Titel: Zur Theorie der Bierbrauerei; von G. E. Habich in Roxbury, Massachussetts.
Autor: G. E. Habich
Fundstelle: Band 148, Jahrgang 1858, Nr. LI., S. 211
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LI. Zur Theorie der Bierbrauerei; von G. E. Habich in Roxbury, Massachussetts. Habich, zur Theorie der Bierbrauerei. In einem frühern Artikel über dasselbe Thema (dieses Journal Bd. CXLVII S. 307) habe ich gesagt, daß ich in meinen Würzen vergebens nach einem Gehalte an Dextringummi gesucht habe. Heute weiß ich, daß ich mich auf einem falschen Wege befand, der in der bisherigen mangelhaften Kenntniß des chemischen Verhaltens der die Bierwürze constituirenden Stoffe seinen Ausgangspunkt hatte. Nachdem ich den bedeutenden Pflanzenleimgehalt der Würze festgestellt hatte, suchte ich denselben bei meinen Nachforschungen nach Dextringummi vorher zu beseitigen, indem ich einen Ueberschuß von Gerbsäure zusetzte, durch welche das Dextringummi nicht gefällt wird (vergl. Balling's Gährungschemie, Bd. 1 S. 257). Dann wurde filtrirt und die klare Flüssigkeit mit Alkohol versetzt, wodurch kaum eine Trübung entstand. Das war der Weg auf dem ich die Gegenwart des Dextringummi übersehen mußte, weil bei jeder Ausscheidung des Pflanzenleims aus einer Dextringummmi enthaltenden Flüssigkeit auch das Dextringummi mit niederfällt. Im vorliegenden Falle muß also eine unlösliche Verbindung von Pflanzenleim, Dextringummi und Gerbsäure entstanden seyn. Ein ähnliches Verhalten findet statt, wenn Würze oder Bier mit viel Alkohol versetzt und dadurch das Dextringummi ausgeschieden wird. Der an den Gefäßwandungen stark anhaftende Niederschlag, mit Alkohol gut ausgewaschen, löst sich in einer Gerbsäurelösung nur theilweise oder gar nicht auf, indem wiederum die obenerwähnte Verbindung zurückbleibt. Es muß also auch eine in Alkohol unlösliche Verbindung von Dextringummi und Pflanzenleim existiren. Auf Grundlage dieser neuen Thatsachen bekenne ich mich gern zu dem Irrthum in meiner frühern Mittheilung. Wer diese Versuche wiederholen will, dem empfehle ich zugleich die Prüfung folgender weiteren Erfahrungen. Eine durch Gerbsäure gefällte Würze oder Bier wird gleichzeitig auch fast entfärbt, – es kann also die Farbe nicht durch Caramelisiren des Zuckergehalts (welcher von diesen Vorgängen nicht alterirt wird) hervorgerufen seyn. Den Grund müssen wir vielmehr in einer Veränderung des Pflanzenleims finden, welcher durch längere Zeit fortgesetztes Kochen gebräunt und in kaltem Wasser löslicher wird, – ähnlich dem Verhalten des thierischen Leims. Ein in der Kälte bereiteter wässeriger Auszug von Farbmalz verliert seine dunkelbraune Farbe durch Gerbsäure nicht, weil sie in Farbstoff caramelisirter Zucker ist. Wir haben dadurch ein einfaches Mittel, um zu entscheiden, ob ein Bier seine braune Farbe dem Farbmalz verdankt oder ob dieselbe bloß Folge des längern Siedens bei gleichzeitig größerem Leimgehalt (als Resultat einer beträchtlichern „Schüttung“ ) ist. Versetzt man ein substantiöses, sogenanntes „vollmundiges“ Bier mit einem Ueberschuß von Gerbsäurepulver und filtrirt nach der erfolgten Ausscheidung der oben erwähnten Verbindung, so. enthält das Filtrat bekanntlich nur noch geringe Mengen von Dextringummi. Mit dieser Ausscheidung ist aber auch die Vollmundigkeit des Bieres verschwunden, – mit dem Bier konnte man vor dieser Operation Streifen dünnen Papiers zusammenleimen; nach der Operation hatte es keine bindende Kraft mehr. Es entsteht nun die Frage, ob besagte Vollmundikeit (die in manchen Gegenden eine Liebhaberei der Consumenten ist) ihren Grund im Gehalt an Pflanzenleim? oder (wie man allgemein annimmt) an Dextringummi