Titel: Verfahren zur Darstellung des sogenannten französischen Purpurs, einer Flechtenfarbe; patentirt für William Spence in London.
Fundstelle: Band 152, Jahrgang 1859, Nr. XV., S. 63
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XV. Verfahren zur Darstellung des sogenannten französischen Purpurs, einer Flechtenfarbe; patentirt für William Spence in London. Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Januar 1859, S. 70. Spence's Verfahren zur Darstellung des sogenannten französischen Purpurs. Das Verfahren, welches sich der Genannte am 1 Mai 1858 als Mittheilung für England patentiren ließ, umfaßt 1) die Bereitung des Rohmaterials für den darzustellenden Farbstoff, welches ein Gemenge von Lecanorsäure, Orsellsäure, Erythrinsäure etc. ist; 2) die Umwandlung dieses Rohmaterials in Farbstoff, durch Einwirkung von Ammoniak, Luft und Wärme; 3) die Darstellung des Farbstoffs in festem Zustande. Bereitung des Rohmaterials. Die Flechtensäuren werden aus den Flechten mit Ammoniak, welches mit seinem fünf- bis sechsfachen Volum Wasser verdünnt wurde, methodisch ausgezogen, indem man eine und dieselbe Portion Ammoniak nach und nach auf Portionen Flechten, die schon mehr oder weniger vollständig extrahirt sind, und zuletzt auf eine frische Portion wirken läßt, so daß die Flüssigkeit mit den Flechtensamen möglichst gesättigt wird. Der Auszug wird nachher mit Schwefelsäure oder Salzsäure vermischt, bis er Lackmuspapier stark röthet, wodurch die Flechtensäuren sich niederschlagen, die man dann auf einem Filter sammelt, vorsichtig wäscht und trocknet. Umwandlung der Flechtensäuren in Farbstoff. Der aus den Flechtensäuren bestehende Niederschlag wird unter Umrühren mit so viel Ammoniak vermischt, daß er sich auflöst, und die Mischung gekocht, wodurch man eine Flüssigkeit erhält, deren Farbe bald in Orangegelb übergeht, und welche, wenn man sie bei 15 bis 29° C. der Luft aussetzt, sich alsbald in der erforderlichen Weise verändert, indem sie nach einander verschiedene Farben annimmt und zuletzt lebhaft roth wird. Wenn die Flüssigkeit diese Beschaffenheit angenommen hat, wird sie in flache Gefäße gebracht, so daß sie darin nur eine Schicht von 10 bis 12 Centimeter Höhe bildet und also der Luft eine verhältnißmäßig große Oberfläche darbietet; diese Gefäße werden allmählich auf 40–60° C. erwärmt. Nach einigen Tagen ist die beabsichtigte Umwandlung des Farbstoffs vollständig eingetreten; dieselbe gibt sich dadurch zu erkennen, daß die Flüssigkeit purpurviolett geworden ist, sich gegen schwache Säuren unempfindlich zeigt, die Seide und Wolle ohne Beihülfe irgend einer andern Substanz in Nüancen färbt, welche an der Luft unveränderlich sind, und durch Vermittelung von Beizen auch auf Baumwolle fixirt werden kann. Darstellung des Farbstoffs im festen Zustande. Sobald die Umwandlung der Flechtensäuren in Farbstoff beendigt ist, werden die Flüssigkeiten, welche denselben gelöst enthalten, vereinigt und mit Schwefelsäure, Weinsteinsäure oder einer andern Säure gesättigt. Dabei entsteht ein reichlicher stockiger Niederschlag, welchen man auf einem Filter sammelt und dann sorgfältig auswascht und trocknet. Dieser Niederschlag ist der sogenannte französische Purpur; er besitzt eine schöne, tiefe Granatfarbe und enthält den Farbstoff im reinsten Zustande. Derselbe ist darin bloß mit etwas bei der Fällung entstandenem Ammoniaksalz vermischt. Dieser Niederschlag kann zu allen Operationen des Färbens und Drückens verwendet werden. Der in demselben enthaltene Farbstoff ist ächt gegen Luft und Säuren; er charakterisirt sich durch die reine Malven- oder Dahliafarbe, welche er bei Zusatz einer schwachen Säure auf Seide (ohne Beizmittel) gibt, ferner durch das reine Violett, welches er in Verbindung mit Indigcarmin liefert, endlich durch das lebhafte Roth, welches er in Verbindung mit Saflor, Cochenille etc. hervorbringen kann.