Titel: Ueber das Wesen der Wärme; von Prof. G. Decher.
Autor: Georg Decher [GND]
Fundstelle: Band 148, Jahrgang 1858, Nr. XXXVII., S. 161
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XXXVII. Ueber das Wesen der Wärme; von Prof. G. Decher. (Fortsetzung von S. 93 des vorhergehenden Heftes.) Decher über das Wesen der Wärme. V. Aequivalenz von Wärme und mechanischer Arbeit. Es bleibt mir sonach zum Schluß noch ein letzter Punkt zu erörtern übrig, welcher in der neuesten Zeit als eine Stütze für die mechanische Wärmetheorie betrachtet zu werden pflegt; dieser Punkt ist der vielfach besprochene und als unfehlbares physikalisches Dogma hingestellte Satz von der Aequivalenz von Wärme und mechanischer Arbeit. Diese Erörterung wird sich indessen weniger auf die Folgerungen zu erstrecken haben, welche sich aus dem genannten Satze in Betreff des Wesens der Wärme ziehen lassen, als auf die Art und Weise, wie man diesen Satz zu begründen gesucht hat. Denn wenn der genannte Satz auch seine volle Richtigkeit hat (und vom rein speculativen Standpunkte aus kann derselbe, so wie der oben genannte allgemeinere von der Aequivalenz der Wirkungen überhaupt einstweilen zugelassen werden), so ist daraus gar nicht viel in Betreff des Wesens der Wärme zu schließen, und derselbe ist nichts weniger als ein Beweis für den Bewegungszustand eines warmen Körpers; höchstens könnte derselbe als Argument gegen einen Wärmestoff ohne alle Kräfte dienen, für welchen sich die Körper ganz indifferent verhalten. Sobald aber einem solchen Wärmestoff die erforderlichen Kräfte beigelegt werden, um seine Verbindung mit den Körpern erklären zu können, dann wird es auch einer gewissen Arbeit bedürfen, um ihn einem Körper zu entziehen und einem andern mitzutheilen, und eine gleiche Arbeit wird dieser Wärmestoff selbst bei seinem Uebergang von einem Körper in einen andern leisten, da er bei diesem Uebergang bestehende Gleichgewichtsverhältnisse zu stören und entgegenstehende Kräfte zu überwältigen hat, gerade wie in dem unter I. aufgeführten Bilde das aus einem Gefäß in das andere übertretende Wasser eine Arbeit leistet, gleich derjenigen, welche angewendet werden muß, um es in das erste Gefäß zurückzutreiben. Um so mehr wird dann noch Aequivalenz zwischen Wärme und Arbeit statthaben, wenn das Warmseyn nach meinem Dafürhalten in einer durch das Gleichgewicht von Kräften bedingten Eigenschaft eines Stoffes besteht und das Wärmerwerden in der Aenderung dieser Eigenschaft, d.h. in der Störung dieses Gleichgewichtszustandes und in der Anstrebung eines neuen, wenn also das Wärmermachen eine unmittelbare Arbeitsleistung ist, da das Zurückkehren in den früheren Gleichgewichtszustand nothwendig mit einer gleichen und entgegengesetzten Arbeitsleistung verbunden seyn muß; ganz in derselben Weise, wie die Spannung einer vollkommen elastischen Feder nur eine statische durch Gewicht meßbare Kraft oder Eigenschaft derselben ist, welche nur durch eine bestimmte Arbeit vermehrt, auf einen höhern Grad gesteigert werden kann, und wie diese Spannung beim Herabgehen auf den frühern Grad wieder dieselbe Arbeit in entgegengesetztem Sinne leistet. Es läßt sich demnach aus der Aequivalenz von Wärme und Arbeit durchaus kein bindender Schluß in Betreff des Wesens der Wärme ziehen, und namentlich ist es zur Erklärung dieser Aequivalenz nicht nothwendig, die Wärme als lebendige Kraft anzunehmen; im Gegentheil hat auch hier gerade diese Annahme am wenigsten Wahrscheinlichkeit für sich, weil dann die von der Wärme geleistete mechanische Arbeit nur in einer Summe von Stößen bestehen kann (wie denn auch schon der Druck der Gase nach der Ansicht der HHrn. Krönig und Clausius durch solche Stöße erklärt wird!), und einerseits dazu wieder die widersinnige Annahme vollkommen elastischer Molecüle vorausgesetzt wird, während sich auf der andern Seite in der ganzen Physik keine Analogie dafür auffinden läßt. Wir sehen daraus, daß