verdankt? Um hierauf eine Antwort zu geben, habe ich eine Würze in jenem Stadium, wo die Jodreaction noch bedeutend war, erkalten lassen, filtrirt, mit Gerbsäure versetzt und abermals filtrirt. Die durchgelaufene Flüssigkeit ließ jetzt mit Alkohol reichliche Mengen Dextringummi erkennen, aber – sie klebte nicht. Auf Grund dieses Experiments wird man wohl hauptsächlich den Pflanzenleim als den Anstifter jener Vollmundigkeit betrachten müssen, wodurch begreiflich dem Dextringummi nicht alle Mitwirkung abgesprochen werden soll. Nachdem ich durch alles Das erkannt hatte, daß man bisher den Pflanzenleim gar zu stiefmütterlich behandelt hatte bei der chemischen Interpretation der Bierbrauerei, verfolgte ich denselben genauer durch die verschiedenen Operationen bis zum Verzapfen des Biers und kann von diesem Streifzuge bis jetzt folgende Resultate mittheilen. Durch den Einmaischproceß geht der Pflanzenleim des Maischmaterials ziemlich vollständig in die Würze über. Gut ausgewaschene Treber geben an kochendes Wasser, auch wenn das Sieden längere Zeit fortgesetzt wird, nur Spuren von Pflanzenleim ab, – Gerbsäure erzeugt in dem Filtrate kaum eine Trübung. Daß diese Trübung nicht von Dextrin (ich halte mich vorläufig an die Nomenclatur Balling's und komme weiter unten darauf zurück) herrührte, ergab sich aus der völlig mangelnden Jodreaction. Beim Sieden der Würze wird die Farbe derselben bekanntlich dunkler, und der Leim ist in der erkalteten klaren Flüssigkeit in größerer Menge enthalten. Der Leim ist löslicher geworden; – während die abgeläuterte Würze beim Erkalten durch ausgeschiedenen Pflanzenleim stark getrübt war und sich kaum klar filtriren ließ, ist sie jetzt leicht durch Absetzen zu klären. Der Bodensatz – das Kühlgeläger – enthält neben dem geronnenen Pflanzeneiweiß und dem gerbsauren Pflanzenleim auch noch freien Pflanzenleim. Das gut ausgewaschene Kühlgeläger gibt beim Sieden mit Wasser eine Auflösung, die, noch heiß klar filtrirt, sich beim Erkalten trübt und mit Gerbsäure eine starke Ausscheidung macht. Das Verhalten des Pflanzenleims zur Kohlensäure scheint ebenfalls Beachtung zu verdienen, – meine Beobachtungen haben mir aber noch zu wenig übereinstimmende Anhaltspunkte gegeben, um ein festes Urtheil darauf basiren zu können. So z.B. gibt es Biere, welche moussirend und glanzhell sind, aber nach längerem Schütteln (unter Verlust der Kohlensäure) sich trüben. Beim Erwärmen verschwindet die Trübung, erscheint beim Erkalten wieder, ohne sich abzusetzen, und zeigt alle Eigenthümlichkeiten des Wanzenleims. Bringt man ein solch entkohlensäuertes Bier auf Flaschen und läßt es verkorkt liegen, so läßt es sich nach einiger Zeit klar abgießen, am Boden liegt etwas neu gebildete Hefe und das klare, wiederum moussirend gewordene Bier verhält sich wieder ebenso wie oben. Ich weiß noch nicht, wie weit man den Versuch fortführen kann, – keinenfalls bis zur Vollendung der Attenuation. Hiernach sollte man nun annehmen, daß die entstandene Kohlensäure ein Lösungsmittel für den Pflanzenleim abgebe- Ich habe deßhalb eine ungekochte Würze mit ihrem Gehalt an Leim längere Zeit hindurch einem Strome von Kohlensäure exponirt und fand, daß nur sehr wenig gelöst wurde; – die trübe Würze wurde nicht klar. Den Schlüssel zu diesem Verhalten habe ich noch nicht ausfindig machen können, – er steckt aber entweder hinter der polymorphen Natur des Pflanzenleims oder die Verbindung mit dem Dextringummi ist mit in dieses Verhalten verwickelt. Dieses zur Zeit noch problematische Verhalten des Pflanzenleims zur Kohlensäure muß uns später auch über die physikalischen Erscheinungen des Gährungsverlaufs besseren Aufschluß