Titel: Ueber die Anwendung des Thonerdehydrates und der Thonerdesalze in der Analyse von Pflanzentheilen; von Prof. Rochleder in Prag.
Fundstelle: Band 146, Jahrgang 1857, Nr. LIII., S. 219
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LIII. Ueber die Anwendung des Thonerdehydrates und der Thonerdesalze in der Analyse von Pflanzentheilen; von Prof. Rochleder in Prag. Aus den Sitzungsberichten der k. k. Akademie der Wissenschaften, Bd. XXIII. Rochleder, über Anwend. des Thonerdehydrates etc. in der Analyse v. Pflanzentheilen. Es gibt eine Anzahl organischer Materien, die aus ihren Lösungen durch Thonerdehydrat gefällt werden. Dieses Verhalten ist längst bei einigen Farbstoffen beobachtet worden; aber auch viele andere, wenig gefärbte oder farblose Körper verhalten sich in dieser Beziehung wie Farbstoffe. Andererseits gibt es Farbstoffe, die durch Thonerde nicht gefällt werden. Das Thonerdehydrat gibt also ein Mittel an die Hand, eine Anzahl Stoffe aus ihrer Lösung zu fällen, während andere in der Lösung zurückbleiben. Die Anwendung der Thonerde hat viele Vorzüge vor der Benutzung von Bleioxydhydrat, welches zu ähnlichen Zwecken gebraucht und anempfohlen wurde. Es ist beinahe unmöglich, chemisch reines Bleioxydhydrat darzustellen, es enthält, wenn auch kleine Mengen der Säure, aus welcher es gefällt wurde, in Form eines sehr basischen Salzes beigemengt. Nichts ist aber leichter, als durch Anwendung von Schwefelammonium reines Thonerdehydrat darzustellen. Die Schwierigkeit, dieses zu waschen, indem es die Poren des Filters verstopft, kommt bei den Niederschlägen nicht mehr in Anschlag, welche aus Thonerde und organischen Substanzen bestehen, die sich mit einander verbunden haben. Diese sind viel weniger gelatinös und daher leicht auszuwaschen. In manchen Fällen kann geradezu eine Lösung von Alaun den Pflanzenauszügen zugesetzt und dann durch Ammoniak die Thonerde in Verbindung mit fällbaren organischen Stoffen ausgeschieden werden. Ein Beispiel dieser Art will ich hier anführen. Ein wässeriges Decoct von Kastanienrinde, mit Alaunlösung und Ammoniak etwas in Ueberschuß versetzt, gibt einen rehfarbenen Niederschlag. Die davon abfiltrirte Flüssigkeit ist blaß weingelb gefärbt. Durch einige Tropfen Essigsäure neutralisirt und auf freiem Feuer eingedampft, bis sich eine Salzhaut bildet, dann im Wasserbade vollends verdunstet, bleibt ein Rückstand der aus schwefelsaurem Kali und Ammoniak und kleinen Mengen essigsauren Ammoniaks besteht. Alles Aesculin ist in dieser Salzmasse enthalten. Durch Auskochen mit wenig starkem Weingeist und Filtriren trennte man die schwefelsauren Salze von dem Aesculin, welches nach Verdunsten der kleinen Menge Weingeist auskrystallisirt, zwischen Löschpapier gepreßt und nach einmaligem Umkrystallisiren völlig rein erhalten wird. Man erhält so bedeutend mehr Aesculin und mit viel weniger Mühe, in viel kürzerer Zeit und mit bedeutend weniger Auslagen, als auf eine der bis jetzt gebräuchlichen Arten der Darstellung. Aus dem Thonerdeniederschlag ist durch Lösen im essigsäurehaltigem Wasser und Filtriren, Fällen des Filtrats mit einer Bleisalzlösung und Zersetzen des Salzes mit Schwefelwasserstoff, die Gerbsäure leicht darzustellen. Bei der Untersuchung der chinesischen Gelbschoten, welche M. v. Orth im hiesigen Laboratorium vor einigen Jahren ausführte, gelang es ihm nicht, zwei Farbstoffe und den Gerbstoff ganz genau von einander zu trennen. Hr. Lorenz Mayer, der die Untersuchung auf meine Veranlassung wieder aufgenommen hat, konnte mit Hülfe der Thonerde leicht die Trennung dieser Körper bewirken. Die Anwendung des Thonerdehydrates wird die Darstellung mancher Substanzen zu wohlfeilen Preisen gestatten, die bis jetzt keine Anwendung wegen zu hohem Preise gefunden haben, der nur in dem Verfahren ihrer Darstellung liegt.