Titel: Ueber das Verhältniß des Torfes zum Holze und zur Braunkohle.
Fundstelle: Band 146, Jahrgang 1857, Nr. LXVI., S. 260
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LXVI. Ueber das Verhältniß des Torfes zum Holze und zur Braunkohle. Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1857, Nr. 44. Ueber das Verhältniß des Torfes zum Holze und zur Braunkohle. Wenn in Gegenden, deren Brennstoffmangel Anlaß gibt nach Surrogaten zu greifen, der Torf als willkommener Ersatz des fehlenden Holzes benützt wird, so ist das ganz natürlich. Eben so natürlich ist es, daß man dort die Beschaffenheit dieses Brennstoffes in jeder möglichen Weise zu verbessern sucht – durch Pressen, Verkohlen und andere patentirte oder nicht patentirte Methoden; – allein wenn die Bedeutung des Torfes von Solchen, welche mit demselben zu thun haben, überschätzt werden will, so ist es an der Zeit, die Sache näher zu untersuchen, und insbesondere für den Bergmann, der Stein- oder Braunkohlen baut, und für den Hüttenmann, der Holz- oder Mineralkohle verwendet, ist es von hohem Interesse, das Verhältniß des Brennwerthes und der Verwendbarkeit des Torfes richtig zu kennen und sich von dem Geschrei, welches vielleicht irgend ein Torfverbesserer von seinen Erfindungen machen könnte, nicht beirren zu lassen. Sectionsrath, Director P. Tunner, hat in seinem Jahrbuche (Jahrgang 1857, S. 129 u. ff.) in einer gediegenen Abhandlung den Eisenhüttenbetrieb mit Torf beleuchtet und als Resultat gefunden, daß die Arbeit mit Torf im günstigsten Falle nicht nur umständlicher, sondern auch meist kostspieliger als jene mit Holz, und noch vielmehr als jene mit Braun- oder Schwarzkohle ausfällt. Es dürfte für den Leser dieser Zeitschrift aber auch interessant seyn, im Allgemeinen einige Anhaltspunkte zur Beurtheilung des Werthes des Torfs zu erhalten und mit Bezug auf die vielfach besprochene Frage, ob die Mineralkohle beim Eisenbahnbetrieb nicht zweckmäßiger durch Torf ersetzt werden könne, ein auf verläßliche Daten gestütztes Urtheil zu erlangen. Nachstehende Bemerkungen wurden mit Bezug auf den Betrieb der Linz-Salzburger Bahn geschrieben, und es sind eine Reihe verläßlicher Erfahrungen und Untersuchungen zu Grunde gelegt. Die vom königl. preuß. Bergrathe Eisele angestellten Versuche zeigten, daß bei dem Torfe, welcher im frischen Zustande 12'' lang,   4 1/2'' breit,   5'' hoch gestochen wurde, vom Torfe der besten Sorte   976 Ziegel mittlern  „ 1302     „ geringem Sorte       1953     „ gegen den Werth einer 30° weichen Klafter Holzes erforderlich waren. Der königl. bayer. Forstmeister Moser in Wunsiedel behauptet, daß 100 Kubikf. feste Torfmasse, woraus 1900 bis 2000 Stück Ziegel à 9'' Länge, 4'' Breite, 3'' Dicke erzeugt werden, einer Klafter 30'' Föhrenholz gleich zu achten wären. Die vom k. k. Generalprobirer Hrn. Alex. Löwe mit Buchscheidner Torf (Kärnthen) vorgenommenen Analysen haben folgende Resultate ergeben: Textabbildung Bd. 146, S. 261 Folgende Torfsorten geben im lufttrockenen Zustande; Asche in Proc.; Wärmeeinheiten; Davon bilden das Aequivalent einer Klafter 30'' Fichtenholzes; Fein faseriger Osterbauer Torf; Ctr.; Radberger Specktorf; Fein faseriger Radberger Specktorf; Gestrichener Osterbauer Torf Eine Kubikklafter Torfmoor gibt 10 bis 12 Schaff Torf à. 15 1/2 Kubikf. = 155 bis 186 Kubikf. auf dem Moore, oder 8–10 Schaff lufttrocken gemessen an der Hütte gleich 124 bis 155 Kubikf., daher durchschnittlich 140 Kubikfuß Torf. Die Ziegel werden in folgenden Dimensionen gestochen: 10'' im Quadrat, 3'' dick, und auf Hiefelstangen getrocknet. Die Dauer einer Trocknung wechselt von 4 bis 8 Wochen. Das Gewicht des lufttrockenen Torfes per Schaff ist beim Fasertorf 120 Pfund,   „ Specktorf 180    „ Da durchschnittlich 15 Centner Torf 1 Klafter 30'' weichen Holzes ersetzen, so sind 10 bis 12 Schaff à 15 1/2 Kubikfuß, gleich 155 bis 186 