geben. Da ist z.B. jenes Gährungsstadium der Kräusenbildung. Untersucht man die Flüssigkeit, welche sich durch Zerfließen der Kräusen bildet, so wird man sie reicher an Pflanzenleim finden, als die darunter befindliche gährende Würze. Man könnte nun sagen, daß die suspendirt gewesenen Pflanzenleimpartikelchen lediglich durch die Gasbläschen an die Oberfläche getrieben seyen. Dagegen spricht aber der Umstand, daß diese Steigerung des Leimgehalts während der folgenden Gährungsphase – des Hefentrieds – nicht (oder doch wenigstens nicht in dem Umfange wie vorher) stattfindet. Da wird's also noch etwelcher Experimente bedürfen. Ob der kohlensaure Pflanzenleim bei der Hefenbildung eine active oder passive Rolle spielt, darüber enthalte ich mich heute jeden Urtheils, und zwar umsomehr, als ich einen anderen Factor, den Eiweißstoff den man bisher allgemein für einen Hefenbildner gehalten hat (vergl. Balling's Gährchem. I. 266., Karmarsch und Heeren's Wörterbuch II. Bd. S. 3, 4 u. 228 u.a.) und auf dessen sorgfältige Conservirung der Londoner Professor der Braukunde Tizard seine ganze Braumethode basirt hat, – ganz unversehrt und unverkürzt im vergohrenen Biere wieder gefunden habe. Ich komme darauf zurück. Uebrigens will ich bei der Gelegenheit bemerken, daß ein gut ausgewaschenes Faßgeläger beim Erhitzen mit Wasser (bis auf etwa 60° R.) ein Filtrat liefert, welches sich beim Erkalten trübt und mit Gerbsäure einen reichlichen Niederschlag bildet. Es scheint also, als wenn selbst zuletzt noch kein rechtes Leben in den Pflanzenleim gekommen sey, – er schleppt sich nur überall mit durch und lagert sich endlich am Boden ab, wenn die Flüssigkeit so weit attenuirt hat, daß sie ihn nicht mehr schwebend halten kann. Nachdem wir so den Pflanzenleim zu Grabe geleitet haben (bis ins Faßgeläger), wollen wir uns einige andere Stoffe näher betrachten, als bisher geschehen. Es sind die Dextrinstoffe. Bekanntlich hat man früher unter dem Namen Dextrin drei Substanzen, die zwischen Stärkemehl und Stärkezucker in der Mitte liegen, zusammengefaßt. Balling hat zuerst auf Unterschiede aufmerksam gemacht, die zwischen den Stoffen dieser Stufe bestehen. Er nannte: 1) Dextrin jene Substanz, welche auftritt, indem ein Stärkekleister durch Diastas oder Schwefelsäure seine Consistenz verliert und dünnflüssig wird. Es ist in kaltem Wasser unlöslich und bildet damit eine Gallerte, – in kochendem Wasser aber ist's löslich und es können sich die Stärkmehl-Tegumente dann durch Ruhe ablagern. Beim Erkalten der Lösung scheidet es sich größtentheils (!) aus. Von Jodtinctur wird es violett oder blau gefärbt, von Gerbsäure wird es gefällt, ebenso wird es von Alkohol niedergeschlagen. 2) Das Dextringummi ist das Product der ferneren Einwirkung der Schwefelsäure. Es ist in kaltem und heißem Wasser leicht löslich, – wird weder von Jod gefärbt, noch von Gerbsäure gefällt. Alkohol aber, in hinreichendem Ueberschuß, scheidet es aus seiner Lösung. 3) Das Röstgummi (Leiogomme) entsteht durch Erhitzen des Stärkmehls oder auch des Dextrins bei 200° R. Es ist in kaltem Wasser löslich und wird durch Diastas nicht in Zucker verwandelt. Mehrere Erfahrungen die ich gemacht habe, berechtigen mich, dieses Material zu vervollständigen. Ich muß es andern überlassen, meine Versuche zu wiederholen, um die abweichenden Resultate ins Klare zu bringen. Verdünnt man einen reinen Stärkekleister mit Wasser und färbt ihn dann mit Jod blau, so erhält man eine Flüssigkeit, welche nach längerm Stehen einen blauen Bodensatz fallen läßt, dabei aber ihre intensiv blaue Farbe behält. Diese blaue Flüssigkeit läßt sich filtriren, ohne ihre Farbe einzubüßen und gibt mit