Titel: Ueber die Resultate der Benutzung thönerner Retorten zur Gasbereitung; vom Ingenieur Jabez Church.
Fundstelle: Band 146, Jahrgang 1857, Nr. LXXXIX., S. 357
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LXXXIX. Ueber die Resultate der Benutzung thönerner Retorten zur Gasbereitung; vom Ingenieur Jabez Church. Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, April 1857, S. 128. Church, über die Resultate der Benutzung thönerner thönerner Retorten zur Gasbereitung. Die Ersetzung der gußeisernen Retorten durch solche aus feuerfestem Thon rührt von Hrn. Grafton her, und wurde zuerst im J. 1820 versucht. Anfänglich hatten diese Retorten einen quadratischen Querschnitt, welcher aber bald mit der D Form vertauscht wurde, und diese ist auch jetzt überall angenommen, weil sie die Verbreitung einer gleichförmigen Kohlenschicht auf dem ganzen Boden der Retorte gestattet. Die verhältnißmäßigen Gasmengen, welche aus eisernen und thönernen Retorten der D Form, von 15 auf 13 Zoll Querschnitt und 7 1/2 Fuß Länge, erlangt worden sind, bestimmt Hr. Church auf folgende Weise: Die eisernen Retorten dauerten 365 Tage, destillirten à Retorte bei jeder Ladung 1 1/2 Ctr. Kohlen und verkohlten 2190 Ctr., welche à Tonne 9000 Kubikf., im Ganzen per Retorte 985,500 Kubikf. Gas gaben. Die thönernen Retorten hielten 912 Tage aus, eine solche verkohkte 5472 Ctr. Steinkohlen, und gab bei 9000 Kubikf. à Tonne, 2,462,400 Kubikf. Gas. Wir ersehen daraus, daß die Production der thönernen Retorten, aus gleichen Kohlenmengen, bedeutender als die der gußeisernen ist; aber das specifische Gewicht des auf diese Weise dargestellten Gases war geringer, und seine Leuchtkraft ebenfalls, in Folge der höheren Temperatur der Thonretorten. Der zweckmäßigste Betrieb thönerner Retorten in großen Anstalten war der mit Hülfe eines Exhaustors; dadurch wurde der Druck auf die Retorte vermindert und das Entweichen des Gases durch die Poren und Risse verhindert, so daß aus der Tonne Steinkohlen etwa 200 Kubikf. Gas mehr erzeugt wurden. Bei kleinen Gasanstalten werden aber die Kosten für einen Exhaustionsapparat und der zu seinem Betriebe erforderlichen Dampfmaschine durch die erzielte größere Gasmenge nicht gedeckt. In solchen Fällen ist es daher nothwendig, bei möglichst niedrigem Druck zu arbeiten, und man hat gefunden daß der einer Wassersäule von 7 Zoll entsprechende der vortheilhafteste ist. Der Absatz von Kohle, in Folge der Zersetzung von Gas bei hoher Temperatur, ist in thönernen Retorten reichlicher als in eisernen, und man hat durch Versuche gefunden, daß auf dessen Menge die zu den Retorten verwendete Thonart, so wie auch die Glätte und Rauhigkeit der inneren Oberfläche der Retorten einen wesentlichen Einfluß hat, indem bei rauher Oberfläche der Absatz größer ist. Der größte Theil der Kohle scheint sich aus dem Gase in der ersten Periode der Verarbeitung einer Kohlencharge abzuscheiden und gegen das Ende des Betriebes scheint dieser Absatz aufzuhören. Nach und nach wird daher die Kohlenkruste so stark, daß sie weggenommen werden muß, wobei wegen der Zerbrechlichkeit der thönernen Retorten große Vorsicht erforderlich ist. Gewöhnlich läßt man zu diesem Zweck neun bis dreißig Stunden lang atmosphärische Luft in die Retorte ziehen, und dann löst man die Kohlenlage mittelst meißelförmiger Brechstangen ab. Church hat den Versuch gemacht, eine thönerne Röhre durch eine Oeffnung im untern Theil des Deckels einzuführen, und alsdann die Neigung der Röhre der Art zu verändern, daß die durch sie einziehende Luft nach einander jeden Theil der kohligen Masse treffen konnte; gleichzeitig stellte er eine temporäre Verbindung her zwischen der aufsteigenden Röhre, die zu der cylindrischen Vorlage führt, und dem Fuchs, der von dem Retortenofen zur Esse führt. Auf diese Weise gelang es die zur Wegschaffung der Kohlenrinde erforderliche Zeit um die Hälfte zu vermindern. Die Menge des zur Destillation der Steinkohlen erforderlichen Brennmaterials betreffend, hat man gefunden, daß bei kurzen Retorten die Resultate fast dieselben waren, man mochte nun thönerne oder eiserne anwenden. Bei dem gewöhnlichen Betriebe wurden etwa 25 bis 30 Proc. von der Menge der erzeugten Gaskohks zur Heizung verbraucht, vorausgesetzt daß man Newcastler Kohlen verarbeitete und daß jede Tonne Steinkohlen 1 Chaldron (24 preuß. Scheffel) Kohks liefert. Bei Anwendung thönerner Retorten von 20 Fuß Länge wurde eine Brennmaterial-Ersparung erlangt. Church bemerkt schließlich, daß die Kosten der thönernen Retorten etwa 50 Proc. weniger betragen als die der gußeisernen, während ihre Dauer 2 1/2 Mal größer ist, indem sie 2 1/2 Jahre brauchbar bleiben, die gußeisernen aber nur 1 Jahr. Besprechung vorstehenden Vortrages im Institut der Civilingenieure. Es wurde