Titel: Ueber die Werthbestimmung des Leims; von Dr. Weidenbusch.
Autor: Weidenbusch
Fundstelle: Band 152, Jahrgang 1859, Nr. L., S. 204
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L. Ueber die Werthbestimmung des Leims; von Dr. Weidenbusch. Mit Abbildungen auf Tab. III. Weidenbusch, über die Werthbestimmung des Leims. Wenn die Grundlage alles Fortschritts in der Industrie auf einer vollkommen klaren und richtigen Einsicht in den Zusammenhang und das Wesen des jedesmaligen technischen Processes beruht, so läßt sich von vornherein behaupten daß diejenigen Industrien noch am weitesten zurück seyn müssen, bei welchen dieser Einsicht nach bedeutende Lücken in der naturwissenschaftlichen Erforschung im Wege stehen. Unter den chemischen Industrieen gilt dieß vor allen von der Leimfabrication in einem Grade, daß man versucht ist zu fragen, ob sie überhaupt zu den chemischen Gewerben zu rechnen sey, da die „Leimsiederei“ hie und da noch zünftig ist und in ihr überall nur rohe Empirie, aber nichts von Chemie oder der Beachtung chemischer Erfahrungen zu finden ist. Allerdings kann der Standpunkt vieler Leimsieder, die der Chemie in ihrem Handwerk keine Berechtigung zugestehen, selbst von chemischer Seite darin seine Rechtfertigung finden, daß der Leim chemisch nur sehr dürftig erforscht ist. Wir kennen seine Stellung in der Reihe der Stickstoffkörper nicht, wissen ebensowenig woraus er entsteht, noch in welche Körper er übergeht, ja wir können in der Zusammensetzung keine Verschiedenheit von dem leimgebenden Gewebe finden, aus dem er durch Kochen gewonnen wird. Unter den wenigen Verbindungen die er eingeht, ist kaum eine von constanter Zusammensetzung, und keine aus der wir ihn mit allen seinen Eigenschaften wieder abscheiden können. Wir haben vielmehr Grund zu vermuthen, daß wir in ihm nicht sowohl eine Körpergattung als vielmehr eine Körpergruppe vor uns haben, und es muß weiterem Vordringen in der chemischen Forschung vorbehalten bleiben hierüber Licht zu verbreiten. Was daher bei dem heutigen Stand unserer Kenntnisse des Leims für die Bereicherung der Leimindustrie gefordert werden kann, ist: daß ein Maaß zur Beurtheilung derjenigen Eigenschaft des Leims gefunden werde, der er seine Anwendung verdankt, ein Maaß für seine bindende Kraft. So lange wir nicht wissen welcher der chemisch differenten Stoffe, die den Leim des Handels zusammensetzen, der Träger der Bindekraft ist, wird es auch nicht gelingen die Maaßbestimmung auf chemischem Wege zu erreichen. Wie schon angeführt, kennen wir unlösliche oder schwerlösliche Verbindungen des Leims, worunter die bekannteste die mit Gerbsäure ist, auf die Gräger ein Verfahren zur Bestimmung des Leims gegründet hat.In Böttger's polytechn. Notizblatt, 1852, Nr. 19; daraus im polytechn. Journ. Bd. CXXVI S. 124. Aber es hat mir nicht gelingen wollen, eine Leimlösung mit Gerbsäure so auszufällen, daß das abgedampfte Filtrat nicht beim Erhitzen den charakteristischencharaktristischen Leimgeruch gezeigt hätte. Selbst wenn dieß jedoch möglich wäre, so haben wir in dieser Methode keinerlei Garantie, daß der an Gerbsäure gebundene Körper auch der Festigkeit des Leims proportional sey. Ein ähnlicher Mangel haftet der von Schattenmann beschriebenen MethodeAnnales de Chimie et de Physique, Februar 1845, S. 251; polytechn. Journal Bd. XCVI S. 115. an. Ich habe dieselbe vergleichend mit der von mir unten zu beschreibenden geprüft, und gefunden, daß sie eigentlich nur auf die Knochenleime und Gelatine anwendbar ist, deren Gallerte auch selbst im Zustand höchster Sättigung mit Wasser eine Festigkeit bewahrt, die kein Hautleim besitzt, so daß man schon hierdurch sofort die Abstammung des