Titel: Ueber das Krappviolett und seine Umwandlung in Krapproth durch Abziehen und Substitution des Beizmittels; von Hrn. Carlos Köchlin.
Fundstelle: Band 145, Jahrgang 1857, Nr. XV., S. 53
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XV. Ueber das Krappviolett und seine Umwandlung in Krapproth durch Abziehen und Substitution des Beizmittels; von Hrn. Carlos Köchlin. Aus dem Moniteur industriel, Juni 1857, Nr. 2165. Köchlin, über das Krappviolett und seine Umwandlung in Krapproth. Hr. J. Persoz gibt in seinem schätzbaren Werk über den Zeugdruck (Traité de l'impression des tissus, t. IV p. 533) folgendes Verfahren zur Erkennung des Krappvioletts anWir haben aus jenem Werke die „Anleitung zur Analyse der gefärbten und gedruckten Zeuge“ im polytechn. Journal Bd. CI S. 448 mitgetheilt. A. d. Red.: „Das mit Krapp erzeugte Violett ändert sich durch Behandlung mit Salzsäure in ein schmutziges Orangegelb um. Passirt man es nach der Behandlung mit Salzsäure in Kalkmilch, so nehmen alle von der Salzsäure berührten Stellen eine bläulichviolette Farbe an, welche außerordentlich glänzend ist.“ Dasselbe Verfahren läßt sich benutzen, um ein mit Krapp erzeugtes Violett sehr leicht von einem mit Garancin gefärbten zu unterscheiden; wenn man z.B. ein mit Garancin violett gefärbtes Kattunstückchen mit verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure behandelt und dadurch modificirt, dann in Kalkmilch passirt, so wird es – anstatt sich, wie das mit Krapp gefärbte, in ein schönes Violett zu verwandeln – amaranthfarbig werden. Diese verschiedene Färbung kann man nur der sauren Natur des Garancins und dem Umstand zuschreiben, daß in der Verbindung welche sich zwischen seinem Farbstoff und der Eisenbeize bildet, kein Kalk enthalten ist; denn färbt man ein Kattunstückchen violett mit Garancin, welchem ein großer Ueberschuß von Kreide zugesetzt wurde, um ein Violett zu erhalten welches die Seifenpassagen aushält, so wird dieser Zeug mit Säure behandelt und hernach in Kalkmilch getaucht, nicht amaranthfarbig werden, sondern in Violett übergehen. Prüft man nach diesem Verfahren das mit den verschiedenen im Handel vorkommenden Krappproducten erhaltene Violett, nämlich das mit Krappblumen, Krappcarmin, Handelsalizarin (alizarine commerciale) und dem seit Kurzem vorkommenden Fabrikalizarin (alizarine industrielle) gefärbte Violett, so wird man finden, daß die Krappblumen, der Krappcarmin und das Handelsalizarin das Verhalten des Krapps zeigen, nämlich durch Behandlung des gefärbten Kattuns mit Säure und Passiren in Kalkmilch schön violette Nüancen geben; wogegen das Garancin, das Fabrikalizarin etc. ein Violett liefern, welches nach dem Imprägniren mit Säure in der Kalkmilch amaranthfarbig wird, welche Eigenschaft anzeigt daß man mit diesen Pigmenten nur durch Zusatz einer sehr großen Menge Kreide ein ächtes Violett zu erzielen vermag; ein solcher Zusatz vermindert jedoch das Ausgeben des Pigments beim Färben. Diese Thatsachen leiteten mich auf einen sehr interessanten Versuch, welcher wiederholt beweist, daß der Krapp nur einen Farbstoff enthält, und nicht verschiedene Farbstoffe, wie mehrere Chemiker behauptet hatten, bevor Hr. Gustav Schwartz seine entscheidenden Versuche veröffentlichte (Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse t. X. p. 329, polytechn. Journal Bd. LXV S. 207). Wenn man ein in Krapp oder Krappblumen violett gefärbtes Kattunstückchen in Schwefelsäure von 15° Baumé passirt, hierauf in Wasser hinreichend auswascht und den so modificirten Kattun dann in Thonerde-NatronZur Bereitung des Thonerde-Natrons nimmt man:Alaun, 100 Gramme,Wasser, 6 Deciliter;Aetznatron von 38° Baumé, 2 Deciliter taucht, welches vor seiner Anwendung mit Salzsäure versetzt wurde, bis der gebildete Niederschlag sich nicht mehr auflöst, so sieht man, daß die Nuance fast augenblicklich roth wird; durch das Passiren in Säure hat man nämlich die auf dem Zeug befestigte Eisenbeize abgezogen, während der Farbestoff zurückblieb, und letzterer verbindet sich beim Passiren in Thonerde-Natron mit Thonerde, welche das ihm entzogene Eisenoxyd ersetzt. Die Menge der Thonerde welche sich fixirt, steht in directem Verhältniß mit der Stärke der aufgedruckt gewesenen Eisenbeize. Das so erhaltene Roth kann geseift werden, widersteht jedoch nicht so gut, wie das nach der gewöhnlichen Methode erzeugte. Von dieser Thatsache läßt sich zur Darstellung von Verwandlungsfarben mittelst des Druckens eine Anwendung machen. Bericht über vorstehende Notiz; der Mülhauser Industriegesellschaft von Hrn. Eugen Mathieu-Plessy erstattet. H. C. Köchlin hat gefunden, daß sich beim Tränken mit Salzsäure und nachherigen Passiren in Kalkmilch, das mit Krapp gefärbte Violett als ächt erweist, hingegen das mit Garancin gefärbte nicht; von den im Handel vorkommenden Krappproducten liefern die Krappblumen, der Krappcarmin und das Handelsalizarin ein achtes Violett, wie der Krapp; nur ein neues Product, das