selbst hier die Bewegungstheorie allen Boden verliert, wenn man der Sache auf den Grund geht. Was nun den Satz von der Aequivalenz der Wärme und Arbeit selbst betrifft, so habe ich schon bemerkt, daß derselbe vom rein speculativen Standpunkt aus zugelassen werden kann; ich muß nun aber noch hinzufügen, insofern darunter die Arbeit verstanden wird, welche ausschließlich zur Erzeugung von Wärme verwendet wurde, und umgekehrt die Wärme verstanden wird, welche keine andere Wirkung als die betreffende mechanische Arbeit hervorgebracht hat und insofern darunter nicht verstanden werden darf, als ob es außer Arbeit und Wärme kein drittes mehr gäbe, als ob jede verzehrte Arbeit als Wärme zum Vorschein kommen, und jede latent gewordene Wärme in Arbeit verwandelt worden seyn müsse. Allein auch mit dieser Beschränkung kann dem Physiker doch nicht zugemuthet werden, einen vom speculativen Standpunkt als wahrscheinlich erkannten Satz, auch als physikalische Wahrheit anzunehmen? Dazu gehört doch, daß derselbe entweder durch zuverlässige Versuche bestätigt ist, oder aus andern durch die Erfahrung bestätigten Sätzen mittelst zwingender Schlüsse abgeleitet werden kann? So weit sind wir aber mit dem Satze von der Aequivalenz von Wärme und Arbeit noch lange nicht. Man ist noch nicht einmal so weit gekommen, das Wärme-Aequivalent für Arbeit festzustellen, und damit zu beweisen, daß durch dieselbe Arbeit unter allen Umständen gleich diel Wärme erzeugt wird (es differiren schon die Versuche, bei welchen Wärme immer durch Reibung erzeugt worden ist, mehr als zulässig), noch viel weniger aber hat man einen experimentellen Beweis für den umgekehrten Satz, daß die Wärme-Einheit wieder gerade so viele Arbeit leistet, als erforderlich ist, um die Wärme-Einheit zu erzeugen. Nur mit Hülfe neuer Hypothesen und falscher Schlüsse hat man aus der durch erwärmte Luft geleisteten Arbeit als Arbeitsäquivalent der Wärme oder wie es gewöhnlich genannt wird, als mechanisches Aequivalent der Wärme eine Zahl zusammengerechnet, welche ungefähr mit dem von Joule als Mittelwerth aus mehreren Versuchsresultaten gegebenen Wärmeäquivalent, der Arbeit übereinstimmt; außer dieser Zahl hat man aber bis jetzt sehr wenig aus jenem Satz von der Wärme-Aequivalenz ableiten können, was mit der Erfahrung übereinstimmt. Demungeachtet wird den betreffenden Arbeiten eine große Bedeutung beigelegt, und ich fühle mich deßhalb im Interesse der Wissenschaft verpflichtet, wenn vielleicht auch der einzige Opponent, mein Bedenken über dieselben auszusprechen. Als ich meine Beleuchtung der Kupffer'schen Ableitung des mechanischen Wärmeäquivalentes schrieb, war mir die von Person Comptes rendus, December 1854, Nr. 24. gegebene Bestimmung dieser Größe aus der Arbeit der atmosphärischen Luft nicht bekannt, da mir die Comptes rendus nicht regelmäßig zur Einsicht zu Gebote stehen. Dieselbe Formel, welche Person anwendet, nur anders begründet und mit etwas anderen Zahlenwerthen berechnet, hat übrigens schon Clausius vier Jahre früher in der zweiten Hälfte seiner Abhandlung: „Ueber die bewegende Kraft der Wärme u.s.f.“ in Poggendorff's Annalen Bd. LXXIX S. 500, zur Bestimmung jenes Zahlenwerthes gebraucht; allein die Begründung oder Ableitung der Grundbeziehungen zwischen der Wärmemenge, welche ein Gas aufnimmt und der Aenderung seines Zustandes in der ersten Hälfte dieser Arbeit, war, wie ich nachher zeigen werde, nicht geeignet, mich zur weiteren Beachtung der zweiten Hälfte zu veranlassen. Person hat sich, scheint es mir, für jene Formel nur bündigere Gründe zu recht gemacht, welche sich ohne Hülfe der Analysis ausdrücken lassen und nun so allgemein als vollkommen richtig angenommen werden, daß Niemand an dem von ihm erhaltenen Resultat zu zweifeln wagt. Ich will daher zunächst diese Gründe beleuchten, daran einige weitere Bemerkungen über die Aequivalenz von Wärme und Arbeit knüpfen, und zum Schluß noch die erwähnte