Leims erkennen könnte. Während nämlich hierdurch die Möglichkeit gegeben ist, die Gallerte ohne Verlust abzutrocknen und zu wägen, zerfällt die Gallerte aller Hautleime schon nach 24 Stunden oft so, daß ein genaues Abtrocknen und Wägen nicht mehr möglich ist, wodurch bedeutende Differenzen in den Resultaten entstehen können. Aus der später zu gebenden Uebersicht wird aber ferner erhellen, daß die Aufsaugungsfähigkeit keineswegs mit der Festigkeit Schritt hält, und daß geringere Leime oft mehr Wasser aufsaugen als die besseren Sorten. Welcher chemische Weg daher auch früher oder später für die Beurtheilung der Güte des Leims gefunden werden möge, er wird stets der Controle durch das physikalische Mittel der Festigkeitsbestimmung bedürfen, und ich war daher bemüht, eine Methode hierfür aufzusuchen. Sie muß es dem Producenten gestatten die Qualität seines Fabricats vor Allem selbst genau messen und beurtheilen zu können, und muß dem Consumenten Gelegenheit geben seine Einkäufe nach einem sicheren Vergleichsmaaßstab zu bewerkstelligen. Was in dieser Beziehung bisher geboten war, kann zu exacten Versuchen nicht führen. Man hat einfach zwei Stücke Holz zusammengeleimt und dann das Gewicht bestimmt, welches zum Zerreißen der Hölzer nöthig war. Aber es wird nie gelingen Hölzer von stets gleichbleibender Dichtigkeit, Oberfläche, Trockenheit etc. zu finden, und wenn dieß auch der Fall wäre, so ist es bekannt, daß die Festigkeit guter Leimsorten größer als die des Holzes ist, so daß dann leicht Holz von Holz reißt und der Zerreißungswerth für Leim nicht ermittelt ist. Auch wenn Holz von Leim sich trennte, wäre ein Vergleich nicht möglich, sondern nur wo Leim von Leim sich trennt, kann dieß der Fall seyn. Es muß daher eine Substanz gefunden werden, die den Leim aufnimmt, aber in ihrer Dichtigkeit, Oberfläche etc. unveränderlich oder doch möglichst wenig veränderlich und überall leicht zu haben ist. Diese Substanz fand ich nach einer Reihe vergeblicher Versuche endlich in dem Gyps, und ich gründete hierauf die in Folgendem beschriebene Methode: Ich bediene mich des im Handel vorkommenden Marienglases, des krystallisirten Gypses, der vollkommen rein in Stücken zu haben ist. Derselbe wird fein gepulvert und durch ein Sieb, welches auf einem Quadratcentimeter circa. 324 Löcher hat, abgesiebt. Das Pulver wird dann in einem eisernen Schälchen bei einer Temperatur, die zwischen 120–150° C. liegen darf, so lange erhitzt, bis die durch Entweichen des Krystallwassers entstehende, wirbelnde Bewegung des Gypspulvers vorüber ist. Man bedient sich zum Umrühren am besten eines Thermometers von hoher Theilung, um die Temperatur nicht zu überschreiten, weil in diesem Fall der Gyps sich leicht todtbrennt, d.h. später mit Wasser nicht mehr erhärtet. An Orten wo feine Gypsfiguren gefertigt werden, findet man das Gypspulver mit den nöthigen Eigenschaften wohl auch in den Werkstätten der betreffenden Künstler. Man prüft dasselbe durch Anrühren mit etwas Wasser, mit dem es in 5–10 Minuten fest werden muß. Aus diesem Gypspulver müssen nun Stäbchen von mathematischer Genauigkeit gegossen werden. Ich habe zur Gießform den Speckstein sehr tauglich gefunden, der die Glätte des Metalls mit der Aufsaugungsfähigkeit des Thons verbindet. Derselbe kommt ebenfalls bei den Droguisten unter diesem Namen oder als lapis specularis, creta hispanica etc. vor. Man richtet daraus mit Säge und Hobel ein parallelepipedisches Stück zu von circa 42 Millimeter Höhe und beliebigen sonstigen Dimensionen, und bohrt durch diese Höhe auf circa 1 Centim. Abstand eine Anzahl conischer Canäle von oben 6, unten 7 1/2 Millim. Durchmesser. Die Canäle sind innen gut auszupoliren