zuvörderst bemerkt, daß der Vorzug der thönernen Retorten hinsichtlich der größern Gasausbeute nicht unbedingt zugegeben werden kann, da in einzelnen Fällen in den eisernen eben so viel Gas erzeugt wurde als in den thönernen, jedoch mit Ausnahme einiger besonderen Kohlensorten; daß überdieß auch eiserne Retorten schon 2 1/2 Jahre in beständigem Betrieb gewesen seyen. Obgleich thönerne Retorten, gut in den Ofen gesetzt und sorgfältig behandelt, die doppelte, ja selbst dreifache Dauer der eisernen Retorten haben können; obgleich ferner die Materialien zu den thönernen Retorten und deren Aufstellung (letztere um 20 Proc.) weniger Kosten veranlassen, als die der eisernen, so lassen sich doch gegen die erstern wesentliche Einwendungen machen. Es ist einleuchtend, daß unter gewissen Umständen die eisernen Retorten den Vorzug verdienen, daß es unter anderen Umständen ganz gleichgültig ist, welche Art von Retorten man anwendet, und daß unter einem dritten Zusammentreffen von Umständen dagegen den thönernen Retorten der Vorzug gegeben werden muß. Nehmen wir z.B. folgenden praktischen Fall an: es koste eine zur Benutzung eingesetzte gußeiserne Retorte 10 Pfd. St. und eine gleich große thönerne 7 Pfd. St. Es sey die Dauer der letztern die 2 1/2 fache von derjenigen der erstern, und es betrage die in beiden gewonnene Gasmenge 900,000 und 2,250,000 Kubikfuß, ehe die Retorten unbrauchbar geworden. Es betrage endlich der Verkaufspreis für die Kohks 15 Shill. à Tonne, und es würden bei eisernen Retorten 3/10 von der gewonnenen Menge und bei thönernen 4/10 derselben zur Heizung verbraucht, während 1 Tonne Steinkohlen 2/3 Tonnen Kohks liefert. Alsdann werden die Kosten bei gleicher Production von Gas folgende seyn:          Eiserne Retorten. Thönerne Retorten. 1. Materialien und Einmauerung 10 × 2 1/2 = 25 Pfd. St.  –  Sh.   7 Pfd. St. – Sh. 2. Extra-Reparaturen der Oefen etc.         1      „     10  „ 3. Kosten für den Exhaustor etc.   1      „       5  „ 4. Ausblase-Apparat etc.  –       „       5  „ 5. Kohksverbrauch im Ofen                    37    „         10  „ 50      „       –  „ –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Summe                    62  Pfd. St. 10 Sh. 60 Pfd. St. – Sh. Hieraus ersieht man, daß wenn die Tonne Kohks 15 Shill. kostet und die übrigen Verhältnisse die obigen sind, eiserne und thönerne Retorten fast gleichen Werth haben. Sind aber die Kohks theurer, so verdienen eiserne Retorten den Vorzug, wogegen das Umgekehrte der Fall ist, wenn sie wohlfeiler sind. Nun ist aber die Güte der Steinkohlen eine sehr verschiedene, und ebenso die Quantität und Qualität der von ihnen gelieferten Kohks, daher der Gasingenieur in jedem besondern Falle die gegebenen besonderen Umstände berücksichtigen muß. Thönerne Retorten sind z.B. sehr geeignet, um Gas aus den schottischen Kannelkohlen zu bereiten, indem die dabei fallenden Kohks keinen besondern Werth haben; dagegen läßt es sich bezweifeln, ob sie eben so gute Resultate wie die eisernen Retorten bei solchen Kohlen geben, welche bei der Destillation viel von flüssigen Stoffen liefern; während nämlich die meisten Gaskohlen per Tonne 100 Pfd. ammoniakalische Flüssigkeit liefern, gibt es andere aus denen sich 350 Pfd. per Tonne entwickeln. Auch sind die thönernen Retorten für kleine Gaswerke nicht zu empfehlen, die eine Kohle verarbeiten welche gute Kohks gibt, denn in solchen Anstalten ist ein Exhaustor nicht anwendbar, überdieß wird der Betrieb und die Abwartung der Retorten nicht mit solcher Sorgfalt ausgeführt als in großen, wohl beaufsichtigten Gasanstalten. Die Behauptung, daß thönerne Retorten unter einem Druck von 7 Zoll Wassersäule besser betreiben können als unter einem niedrigen Druck, ist eine irrige, denn da der Thon ein poröses Material ist, welches dem Gase den Durchgang in Folge der Capillarität gestattet, so ist es offenbar zweckmäßiger, unter einem niedrigen Druck zu arbeiten. Eben so unrichtig ist die Behauptung, daß Thonretorten mehr oder besseres Gas als eiserne liefern; die thönernen Retorten würden nicht mehr, ja nicht einmal so viel Gas entwickeln als die eisernen, wenn man sie nicht bisweilen mit einem weit größern Brennmaterialaufwande auf einer weit höhern Temperatur erhielte, als es bei eisernen Retorten zweckmäßig ist; in solchen Fällen wurde jedoch die größere Menge des Gases auf Kosten seiner Leuchtkraft und auch seiner Reinheit erlangt. Den stärkern Absatz von Kohle in den thönernen Retorten betreffend, muß man annehmen, daß derselbe großentheils von der Zersetzung desjenigen Gases herrührt, welches das Material der Retorte durchdringt, indem das Gas, während es in die stark erhitzten Poren eindringt, seinen Kohlenstoff fahren läßt, der dann auf der inneren Oberfläche der Retorte zurückbleibt.