Titel: Beiträge zur chemischen Kenntniß des Luftmörtels; von Professor Dr. A. Vogel jun.
Fundstelle: Band 147, Jahrgang 1858, Nr. LIV., S. 190
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LIV. Beiträge zur chemischen Kenntniß des Luftmörtels; von Professor Dr. A. Vogel jun. Vogel, Beiträge zur chemischen Kenntniß des Luftmörtels. Seitdem der hydraulische Mörtel von J. N. v. Fuchs und Anderen zum Gegenstand specieller Untersuchungen gemacht worden, und namentlich ersterer denselben aus einer großen Anzahl massenhaft vorkommender Rohmaterialien herzustellen gelehrt hatte, konnte es nicht auffallend erscheinen, daß dem Studium dieses für Bauwesen und Industrie im Allgemeinen so wichtigen Productes eine große Menge Forscher ihre Aufmerksamkeit zuwendete. Diese vorzugsweise Behandlung des hydraulischen Kalkes hatte andererseits natürlich zur Folge, daß die wissenschaftliche Bearbeitung des für gewöhnliche Hochbauten verwendeten sogenannten Luftmörtels nicht im gleichen Grade Ausbildung fand. Man begnügte sich vielmehr mit den von Berthier, John, Petzholdt u.a. bereits ausgesprochenen Ansichten und hergebrachten Erklärungen über die Wirkungsweise dieses im größten Maaßstabe gebrauchten Bindemittels. Während es außer allem Zweifel lag, daß die Festigkeit des Wassermörtels durch die während des Erhärtens eintretenden Vorgänge bedingt werde, waren dagegen die Ansichten über die Wirkungsweise des Luftmörtels durchaus nicht so leicht unter einen Gesichtspunkt zu bringen. Die ältere Ansicht ließ den Mörtel einfach (mechanisch, physikalisch) als ein Bindemittel ähnlich den Kitten wirken, und in der Allgemeinheit dieses Ausspruches durfte auch wohl schwerlich etwas dagegen einzuwenden seyn. Spätere Versuche zeigten jedoch, daß die Erhärtung des Mörtels an sich von besonderen Umständen abhängig sey. So führten die Versuche, die v. Fuchs über diesen Gegenstand anstellte, zu dem Resultate, daß der Kalk des Mörtels in eine eigenthümliche basische Verbindung, wahrscheinlich CaO, CaO₂ + CaO, HO, übergehe und daß gerade diese Verbindung, welche im Inneren der Mauer sich nie vollkommen mit Kohlensäure sättige, die Festigkeit des Mörtels bedinge. Andere leiteten sie von der Krystallisation des Kalkhydrates her, da man den Kalk im Inneren Jahrhunderte alter Mauerwerke bisweilen noch ätzend fand. Auch die Abscheidung des Kalkes im krystallisirten Zustande aus dem Kalkwasser des Mörtels wurde als Erklärung angeführt. Von der andern Seite war es dagegen namentlich Petzholdt, welcher das Erhärten des Mörtels lediglich aus einer Silicatbildung erklären wollte. Die Ansicht, daß der Kalk des Mörtels mit einem Theile seines quarzigen Zuschlages eine chemische Verbindung eingehe und der Silicatbildung die spätere Festigkeit, namentlich diejenige sehr alter Mauerwerke zuzuschreiben sey, wurde natürlich durch die erweiterten Kenntnisse des nur allgemeiner angewendeten hydraulischen Kalkes im hohen Grade wahrscheinlich. Man fand in einigen alten Mauerwerken einen größeren Gehalt an aufgeschlossener Kieselerde als in jüngeren, und benützte dieß als Bestätigung jener Ansicht. Die gänzliche Abwesenheit von Silicaten in nichtsdestoweniger sehr festen Mörteln, sowohl jüngerer als älterer Mauerwerke, mußte jedoch dieser Erklärung immerhin als schlagender Einwurf entgegengehalten werden. Der Widerspruch, welchen die von einigen Forschern behauptete Bildung eines Silicates, sowie auch die Bildung jenes basisch kohlensauren Kalks erfahren hat, beweist zur Genüge, daß der Gegenstand noch nicht völlig aufgeklärt ist. Dieß veranlaßte mich zunächst, einige Untersuchungen in dieser Richtung vorzunehmen. Die unglückliche Katastrophe der in München am Carlsthore während des vorigen Sommers erfolgten Explosion, in deren Folge der Carlsthorthurm wegen Baufälligkeit abgebrochen wurde, bot