Titel: Ueber Schmidt's Patent-Gebläsemaschine.
Fundstelle: Band 150, Jahrgang 1858, Nr. XLIX., S. 184
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XLIX. Ueber Schmidt's Patent-Gebläsemaschine. Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1858, Bd. II S. 179. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Ueber Schmidt's Patent-Gebläsemaschine. Die Schwierigkeiten, die sich dem Maschinenbauer bei der Construction von Gebläsemaschinen zum Hüttenbetriebe entgegenstellen, sind in der Regel nicht unbedeutend; der Hüttenmann verlangt eine möglichst einfache und leicht zu übersehende Maschine; ihm liegt alles daran, den Hohofenbetrieb nicht gestört zu sehen, für ihn ist Wind: Geld. Die mannichfachen Constructionen in denen man sich schon bewegt hat, machen das Bedürfniß nach noch vollkommeneren Gebläsen recht klar; vor allen anderen schienen die liegenden Maschinen mit Schwungrädern bis jetzt den Vorzug zu verdienen: denn sie erfordern die geringsten Kosten für Gebäude-Anlagen, lassen sich leicht aufstellen und gewähren den Vortheil, daß im Nothfall eine Reparatur leichter als bei jeder andern Construction zu erreichen ist. Der Nachtheil, daß sich die Kolben und Cylinder ungleichmäßig ausnutzen, tritt in den Hintergrund; denn dagegen lassen sich Mittel, wie z.B. lange und doppelte Führungen der Kolbenstangen und schräge Endflächen der Kolben anwenden; doch ist es unangenehm, daß man ein sehr langes Gebäude und weit ausgedehnte Fundamente erhält. Verticale Gebläsemaschinen hingegen bedingen ein sehr hohes und kräftiges Gebäude, und machen, wenn sie ohne Schwungmassen arbeiten, die Anwendung der Expansion fast unmöglich, weil der Kolben beständig einen ziemlich gleichmäßigen Widerstand findet und daher bei der Anwendung von Expansion ein unregelmäßiger Gang des Gebläses die natürliche Folge wäre, um so mehr da der Dampf dann gerade in seiner höchsten Spannung ist, wenn der Gebläsekolben den wenigsten Widerstand findet, nämlich im Anfange eines Auf- oder Niederganges, wenn die Luft noch zu comprimiren ist. Ein Nachtheil, der alle Arten von Gebläsen trifft, besteht in dem unvollkommenen Schluß und in der schwierigen Ausführung der Saug- und Druckventile; die Verluste die man durch den schädlichen Raum und dadurch erleidet, daß die Aus- und Einströmungsöffnungen in den Gebläsecylindern nicht zeitig genug geschlossen werden, sind oft nicht unbedeutend, und werden um so größer, je mehr Oeffnungen man anbringt, während man bei zu geringer Oeffnung in die Schwierigkeit kommt, daß die Luft nur im verdünnten Zustande den Blasecylinder anfüllt. Diese Hauptübelstände sind im Allgemeinen bei der patentirten Gebläsemaschine des Fabrikdirectors Carl Schmidt (Firma: Laßwitz u. Comp. in Breslau) vermieden. In Fig. 13 ist ein solches Gebläse für einen Hohofen der Walterhütte in Nikolai in Oberschlesien dargestellt. Durch die Anbringung von Schwungrädern wird die Bewegung der Maschine gleichmäßig gemacht und Expansion des Dampfes ermöglicht; durch die Vermeidung von Saug- und Druckventilen und Einführung eines Schiebers werden die Schwierigkeiten umgangen, die ich oben angeführt, und der schädliche Raum auf ein Minimum beschränkt. Auf eine Grundplatte a ist ein runder Untersatz b geschraubt, der den Blasecylinder c trägt, auf dessen Deckel der Dampfcylinder d steht. Die Kolbenstange des Dampfcylinders überträgt die Kraft an den Kreuzkopf e, von dem erstens die beiden Gebläsekolbenstangen f, f und dann die Lenker g, g für die Schwungradwelle i ausgehen. Der Kreuzkopf e wird zwischen Coulissen h, h geführt. Auf der Schwungradwelle i sitzen die beiden Excentrics k, k, welche den Schiebermantel l für den Blasecylinder und den Dampfschieber m bewegen. Der Schiebermantel besteht aus den gußeisernen Ringstücken n und o und einem dazwischen genieteten Blechcylinder. Dieser Windschieber macht eine Bewegung analog der des gewöhnlichen Dampfschiebers, d.h. er