Titel: Ueber die Säure, welche bei der geistigen Gährung entsteht; von Hrn. Pasteur.
Fundstelle: Band 149, Jahrgang 1858, Nr. CVIII., S. 376
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CVIII. Ueber die Säure, welche bei der geistigen Gährung entsteht; von Hrn. Pasteur. Aus den Comptes rendus, August 1858, Nr. 5. Pasteur, über die Säure, welche bei der geistigen Gährung entsteht. Im Widerspruch mit der allgemeinen Annahme kann ich behaupten, daß sich nicht die geringste Menge Milchsäure bei der geistigen Gährung bildet; wenn man diese Säure vorfindet, so muß neben der geistigen Gährung auch die milchsaure stattgefunden haben, was nur unter seltenen und ausnahmsweisen Umständen der Fall ist; letztere Gährung liefert eine Hefe, welche aus viel kleineren Kügelchen als die Bierhefe besteht, daher man sie mittelst des Mikroskops leicht erkennen und aus ihrem Vorhandenseyn in der Bierhefe auf die Gegenwart oder Abwesenheit von Milchsäure schließen kann. Man weiß schon seit Lavoisier, daß bei der geistigen Gährung die Flüssigkeit stets eine saure Reaction annimmt. Da nun die Milchsäure sich nur ausnahmsweise bildet, so entsteht die Frage, was die Ursache der constanten Säuerlichkeit der Flüssigkeit ist? In Folge zahlreicher Versuche kann ich versichern, daß die Säuerlichkeit der Flüssigkeit bei der geistigen Gährung bloß durch Bernsteinsäure veranlaßt wird. Die Gegenwart dieser Säure ist keine zufällige, sondern eine constante, und wenn man von den flüchtigen Säuren absieht, welche sich in höchst unbedeutender Menge bilden, so kann man sagen, daß die Bernsteinsäure die einzige normale Säure der geistigen Gährung ist. Unter allen Umständen sah ich bisher die Bernsteinsäure und das Glycerin als Producte der geistigen Gährung so constant auftreten wie die Kohlensäure und den Alkohol.