Gerbsäure einen kornblauen Niederschlag, über dem die farblose Flüssigkeit steht. Erhitzt man einen Stärkekleister mit ein wenig Schwefelsäure, bis er dünnflüssig ist, und erhält ihn kurze Zeit in höherer Temperatur, so verhält sich diese saure Flüssigkeit gegen Jod und Gerbsäure genau so wie obiger verdünnter Kleister. Beseitigt man aber zuvor die Schwefelsäure durch Kreide und filtrirt, so erhält man eine Flüssigkeit, welche mit Jodwasser ebenwohl tiefblau gefärbt wird (ohne Fällung), aber diese blaue Auflösung zeigt ein sehr merkwürdiges Verhalten zu Gerbsäure, von welcher sie entfärbt wird. Die Fällung des Dextrins beginnt erst, nachdem die Entfärbung vollendet ist, während die Dextrinlösung ohne Jod durch Gerbsäure sogleich gefällt wird. Bringt man die mit überschüssiger Gerbsäure versetzte und filtrirte Dextrinlösung (wie erwähnt bereitet) mit Alkohol zusammen, so erfolgt eine reichliche Trübung (Balling's Dextringummi). Unterwirft man eine schwefelsaure Kleisterlösung, welche nur wenige Minuten nach dem Dünnflüssigwerden erhitzt war, der Böttger'schen Zuckerprobe (vergl. dieses Journal Bd. CXLIV S. 368), so tritt geringe Graufärbung ein. Hiernach muß man annehmen, daß schon etwas Traubenzucker entsteht, bevor noch alles Dextrin in Dextringummi umgewandelt ist. Einen Unterschied zwischen Dextrin und Kleister dem Stoffe nach zu machen, halte ich nicht für gerechtfertigt. Die physikalische Erscheinung der Kleisterbildung begründet keinen chemischen Unterschied. Daß das Dextrin ein chemischer Charakter ist, steht fest, – aber als solcher ist es bereits im Kleister enthalten und von den sogenannten Tegumenten auf ähnliche Weise gefesselt, wie das Thonerdehydrat von der Baumwollenfaser in den Kattundruckereien, – nenne man's nun durch Cohäsion oder Adhäsion gebunden, jedenfalls ist's eine Stoff-Association, die nur mehr oder weniger stabil ist. Was endlich das Röstgummi anbetrifft, so habe ich gefunden, daß eine Auflösung desselben (welche mit Jod eine tief weinrothe Färbung machte) durch etwas Malz leicht so weit verändert wurde, daß die Jodreaction nicht mehr erfolgte. Reines Diastas stand mir im Augenblick nicht zu Gebote, um Balling's Vorschrift genau zu befolgen. Man sollte aber wohl annehmen, daß – wenn es überhaupt möglich ist das Röstgummi wieder mobil zu machen – auch der Verzuckerung nichts mehr im Wege stehen wird. Ich schalte hier eine andere Beobachtung ein, die sich einigermaßen an das Vorhergehende anreiht. Man hat gesagt (Guerin Varry hat's zuerst behauptet), daß das sogenannte Diastas auch bei niedrigeren Temperaturen die Zuckerbildung ins Werk setze und daß es dann nur längerer Zeit bedürfe. Man hat dadurch die Wirkung des Malzmehls, als gährungskräftigender Zusatz zu schlecht verzuckerter Würzen zu erklären gemeint. Dem widerspricht nun theilweise folgende Erfahrung. Ich habe eine Würze, welche noch eine entschiedene Dextrinreaction (sie wurde mit Jodwasser weinroth) zeigte, unter Zusatz von Malzmehl in reichlicher Dosis vergähren lassen und habe in dem Biere selbst nach mehreren Wochen noch dieselbe Reaction erhalten. Für schlagend halte ich natürlich den Versuch nicht, – er hat am Ende mehr eine praktische Bedeutung. Aber es möchte doch wohl eine Wiederholung dieser sämmtlichen Versuche Guerin Varry's wünschenswerth seyn. Vielleicht käme man bei der Gelegenheit auch der Natur des Dinges, welches man „Diastas“ genannt hat, mehr auf die Spur, – es scheint mir viel weniger ein chemisches Individuum als ein revolutionärer Stoffclub zu seyn. Hieran mögen sich meine Erfahrungen über die der Verzuckerung günstigste Temperatur reihen. Unsere Autoritäten sind darüber sehr divergirender