Fabrikalizarin, liefert ein unächtes Violett, wie das Garancin. Die eben genannten Producte sind die bei der jetzigen Fabrikation zum Färben gebräuchlichen, seitdem man den elsasser und holländischen Krapp fast allgemein aufgegeben hat. Ich habe außer diesen Producten auch noch das Krappblumen-Extract und das Garancin-Extract versucht, welche mit Alkohol oder mit Holzgeist dargestellt waren. Diese, lange Zeit vernachlässigten Extracte, bieten gegenwärtig ein gewisses Interesse dar, in Folge einer neuen Fabricationsweise wozu sie benutzt werden. Ich hatte übrigens noch einen andern Grund ihr Verhalten zu ermitteln, nämlich die von Hrn. C. Köchlin über die Wirkung des Kalks aufgestellte Hypothese, welcher nach ihm der Grund seyn soll, weßhalb das mit Krappblumen gefärbte Violett ächt ist, das mit Garancin gefärbte aber nicht. Diese Hypothese führt natürlich zu der Frage, welches Resultat ein kalkfreies Product liefern würde; ein solches sind aber nahezu die alkoholischen Extracte. Ich habe daher meine Versuche einerseits mit Garancin, Avignonkrapp aus dem District Palud, Handelsalizarin und Fabrikalizarin angestellt; anderseits 1) mit einem Extract von Krappblumen, welches mit Alkohol in der Kälte bereitet war, und 2) mit einem Extract von Lagier's Garancin, welches in der Wärme mit Holzgeist dargestellt war. Mit diesen beiden Extracten nahm ich das Färben bei einer der Siedhitze nahe kommenden Temperatur vor; mit den anderen Pigmenten wurde das gewöhnliche Färbeverfahren befolgt. Nach dem Färben wurde die Hälfte der Kattunstückchen in Seife avivirt (mit salpetersäurehaltigem Zinnsalz und Oelseife gekocht); die andere Hälfte wurde zuerst in verdünnter Schwefelsäure (100 Grm. concentrirte Säure in 1 Liter Wasser) in der Kälte passirt, dann im kalten Wasser gut ausgewaschen und hierauf in klarem Kalkwasser passirt. Die Zeugstückchen, mit welchen letztere Behandlung vorgenommen wurde, bestätigen das Resultat des Hrn. C. Köchlin hinsichtlich der Krappblumen gegenüber dem Garancin; hinsichtlich des Krappcarmins (zu dessen Darstellung Säure verwendet wird) fand ich aber eine allerdings geringe Abweichung; dasselbe liefert (im Kalkwasser) eine weniger gebläute, obgleich reinere Farbe als die Krappblumen und der Krapp, undnnd nähert sich also dem Garancin. Hinsichtlich des Fabrikalizarins war mein Resultat ebenfalls mit demjenigen des Hrn. Köchlin nicht ganz übereinstimmend; nach dem Ton der Nüance und deren Reinheit scheint mir das Fabrikalizarin hinsichtlich der Aechtheit keineswegs neben das Garancin gestellt werden zu können; das (im Kalkwasser entstehende) Lilas ist nämlich viel reiner, als man es mit einem guten Garancin erhält, steht jedoch dem Lilas des Handelsalizarins nach. Letzterm Product kommen nur die alkoholischen Extracte gleich, welche, wenn nicht eine reinere, wenigstens mehr gebläute und dauerhaftere Nüance geben; das mit Holzgeist bereitete Garancin-Extract scheint mir sogar das reinste Blau zu liefern, was auffallend ist, da das Garancin selbst ein Blau von ganz anderer Nüance gibt, nämlich die röthlichste der ganzen Reihe. Hiernach sind hinsichtlich der Hypothese des Hrn. C. Köchlin über den Einfluß des Kalks auf die Aechtheit des Krappvioletts neue Versuche erforderlich. Man muß allerdings anerkennen, daß der Zusatz von Kreide beim Färben mit Garancin ein Violett liefert, welches der Seifenpassage auffallend besser widersteht; es bleibt aber noch zu erklären, warum ein alkoholisches Extract, welches in Folge seiner Bereitung frei von Kalksalzen ist, beim Färben mit destillirtem Wasser ein Violett liefert, welches reiner und ächter als das mit Krappblumen und Krapp gefärbte ist, während der in den beiden letztern Färbematerialien enthaltene Kalk allgemein als Grund der Aechtheit ihrer Farben betrachtet wird. Es wäre sehr zu wünschen, daß diese interessante Frage gründlich untersucht würde; zur Zeit läßt sich nicht behaupten, daß der Kalk die alleinige Ursache der Aechtheit des Krappvioletts ist. Die sämmtlichen erwähnten Unterschiede, welche sich bei der Prüfungsmethode des Hrn. C. Köchlin so auffallend zeigen, verschwinden übrigens größtentheils beim Aviviren der Probestückchen mit Seife und Säure. Nach meiner Ueberzeugung lassen sich durch die Behandlung des Kattuns mit Säure und nachher mit klarem Kalkwasser, die zur Erzeugung eines Violetts angewendeten verschiedenen KrappproducteKrappproduete besser und sicherer classificiren als mittelst der bisherigen Seifenprobe, daher diese schnell ausführbare neue Prüfungsmethode den Kattundruckereien willkommen seyn wird. Die von Hrn. Köchlin beschriebene Färbemethode durch Substitution des Beizmittels (Aetzen eines krappvioletten Kattuns mit Schwefelsäure von 15° B., hinreichendes Auswaschen desselben und nachheriges Passiren in Thonerde-Natron) eignet sich, um in einigen Minuten durch einen Versuch zu zeigen, daß der Krapp mit einer Eisenbeize Violett, hingegen mit der Thonerde Roth liefert.