Titel: Die Photo-Galvanographie von Paul Pretsch.
Fundstelle: Band 147, Jahrgang 1858, Nr. CXXII., S. 442
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CXXII. Die Photo-Galvanographie von Paul Pretsch. Aus dem Report of the Royal Cornw. Polytech. Society durch das Repertory of Patent-Inventions, März 1858, S. 252. Pretsch's Photo-Galvanographie. Hr. Hunt hielt in der Cornwalliser polytechnischen Gesellschaft einen Vortrag über die sogenannte Photo-Galvanographie des Hrn. Paul Pretsch, früher Factor der kaiserlichen Staatsdruckerei in Wien. Der Erfinder dieses Verfahrens hatte ihm selbst die Materialien zu diesem Vortrag geliefert, und es wurde dabei zum erstenmal eine Reihe derartiger Bilder dem englischen Publicum gezeigt. Nach diesem höchst einfachen und schönen Verfahren werden die Bilder durch das Licht gezeichnet und hernach durch Elektricität oder Galvanismus gestochen. Diese Lichtbilder werden aber nicht mittelst des allgemein üblichen Verfahrens erzeugt. Bekanntlich hat Hr. Mungo Ponton vor vierzehn Jahren entdeckt, daß das zweifach-chromsaure Kali, wenn man es, mit organischer Substanz verbunden, dem Einfluß des Sonnenlichts aussetzt, sich verändert; überzieht man z.B. ein Stück Briefpapier mit einer Auflösung von zweifachchromsaurem Kali und legt auf dieses Papier den Gegenstand, welchen man copiren will (ein Farnkrautblatt oder einen Kupferstich), so erhält man in kurzer Zeit ein Bild; ein Theil des gelben Papiers hat nämlich seine Farbe verändert, und der andere blieb unverändert. Legt man das so veränderte Papier in Wasser, so lösen sich alle diejenigen Theile, welche ihre Farbe nicht verändert haben, leicht auf; diejenigen, welche ihre Farbe verändert haben, bleiben hingegen fixirt zurück; der Grund ist, daß das zweifach-chromsaure Kali einen Theil seiner Chromsäure abgibt, welcher sich mit dem Leim (vielleicht auch mit der Faser) des Papiers chemisch verbindet. Hr. Pretsch nimmt eine Glasplatte und verbreitet auf derselben sein Material, bestehend in gewöhnlichem (thierischem) Leim, welcher mit zweifach-chromsaurem Kali und auch mit ein wenig salpetersaurem Silber versetzt worden ist. Er nimmt z.B. drei Auflösungen von Leim, versetzt die eine mit ein wenig salpetersaurem Silber, die andere mit zweifachchromsaurem Kali, und die dritte mit Jodkalium; das Silbersalz und das Jodkalium wendet er zu dem Zweck an, auf der empfindlichen Schicht ein wenig Jodsilber zu erzeugen, um auf dem Bild dasjenige Korn hervorzubringen, welches nothwendig ist um später die Schwärze beim Druckproceß zu halten. Er legt dann das zu copirende Lichtbild, welches nach einer der gebräuchlichen Verfahrungsarten erhalten worden ist, auf die empfindliche Platte, nämlich auf das in angegebener Weise präparirte Glas, und setzt das Ganze der Einwirkung des Lichts aus. Hierbei schützen die geschwärzten Theile des Lichtbildes die Platte gegen Veränderung, während alle weißen Theile desselben das Sonnenlicht zur Bewirkung der Veränderung frei hindurchlassen; man erhält folglich nach kurzer Zeit eine Verbindung von zweifach-chromsaurem Kali und Leim in zwei verschiedenen Zuständen, wovon die eine auflöslich, die andere unauflöslich ist. Die Platte wird daher jetzt in Wasser gebracht, und alle löslich verbliebenen Theile lösen sich dann auf, während die anderen Theile zurückbleiben wie sie waren; nun haben wir das Bild erzeugt, nicht nur in verschiedenen Lichtern und Schatten, sondern auch in verschiedenen Tiefen. Wenn die Platte so weit präparirt ist, gießt man auf dieselbe ein Gutta-percha-Präparat, welches, nachdem es kurze Zeit unter Druck gehalten wurde, das umgekehrte Bild des Lichtbildes empfängt. Dieses umgekehrte Bild wird nun für die galvanoplastische Behandlung präparirt, wozu man es bloß mit feinem Graphit überreibt; es wird dann im galvanischen Trog Kupfer auf dieses Blatt gefällt, wodurch man das umgekehrte Bild der Form enthält. Mit dieser Kupferplatte kann man auf galvanoplastischem Wege eine andere Platte herstellen, um damit Abdrücke in der Presse zu machen. Die nach diesem Verfahren erzielten Bilder sind außerordentlich schön im Detail, und zeigen einen bewundernswürdigen Lufteffect, weil die mittleren Töne ganz beibehalten sind. Es wurden schon mehrere Methoden angegeben, um Stiche von Lichtbildern zu erhalten; ein solches Verfahren ist das von Talbot,Talbot, über photographischen Stahlstich, im polytechnischen Journal Bd. CXXVIII S. 296. welcher eine Stahlplatte und zweifach-chromsaures Kali anwendet, und die Platte hernach mit Platinchlorid ätzt. Es gibt noch andere Methoden, darunter die von Niepce;Niepce, über heliographische Gravirung auf Stahl, Marmor und lithographischen Stein, im polytechnischen Journal Bd. CXXXIX S. 37 und Bd. CXLIII S. 123. aber bei allen diesen Methoden erhält man nur die hohen Lichter und tiefen Schatten, während die mittleren Töne ganz geopfert werden.Hr. Kronheim theilte in der Versammlung der Mitglieder des Vereins für Gewerbfleiß in Preußen, im November 1856, ein neues Verfahren mit, Kupferplatten auf photographischem Wege darzustellen und zu vervielfältigen (polytechnisches Journal Bd. CXLIII S. 317), welches dasjenige von Paul Pretsch ist. Seine Beschreibung desselben ergänzt den Vortrag von Hunt in einigen Details; sie lautet:„Eine Glasplatte wird mit einem Ueberzuge von Gelatine versehen, die aus 4 Unzen gereinigtem Leim, 14 Unzen destillirtem Wasser, 256 Gran doppelt-chromsaurem Kali, 84 Gran salpetersaurem Silberoxyd und 24 Gran Jodkalium bereitet wird. Nach dem Aussetzen der Platte in der camera obscura bilden die vom Lichte nicht getroffenen Stellen durch Befeuchten mit Wasser ein erhabenes Korn. Die so gebildete Platte wird mittelst Gutta-percha, welche mit Oel verbunden ist, durch Aufwalzen abgeformt; die Form wird dann metallisirt und galvanisch copirt.“A. d. Red. Mittelst dieses Verfahrens kann man auch von jeder Person ein Porträt als Lichtbild nehmen, um es dann als Kupferstich durch die Presse zu vervielfältigen; und vermittelst der camera obscura lassen sich die Bilder in jeder Größe copiren. Der Erfinder beabsichtigt sein Verfahren jetzt zum Illustriren von naturgeschichtlichen Werken, Reisehandbüchern etc. anzuwenden.