Arbeit von Clausius, so wie die darauf sich beziehende von HoppePoggendorff's Annalen Bd. XCVII S. 30. besprechen. a. Person stützt sich bei der Begründung seiner Formel auf zwei Sätze, welche er als unangreifbar festgestellt erachtet, von denen aber der eine im Princip nicht nur unrichtig, sondern sogar unmöglich, und der zweite eine noch zu beweisende Hypothese ist. Der erste Satz soll sich auf Versuche von Joule und Regnault stützen und lautet: „Wenn sich Luft ausdehnt, ohne eine äußere Arbeit zu leisten, so nimmt sie in wenig Augenblicken ihre ursprüngliche Temperatur wieder an, und enthält, ungeachtet ihrer Ausdehnung, weder mehr noch weniger Wärme als zuvor.... Wenn man daher einen Kubikmeter Luft von 0° auf 1° erwärmt, ohne daß sich derselbe ausdehnen kann, und setzt sie dann in Verbindung mit einem leeren Raum, so hat man noch dieselbe Temperatur und dieselbe Wärmemenge, ungeachtet der Ausdehnung.“ Dieser Satz ist allerdings eine nothwendige Folge der Aequivalenz von Wärme und Arbeit um jeden Preis, einer Theorie, welche außer Wärme und Arbeit kein Drittes kennt, welche sich z.B. gar nicht darum kümmert, ob und wieviel Arbeit bei der Wärmeerzeugung durch Reibung, Stöße u. dgl. für die Erzeugung von Schwingungen der Körpertheilchen, welche sich in die Erde fortpflanzen, verloren geht; diese Theorie macht den einfachen Schluß: „Wenn die ausgedehnte Luft wieder zur Ruhe gekommen ist, so hat sich auch alle Bewegung derselben wieder in Wärme verwandelt; es ist also in derselben wieder dieselbe Wärme vorhanden, wie vor der Ausdehnung.“ Dabei wäre übrigens noch denkbar, daß sich mit der Ausdehnung die Wärmecapacität der Luft ändere; allein aus Gott weiß welchen Gründen schließt man, daß der als Wärme sich kund gebende Bewegungszustand der Gasmolecüle nach dieser Ausdehnung wieder derselbe seyn muß, wie vor derselben, daß also auch die Temperatur wieder dieselbe seyn muß, wie zuvor. Der Person'sche Satz führt aber zu dem absurden Ergebniß, daß in einem geschlossenen Raum, in welchem die Luft durch fortwährende Ausdehnung nach Art der bei der Luftpumpe stattfindenden, so weit man es sich nur denken kann, verdünnt worden ist, wenn nur vorausgesetzt wird, daß vor jeder neuen Ausdehnung der Gleichgewichtszustand eingetreten sey, immer dieselbe Temperatur herrscht, wie vor der Ausdehnung, ohne daß Wärme von außen eindringt, daß es also zuletzt in einem Räume noch eine Temperatur von beliebigem Grade geben kann, ohne daß etwas Materielles in demselben vorhanden ist! Ein Thermometer unter dem Recipienten einer Luftpumpe oder selbst in der Torricelli'schen Leere wird allerdings eine bestimmte Temperatur angeben; diese ist aber nicht die Temperatur des leeren Raumes, sondern seine eigene, die aus dem Gleichgewicht der Wärmestrahlung zwischen ihm und den ihn umgebenden Stoffen hervorgeht. Es wäre nach jenem Satze auch gar nicht einzusehen, warum unsere Atmosphäre in den höhern Schichten nicht wenigstens eben so warm ist, als in den untern (da das Wärme-Ausstrahlungs-Vermögen der Luft nur sehr gering seyn kann), und warum sich die Luft nicht ins Unendliche ausdehnt und ganz von der Erde entfernt. Derselbe Satz führt noch zu der weitern Folgerung, daß die eigentliche Wärmecapacität der Gase, die Wärmecapacität bei constantem Volumen, von der Dichte und Spannung unabhängig ist; es kann darnach die Wärme, welche ein Gas besitzt und bei der Temperatur-Erhöhung aufnimmt, nur etwas seyn, was an den einzelnen Gasmolecülen haftet und sich mit denselben verbindet (also ein unmittelbarer Wärmestoff?!); es ist kein Grund denkbar, warum diese eigentliche Wärmecapacität dann eine andere werden soll, wenn das Gas durch einen hinreichend großen Druck in den flüssigen Zustand zurückgeführt wird, und selbst durch Abkühlung in den festen übergeht, und warum dieß Alles bei Dämpfen, den entsprechenden Flüssigkeiten und festen Stoffen, z.B. bei Wasserdampf, Wasser und Eis anders