Titel: Ueber das Verhältniß der Phosphorsäure zu dem Stickstoffgehalt in einigen Samen; von W. Mayer.
Fundstelle: Band 146, Jahrgang 1857, Nr. XVI., S. 59
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XVI. Ueber das Verhältniß der Phosphorsäure zu dem Stickstoffgehalt in einigen Samen; von W. Mayer. Aus der schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, 1857, Bd. II S. 59. Mayer, über das Verhältniß der Phosphorsäure zu dem Stickstoffgehalt in einigen Samen. Eine Erweiterung der Untersuchungen über den Gehalt an Stickstoff und Phosphorsäure, als der wichtigsten Elemente für den Ernährungswerth der Samen, ist eine ebenso verdienstliche als interessante Arbeit. Diejenige von W. Mayer, Assistent im Laboratorium von Liebig in München, ist eine der umfangreichsten über diese Verhältnisse. Im Nachfolgenden sind die einzelnen Daten der Analysen hinweggelassen, die Folgerungen aber zusammengestellt; hinsichtlich der erstem verweisen wir auf die Originalabhandlung in den Annalen der Chemie und Pharmacie, Februar 1857, S. 129–169. Der Verfasser sagt am Schlüsse seiner Tabellen: „Um die Gränzen, innerhalb welcher sich die Schwankungen in dem Gehalt der Samen an Wasser, Phosphorsäure und Stickstoff bewegen, auf einen Blick übersehen zu können, sind in der folgenden Tabelle die niedrigsten und höchsten Zahlen, welche für diese Bestandtheile gefunden wurden, sowie die mittleren, welche aus den Ergebnissen aller Analysen derselben Samenart berechnet wurden, zusammengestellt.                  Luftrockene Samen          bei 100° C. getrockn. Samen enthalten in 100 Theilen: Niedrigster    Gehalt Höchster    Gehalt Mittlerer  Gehalt Niedrigster  Gehalt Höchster    Gehalt Mittlerer  Gehalt                  Roggen, 11 Sorten: Wasser   11,77   14,31   13,69        –      –      – Phosphors.     0,779     0,938     9,864     0,903   1,086   0,999 Stickstoff     1,65     2,05     1,91     1,91   2,38   2,21                 Weizen, 11 Sorten: Wasser   10,97   14,33   12,96        –      –      – Phosphors.     0,808     0,025     0,838     0,935   1,185   1,078 Stickstoff     1,65     2,02     1,92     1,93   2,32   2,20                 Gerste, 10 Sorten: Wasser   10,75   14,02   13,05        –      –      – Phosphors.     0,786     1,014     0,890     0,912   1,176   1,024 Stickstoff     1,59     1,90     1,72     1,83   2,20   1,98                   Hafer, 9 Sorten: Wasser   11,79   16,40   13,43        –      –      – Phosphors.     0,838     0,691     0,759     0,801   0,965   0,876 Stickstoff     1,29     1,67     1,53     1,54   1,92   1,77 Das relative Verhältniß zwischen Phosphorsäure und Stickstoff, aus dem mittleren Gehalte berechnet, ist folgendes: Roggen enthält auf             1,00 PO 2,21 N Weizen     „      „ 1,00  „ 2,04 „ Gerste       „      „ 1,00  „ 1,93 „ Hafer        „      „ 1,00  „ 2,02 „ Eine frühere Untersuchung von Fehling und Faißt Polytechn. Journal Bd. CXXIV S. 223. ist die einzige umfassendere, mit in Deutschland cultivirten Getreidearten angestellte, in der zugleich Wasser, Stickstoff, Asche und Phosphorsäure bestimmt wurde. Ich bespreche dieselbe deßhalb etwas ausführlicher. Der Wassergehalt der einzelnen Getreidearten schwankt wenig; im Mittel beträgt er: für 7 Sorten Roggen         14,17 Proc.   „ 6     „ Gerste 14,59 Proc.   „ 8     „ Hafer 14,41 Proc. In 100 Theilen getrockneter Substanz fanden die beiden Chemiker folgende Gehalte an Phosphorsäure, Stickstoff und Asche:      Auf1,00 PO     Auf1,00 Asche PO₅       N Asche           N       N Roggen v. Ochsenhausen 1850 0,97 1,91      1,90     1,97     1,01   „       „ Hohenheim 1850 0,95 2,45  2,30     2,52     1,06   „       „ Kirchberg 1851 0,87 2,14  1,99     2,46     1,07   „       „ Hohenheim 1851 0,85 2,06  2,05     2,42     1,00   „       „ Ochsenhausen 1851 0,78 2,05  1,97     2,63     1,04   „       „ Ellwangen 1850 0,72 2,20  1,82     3,05     1,21   „       „ Ellwangen 1851 0,67 1,61  2,02     2,40     1,25 Gerste  v. Hohenheim 1850 1,13 2,44  2,82     2,16     0,87   „       „ Ellwangen 1850 1,13 1,88  2,62     1,66     0,72   „       „ Kirchberg 1850 1,07 2,04  2,92     1,90     0,69   „       „ Ellwangen 1851 1,07 1,99  3,04     1,86     0,65   „       „ Ochsenhausen 1851 0,95 1,86  2,78     1,96     0,67   „       „ Hohenheim 1851 0,86 2,13  2,73     2,48     0,78 Hafer  v. Hohenheim 1851 0,98 2,03  2,89     2,07     0,70   „       „ Hohenheim 1850 0,85 2,25  2,78     2,64     0,81   „       „ Ochsenhausen 1851 0,83 1,80  2,66     2,17     0,67 PO N Asche       N       N Hafer  v. Kirchberg 1850 0,82 1,79  2,89     2,18     0,62   „       „ Kirchberg 1851 0,81 2,02  2,95     2,49     0,68   „       „ Ochsenhausen 1850 0,80 1,92  3,01     2,40     0,64   „       „ Ellwangen 1850 0,79 1,86  2,65     2,35     0,70   „       „ Ellwangen 1851 0,66 1,66  2,90     2,36     0,57 Winterweizen von Hohenheim 1850 0,71 2,05  1,97     2,89     1,04 Winterigelweizen von Hohenheim 1851             0,72 1,95  1,97     2,71     0,99 In 100 Theilen enthalten die getrockneten Samen:     Roggen Niedrigster    Gehalt Höchster    Gehalt Mittlerer Gehalt Phosphorsäure                0,67    0,97   0,83 Stickstoff    1,61    2,45   2,06 Asche    1,82    2,30   2,01     Gerste: Phosphorsäure    0,86    1,13   1,04 Stickstoff    1,86    2,44   2,05 Asche    2,62    3,04   2,82     Hafer: Phosphorsäure    0,66    0,98   0,82 Stickstoff    1,66    2,25   1,91 Asche    2,65    3,01   2,84 Das relative Verhältniß zwischen Phosphorsäure und Stickstoff, aus dem mittleren Gehalt berechnet, ist folgendes: Roggen enthält auf             1,00 PO 2,48 N Gerste      „       „ 1,00  „ 1,97 N Hafer       „       „ 1,00  „ 2,33 N Ich glaube aus den Resultaten der vorliegenden Untersuchung und aus bereits früher festgestellten Thatsachen einige allgemeine Folgerungen ziehen zu dürfen: 1) Der Gehalt der Getreidekörner an Wasser ist sehr constant, auch wenn dieselben unter den verschiedensten klimatischen und Boden-Verhältnissen gewachsen sind. 2) Verhältnißmäßig nicht so constant ist der Gehalt derselben an Phosphorsäure und an Stickstoff, doch bewegt er sich in bestimmten, ziemlich engen Gränzen. Viele Abnormitäten, welche namentlich altere Analysen ergaben, haben ihren Grund in einer mangelhaften Methode der Einäscherung, der Trennung und der Gewichtsbestimmung.Dieß ist sicher nicht zu viel gesagt, wenn man sich erinnert an die Versuche und Bestimmungen von Hermbstädt, die noch bis auf die neueste Zeit in den Lehrbüchern figuriren, und an die Erfahrungen des königl. preuß. Landesökonomie-Collegiums. 3) Der Aschengehalt der von den Spelzen befreiten Getreidearten variirt ebenfalls zwischen engen Gränzen. Beim ungeschälten Getreide sind die Schwankungen größer, weil der Aschengehalt wesentlich abhängt von dem Gewichtsverhältniß der Spelze zur Frucht. 