Gelegenheit, das Material für derartige Untersuchungen leicht zu erhalten. Da die Untersuchung des Mörtels von dem abgebrochenen Carlsthorthurme zu Resultaten führte, die weder mit der Annahme einer Silicatbildung noch mit derjenigen einer basischen Carbonatbildung übereinstimmten, so sah ich mich veranlaßt, meine Versuche noch auf ein Paar andere Mörtelsorten auszudehnen. Ich wählte dazu den zum Bau der hiesigen Universität verwendeten Mörtel und einen anderen mit rein quarzsandigem Zuschlag, welchen ich von Hannover durch gütige Vermittelung meines Freundes Dr. Reischauer erhalten hatte. Die Analyse der beiden Münchner Mörtelsorten bot in ihrer Ausführung von vornherein die Schwierigkeit der Bestimmung, was man dabei überhaupt als den eigentlichen Mörtel anzusehen habe. In denselben befindet sich nämlich, bedingt durch die Localverhältnisse des Ortes, eine große Anzahl kleinerer und größerer Steine, bis zur Größe einer Haselnuß, – welche fast gänzlich aus kohlensaurem Kalk bestehen. Es war daher unmöglich, dieselben auf chemischem Wege von dem eigentlichen gleichfalls kalkigen Bindemittel zu trennen. Von einer Bauschanalyse aber, welche eben nur die Gesammtmenge des Kalkes und der Kohlensäure hätte angeben können, gleichgültig ob diese von dem eingemengten Zuschlage oder dem Kalke herrührten, durfte kaum die Ableitung aufklärender Folgerungen erwartet werden. Namentlich wäre aber durch eine derartige Analyse der Sättigungsgrad des ätzenden Kalkes mit atmosphärischer Kohlensäure unter einen ganz unrichtigen Gesichtspunkt gestellt worden. Ich habe es deßhalb vorgezogen, der chemischen Analyse eine mechanische vorausgehen zu lassen, die eben jene eingemengten großen Conglomeratstücke von dem eigentlichen Cemente sonderte und diesen für die chemische Analyse zugänglich machte. Zu diesem Zwecke wurde der ohnehin schon bröckliche Mörtel unter der Vorsicht keine Steine zu verletzen, mit dem hölzernen Hammer verkleinert und sodann mittelst Absiebens die mechanische Analyse vorgenommen. Nach dem Absieben erschien es zweckmäßig, die größeren Rückstände im Siebe noch eine Zeitlang in leinenen Tüchern zu reiben, um den Rest des anhängenden Mörtels zu trennen und dem übrigen zuzufügen. Wenn man dieser Methode den Vorwurf eines Mangels an Genauigkeit machen wollte, so ist dagegen anzuführen, daß sie bei der chemischen Gleichartigkeit des Zuschlages und Cementes die einzig mögliche und leicht auszuführen ist. Diese Methode erscheint überhaupt bei dem beträchtlichen Sprunge in der Größe der eingemengten Steine praktisch anwendbar in allen Fällen von Mörtelanalysen, wo man eine mechanische Trennung vorzunehmen hat, da schon beim Bau meistens die Mischung aus Materialien, die durch verschiedene Siebnummern gesiebt sind, hergestellt wird. Ich erhielt auf diesem Wege für die beiden Münchner Mörtelsorten folgende Zahlenwerthe in 100 Theilen: Textabbildung Bd. 147, S. 192 Sieb-Nummer; Zahl der Oeffnungen auf 1 Quadratzoll bayer; Rückstand im Siebe; Mörtel; vom Carlsthorthurm; von der Universität Ich habe nun das durch das Sieb Nr. 2 hindurch Gegangene als den eigentlichen Mörtel betrachtet. Freilich befanden sich auch hierin noch von dem Zuschlage herrührende Steinpartikelchen, aber das Verhältniß derselben zum angewandten Aetzkalk mußte nunmehr um ein bedeutendes geringer geworden seyn und dadurch eine Abweichung im Kohlensäuregehalt dieses Mörtels von dem des neutralen kohlensauren Kalkes weit augenfälliger werden, wogegen sie in der chemischen Analyse des conglomeratartigen Gesammtmörtels sich leichter der Beobachtung würde entzogen haben. Die Analyse ist nach bekannten Methoden ausgeführt worden. Ich erwähne nur, daß die Kohlensäurebestimmung in einem dem Fresenius-Will'schen ähnlichen Apparate vorgenommen wurde, welcher gestattete die Zersetzung mit Salpetersäure