Kubikf. lufttrockenen Torfes als Aequivalent hiezu nothwendig. Die Erzeugung 1 Schaffes lufttrockenen Torfes kostet loco Moor 14 kr., daher 10 Schaff 2 fl. 20 kr. ohne Zufuhr zur Magazinsschupfe und andern Anlagsspesen. Zur Erzeugung von 150,000 Schaff werden auf dem Buchscheidner Werke 375 Teichgräber verwendet. In Bayern am Haspel-Moor, wo 30 Millionen Ziegel jährlich gewonnen werden, kosten 1000 Stück lufttrockene Torfziegel sammt Zufuhr nach den Magazinen 1 fl. 21 kr.Näheres im polytechn. Journal Bd. CXXXVIII S. 65. Die Dimensionen dieser Ziegel sind 13'' lang,   5'' breit,   3'' hoch. Die Torfgewinnung bei Freudenberg in Kärnthen beträgt durchschnittlich jährlich 8 Million. Ziegel, wozu circa 200 Arbeiter erforderlich sind. Die Dimensionen des gebaggerten Torfziegels sind 14'' Länge,   4'' im Quadrat, und es kostet das Tausend einschließlich der Trocknung auf den Stellagen 1 fl. 8 kr. Die weitere Verführung des Torfes zum Eisenpuddlings- und Walzwerke geschieht auf der 3000' langen Eisenbahn durch Menschen, wozu 4rädrige Förderungswagen à 110 Kubikf. Inhalt verwendet werden. Meistentheils sind 7 Schaff à 150 Ziegel zur Betrachtung eines Wagens nöthig, wofür per Schaff 4 kr. gezahlt wird. Das Gewicht eines Schaffes Torf beträgt 120 bis 130 Pfd., und er ist größtentheils Specktorf. Nach den vom k. k. Generalprobirer Hrn. Alex. Löwe in Wien vorgenommenen Untersuchungen geben die Freudenberger Torfe: Torf im lufttrockenen        Zustande.   Asche inProcenten.            Davon bilden dasAequivalent einer Klafter 30''    weichen Fichtenholzes. Fasertorf bester Güte             4             16,7 Ctr.     „     mittlerer    „       9             17/2   „ Specktorf    8,5             17,9   „ Daher durchschnittlich 17,6 Ctr. Torf = 1 Klafter 30'' Holz, und es werden hiezu 2112 Stück Torfziegel im Preise zu 1000 Stück à 1 fl. 8 kr. erforderlich, welche loco Moorkosten. 2 fl. 16 kr.     Hiezu kommt noch die Zufuhr von den Stellagen in   die Stadeln per 1000 Stück à 9 kr., daher                – fl. 19 kr.     Ferner die Verzinsung des Anlagecapitals undAmortisirung desselben für 1230 Trockenhütten und30 Torfstadeln, welche ein Capital von 52,800 fl.repräsentiren, was per 1000 Stück 9 kr., daherbetragt – fl. 19 kr. ––––––––– 2 fl. 54 kr. als Aequivalentpreis einer Klafter weichen Holzes, wo der Torf von dem Moore nur auf 3000' Länge per Eisenbahn zu den Stadeln zu verführen war. Ein anderes Beispiel bietet das k. k. Puddlings- und Walzwerk zu Ebenau bei Salzburg. Die bei Kappl, 3/4 Wegstunden von Ebenau entfernt gelegenen Torffelder von circa 40 Joch Fläche bei einer durchschnittlichen Mächtigkeit von circa 10' werden zum Betriebe des k. k. Eisenwerkes Ebenau ausgebeutet und jährlich 2 1/2 Million. Ziegel (Specktorf) geschlagen. Die Dimensionen eines gebaggerten Ziegels sind 4'' im Quadrate und 15'' Länge, wofür per 1000 Stück mit Einmagazinirung in lufttrockenem Zustande 1 fl. 6 kr. gezahlt werden. Dagegen betragen die Kosten von 1000 Stück Ziegel vom Stichtorfe nur 54 kr., wogegen aber der gestochene Ziegel 25 Proc. Zeit mehr zu seiner Trocknung als der geschlagene bedarf, und was die Leistung des letzteren betrifft, so soll sich diese zu dem gestochenen wie 5: 3 verhalten. Die Trocknung der Ziegel geschieht auf Stellagen. Nach einem amtlichen Berichte an das hohe Ministerium kosten loco Hütte 1000 Stück Torfziegel 1 fl. 40 kr. oder 1 Kubikf. lufttrockenen Torfes 1,1 kr. Nach mehrfachen Beobachtungen schwindet der frisch geschlagene Torfziegel per 240 Kubikzoll auf 80 Kubikzoll, bis er lufttrocken geworden, zusammen. Da von diesem lufttrockenen Torfe 17 Kubikfuß 7 Kubikf. mäßig gedörrtes Holz ersehen, und 1 Kubikf. Torf   6,25 Pfd., 1     „ Holz 18      „ wägen, so verhalten sich dem Gewichte nach 106 Pfd. Torf : 126 Pfd. Holz oder 1 Klafter 30'' weiches Scheitholz wird 15–16 Ctr. lufttrockenen Torf, gleich 245 