steht auf der Mitte seines Hubes, wenn der Kolben am Ende steht, und umgekehrt, so daß im Allgemeinen (nur die äußersten Lagen des Kolbens abgerechnet) durch die Oeffnungen p auf der einen Seite eine Communication zwischen dem Blasecylinder und der äußern Atmosphäre, auf der andern Seite des Gebläsekolbens aber die Luft durch die Rohre q, q, die sich in den Stopfbüchsen r, r bewegen, mit dem Windregulator in Verbindung steht. Geht also z.B. der Gebläsekolben s nieder, so wird durch die oberen Oeffnungen p die Luft über den Kolben gesaugt und gleichzeitig die unter dem Kolben befindliche Luft in den Windregulator gedrückt. Umgekehrt ist es natürlich beim Aufwärtsgange des Kolbens. In welcher Weise die Dichtung der gußeisernen Ringe o und n erreicht wird, ist aus der Detailzeichnung Fig. 3 ersichtlich; doch ist noch zu bemerken, daß das Gewicht des Schiebers l durch den Wind selbst balancirt wird, da der obere Ring n der comprimirten Luft eine größere Druckfläche, als der untere o entgegensetzt, so daß also die Excentricumstange zum größten Theil entlastet wird. Die Bewegung des Dampfschiebers erfolgt ebenfalls durch die Excentrics k, k mittelst des Bügels t, der auf die beiden Zapfen u, u gesteckt ist und in v seinen Stützpunkt hat. Die Expansion wird am einfachsten mittelst Schleppschieber erreicht. Ein großer Vortheil dieser Maschinen besteht darin, daß man leicht eine große Einströmungsöffnung für die Luft erreichen kann, ohne den schädlichen Raum um ein Beträchtliches zu vergrößern, und daß man ohne Schwierigkeit durch die Luftcanäle zur Liederung des Gebläsekolbens kommen und die Stellschrauben spannen oder lösen kann. Uebrigens erfordern diese Maschinen eine sehr accurate Arbeit und werden dadurch etwas vertheuert, wenn gleich sie in ihrer Zusammenstellung die vorhandenen Constructionen an Einfachheit übertreffen. Dem Nachtheil, daß der Windkolben von Anfang seiner Bewegung an den vollen Druck des Windes zu bezwingen hat, könnte man vorbeugen, wenn man in die Röhren q, q noch Ventile hineinlegte; indessen scheint mir dieser Nachtheil nicht erheblich, weil man durch ihn eine größere Gleichmäßigkeit im Gange der Maschine erzielen wird, und ja auch dem Dampfkolben im Anfange seiner Bewegung der größte Druck ertheilt wird. Will man mehrere derartige Maschinen auf einem Werke anwenden, so ist es leicht, sie durch eine Schleppkurbelwelle zu kuppeln, so daß die eine Maschine auf der Mitte, die andere am Ende des Hubes steht; dann kann man natürlich eine hohe Expansion geben, und erreicht immer noch eine große Regelmäßigkeit im Gange, doch liegt der größere Vortheil darin, daß ein ganz kleiner Windregulator zur Ausgleichung der Unregelmäßigkeiten genügt. Seit Jahresfrist sind auf schlesischen Werken bereits sechs solcher Maschinen in Thätigkeit, die theils für Cupolofen-, theils für Hohofenbetrieb dienen, sich als durchaus praktisch bewähren und eine gefällige Form haben. Die erste derartige Maschine wurde für die Gießerei von Laßwitz und Comp. erbaut. Die zwei für die Walterhütte aufgestellten gekuppelten Maschinen erblasen bei 26 Umgängen zwei Kohkshohöfen und liefern aus sechs Stück 2zölligen Düsen 5000 Kubikfuß Wind von 2 1/2 Pfd. Pressung. Dabei arbeiten sie mit 1/5 Füllung der Dampfcylinder und fördern den Wind in einen Regulator von nur 30 Fuß Länge und 6 Fuß Durchmesser, durch den er regelmäßig und nicht stoßweise in die Oefen gelangt. Diese zwei Vortheile sind natürlich nur der Kuppelung beider Maschinen zuzuschreiben. Eine derartige Maschine kostet incl. Windröhren und Aufstellung circa 3000 Thlr.; das für die Gesellschaft „Vulcan“ gefertigte Paar, welches mit Condensation versehen wurde und bei dem die Windkolben 5 Fuß Hub und 5 1/2 Fuß Durchmesser haben, hat einen Preis von circa 15000 Thlr. und liefert ungefähr doppelt soviel Wind als das Paar für die Walterhütte. E. Becker.

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