zu bewerkstelligen und zugleich das entweichende kohlensaure Gas durch Schwefelsäure zu trocknen. Der Mörtel war bei 100º C. im trocknen Luftstrom mittelst des Aspirators getrocknet. Es ergab sich aber, daß derselbe dennoch, auch nachdem sein Gewicht constant blieb, nicht alles hygroskopische Wasser abgegeben hatte. Um dieses, sowie allenfalls in dem Aetzkalk des Mörtels enthaltene Spuren von Hydratwasser zu bestimmen, wurde die Probe mit Boraxglas zusammengeschmolzen. Aus der Gewichtsabnahme, welche dem ganzen Wassergehalte plus der Kohlensäure entsprach, mußte sich dann durch Subtraction der letzteren das Wasser ergeben. Auf die Alkalien habe ich wegen ihrer geringen Menge keine besondere Rücksicht genommen. Die auf solche Weise erhaltenen Werthe, in die obige mechanische Analyse substituirt, lieferten die Zusammensetzung der beiden Mörtelsorten wie folgt: 1) Mörtel vom Carlsthorthurme. Gröbere SteineIn Säure unlöslicher Rückstand   63,12    7,38 70,5 Kalk   13,27 Kohlensäure   11,31 Thonerde und Eisenoxyd     1,72 Magnesia     0,86 Kieselsäure Spuren Wasser     2,34 –––––– 100,00 2) Mörtel vom Universitätsgebäude. Gröbere SteineIn Säure unlöslicher Rückstand   41,82  10,07 51,89 Kalk   22,02 Kohlensäure   19,59 Thonerde     1,90 Magnesia     1,33 Kieselsäure     0,22 Wasser     3,05 –––––– 100,00 Diesen beiden Analysen füge ich nun noch die eines Mörtels von Hannover an, der sich schon dem Aeußern nach durch den fast gleichmäßig feinsandigen, rein quarzigen Zuschlag wesentlich von den beiden vorhergehenden unterschied, weßhalb auch hier jene mechanische Sonderung nicht nothwendig war. 3) Mörtel von Hannover. In n unlöslicher Rückstand   78,65 Kalk 10,50 Kohlensäure   7,82 Wasser   1,68 Kieselsäure   0,30 Thonerde und Eisenoxyd   0,98 ––––– 99,93 In der Zusammenstellung dieser Analysen tritt auf den ersten Blick das bedeutende Vorwiegen größeren Gerölles gegen das eigentlich bindende Mittel hervor. Betrachtet man nun zwar die Gesammtanalysen, so findet man, daß das Verhältniß des Zuschlages zum Cement sich in den Mörteln von Hannover und vom Carlsthorthurme einander nähert, indem jener 70,50, dieser 78,65 Zuschlag enthält. Das Verhältniß stellt sich jedoch anders heraus, wenn man bedenkt, daß bei dem Mörtel des Carlsthorthurmes 63,12 Procent ganz großes Gerölle waren, wodurch natürlich ein außerordentliches Ueberwiegen von Kalk in dem eigentlichen Bindemittel resultiren muß. Schon bei weitem günstiger stellt sich dieses Verhältniß heraus bei dem Mörtel welcher zum Bau der Universität verwendet worden, indem sich in demselben nur ungefähr 55 Procent gröberes Geschiebe vorfanden. Zwar ist dabei zu berücksichtigen, daß auch in dem von mir der chemischen Analyse unterworfenen Antheil dieser Mörtel sich noch eine gewisse Menge des Kalks als feiner Kalksand und somit als Zuschlag eingemengt befand. Dennoch konnte diese Beimengung von Kalksand das Verhältniß des Kalks zum Zuschlag nicht wohl auf das gewöhnliche herabstimmen. Denn betrachtet man den durch das Sieb Nr. 2 gegangenen Antheil als eigentlichen Mörtel, so kömmt darin 1 Theil Zuschlag auf 4 Theile Kalk, worin also die Kalkmenge die vierfache Menge des Zuschlags ausmacht und somit das gewöhnliche Verhältniß des Sandes zum Kalk, nämlich 6 : 1 um das 24fache übertreffen würde. Nur ist hiebei nicht zu vergessen, daß bei dieser Rechnung der chemisch gleichartige Kalksand als Kalk berechnet wurde und daher das Verhältniß des letztern zum Zuschlag um etwas zu groß ausfallen mußte. Rechnet man indeß für diesen Fehler die Hälfte des Kalkes wirklich als Zuschlag, so ist das Vorwalten des Kalkes in dem zwischen den größeren Geschieben liegenden Bindemittel ein außerordentliches gegen das an anderen Orten gebrauchte. Zu bedauern bleibt es allerdings immer, daß es in diesen Fällen vor der Hand kein