seyn soll, da jene eigentliche Wärmecapacität (bei constantem Volumen) jedenfalls auch von der etwaigen innern Arbeit unabhängig seyn muß. Doch was helfen alle diese rationellen Widerlegungen; Hr. Person erklärt, daß jener Satz durch Versuche von Regnault unzweifelhaft festgestellt sey. Es ist möglich, daß Hr. Person durch directe Mittheilung darüber mehr erfahren hat, als was bis jetzt von Regnault veröffentlicht wurde; ich kann mich nur an die von letzterem veröffentlichten Angaben halten, die sich auf den obigen Satz beziehen, und diese bestehen meines Wissens nur in den Beispielen, welche Regnault in dem letzten an die französische Akademie erstatteten Bericht über seine Arbeiten angeführt hatComptes rendus, April 1833, Nr. 16; polytechn. Journal Bd. CXXVIII S. 288., um die Unzulänglichkeit der früheren Theorien von Carnot und Clapeyron darzuthun, aus denen Regnault selbst aber keine bestimmte Folgerung zieht. Das auf den Person'schen Satz bezügliche Beispiel lautet dort wörtlich: „1) Eine Gasmasse von 19 Atmosphären Druck ist in einem Raum eingeschlossen, dessen Inhalt man rasch verdoppelt; der Druck sinkt auf 5 Atmosphären.“ „2) Zwei Behälter von gleichem Inhalt sind in denselben Calorimeter gebracht; der eine ist mit Gas von 10 Atmosphären gefüllt, der zweite ist vollkommen luftleer. Man stellt rasch die Verbindung zwischen den zwei Behältern her; das Gas verbreitet sich in einen doppelten Raum und der Druck vermindert sich gleichfalls auf 5 Atmosphären.“ „Bei diesen zwei Versuchen befindet sich also das Gas am Anfang und am Ende in ganz gleichen Zuständen, dabei sind aber die Resultate hinsichtlich der Wärme ganz verschieden; denn während man beim ersten Versuch eine beträchtliche Abkühlung beobachtet, zeigt beim zweiten der Calorimeter nicht die geringste Temperaturveränderung.“ Ich muß gestehen, daß ich nicht weiß, wie diese beiden Versuche sich unter sich und mit dem Person'schen Satz vereinigen lassen sollen, da für diesen nur der zweite Versuch spricht, während der erste ihm direct entgegensteht. Bei diesem Versuch wird das Volum des Gases rasch, also so schnell als möglich (ideell auch so schnell als denkbar, schneller als das Gas folgen kann?) verdoppelt, und zwar durch eine äußere Ursache, die in dem man enthalten ist; offenbar dehnt sich demnach hier das Gas doch auch in den doppelten Raum aus, ohne eine äußere Arbeit zu leisten; es kommt nur in eine starke Bewegung, welche wie bei dem zweiten Versuche mit einem Gleichgewichtszustande endigt, ohne daß aber die Bewegung wieder in die ursprüngliche Wärmemenge umgesetzt wird; denn Regnault sagt, es werde bei diesem Versuche eine beträchtliche Abkühlung beobachtet, obgleich dabei nicht einmal auf die von außen eingedrungene Wärme Rücksicht genommen wird. Mit dieser Beobachtung kann übrigens die angegebene Spannung von 5 Atmosphären nicht vereinbart werden, da diese nach dem Mariotte'schen Gesetze nur bei unveränderter Temperatur statthaben könnte. Bei dem zweiten Versuche wird das Volum des Gases dadurch verdoppelt, daß man es in ein zweites vollkommen (?) luftleeres Gefäß einströmen läßt (wahrscheinlich durch eine Verbindungsröhre von nicht sehr großem innern Durchmesser, wodurch die Geschwindigkeit vermindert, Reibung und durch diese wieder Wärme erzeugt wird?), das mit dem ersten sich in einem Kalorimeter befindet, also so, daß beide von einer bestimmten Menge Wassers umgeben sind; hier nun zeigt sich, sagt Regnault, nach der Ausdehnung des Gases nicht die geringste Temperaturveränderung im Calorimeter, und auf diesen Versuch, welcher den von Joule angestellten ähnlich ist, stützt sich offenbar der Person'sche Satz. Aber abgesehen davon, daß es Regnault bei diesem Beispiel mit seinen Ausdrücken nicht so gar genau zu nehmen scheint, wie der Widerspruch zwischen der Abkühlung und der Spannung von 5 Atmosphären, und das vollkommen luftleere Gefäß andeutet, darf weder diesem noch ähnlichen