Titel: Verfahren, den Krapp und das Garancin auf Verfälschung mit Farbhölzern und gerbstoffhaltigen Substanzen zu untersuchen; von J. Pernod in Avignon.
Fundstelle: Band 150, Jahrgang 1858, Nr. LXXIX., S. 296
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LXXIX. Verfahren, den Krapp und das Garancin auf Verfälschung mit Farbhölzern und gerbstoffhaltigen Substanzen zu untersuchen; von J. Pernod in Avignon. Der Société industrielle de Mulhouse mitgetheilt am 25. Juli 1858. Pernod's Verfahren, den Krapp auf Verfälschung mit Farbhölzern zu untersuchen. Die Verfahrungsarten welche bisher zur Prüfung des Krapps und Garancins auf beigemengte Pflanzenfarbstoffe gebräuchlich waren, erheischen meistens zu ihrer Ausführung die Kenntniß der chemischen Manipulationen, und selbst darin geübten Personen wird es manchmal sehr schwierig, mittelst jener Verfahrungsarten die Natur der zugesetzten Substanzen sicher zu ermitteln, besonders wenn zur Verfälschung ein Gemenge verschiedener Farbhölzer angewandt wurde. Anstatt einer chemischen Analyse, deren Ausführung überdieß viel Zeit beansprucht, wende ich folgendes Mittel an, welches die Natur jeder dem Krapp oder Garancin zugesetzten Pflanzensubstanz schnell und auf sichere Weise zu bestimmen gestattet. Die Pflanzenpulver oder ihre Extracte, welche zur Verfälschung des Krapps und des Garancins verwendet werden könnten, lassen sich in zwei Classen abtheilen. Die erste Classe umfaßt alle Farbhölzer welche mit der Thonerde und dem Eisenoxyd gefärbte Verbindungen eingehen, wie das Brasilienholz, Campecheholz, Cubaholz etc. In die zweite Classe gehören alle Substanzen, welche eine mehr oder weniger große Quantität Gerbstoff enthalten, aber keinen Farbstoff, oder solchen nur in geringer Menge; sie unterscheidet sich von der ersten Classe dadurch, daß die Substanzen welche sie umfaßt, mit der Thonerde keine gefärbten Verbindungen geben, während sie schwarze oder braune Niederschläge erzeugen, indem sie sich mit dem Eisenoxyd verbinden; die Rolle dieser Substanzen scheint sich darauf zu beschränken, daß sie die Verwandtschaft des Krappfarbstoffes zu den Metalloxyden (Beizen) erhöhen. In die zweite Classe gehören gewisse Rinden, die Galläpfel, der Sumach etc. Um im Krapp oder Garancin den Zusatz einer kleinen Menge verschiedener Farbhölzer, welche in die erste Kategorie gehören, zu erkennen, braucht man nur ein Blatt reinen weißen Schreibpapiers (besser Filtrirpapiers) von 10 bis 15 Quadratcentimetern eine Minute lang in ein vorher filtrirtes Bad von saurem ZinnchloridIch wende die Zinncomposition der Färber an, welche man erhält, indem man 10 Theile Zinn in einem Gemisch von 25 Theilen Salpetersäure und 55 Theilen Salzsäure sich auflösen läßt, diese Flüssigkeit muß für den Gebrauch mit ihrem doppelten Volum Wasser verdünnt werden. zu tauchen, es dann auf eine Glasplatte oder einen Porzellanteller zu legen und mittelst eines Siebs einen oder zwei Gramme des zu prüfenden Pulvers darüber zu streuen. Nach Verlauf von einer halben Stunde bemerkt man auf denjenigen Stellen des Papieres, wo sich Theilchen von Farbhölzern befanden, folgende Färbungen: carmesinrothe Punkte von dem Brasilienholz; violette Flecken von dem Campecheholz; eine gelbe Färbung von dem Cubaholz etc., während die dem Krapppulver entsprechenden Stellen des Papiers nur eine schwache gelbe Farbe annehmen. Man verfährt auf dieselbe Weise, um die in die zweite Classe gehörenden Substanzen zu erkennen, nämlich diejenigen welche eine mehr oder weniger große Quantität Gerbstoff enthalten; nur wendet man zum Befeuchten des Papierblatts anstatt Zinnchlorid eine filtrirte Auflösung von käuflichem Eisenvitriol an; alle Stellen des Papiers wo sich Theilchen des dem Krapp zugesetzten Pulvers befanden, färben sich blauschwarz, um so stärker, je mehr Gerbstoff die zugesetzte Substanz enthält. Dieses Verfahren ist so empfindlich, daß