 286° C., lieferten uns nahe übereinstimmende Zahlen, nämlich 8,89 und 8,87; daraus folgt, daß das Aequivalent der Osmiumsäure 2 Volumen Dampf entspricht. Die von uns angewendete Osmiumsäure war sehr rein; wir hatten sie nach der Methode von Berzelius durch Rösten von Osmium in einem Sauerstoffstrom bereitet, wodurch man leicht beträchtliche Quantitäten derselben erhält. Rhodium. – Das Rhodium schmilzt weniger leicht als das Platin; eine Hitze, welche 300 Gramme Platin in flüssigen Zustand zu versetzen gestattet, schmilzt in derselben Zeit nur 40 bis 50 Gramme Rhodium. Wir konnten bei diesem Metall kein Anzeichen von Flüchtigkeit beobachten; es oxydirt sich aber schwach an der Oberfläche wie das Palladium, und zeigt auch wie dieses die Erscheinung des Spratzens. Die Oberfläche des Zains ist oft bläulich. Nachdem das Rhodium durch das Rösten in Berührung mit dem Kalk des Schmelztiegels gehörig gefeint und von dem Silicium und Osmium befreit worden ist, besitzt es sehr merkwürdige physische Eigenschaften. Weniger weiß und weniger glänzend als das Silber, ist es nach den Beobachtungen des Hrn. Chapuis eben so dehnbar und eben so hämmerbar wie jenes. Hr. Chapuis, der bekannte Platinfabrikant in Paris, zeigte uns eine Legirung von Platin mit 30 Proc. Rhodium, welche wir viel leichter schmelzen konnten als das Rhodium. Diese Legirung läßt sich nach dem Schmelzen und Feinen vollkommen bearbeiten und liefert Gefäße für Chemiker, welche die schätzbare Eigenschaft besitzen, vom Königswasser nicht angegriffen zu werden. Iridium. – Das Iridium ist das strengflüssigste von allen Metallen des Platinerzes; man schmilzt kaum 10 Gramme Iridium während der Zeit welche erforderlich ist um 100 bis 150 Gramme Platin vollkommen flüssig zu machen. Nach dem Schmelzen und Feinen ist das Iridium noch spröde, obgleich man es mit dem Hammer ein wenig platt schlagen kann. Es gibt kein Anzeichen von Flüchtigkeit. Endlich hat es die Eigenschaft, die Gase an seiner Oberfläche zu verdichten und zu dem Versuch der Glühlampe dienen zu können. Ruthenium. – Unsere Versuche mit diesem Metall theilen wir nicht mit, weil wir uns dasselbe noch nicht in hinreichend reinem Zustande verschaffen konnten. Demnächst werden wir die Methoden veröffentlichen, wornach wir auf trocknem Wege die Metalle des Platinerzes, theils für sich in reinem Zustande, theils als Legirungen darstellen. So können wir eine Legirung bereiten, welche außer Platin, das Rhodium und Iridium des Platinerzes enthält, und nach dem Schmelzen eine vollkommene Dehnbarkeit und Hämmerbarkeit besitzt, zugleich aber eine außerordentliche Steifheit. Letztere, in gewissen Fällen sehr schätzbare Eigenschaft hat bekanntlich das Platin von Janetty, welches mittelst Arsenik, nach einem jetzt aufgegebenen Verfahren dargestellt wurde.