analytisches Mittel gibt, den eingemengten Kalksand als solchen zu bestimmen. Auch schon das äußere Ansehen dieser beiden Mörtelsorten bestätigt die hier entwickelten Verhältnisse durch die auffallende Weiße des Kalklettens, in dem die Geschiebe sich eingefügt finden. In der dritten der angeführten Mörtelsorten nähert sich das Verhältniß des Zuschlags zum Kalk weit mehr dem gewöhnlichen, indem hier ungefähr 4 Theile Zuschlag auf 1 Theil Kalk kommen. Knapp hat in seinem Lehrbuch der chemischen Technologie (Bd. I S. 625) die Wichtigkeit dieser Mischungsverhältnisse wohl gewürdigt, indem er sagt: „Von großer Wichtigkeit ist das richtige Verhältniß zwischen Kalk und Sand, und es hängt die Güte und Festigkeit des Mörtels davon mehr, als von jedem anderen Umstande ab.“ Wenn es als eine allgemeine Regel betrachtet werden kann, dem Zuschlage nur so viel Kalk zuzufügen, als er ohne sein Volumen zu vergrößern zu verschlucken im Stande ist, so wird dabei höchst nothwendig zu beachten seyn, daß der Zuschlag sich in verschiedenen Graden der Feinheit des Kornes befinde, und ein plötzlicher Sprung hierin möchte eine mehr bröcklige Natur des Mörtels zur Folge haben. In diesem Umstande rechtfertigt sich auch, wie ich glaube, der Vorwurf der Baufälligkeit, in Folge dessen der Carlsthorthurm mit Recht abgebrochen wurde. Da zugleich, wie ich mich überzeugte, ein sehr geringes Anhaften des Mörtels an den Backsteinflächen stattfand, so mag auch wohl die nicht gehörige Befolgung der so wichtigen Regel des Anfeuchtens der Steine zur Vermehrung der Baufälligkeit beigetragen haben. In ökonomischer Rücksicht wäre es vielleicht zu erwägen, ob man nicht durch künstliche Herstellung von Zuschlägen in der geeignetsten Mischung verschieden gekörnter Abstufungen derselben den kostspieligen Kalk ersetzen und gleichzeitig den Mörtel verbessern könnte. Auf die beiden anderen, die Theorie der Mörtelerhärtung betreffenden Punkte glaube ich hier gleichfalls noch aufmerksam machen zu müssen. Was zunächst die Kohlensäuerung des Kalkes im Mauerwerke betrifft, so finden sich im Mörtel des Carlsthorthurmes auf 13,27 Procent Kalk 11,31 Procent Kohlensäure. Dieser Kalkgehalt verlangt indeß, um mit Kohlensäure zu neutralem kohlensauren Salz zu werden, nur 10,37 Proc. Kohlensäure. In dem aus der Mitte der Mauer genommenen Mörtel befand sich der Kalk also keineswegs in einem Zustande der halben Sättigung mit Kohlensäure.v. Fuchs, gesammelte Schriften, herausgegeben von Dr. Kaiser, 1856. Vielmehr findet sich darin noch ein geringer Ueberschuß an Kohlensäure, zu deren Absorption auch der unbedeutende Magnesiagehalt nicht hinreichte. Es ist möglich, daß dieser Kohlensäureüberschuß in dem Mörtel durch Contactwirkung zurückgehalten wurde, wie ich etwas Aehnliches vor Kurzem in einer Arbeit über kleesaures Zinnoxydul mitgetheilt habe,Abhandlung d. k. Akad. der W. II Cl. Bd. VII Abtheilung VIII. wobei nach dem Glühen desselben ungefähr 4 Procent Kohlensäure vom Zinnoxydul so energisch festgehalten werden, daß zu ihrer vollständigen Vertreibung starke Weißglühhitze nothwendig ist. Ganz das nämliche Verhalten eines Ueberschusses an Kohlensäure, anstatt des halbkohlensauren Kalkes – treffen wir auch in dem Mörtel der Universität, der auf 22,02 Proc. Kalk 19,59 Proc. Kohlensäure enthält, während nur 17,3 Proc. zur Ueberführung in neutralen kohlensauren Kalt nothwendig wären. Um jedoch zu controliren, ob nicht diese Abweichung auf einer Fehlerquelle der Methode beruhe, wurde eine Controlbestimmung derselben durch die Analyse des isländischen Doppelspathes vorgenommen. Diese lieferte in dem Doppelspath 43,59 Proc. Kohlensäure statt der berechneten Menge von 44 Proc. Jener Ueberschuß an Kohlensäure konnte daher nicht wohl von einer Fehlerhaftigkeit der Methode herrühren. Auch in dem ganz jungen Mörtel