Versuchen ein entscheidendes Gewicht beigelegt werden, weil bei denselben die Temperaturverminderung des Wassers im Calorimeter nur eine sehr kleine seyn kann, so daß sie sehr leicht durch die äußeren Einflüsse unwahrnehmbar wird. Nehmen wir z.B. an, das Gas von 10 Atmosphären Druck sey trockene atmosphärische Luft, nehme einen Raum von 1 Kubikdecimeter ein und habe wie das umgebende Wasser des Kalorimeters eine Temperatur von 20° C., so wiegt dasselbe etwas über 12 Gramme. Sollen nun die beiden Gefäße, welche würfelförmig und in dem Calorimeter dicht an einander gestellt seyen, nur von einer 3 Centimeter dicken Wasserschichte von allen Seiten umgeben seyn, so muß der Calorimeter 26 Centim. Länge, 16 Centim. Breite und Tiefe, also einen Inhalt von 6,656 Kubikdecimeter haben, und daher nach Abzug des Inhalts der Gefäße noch 4,656 Kubikdecimeter oder 4647 Gramme Wasser von 20° enthalten. Nehmen wir ferner an, jene 12 Gramme Luft würden durch die Ausdehnung in den doppelten Raum ohne äußern Wärmezufluß um 50° C. abgekühltNach der Poisson'schen Formel (Traité de mechnique, t. II §. 638), welche übrigens auch Clausius und Redtenbacher aus ihren Theorien ableiten, und auf welche ich deßhalb zurückkommen werde, sollte sich freilich jede Luftmenge von beliebiger Dichte und Spannung von 20° C. auf – 54°, also um 74° abkühlen und dabei ihre Spannung auf 37 1/3 Proc. also z.B. von 10 Atmosph. auf 3,73 Atmosph. vermindern, wenn sie sich ohne Wärmeaufnahme in den doppelten Raum ausdehnt!, und es werde dann durch den aus dem Wasser des Calorimeters stattfindenden Wärmezufluß die ursprüngliche Temperatur wieder hergestellt, so wird dadurch diesem Wasser soviel Wärme entzogen werden, als nöthig ist, um 12 Gramme Luft bei constantem Volumen um 50° C. zu erwärmen, d. i. 12 × 50 × 0,1686 = 101,16 Wärmeeinheiten (die zur Erwärmung von 1 Gr. Wasser um 1° C. erforderliche Wärme als Wärmeeinheit angenommen, und die von Person angewendete specifische Wärme der Luft bei constantem Volumen als richtig vorausgesetzt); durch diesen Wärmeverlust wird aber die Temperatur von 4647 Gr. Wasser nur um 1/46 Grad vermindert, und dabei sind die Gefäße selbst, welche bei einer Spannung von 10 Atmosphären nicht sehr schwach seyn dürfen, noch nicht einmal mitgerechnet. Während daher der erste Versuch dem Person'schen Satze direct und entscheidend entgegensteht, weil für die beobachtete beträchtliche Abkühlung kein anderer Grund vorhanden ist, als die ohne äußere Arbeit eingetretene Ausdehnung des Gases, kann der zweite negative Versuch, bei welchem keine Abkühlung bemerkt wurde, weil sie in der Masse des Wassers und der Gefäße verschwindet, doch gewiß nicht als eine unzweifelhafte Bestätigung desselben angesehen werden. Der zweite Satz, auf welchen sich Person stützt, ist die Laplace'sche Hypothese, daß die Schallschwingungen der Luft durch abwechselnde Verdichtung und Verdünnung derselben eine augenblickliche Aenderung der Temperatur erzeugen, vermöge welcher die Spannung der Luft sich nach einem andern, als dem einfachen Mariotte'schen Gesetze ändert, und daß die Abweichung von diesem Gesetze dem Verhältniß der Wärmecapacitäten der Luft bei constantem Drucke und bei constantem Volumen proportional ist, weil (oder wenn?) die Vibrationen so schnell auf einander folgen, daß die in den comprimirten Lufttheilchen erzeugte freie Wärme nicht Zeit hat, sich den nächsten weniger comprimirten Lufttheilchen mitzutheilen. – Dieser Satz ist zwar auch von allen Physikern als eine nicht zu bezweifelnde Wahrheit anerkannt; er ist aber in Wirklichkeit bis jetzt auch noch nichts, als eine sinnreiche Hypothese, die noch durch keine Erfahrung bestätigt worden; denn die ungefähre Uebereinstimmung jenes nach dieser Ansicht aus der Schallgeschwindigkeit abgeleiteten Verhältnisses der beiden Wärmecapacitäten der Luft mit den von Clément und Deformes, Gay-Lussac und Welter gefundenen Werthen kann doch gewiß