Ansicht. Balling glaubt, daß die Zuckerbildung bei höherer Temperatur (nahe 60° R.) rascher erfolge, – Otto bezweifelt das und erklärt sich für die Praxis der Bierbrauer, welche die Temperatur der Maische bis auf 52–55° R. zu steigern pflegen. Ich habe eine Reihe von Versuchen angestellt, um mir eine Richtschnur zu bilden. Und da mein Apparat eine ganz allmähliche Steigerung der Temperatur gestattet, so glaube ich denselben einigen Werth beilegen zu dürfen. Meine Schüttung besteht aus 80 Proc. Gerstenmalz und 20 Proc. Maismehl. Die abfließende erste Würze hatte bei den betreffenden Versuchen einen Extractgehalt von circa 18 Proc. Als Beendigung der Verzuckerung wurde die mangelnde Jodreaction angesehen. Und diese trat ein bei  60° R. der Maische nach 50 Minuten Ruhe,   „   57 „    „      „          „ 30       „         „   „   55 „    „      „          „ 20       „         „   „   52 „    „      „          „ 35       „         „ In Folge dieser Erfahrungen steigere ich die Maischtemperatur stets auf nur 55° R. (eigentlich 155° F.) und habe die Verzuckerung stets nach 16–20 Minuten beendigt gefunden!Ich bemerke hierzu, daß bei meinem Apparat die Maische schon während des Einmaischens sehr süß wird, in Folge der sehr allmählichen Temperatur-Steigerung. Ich bemerke übrigens ausdrücklich, daß der Vergährungsgrad der aus obigen Maischen erhaltenen Würzen innerhalb der gewöhnlichen Gränzen schwankte, und daß also von einer Differenz in dem Verhältnisse des Zuckers zum Dextringummi – hervorgerufen durch die verschiedenen Temperaturgrade, wie Otto meint (s. sein Lehrb. d. rat. Prax. S. 69), nicht die Rede seyn kann. Ueber die Wirkung des Hopfens, insofern man auf den Gerbsäuregehalt desselben einen Werth legt, habe ich noch eine kleine Berichtigung nachzutragen. Otto meint (S. 24 s. Lehrb.), daß die Gerbsäure des Hopfens den etwaigen Dextringehalt der Würzen zu entfernen, also unschädlich zu machen vermöchte. Das ist aber ein Irrthum. Man nehme eine dextrinhaltige Würze und setze ihr etwas Gerbsäure zu, – das Filtrat reagirt nach wie vor dieser Operation mit gleicher Intensität auf Jodwasser. Es wird also zunächst der Pflanzenleim (mit Dextringummi) abgeschieden, – das Dextrin dagegen bleibt zurück, weil es mit dem Pflanzenleim keine Verbindung bildet. Die Gährung und ihre Factoren anlangend, so habe ich bei Prüfung einiger theils vereinzelt stehender, theils allgemein verbreiteter Angaben abweichende Resultate erhalten, die ich diesem Arktikel noch anhängen will. Die Einwirkung der Siedhitze auf Hefe soll deren gährungserregende Eigenschaft nicht zerstören; – Otto sagt S. 31 s. Lehrbuchs: „Kurze Zeit gekochte Hefe erlangt erst nach einiger Zeit ihre Wirksamkeit wieder.“ Dieser mysteriöse Satz kann doch offenbar nur auf eine Schwächung der gährungserregenden Kraft bezogen werden. Denn wenn die Hefenzellen durch die Siedhitze zerstört werden und der Zufall neue Hefensporen auf den Gräbern der abgesottenen Hefe landen und bei sonst günstigen Bedingungen fermentiren läßt, so sind das doch nicht die wiedererstandenen Hefenzellen. Das Experiment sollte darüber Aufschluß geben. Eine sehr lebenskräftige, gereinigte Hefe (man wäscht sie mit etwas ammoniakalischem Wasser, um anhängenden Leim zu entfernen) wurde einige Secunden mit Wasser auf dem Siedepunkte erhalten und dann mit etwas Zuckerwasser in einer mit einem Baumwollenpfropf verschlossenen Flasche bei gewöhnlicher Zimmertemperatur hingestellt. Aber – – sie war und blieb todt. Es versteht sich von selbst, daß man ein solches Experiment nicht etwa mit Würzen, die zu der Selbstgährung fähig sind, machen darf, und daß man dem Einmarsch unberufener