4) Die verschiedenen Mehlsorten, von einer und derselben Frucht gemahlen, enthalten, je weißer und feiner dieselben sind, um so weniger Stickstoff, um so weniger Salze und in diesen um so weniger phosphorsaure Verbindungen. Die feinsten Mehlsorten haben also als plastisches Nahrungsmittel geringeren Werth, wie die sogenannten geringeren Sorten. 5) Die Kleie von Getreide ohne Spelzen enthält eine sehr große Menge von Stickstoff und von Salzen. Die Asche derselben besteht größtentheils aus phosphorsauren Verbindungen und enthält nur wenig Kieselerde; sie unterscheidet sich dadurch wesentlich von der Asche der Spelzen. Die Kleie ist als ein höchst werthvolles Nahrungsmittel zu betrachten. 6) Die Früchte der Leguminosen enthalten mehr Stickstoff und meist mehr Phosphorsäure, als diejenigen der Getreidearten. 7) Das Verhältniß der Phosphorsäure zu den Basen ist in den Getreidekörnern ein anderes, wie in den Hülsenfrüchten; jene enthalten in der Asche zweibasisch-, diese dreibasisch-phosphorsaure Salze. Damit ist nicht gesagt, daß die in den Leguminosenfrüchten enthaltenen phosphorsauren Salze dreibasisch seyen; es ist vielmehr Grund zur Annahme vorhanden, daß die Phosphorsäure hier in derselben Modification, wie in den Getreidekörnen enthalten sey, und daß das Alkali, was sich in der Asche mehr an diese Säure gebunden vorfindet, in den Samen mit dem für sie charakteristischen Eiweißstoffe, dem Legumin verbunden ist. 8) Die Existenz der Eiweißstoffe ist bedingt durch die Gegenwart der phosphorsauren Verbindungen. Zwischen den Eiweißstoffen und der Phosphorsäure, resp. den phosphorsauren Salzen, bestehen bestimmte Verhältnisse, so zwar, daß mit der Zunahme der Menge der Eiweißkörper eine proportionale Zunahme der Menge der Phosphorsäure, resp. der phosphorsauren Salze, stattfindet. 9) Dieß Verhältniß ist für jeden der Eiweißstoffe ein anderes: für das lösliche Pflanzeneiweiß, für das Legumin, für den Kleber. Die Früchte der Leguminosen, in welchen hauptsächlich Legumin mit löslichem Eiweiß vorkommt, enthalten auf dieselbe Menge Phosporsäure ein und einhalb- bis zweimal so viel Stickstoff, als die Getreidekörner, deren Albuminate vorzugsweise aus Kleber mit wenig löslichem Eiweiß bestehen. 10) Wenn einer dieser Eiweißkörper in Samen derselben Pflanzenart und Varietät in größerer oder geringerer Menge durch einen andern vertreten ist, wie solches Millon für Weizen gezeigt hat, so wird natürlich dadurch das Verhältniß des Stickstoffes zur Phosphorsäure ein anderes. 11) In den Getreidekörnern scheint das lösliche Eiweiß vorzugsweise in dem mittleren, stärkemehlreichen Theil enthalten zu seyn, während die äußeren Theile des Samens die größte Menge von Kleber und mit diesem die größte Menge von Phosphorsäure enthalten. 12) Aus der Gesammtmenge der Asche einer Frucht kann man nur sehr bedingt auf ihren Gehalt an Stickstoff schließen, weil die Asche neben den Bestandtheilen, die zum Stickstoff, resp. zu den Eiweißstoffen, in unmittelbarer Beziehung stehen, auch solche enthält, bei denen dieß nicht der Fall ist, und weil sich die Basen – wenigstens bis zu einem gewissen Grade – vertreten können. 13) Aus dem Schwefelsäuregehalt der Aschen, bereitet nach den bisher üblichen Methoden, kann kein Schluß auf den Schwefelsäuregehalt der organischen Substanz gemacht werden, aus welcher die Asche erhalten wurde.“