nicht als eine Bestätigung jener Hypothese angesehen werden, und am wenigsten von denen, welche der neuen Wärmetheorie zugethan sind, wenn sie erwägen, daß die zuletzt genannten Werthe nicht einmal Ergebnisse directer Versuche sind, sondern aus nichts weniger als zuverlässigen Compressions-Versuchen herausgerechnet wurden, und zwar unter Zugrundlegung der frühern Ansicht von der Wärme, nach welcher der Wärmegehalt einer Gewichtseinheit Luft nur eine Function von je zwei der drei Veränderlichen: Temperatur, Spannung und Dichte, und daher immer und nur derselbe ist, wenn diese beiden Veränderlichen wieder dieselben Werthe haben, was gerade durch den ersten Person'schen Satz und überhaupt durch die Annahme einer Aequivalenz von Wärme und Arbeit widersprochen wird. Doch wozu sage ich das Alles? Es will ja ohnehin Niemand jene quasi experimentellen Werthe als gültig anerkennen, und Regnault selbst sagt ausdrücklich, die specifische Wärme der Gase bei constantem Druck sey die einzige, welche bisher eine directe experimentale Bestimmung gestattete.Polytechn. Journal Bd. CXXVIII S. 292. Woraus schließt man denn nun die Richtigkeit der Laplace'schen Hypothese? Aus ihrer innern Nothwendigkeit oder Wahrscheinlichkeit? Auch diese wird sehr gering, wenn man erwägt, daß in den Formeln, nach welchen unter Zugrundlegung jener Hypothese die Schallgeschwindigkeit bestimmt worden, sehr kleine Geschwindigkeiten der schwingenden Lufttheilchen (Duhamel sagt in seinem Cours de méchanique Bd. II S. 290 und 292, extrêmement petits) vorausgesetzt werden und daß demnach die Ausweichungen dieser Theilchen aus ihrer Gleichgewichtslage noch viel kleiner werden müssen, daß also nach dieser Voraussetzung gemäß des bei den Gasen anzunehmenden Abstandes der einzelnen Gasmolecüle von eigentlichen Verdichtungen und Verdünnungen und daraus hervorgehenden Temperatur-Veränderungen kaum die Rede seyn kann; wenn man ferner beachtet, daß diese Aenderungen der Dichte ebensowohl bei den longitudinalen Schwingungen fester Körper stattfinden, und daß damit in gleicher Weise eine augenblickliche Temperatur- und Elasticitäts-Aenderung verbunden seyn müßte, und wenn man zuletzt noch erwägt, daß der Einfluß der Temperaturänderung, wie er nach der Laplace'schen Formel bemessen wird, hauptsächlich von der Annahme abhängt, es werde von der durch die Verdichtung erzeugten Wärme nicht das Geringste an die vorhergehenden oder nachfolgenden Schichten abgegeben, daß der genannte Einfluß demnach sehr wohl durch die Vibrationsdauer modificirt werden kann, da es bei jener Annahme darauf ankommt, wie schnell die Verdichtungen und Verdünnungen auf einander folgen, und daß folglich die Nothwendigkeit der gleich-geschwinden Fortpflanzung für hohe und tiefe Töne und für Kanonenschläge, durch welche man die Schallgeschwindigkeit bestimmt hat, nicht eingesehen werden kann. Aber auch abgesehen davon, sollten sich doch die Anhänger der mechanischen Wärmetheorie erinnern, daß die Laplace'sche Formel ganz so wie die oben erwähnte Berechnung des Verhältnisses der beiden Wärmecapacitäten der Luft auf der frühern Ansicht von der Wärme beruht, und daß dieses Verhältniß selbst, welches in der Laplace'schen Theorie eine so wichtige Rolle spielt, für die mechanische Wärmetheorie gar keine Bedeutung hat, da jene Wärmecapacitäten nach dieser ziemlich heterogene Begriffe sind; die specifische Wärme bei constantem Volumen ist eine Größe, welche von der Natur des Gases abhängt; die bei constantem Druck ist eine Zahl, welche aus der vorhergehenden und dem Wärmeäquivalent für die Arbeit des Gases, wenn es sich bei constantem Druck ausdehnt, also aus zwei Größen zusammengesetzt ist, die auch in gar keiner Beziehung zu einander stehen, deren Verhältniß also auch von gar keiner Bedeutung seyn kann. Endlich aber sollten sich die Physiker überhaupt erinnern, daß die Laplace'sche Hypothese zunächst auf der vollkommenen Richtigkeit des