es im Krapp und besonders im Garancin eine sehr geringe Quantität eines zugesetzten Gemenges mehrerer Farbhölzer zu erkennen gestattet.Hr. A. Schaeffer, welcher der Mülhauser Industriegesellschaft am 29sten September d. J. über das Pernod'sche Verfahren Bericht erstattete, stellte Gemenge von Garancin mit Farbhölzern und gerbstoffhaltigen Substanzen in sehr verschiedenen Verhältnissen dar und überzeugte sich damit von der großen Empfindlichkeit dieses Verfahrens. Nachtrag. Nachdem ich vorstehende Notiz der Mülhauser Industriegesellschaft mitgetheilt hatte, habe ich mich bei der Fortsetzung meiner Untersuchungen über die Verfälschung des Krapps und der Krapppräparate überzeugt daß gewisse Substanzen von harziger Natur, wie die Frucht und die Rinde der Fichte, obgleich sie Gerbstoff in ziemlich starkem Verhältniß enthalten, in ihrer Vermengung mit Krapp oder Garancin, die für den Gerbstoff charakteristische blauschwarze Färbung nicht hervorbringen, wenn man sie in der Kälte mit einer wässerigen Auflösung von Eisenvitriol in Berührung bringt. Da man dieses abweichende Resultat nur dem Umstand zuschreiben kann, daß die Substanz eine gewisse Menge Harz enthält, welches sich der Vereinigung des Gerbstoffs mit dem Eisenoxyd widersetzt, so habe ich die wässerige Auflösung des Eisenvitriols durch eine Flüssigkeit ersetzt, welche aus einem mit Eisenvitriol gesättigten Gemisch von gleichen Theilen destillirtem Wasser und Alkohol von 87 bis 88 Volumprocenten besteht. Bei Anwendung einer solchen Lösung wird der harzige Bestandtheil dieser Substanzen in Alkohol aufgelöst und der in denselben enthaltene Gerbstoff in Freiheit gesetzt, daher sie dem Papier unmittelbar die charakteristische blauschwarze Färbung des Gerbstoffs ertheilen. Obgleich aber der Zusatz von Alkohol zum Eisenvitriol hinreicht, um sichere Resultate zu geben und im Krapp oder Garancin eine sehr geringe Quantität vorhandenen Gerbstoffs nachzuweisen, letzterer mag mit Harz vereinigt seyn oder nicht, so ziehe ich doch das folgende Verfahren (besonders für den Krapp) vor, welches auf dem Papier viel deutlichere blauschwarze Flecken liefert. Zu diesem Zweck braucht man nur in eine Auflösung von (oxydhaltigem) EisenvitriolIch ziehe eine alte Auflösung von Eisenvitriol vor, worin das Eisenoxydul zum Theil in Oxyd übergegangen ist; oder ich versetze eine frische Auflösung von Eisenvitriol mit einigen Tropfen neutralen salpetersauren Eisenoxyds. ein Blatt weißen Schreibpapiers zu tauchen, welches man dann an der Luft oder am Feuer vollständig trocknen läßt; hernach gießt man auf dieses Papier eine kleine Menge Alkohol von 87 bis 88 Volumproc., um es so gleichförmig als möglich damit zu befeuchten, was leicht zu erreichen ist, wenn man es an einem seiner Ecken eine oder zwei Minuten lang aufhängt. Das so präparirte Papierblatt legt man auf eine Glastafel und bestreut es mittelst eines feinen Seidensiebs mit einer sehr kleinen Menge des zu prüfenden Pulvers; während des Siebens muß man das Sieb aber sehr nahe an das Papierblatt halten, weil die fremden Substanzen meistens in ein feineres Pulver als der Krapp verwandelt sind und daher durch den geringsten Luftstrom über das Papier hinaus fortgezogen werden können. Nach einviertelstündiger Berührung bemerkt man auf allen Stellen des Papiers, wo sich Theilchen des fremden Pulvers befanden, blauschwarze Flecken, während der reine Krapp ihm nur eine rostgelbe oder hellbraune Farbe mittheilt. Nachdem der Alkohol vollständig verdunstet ist, empfehle ich das Papier durch ein rasches Waschen in gewöhnlichem Wasser vom anhaftenden Krapp zu befreien; dieses Waschen hat keine Wirkung auf die gefärbte Verbindung, welche durch Vereinigung des Gerbstoffs mit dem Eisenoxyd entstand, und gestattet die durch das fremde Pulver erzeugten blauschwarzen Flecken leichter zu unterscheiden. Avignon, den 5. November 1858. J. Pernod.