und unter sich in größter Übereinstimmung herzustellen, weil nur dann der Grundbedingung der Methode genügt ist, wenn alle Stäbchen gleiche Durchmesser haben. Der Guß geschieht nun in der Art, daß die Gießform mit den engen Mündungen nach unten auf eine Kautschukplatte und ein Holzklötzchen gelegt wird. Der Gyps wird (zu 1 Grm. per Stäbchen) abgewogen, mit seinem gleichen Gewicht Wasser gut angerührt, und dann rasch eingegossen. Man fährt dann mit einer stumpfen Nadel in allen Löchern auf und ab, um etwaige Luftbläschen loszureißen, und unterstützt dieß zuletzt noch durch Aufklopfen der Gießform mit dem Klötzchen. Man überläßt dann den Guß einige Stunden der Ruhe, erwärmt die Gießform zweckmäßig zuletzt noch, und kann dann nach 3–4 Stunden die festgewordenen Stäbchen durch einen Stift von Eisen und einen kurzen Schlag mit dem Hammer herausschlagen. Sie erscheinen glatt, wie polirt und auf dem Bruch durchaus homogen. Man legt sich hiervon einen Vorrath an, trocknet die Stäbchen zuerst in gelinder Wärme, dann über Chlorcalcium, bis sie an Gewicht nicht mehr abnehmen, und hebt sie in einem wohl verschlossenen Glase auf. Die Form wird nach jedem Guß mit einer Federfahne gereinigt und getrocknet. Die Werthbestimmung des Leims beruht nun darauf, daß wenn die Gypsstäbchen mit Lösungen verschiedener Leime getränkt werden, verschiedene Belastungen nöthig sind um sie zu zersprengen, und wenn der Werth, den der Gyps für sich allein in Anspruch nimmt, immer derselbe ist, so muß die Differenz nur den Leim treffen. Ich habe zum Zerreißen der Gypsstäbchen einen Apparat construirt, welcher in Fig. 4 und 5 dargestellt ist, und den Hr. Mechanikus Desaga hier, sammt der Gießform, auf Verlangen anfertigen wird. Er besteht aus einem Ringe a von Messing mit zwei im Durchmesser des Kreises liegenden tiefen Einschnitten b. In diese Einschnitte wird das Gypsstäbchen eingelegt. Der Durchmesser des Kreises ist durch einen Zeiger, welcher darauf rechtwinklig steht, in zwei genau gleiche Theile getheilt. Der Ring ist durch einen Stift getragen, der an einem gewöhnlichen Statif aufgesteckt werden kann. Der Apparat wird vervollständigt durch einen Becher von Eisen oder Glas, welcher an drei Schnüren i aufgehängt ist, an einem Haken f, der unmittelbar an das Gypsstäbchen k angehängt wird, an der durch den Zeiger angegebenen Stelle. Dieser Becher soll die Quecksilberlast aufnehmen, und schließt sich unten mit einem Quetschhahn, um ihn nach jedem Versuch zu entleeren. Während des Versuchs hängt er mit drei Interimsfäden h an dem Ringe, die ihn auffangen, sobald der Bruch des Gypsstäbchens eingetreten ist. Unter den Becher wird irgend ein weites Gefäß aufgestellt, damit kein Quecksilber verloren gehen kann. Da die Gypsstäbchen conisch sind, so ist es von Wichtigkeit, daß sie stets an demselben Punkt der Achse des Conus belastet werden. Ich bestimme diesen durch ein Maaß, bestehend in einer Glasröhre, welche die Höhe der halben Länge der Gypsstäbchen hat, am einen Ende geschlossen, am andern mit abgeschliffenem Rand versehen ist. Stellt man das Gypsstäbchen hinein, so läßt sich durch einen horizontalen Bleifederstrich eine Marke ziehen, die auch hier ein unveränderliches Maaß gibt. Ich prüfte nun zuerst die Zerreißungswerthe für die bei 100° C. getrockneten Gypsstäbchen, für welche ich unter vielen Versuchen Differenzen fand, die zwischen 215 und 223 Grm. lagen, so daß 219 Grm. als Mittelzahl anzunehmen ist. Davon kam der größte Theil auf das Gewicht des Bechers selbst, das weiter Nöthige ließ ich an Quecksilber aus einer Bürette einfließen. Nachdem diese Resultate hinreichend befriedigend waren, wurde die Menge von Leim bestimmt, welche die einzelnen Stäbchen aus seiner Lösung aufzusaugen vermochten, denn sobald hier größere Differenzen zu erwarten waren, wäre die Methode des Weiteren unbrauchbar gewesen. Es fanden sich aber nachstehende Resultate: I II III Gewicht des Gypsstäbchens 1,163 1,135 1,180 Grm.      „        „   Leims 0,620 0,600 0,600 Grm.      „        „   Quecksilbers zum Zerreißen    101    97 96,4 Kub. Cent. Kub. Cent. Kub. Cent. Diese Zahlen zeigen, daß allerdings noch Schwankungen in den Belastungswerthen vorkommen, aber sie finden fast immer ihre Erklärung in dem Ansehen der Bruchflächen unter der Loupe. Bei dem im Ganzen sehr großen absoluten Gewicht, was zum Zerbrechen nöthig ist, sind aber die Schwankungen nicht erheblich und man thut wohl zu jedem Versuch mehrere Gypsstäbchen zu benutzen, und diejenigen Zahlen als die richtigsten anzunehmen, welche den homogensten Bruchflächen entsprechen. Ich habe nach diesem Verfahren eine Anzahl verschiedener Leimsorten der Prüfung unterworfen, und dabei wie folgt verfahren. Die bei 100° C. getrockneten Leime wurden abgewogen, über Nacht in Wasser gelegt um sie zum Aufquellen zu bringen, und dann in einem circa 6 Centimeter hohen und 2 Centim. weiten Gläschen im Wasserbad in Lösung gebracht, dann auf der Waage mit heißem Wasser auf ein Gewicht gebracht, wonach das 10 fache des trocknen Leims an Wasser vorhanden war. Der Auflösung setze ich circa 1 Kub. Cent. neutraler Indiglösung vorher zu, welche den Zweck hat, den Ueberzug auf dem Gyps besser erkennbar zu machen. Hat der Inhalt des Röhrchens die Temperatur des Wasserbades erreicht, so werden einige vorher gezeichnete Gypsstäbchen eingebracht und 1–2 Minuten damit in Berührung gelassen. Sie werden dann mit der Pincette herausgenommen, auf eine Glasplatte vertical gestellt, bis sie etwas abgetrocknet sind, und dann im Wasserbade getrocknet, bis sie an Gewicht nicht mehr abnehmen. Hernach werden sie auf den Ring des schon beschriebenen Apparates aufgelegt, der Becher angehängt und durch Einströmenlassen von Quecksilber gesprengt. Man hat hierbei zu beachten, daß dieses Einströmen bei mehreren Proben stets gleichmäßig geschehe, indem man den Strahl gegen die Wand des Bechers richtet; denn würde man ihn dem freien Fall überlassen, so könnten dadurch erhebliche Differenzen in dem Abreißungswerth entstehen. In der nun folgenden Tabelle habe ich das Ergebniß der Bestimmung mehrerer Leimsorten niedergelegt, wobei ich den notorischen Handelswerth derselben, wie er im Preis seinen Ausdruck findet, neben die von mir gefundenen Festigkeitswerthe und neben die nach Schattenmann's Methode bestimmten Aufsaugungswerthe setze. In den drei letzten Columnen habe ich dann die aus den drei Werthfactoren berechneten Aequivalente aufgenommen, worunter ich nach dem chemischen Sprachgebrauch diejenigen Gewichtsmengen von Leim verstehe, welche mit Rücksicht auf Preis, Festigkeit und Wasseraufsaugungsfähigkeit gleichwertig sind. Ich kann bei den einzelnen Leimsorten die ich prüfte, nur den Erzeugungsort angeben. I. Lyoner Ia in großen dicken Tafeln Preis 42 fl. II. sogen. russisches aber deutsches Fabrikat 45 fl. III. Kölner aus Köln 45 fl. IV. Façon Kölner aus Aschaffenburg 43 fl. V. Façon Kölner aus Göppingen 36 fl. VI. Façon Kölner aus Offenbach 42 fl. VII. Straßburger in dünnen Blättern 30 fl. VIII. Lyoner IIa, fast schwarz, in kaltem Wasser zerfließlich 30 fl. IX. Reutlinger in großen dünnen Blättern 34 fl. X. Gelatine Ia aus Paris 192 fl. XI.      „       Ia aus Buchsweiler 160 fl. XII.      „      IIa   „         „ 144 fl. 1.NummerdesLeims. 2.Preisp. 100 Pfd.in Gulden. 3.Verbrauch anQuecksilberin Kub. Cent. 4.100 TheileLeim saugenWasser auf. 5.Preisäquival. 