Mariotte'schen Gesetzes beruht, an welcher früher Niemand zweifelte, daß sich aber in der neuern Zeit, seit Regnault's genauem Versuchen über die Dichtigkeit und Spannkraft der Gase, gegen jene vollkommene Richtigkeit wesentliche Bedenken erhoben haben, und zwar nicht nur in Betreff der condensirbaren Gase, sondern selbst der permanentesten, wie atmosphärische Luft, Stickstoff- und selbst Wasserstoffgas. Und wie gering auch diese Abweichung von dem M. Gesetze seyn mag, wenn sie dem Druck proportional zunimmt, wie Regnault sagtPoggendorff's Annalen, Bd. LXVII S. 534., so wird sie jedenfalls mit der aus der Compressions-Wärme entspringenden Abweichung vergleichbar und führt in die Formel für die Fortpflanzung der Luft-Schwingungen einen von dem Verhältniß der Wärmecapacitäten gänzlich verschiedenen Factor ein, welcher den Ausdruck für die Schallgeschwindigkeit wesentlich modificiren muß. Wie kann man nun die zufällige Uebereinstimmung zweier Zahlen, der Joule'schen und der Person'schen, von welchen die zweite aus einer hypothetischen Formel gerechnet ist und zwar mit Zahlenwerthen, von denen der wichtigste wieder aus einer hypothetischen Formel erhalten wurde, die noch dazu auf einer ganz anderen Ansicht von der Wärme beruht, als eine Bestätigung des Princips der Aequivalenz von Wärme und Arbeit betrachten?! Wenn Hr. Person uns doch wenigstens nachgewiesen hätte, daß seine von Clausius entlehnte Formel: A = αH/p(C–c)' für alle Gase denselben Werth als mechanisches Wärmeäquivalent gibt, wie wir doch sollten erwarten dürfen, wenn wir die Gefälligkeit haben, seine Begründung dieser Formel mit Stillschweigen hinzunehmen und die Richtigkeit der Laplace'schen Hypothese zuzugeben! Statt dessen berechnet derselbe jenen Werth nur mit den Zahlenwerthen für atmosphärische Luft, und fügt dann die Bemerkung bei: „Beachten wir, daß p (Cc) die Differenz der beiden Wärmecapacitäten bei gleichem Volumen ist; aber nach Dulong ist diese Differenz dieselbe für alle einfachen und zusammengesetzten Gase. Dieß verträgt sich sehr gut mit der Vorstellung von der Unveränderlichkeit, welche man mit dem mechanischen Aequivalent der Wärme verbindet. Da indessen Hr. Regnault bewiesen hat, daß α nicht genau für alle Gase gleich ist, so folgt daraus, daß sich p (Cc) proportional um eine kleine Größe ändern muß.“ Also 20 Monate nachdem Hr. Regnault in dem obengenannten Bericht seine Versuche über die specifische Wärme der Gase der Akademie vorgelegt und darin die früher angenommenen Zahlenwerthe wesentlich corrigirt hat, erlaubt sich Hr. Person, sich noch auf jenes von Dulong angenommene Gesetz zu berufen, (wiewohl nur bedingungsweise, weil α nicht für alle Gase gleich ist), um seinen Satz an der einzigen Stelle, wo derselbe einer Art von Prüfung unterworfen werden kann, schnell in Sicherheit zu bringen! Von einer strengen Controle jener Formel kann natürlich wegen des Mangels der Wärmecapacitäten bei constantem Volum ohnehin keine Rede seyn; wenn wir aber die Laplace'sche Hypothese zulassen, so müssen wir auch die von Dulong nach dieser Hypothese bestimmten Werthe des Verhältnisses: γ = C/c zulassen, welche er unabhängig von der specifischen Wärme C durch Versuche mit Pfeifen erhalten hat. Nehmen wir dazu noch die von Regnault gefundenen Werthe von α und C, so können wir leider nur an den nachfolgenden 4 Gasen die Person'sche Formel prüfen, und zwar ergeben sich mit den beigesetzten Werthen von α, C und γ folgende Werthe für A: Namen der Gase.    αNach Regnault, Poggendorff's Annalen Bd. LVII S. 146.   CNach Demselben, polytechn. Journal Bd. CXXVIII S. 295.   