von Hannover, der auf 10,5 Proc. Kalk 7,82 Proc. Kohlensäure enthält, ist demnach fast schon eine völlige Sättigung des Kalkes mit Kohlensäure eingetreten, indem statt der gefundenen Menge einer völligen Sättigung 8,25 Proc. Kohlensäure entsprechen würden. Wenn ich nun auch nicht den geringsten Zweifel in die Richtigkeit der Resultate früherer Untersuchungen über diesen Gegenstand setze, so kann ich doch nach den Daten, welche ich durch die Analyse des Mörtels von älterem und jüngerem Mauerwerk erhalten, nicht jener Annahme eines basischen Carbonates als Ursache der Mörtelerhärtung beipflichten, noch überhaupt dessen Existenz in dem Mörtel als den allgemeineren Fall betrachten. Namentlich muß ich aber das so oft behauptete „Nieübergeführtwerden“ des Aetzkalkes in neutrales Carbonat widersprechen. Auch Wittstein Polytechn. Journal Bd. CXXXIX. S. 398. hat bereits vor einiger Zeit diese Frage in gleichem Sinne beantwortet. Ich hoffe demnächst auf die Verwandtschaft der Kohlensäure zum Kalk ausführlich zurückzukommen. Endlich muß ich noch die sogenannte Theorie der Silicatbildung als erklärendes Moment der Mörtelerhärtung berücksichtigen. Dieselbe hat immer noch zahlreiche Anhänger, wie z.B. Leuchs, Muspratt u.a., obschon sie von namhaften Schriftstellern (so von Knapp a. a. O.) in gebührender Weise behandelt ist. Abgesehen davon, daß schon v. Fuchs sagt, man könne ganz ohne alle Silicate einen brauchbaren Mörtel herstellen, in welchem Falle also diese Erklärung von vornherein völlig ausgeschlossen bleibt, – können wir uns nach den vorliegenden Analysen auch dieser Ansicht ebensowenig anschließen, v. Fuchs hat zwar gelehrt, daß eine große Anzahl von Silicaten sich mit ätzendem Kalk umsetzt und durch ihn aufgeschlossen wird. Falls nun solche Silicate in dem Mörtel als Zuschlag vorkommen, so würde man eine derartige Wirkung allerdings gelten lassen müssen und dieselbe müßte einen wesentlichen Einfluß auf die Festigkeit des Mörtels ausüben; im Ganzen aber dürfte dieß der bei weitem seltenere Fall seyn. Jedenfalls sind die Quantitäten aufgeschlossener Kieselerde in den hier von mir vorgelegten Mörtel-Analysen so unbeträchtlich, daß man sie wohl schwerlich als Stütze einer Silicatbildungstheorie wählen möchte. In dem älteren Mauerwerke, dem Carlsthorthurme, befanden sich offenbar nur Spuren aufgeschlossener Kieselerde, in dem Mörtel der Universität 0,22 Proc., in dem jungen Mörtel von Hannover nur 0,3 Proc. Angesichts solcher Daten muß man doch wohl von der sehr gewöhnlichen Ansicht einer Silicatbildungstheorie zurückkommen und sich vorläufig mit der älteren Theorie begnügen, daß eben der Mörtel nur als Kitt wirke, – eine Theorie, auf welche sich am Ende doch alle übrigen möchten zurückführen lassen. Zu dieser Annahme sehe ich mich um so mehr hingeführt, als es mir nicht gelungen ist, durch Behandeln mit Kalilauge den quarzigen in Salzsäure unlöslichen Rückstand von einer oft angegebenen Schicht aufgeschlossener Kieselerde zu befreien. In den untersuchten Mörteln konnte ich nichts dergleichen finden. Uebrigens wären auch die Belege für diese Ansicht schwer beizubringen. Vielmehr führt John zahlreiche Mörtelanalysen an, in welchen der Kieselsäuregehalt mit dem der hier mitgetheilten sehr nahe übereinstimmt. Wenn andererseits John in einem vier Jahre alten Traßmörtel 8 Proc. Kieselsäure und in ähnlicher Weise Petzholdt in einem 300jährigen Mörtel 6 Proc. Kieselsäure fand, so sind dieß offenbar nur Ausnahmsfälle in Folge eines durch Localverhältnisse bedingten Zuschlages. Ob diese Mörtel mit ihrem fast verschwindenden Gehalte an aufgeschlossener Kieselerde als Luftmörtel vor dem gewöhnlichen einen wesentlichen Vorzug besaßen, ist überdieß nicht erwähnt. Dagegen ist es unbezweifelt, daß die Erhärtung des hydraulischen Kalkes auf einer Silicatbildung beruhe.