Titel: Ueber die Fettflecken welche auf der Seide entstehen; von A. Glenard, Professor an der medicinischen Schule zu Lyon.
Fundstelle: Band 146, Jahrgang 1857, Nr. LIV., S. 220
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LIV. Ueber die Fettflecken welche auf der Seide entstehen; von A. Glenard, Professor an der medicinischen Schule zu Lyon. Aus dem Journal de Pharmacie et de Chimie, Sept. 1857, S. 215. Glenard, über die Fettflecken welche auf der Seide entstehen. Seit einigen Jahren zeigt sich bei den zu Lyon fabricirten Seidenstoffen ein sonderbarer und großer Uebelstand; nach mehr oder weniger langer Zeit entstehen nämlich auf denselben anscheinend fettige Flecken von verschiedener Größe und Gestalt, welche manchmal sehr zahlreich und stets unregelmäßig auf dem ganzen Zeugstück zerstreut sind.Wir verweisen auf die frühere Notiz hierüber, von L. Roux, im polytechn. Journal Bd. CXI. S. 137. A. d. Red. Anfangs entstanden diese Flecken nur selten, und man legte diesem Umstand keine große Wichtigkeit bei; seit einiger Zeit zeigt sich aber dieser Uebelstand allgemein, er ist eine constante Thatsache geworden. Die Seidenstoffe werden fast alle fleckig; die aus den besten Fabriken hervorgehenden, wo die geschicktesten Färber die Seide mit der größten Sorgfalt behandeln, ebenso wie die anderen. Die Fettflecken welche man auf den Seidenstoffen bemerkt, bestehen nach dem Verf. aus einer fetten Substanz; sie werden durch eine auf der Seide befestigte Seife veranlaßt. Diese Seife ist eine Kalkseife, welche sich in dem Seifenbad auf Kosten der im Wasser enthaltenen Kalksalze gebildet hat und von der Seide in Form sehr zarter, zwischen deren Fäden eingeschlossener Theile mitgenommen worden ist. Insbesondere wird die Palmölseife wegen ihrer geringen Auflöslichkeit in Wasser bei einer Temperatur unter 80° C., beim Waschen der Seide zurückgehalten. Die Seide muß um so mehr Kalkseife aus dem Seifenbade mitnehmen, je trüber dieses Bad und je weniger gedreht der Seidenfaden ist. Die auf dem Seidenfaden befestigte Seife zersetzt sich, wenn die Seide mit sauren Beizen behandelt wird. Die Basis der Seife wird nämlich abgezogen und das Seifentheilchen folglich an seinem Platze in ein Fettsäure-Theilchen umgewandelt. Letzteres wird bei geeigneter Temperatur flüssig, dringt in den Stoff und erzeugt auf demselben einen Fettstecken, welcher je nach der Größe des ursprünglichen Kerns mehr oder weniger breit ist. Gegen den fraglichen Mißstand kann man sich aber leicht sichern, man braucht nur die auf dem Gewebe befestigte Seife abzuziehen. Um die von der Seide zurückgehaltenen Seifetheilchen zu beseitigen und folglich die spätere Bildung der Fettstecken auf den Zeugen zu verhindern, empfiehlt Hr. Glenard: 1) die Seide nach dem Kochen und nachdem sie so gut als möglich vom Seifenwasser gereinigt worden ist, mit Salzsäure zu behandeln, welche so verdünnt ist daß die Seide dadurch nicht benachtheiligt werden kann; 2) die Seide dann zu waschen und hierauf in ein Bad von kohlensaurem Natron (krystallisirter Soda) zu tauchen, hernach wie gewöhnlich fertig zu machen.