γNach Dulong. in Pouillet's Éléments de physique   A Wasserstoffgas 0,00366   0,2356   1,407   437 atmosphärische Luft 0,00367 0,2377 1,421 424 Kohlenoxydgas 0,00367 0,2399 1,428 415 kohlensaures Gas 0,00371 0,3308 1,339 360 Man findet also unter dieser kleinen Zahl von Gasen schon eine hübsche Auswahl für das A, und wer auf das kohlensaure Gas sich stützend das Mayer'sche Aequivalent = 360 M. Kilogr. als richtig annimmt, ist ebenso im Recht, als wer mit Hrn. Person an die atmosphärische Luft sich hält und das Joule'sche Aequivalent gelten läßt. Wir sehen daraus, daß schon die Gase weit entfernt davon sind, das Princip von der Aequivalenz der Wärme und Arbeit in der Auffassung zu bestätigen, daß wenn Wärme verschwinde oder latent werde, immer ein bestimmtes Aequivalent an innerer oder äußerer Arbeit dafür geleistet werde, da bei den Gasen und Dämpfen, ob sie dem Mariotte'schen Gesetze folgen oder nicht,Ich werde auf diesen Punkt, welchen sich Hr. Clausius überall als Hinterthüre offen hält, zurückkommen. von einer innern Arbeit keine Rede seyn kann. Noch stärker aber würden wahrscheinlich die Widersprüche bei den flüssigen und festen Stoffen ausfallen, wenn wir nur das Geringste über die freie Wärme dieser Stoffe wüßten. Darin sind wir nun nach der mechanischen Wärmetheorie völlig rathlos. Früher hatte ein Kilogramm Wasser von 100° auch 100 Wärmeeinheiten mehr freie Wärme, als die gleiche Quantität bei 0° (wenn wir von der kleinen Aenderung der Wärmecapacität von 0° bis 100° absehen); ein Kilogramm Wasserdampf von 100° und 0m,76 Spannung enthielt 100 freie und 536 latente Wärmeeinheiten mehr als 1 Kilogramm Wasser von 0°, u.s.f. Nach der neuen Ansicht muß das Kilogramm Wasser von 100° jedenfalls weniger als 100 freie Wärmeeinheiten über 0° enthalten, und ein Kilogramm Wasserdampf, dessen specifische Wärme bei constantem Druck nur 0,475 von der des Wassers ist, wird daher bei 100° höchstens 30 bis 40 freie W. E. enthalten; seine eigentliche latente Wärme beträgt demnach an 600 W. E., und diese Wärmemenge muß in innere und äußere Arbeit verwandelt worden seyn. Nun beträgt aber die äußere Arbeit, welche bei der Verwandlung von 1 Kilogramm Wasser von 0° in Dampf von 100° geleistet wird, höchstens 1700 × 103 Decimeter-Kilogramme oder 170 × 103 = 17510 Mtr.-Kilogr. Es sollen aber 600 W. E. nach dem Person'schen Aequivalent 254400 M. Kilogr. Arbeit leisten; es müßten also zur Ueberwindung der Cohäsion der Wassertheilchen in 1 Kilogr. Wasser 236890 M. Kilogr. innere Arbeit nothwendig seyn, oder mit andern Worten, es würden bei dieser Verwandlung per W. E. 29 M. K. äußere und 395 M. K. innere Arbeit geleistet!! Ein noch viel größerer, ich denke selbst der größtmögliche Widerspruch gegen den oben ausgesprochenen Satz entspringt aber aus dem Uebergang des Wassers in den festen Aggregatzustand, denn hier sehen wir, daß auch durch Entziehung von Wärme eine äußere Arbeit und zwar eine ziemlich beträchtliche Arbeit geleistet werden kann, daß man von einem Kilogr. Wasser, welches durch Abkühlung in Eis verwandelt wird, noch außer dieser beträchtlichen Arbeit, von welcher ich übrigens nicht weiß, ob sie schon in Zahlen ausgedrückt worden ist, noch an 80 W. E. durch Entziehung mittelst eines kälteren Körpers gewinnen und dadurch neue Arbeit erzielen kann, nach Person an 33920 M. Kilogr ! Soll hier etwa auch ein dieser Arbeit entsprechendes Aequivalent an Wärme verbraucht oder latent geworden seyn? Und kann überhaupt jenes Princip von der ausschließlichen Aequivalenz der Wärme und Arbeit noch schlagender widerlegt werden, als es durch diese bekannte Erscheinung geschieht, die wir nur im umgekehrten Sinne dürfen stattfinden lassen, indem wir einen Eiscylinder zum Schmelzen bringen, um für eine bedeutende Menge latent gewordener Wärme noch einen Arbeitsverlust zu erhalten? Es muß zugegeben werden, daß je nach Umständen eine Verwandlung von Wärme in Arbeit und umgekehrt stattfindet; daß aber diese Verwandlung immer stattfindet, daß jede latent gewordene Wärme als Arbeit oder jede verlorene Arbeit als Wärme zum Vorschein kommen muß, ist nicht wahr, und daß, wenn sie stattfindet, ein constantes Aequivalent eingehalten wird, ist nicht bewiesen. (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)