Titel: Hängende oder Schiffmühlenräder, von Hrn. Colladon zu Genf.
Fundstelle: Band 146, Jahrgang 1857, Nr. LXXIX., S. 332
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LXXIX. Hängende oder Schiffmühlenräder, von Hrn. Colladon zu Genf. Aus Armengaud's Génie industriel, Oct. 1856, S. 187. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Colladon's hängende oder Schiffmühlenräder. Man unterscheidet von den gewöhnlichen ober- und unterschlagigen Wasserrädern die hängenden oder Schiffmühlenräder, welche durch die Kraft des natürlichen Gefälles eines Flusses, oder im unbegränzten Wasser umgehen. Da diese Räder nur um eine gewisse Größe untertauchen dürfen und nothwendig von dem Wasserstande des Stromes, der sie in Bewegung setzt, abhängig sind, so entstehen durch das Steigen und Fallen desselben bedeutende Nachtheile. Man muß alsdann die Stütz- oder Drehpunkte des Rades und seiner Welle verändern, was nur innerhalb sehr geringer Glänzen geschehen kann, auch nur schwierig, mittelst eines complicirten Mechanismus ausführbar ist. Ferner sind die Transmissionstheile das hauptsächlichste Hinderniß bei der Veränderung des Drehpunktes des Rades. Es ist offenbar höchst wichtig, hydraulische Motoren ohne große Vorarbeiten und ohne den Fluß mit einem Wehre zu versehen, herstellen zu können, hauptsächlich weil man dann die große Kraft der fließenden Gewässer zu benutzen vermöchte. Diese Aufgabe hat Hr. Colladon zu lösen versucht, indem er ein System von Rädern combinirte, welche er schwimmende nennt. Seine Räder bestehen im Allgemeinen aus einer blechernen Trommel die an ihrem äußern Umfange mit Schaufeln versehen ist und welche durch ihr specifisches Gewicht schwimmend bleibt, indem sie nur um eine gewisse Größe eintaucht. Die Zapfen dieser Trommel sind so in ihren Lagern vorgerichtet, daß sie sich genau mit dem Wasserstande heben und senken können; die Maschinentheile, welche die Uebertragung der Bewegung bewirken, sind so construirt, daß die von ihnen bewegte Welle ihren Platz gar nicht zu verändern braucht. Man ersieht aus der folgenden Beschreibung, daß der neue hydraulische Motor sich von den bis jetzt bekannten hauptsächlich durch die Leichtigkeit unterscheidet, womit er schwimmen und sich selbst nach den Veränderungen des Wasserstandes eines Stromes reguliren kann, ohne daß man sich um ihn zu bekümmern braucht. In Fig. 29 stellt A ein schwimmendes Rad mit geraden Schaufeln vor, dessen beide Zapfen auf zwei blechernen Rahmen O und O' ruhen, von denen sich der eine um die zu bewegende Welle g und der andere um den Zapfen g' dreht. Um diese beiden festen Punkte kann sich nun das Rad heben und senken, indem es mit den Rahmen O und O' einen Kreisbogen beschreibt. Die Transmission wird durch Stirnräder P, P¹ und P² bewirkt; ersteres sitzt auf der Treibradwelle, das Rad P¹ auf der zu bewegenden, und das Rad P² auf der Transmissionswelle. Man kann daher dem als Hebel wirkenden Rahmen O eine hinreichende Länge geben, ohne daß es nöthig wäre die Räder sehr groß zu machen. Dieses Rad ist mit einem Gerinne D versehen; damit aber dieses Gerinne seine Stellung im Verhältniß zu dem Rade behält, wenn dieses sie verändert, hat man das Gerinne mit dem Gerüst F durch Stangen l, welche sich um die Punkte m drehen, verbunden. Da die Stangen l parallel mit den Rahmen O, O' gehen, so erfolgt eine Parallelogramm-Bewegung, wodurch dem Gerinne D stets eine und dieselbe Stellung zum Rade bleibt. Die Schaufeln a sind durch Ringe oder Bänder n mit einander verbunden, so daß sie sich nicht verbiegen können. Das Spiel dieses Apparates erklärt sich durch sich selbst, und Fig. 31 weist die Stellung der Theile beim Sinken des Wasserspiegels nach. In den Figuren 32, 33 und 34 ist eine andere Construction der hängenden Räder dargestellt. Fig. 32 ist eine Seitenansicht des neuen Rades; Fig. 33 ist eine Endansicht; Fig. 34 ist ein Durchschnitt durch die Achse. Man sieht in Fig. 32 ein schwimmendes Rad A mit schneckenförmig gewundenen Schaufeln B, welches, wie das vorhergehende, mit seinen Zapfen in zwei Rahmen O, O' liegt. Dagegen wird die Transmission hier durch Winkelräder bewirkt, welches noch bequemer ist, um die Länge der Hebelarme O nach Belieben vergrößern zu können, was bei Strömen von sehr verschiedenem Wasserstande von Wichtigkeit ist. Die Construction des letztem Rades ist übrigens sehr einfach; sie besteht aus einer Welle o mit den Getrieben Q, Q', welche in die Räder M und M' eingreifen, von denen das eine am Wasserrade, das andere an der Treibwelle g sitzt. Da die Welle o mit dem Rahmen O verbunden ist, so ergibt sich, daß alle Bewegungen in Beziehung auf die des Rades keine Veränderungen erleiden. Das Rad A ist unmittelbar an dem gemauerten Flußufer F befestigt, was um so leichter geschehen kann, weil dieses Rad mit gewundenen Schaufeln nach dem Sinne des Stromes angebracht ist. Die Windung der Schaufeln ist der ganzen Länge des Rades nach von gleicher Breite, während sie sich am Anfang und Ende vermindert. Das Princip, von dem wir hier einige Anwendungen beschrieben haben, läßt sich auch auf die Construction einer Turbine ausdehnen, die aus einem hohlen, schwimmenden Raume besteht, der an seinem Umfange mit Schaufeln versehen und an einer stehenden Welle angebracht ist, auf welcher er auf- und abgeschoben werden kann, je nachdem das Wasser steigt oder fällt, während vom obern Ende aus mittelst Winkelrädern eine andere Welle bewegt wird. Ein derartiges Rad kann man anwenden um die Wirbel und alle übrigen natürlichen Kreisbewegungen der Ströme zu benutzen.

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