Hefensporen einen Damm entgegen setzen muß. Lebte die Hefenzelle noch, so mußte sie sich von der Zuckerlösung unter den bekannten Gährungserscheinungen consumiren lassen. Und das geschah nicht, selbst nachdem ich ihr etwa zwei Wochen Zeit zur Erholung gelassen hatte. Die Flüssigkeit, in welcher jene Hefe zu Tode gekommen war, konnte natürlich etwa vorhandenes Eiweiß nicht mehr enthalten, – solches mußte sich mit der Cellulose der Heft abgeschieden haben. Diese klar filtrirte Flüssigkeit trübte sich mit Gerbsäure. Durch Alkohol wurde eine weiße, in Salzsäure unlösliche Substanz ausgeschieden. Blutlaugensalz machte keine Trübung. Der Rückstand der gekochten Hefe blieb von Salzsäure unverändert. Es scheint hiernach, als wenn wir es bei den Hefenzellen gar nicht mit einer Proteinsubstanz (einem Albuminat) zu thun hätten. Die Entscheidung dieser Frage muß ich andern überlassen. Ich komme nun zu einigen wichtigern Gährversuchen. Es handelte sich darum, die Einwirkung des Eiweißstoffs (den man à la. Tizard in den Würzen belassen oder nach gewöhnlicher Praxis, ausscheiden konnte) und des Hopfenharzes auf den Verlauf der Gährung festzustellen. Zu dem Ende wurde ein Quantum einer Würze, wie sie vom Seihbottich abläuft, auf die Kühle gebracht A. Ferner wurde eine Portion derselben Würze, nachdem sie den gedämpften Hopfen durchströmt hatte, gekühlt B. Und endlich wurde eine Quantität derselben gehopften Würze, welche unter 1/5 Atm. Ueberdruck klar gekocht war, zum vergleichenden Versuch verwendet C. Alle drei wurden auf gleiche Saccharometergrade gebracht, mit gleichen Mengen Unterhefe versetzt und unter gleichen äußeren Einflüssen bei 9° R. der Gährung überlassen. Dabei zeigten sich folgende Unterschiede. Die ungekochte und ungehopfte Würze A bildete beim Aufziehen der Hefen einen weißen und rasch vergehenden Schaum, während B und C einen mehr stabilen Schaum von gelblicher Färbung zeigten. Der Gährungsverlauf war bei A am schnellsten, Kräusen bildeten sich gar nicht. Die scheinbare Vergährung (d.h. die Differenz der Saccharometergrade vor und nach der Hauptgährung, dividirt durch die Grade vor der Gährung) stellte sich am 8ten Tage auf (11, 8 – 1,8)/11,8 = 0,85. Bei B verlief die Gährung ruhiger. Die Decke zeigte zwar auch keine reinen Kräusen, doch war die Tendenz zur Kräusenbildung unverkennbar, und es waren die vorhandenen Kräusen nur durch Schaumblasen unterbrochen. Die scheinbare Vergährung war am 8ten Tage = 0,79. Die Gährung bei C war ganz normal, und am 8ten Tage bis auf 0,72 vorgeschritten. Hiernach darf man schließen, daß 1) die Gegenwart des Hopfenharzes die Gährung verzögert und die physikalische Erscheinung der Kräusenbildung veranlaßt, und daß 2) der Eiweißstoff dieser Wirkung des Hopfenharzes entgegenarbeitet. Die klar filtrirten Biere von A und B bis auf etwa 70° R. erhitzt, schieden das Eiweiß aus, und zwar dem Augenschein nach (man wolle die unwissenschaftliche Experimentirmethode entschuldigen) in derselben Menge wie die Würzen vor der Gährung. Das Bier C blieb natürlich klar und trübte sich erst nach längerm Kochen. Ueber die Haltbarkeit der Eiweißstoff enthaltenden Biere werde ich erst später berichten. Sieht man sich die Erfahrungen in der Ciderfabrication an, nach welchen die eiweißreichen Obstsäfte unhaltbare Weine geben, denen nur zu helfen ist, wenn man sie mit Gerbsäure haltigen Säften (von Holzbirnen, Holzäpfeln, Wolfsbirnen etc.) versetzt und dadurch den Eiweißstoff ausscheidet, so darf man sich auf ein frühes Verderben solcher Tizard'schen Biere gefaßt machen. Immerhin kommt es dem Biere zu Gute, daß es während der Nachzählung schon getrunken oder auf Flaschen gezogen wird.