Kubikf. ersetzen. Vergleicht man endlich den Torf mit den Wolfsegg-Traunthaler Kohlen (Braunkohlen des Hausrucks), so ergibt sich Nachstehendes: Nach den Analysen der k. k. geol. Reichsanstalt vom 12. Mai 1855 hat die Wolfsegg-Traunthaler Kohle in 100 Gewichtstheilen 5 Procent Asche, und ersetzen 15,6 Ctr. eine Klafter 30'' weichen Holzes. Aus den vorstehenden Daten kann von den verschiedenen Torfgattungen durchschnittlich angenommen werden, daß gleiche Gewichtstheile des Torfes und der Wolfsegg-Traunthaler Kohle sich gegenseitig allerdings zu ersetzen vermögen. Bezüglich des kubischen Raumes des lufttrockenen Torfes zur Wolfsegg-Traunthaler Kohle findet jedoch ein anderes Verhältniß statt: Da 1 Kubikklafter, gleich 216 Kubikfuß Wolfsegg-Traunthaler Kohle, aufgeschlichtet 80 Ctr. wiegt, so werden 15,6 Ctr. einen Raum von 42 Kubikfuß einnehmen, während 15,6 Ctr. Torf circa 200–220 Kubikf. Raum benöthigen. Dem Raume nach verhält sich die Wolfsegg-Traunthaler Kohle zum lufttrockenen Torfe wie 1: 4 3/4 – ein Umstand, der beim Betriebe der Locomotive wesentlich zu beachten ist, indem die Tender für die Raumverhältnisse construirt werden müßten. Da überdieß der Torf im lufttrockenen Zustande, wenn er vom Regen durchnäßt wird, sich zertheilt und zu Feuerungen nicht verwendbar ist, so müßten die Tender für diesen Brennstoff ganz gedeckt erbaut werden. Wir versuchen nun eine Berechnung des jährlichen Brennstoffbedarfes vom lufttrockenen Torfe auf 10 Bahnmeilen Länge. Angenommen, die k. k. privilegirte Kaiserin Elisabeth-Bahn-Gesellschaft würde zunächst der Salzburger Torfmoore diesen Brennstoff für ihren Locomotivbetrieb beziehen und denselben bis zum ersten Wolfsegg-Traunthaler Kohlen-Magazin in Attnang verwenden, so beträgt diese Entfernung circa 10 Meilen. Da eine Locomotivbahn bei mäßigem Betriebe per 1 Bahnmeile jährlich circa 700 Klafter 30'' weiches Scheitholz benöthigt, so entfallen für 10 Meilen 7000 Klafter Holz, oder in Kohlen und Torf 109,200 Ctr. Um nun den Bahnbetrieb für Torf einzurichten, muß von diesem Gewichtsquantum per 109,200 Ctr. der 3/4 Theil in den Schupfen jederzeit als Vorrath vorhanden seyn; denn da im Monate October der Torfstich eingestellt und mit Ende Juni erst frisch getrockneter Torf in die Schupfen eingelagert werden kann, so muß für diese Periode per 3/4 Jahr ein Quantum von 81,990 Ctr. Torf als Lager gehalten werden. Nun fordern 15,6 Ctr. Torf 200 Kubikf. Raum, demnach werden 81,900 Ctr. 4860 Kubikklafter Raum bedingen. Angenommen, eine Schupfe wäre 8° breit und der Torf würde 2 1/2 Klafter hoch aufgeschlichtet, so müßte die Schupfe, um 4860 Kubikklafter Torf zu fassen, 243 Klafter lang seyn. Werden die Schupfen auf der 10 Meilen langen Bahn vertheilt, so müssen zwölf Schupfen à 20° Länge und 8° breit längs dieser Bahntrace zur Aufnahme des Torfes aufgeführt werden. Da die Wolfsegg-Traunthaler Kohle, wenn sie drei Monate abgelagert, hinreichend trocken ist, um zum Locomotivbetriebe verwendet werden zu können, so genügen Vorrathsschupfen, welche 1/3 des Jahresbedarfes für den Bahnbetrieb fassen. Demnach wäre für die Unterbringung von circa 36,400 Ctr. Kohle vorzusorgen, wozu 455 Kubilklafter Rauminhalt gehören, und es würden zwei Kohlenmagazine à 14° Länge, 8° Breite und 2° Höhe für die Bahnstrecke von 10 Meilen von Attnang gegen Salzburg aufwärts genügen. Da ferner 1800 Stück Torfziegel aus dem Salzburger Moor erzeugt, 15,6 Ctr. Wolfsegg-Traunthaler Kohle oder 1 Klafter weiches Scheitholz ersetzen, so beträgt der einjährige Torfziegelvorrath 109,200 Ctr. oder 12,600,000 Stück Ziegel, und da während dem Transporte und Einschlichten des Torfes in die Schupfen ein 20procentiges Calo entsteht, so stellt sich der Jahresbedarf der zu erzeugenden Ziegel auf 14–15 Million. Stück – ein Quantum, wozu 500 Arbeiter und ein Anlagecapital für Stellagen, Schupfen und Arbeitsgezähe per 90,000 fl. gehören. A. W.