6.Festigkeits-äquivalent. 7.Aufsaugungs-äquivalent. I.   42 45 497 107 126 158 II.   45 58 635 100 104 125 III.   45 61 653 100 100 121 IV.   43 52 621 105 113 128 V.   36 47 788 125 122 100 VI.   42 48 670 107 120 117 VII.   30 46 590 151 125 135 VIII.   30 43 151 130 IX.   34 35 550 133 150 144 X. 192 56 580 107 137 XI. 140 58 508 104 156 XII. 144 51 541 100 147 Um das absolute Gewicht der Last zu finden, welche zum Zerreißen der einzelnen Leimgypsstäbchen nöthig ist, hat man nur die in Spalte 3 angegebenen Quecksilbervolumina mit dem spec. Gewicht dieses Metalls (13,5) zu multipliciren und die früher schon angegebene Constante 219, welche das Gewicht des Bechers sammt dem zum Zerreißen des reinen Gypsstäbchens nöthigen Quecksilber repräsentirt, hinzuzuaddiren. Man findet dann, daß zum Zerreißen der besten Leimsorten in der hier gegebenen Form ein Gewicht von 2 Pfund nöthig ist. Wie aus der Tabelle ersichtlich, habe ich die Gelatinen ebenfalls in den Bereich dieser Bestimmungen gezogen, obwohl diese nicht gerade in dieser Eigenschaft allein, sondern mehr noch zu Firnissen, Appreten und Klärmitteln angewendet werden. Aber da ein von den Leimen chemisch verschiedener Charakter der Gelatinen nicht bekannt ist, so schien es mir von Interesse, auch hier die Festigkeit kennen zu lernen. Die Gelatinen sind Knochenleime, von denen Schattenmann angibt, daß sie die höchste Aufsaugungsfähigkeit für Wasser hätten, zumal wenn sie wiederholt aufgeweicht und wieder getrocknet wurden. Die Tabelle zeigt, daß ich im Gegentheil niedrigere Aufsaugungswerthe fand als bei den Hautleimen. In der Festigkeit kommen die Gelatinen den besten Hautleimen gleich, was auch bereits von vielen Schriftstellern anerkannt ist; auch Mohr spricht dieß in seinem Commentar zur preußischen Pharmakopoe aus, indem er es versucht, den Unterschied zwischen Knochen- und Hautleim dahin zu formuliren, daß er sagt die Ersteren kleben, während die Letzteren leimen. Ich kann nicht finden, daß wir damit der Erkenntniß des wesentlichen Unterschieds näher gerückt sind, und konnte auch nicht bemerken, daß die Gelatinen in der Kälte schon kleben, sie adhäriren der Zunge eben so wenig als die Hautleime und „kleben“ würde immer eine Löslichkeit in kaltem Wasser anzeigen. Ich habe vergeblich Beziehungen aufgesucht zwischen der Festigkeit des Leims und seinem specifischen Gewicht, im festen oder gelösten Zustande, denn es wäre dann weit einfacher gewesen hiernach die Werthbestimmung vorzunehmen. Aber ich fand Zahlen die keinen Vergleich möglich machen, und es muß die Ursache hiervon in den den Leim des Handels stets begleitenden Farb- und Extraktivstoffen gesucht werden. Ich verkenne nicht, daß die hier mitgetheilte Methode noch manche Mängel und Fehlerquellen mit sich führt, und hätte gewünscht sie zur Anwendung in der Praxis einfacher und leichter ausführbar herstellen zu können. Die Fehlerquellen liegen in der nicht völligen Gleichartigkeit der Gypsstäbchen, im Tränken mit der Leimlösung etc., und fordern, daß derjenige welcher die Versuche anstellt, mit den Operationen und Cautelen, wie sie bei der chemischen Analyse vorkommen, vertraut ist. Der Apparat läßt sich vielleicht dadurch noch abändern, daß man das immerhin beträchtliche Quecksilberquantum durch eine Hebelübersetzung vermindert, durch die man die Last auf das Gypsstäbchen wirken läßt. Es wäre nun zunächst von Interesse, die einzig bis jetzt vorhandene chemische Methode der Leimbestimmung von Gräger mit der von mir beschriebenen in den Ergebnissen zu vergleichen. Ich behalte mir vor, diesen Vergleich noch anzustellen. Heidelberg, den 5. April 1859.

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