Titel: Ueber Massière's Verfahrungsarten zur Fabrication der reinen und der plattirten Zinnfolie; Bericht von Hrn. Levol.
Fundstelle: Band 154, Jahrgang 1859, Nr. LXXXI., S. 379
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LXXXI. Ueber Massière's Verfahrungsarten zur Fabrication der reinen und der plattirten Zinnfolie; Bericht von Hrn. Levol. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, August 1859, S. 469. Mit Abbildungen auf Tab. V. Ueber Massière's Verfahrungsarten zur Fabrication der reinen und der plattirten Zinnfolie. Hr. Massière in Paris (rue Saint-Martin No. 220) fabricirt Zinnfolie oder Stanniol, sowie plattirte Zinnfolie und die sogenannten Zinnfolie-Flittern (paillon d'étain), welche matt, brunirt und von mannichfaltigen Farben sind, endlich Kupferfolie-Flittern (paillon de cuivre). Früher mußte das in dicken Platten gegossene Zinn erst ausgewalzt werden, ehe es in die Stanniolschlägerei kam, was viel Handarbeit veranlaßte, welche jetzt bedeutend vermindert ist, in Folge der Anwendung des vor etwa 30 Jahren in Deutschland erfundenen Gießverfahrens. Dasselbe besteht darin, daß man das flüssige Zinn auf eine Platte von einem feinkörnigen und sehr dichten Gestein ausgießt, über welche zuerst Molton, darüber Leinwand und über dieser sehr feiner Kattun stark ausgespannt ist. Diese Platte, welche auch noch mit einem Gemisch von Eiweiß und gelbem Ocker überzogen ist, wird Mechanik (mécanique) genannt, welche Benennung wir beibehalten wollen. Wenn man auf dieser, unter einem Winkel von ungefähr 75 Grad geneigten Mechanik von Oben nach Unten und parallel mit derselben, einen aus Bronze bestehenden Trichter, coulissoir genannt, hinab gehen läßt, welcher flüssiges Zinn enthält und die Berührung des Metalles mit der präparirten Oberfläche der Mechanik gestattet, so bleibt an derselben ein sehr dünnes Zinnblatt von regelmäßiger Dicke hängen, welches ihr jedoch so schwach anhaftet, daß es leicht davon abgezogen werden kann. Zwei Personen sind zu dieser Arbeit hinreichend; die eine hält den Trichter an dem obern Theil der Mechanik mittelst an dessen Enden angebrachter Griffe, während ein Gehülfe aus einem Kessel mittelst einer Kelle geschmolzenes Zinn ausschöpft und es in den Trichter gießt, welchen der Arbeiter hernach, wie schon bemerkt, abwärts schiebt; die Zinnfolie wird alsdann durch den Schmelzer weggenommen und bei Seite gelegt, welcher unverzüglich einen neuen Guß beginnt, sobald der Trichter an seinen Ausgangspunkt zurückgebracht worden ist. Diese Arbeit kann sehr schnell von einem Manne mit Beihülfe einer Frau, welche das Zinn eingießt und die Folie wegnimmt, ausgeführt werden, so daß sie täglich 800 bis 900 Blätter anfertigen (welche dann durch Schlagen verdünnt werden müssen). Hr. Massière hat auch einen neuen Apparat construirt und sich patentiren lassen, welcher aus einer, wie die Mechanik präparirten Walze besteht, der man eine rotirende Bewegung ertheilt, während man das flüssige Zinn auf sie gelangen läßt; man kann auf diese Weise sehr lange Folienbänder darstellen, da aber die vorher beschriebene Vorrichtung der Fabrik genügt, so kam dieser Apparat gar nicht in Betrieb. Die beschriebene Arbeit kann nur mit reinem oder wenigstens sehr reinem Zinn vorgenommen werden, denn wenn das Metall noch so wenig fremdartige Substanzen, insbesondere Blei enthält, so wird der Guß unmöglich; statt daß die Folie vollkommen glatt und zusammenhängend ausfällt, zeigt sie alsdann viele Risse und Rauhigkeiten. Um Zinnfolie für Flittern anzufertigen, welche aus einer Legirung von Zinn und Blei besteht, die gewöhnlich 60–70 Proc. Zinn und 40–50 Proc. Blei enthält, muß man anders verfahren: die Legirung muß ausgewalzt und dann auf gewöhnliche Weise geschlagen werden; dasselbe Verfahren muß man auch für plattirte Folie anwenden. Um die plattirte Folie anzufertigen, gießt man zuvörderst in einer Form einen Kern von 30 bis 35 Kilogr. Gewicht aus einer Legirung, welche nur 8 bis 10 Proc. Zinn und 90 bis 92 Proc. Blei enthält. Der Kern, welcher auf diese Weise die Gestalt einer rechtwinkelig vierseitigen Platte erhält, wird auf seiner ganzen Oberfläche mit einer Schicht von reinem Zinn überzogen, deren Dicke, in Summa, der seinigen gleich ist. Dieß wird auf folgende Weise bewerkstelligt: der Kern kommt, mit drei Zapfen versehen, in einer größern Form als die erstere zum Guß, worin er von allen Seiten absteht und welche also, wenn sie verschlossen ist, auf allen Seiten rings um den Kern einen freien Raum läßt, welcher das Zinn aufzunehmen hat. Man gießt alsdann das Zinn derart ein, daß der Zwischenraum auf allen Seiten des Kerns gefüllt wird, muß aber eine Temperatur des Zinnes vermeiden, durch welche ein Schmelzen des Kernes veranlaßt werden könnte. Die Menge des auf diese Weise hinzugesetzten Zinnes beträgt 65–70 Kilogr., so daß ein Einguß von 100 Kilogr. im Ganzen nur beiläufig 30 Proc. Blei enthält, ohne daß solches auf der Oberfläche befindlich ist. Dieser Einguß gelangt nun zum Walzwerk und gibt plattirte Folie, welche, wie die eigentliche Zinnfolie, auf der Oberfläche aus Zinn besteht. Von nun an ist die Arbeit dieselbe, sowohl für die (in beschriebener Weise mittelst der sogenannten Mechanik erhaltene) Zinnfolie, als für die plattirte und die für Flittern bestimmte Folie; sie besteht im Schlagen der Blätter. Nachdem die Blätter vorerst gehörig beschnitten worden sind, haben sie ein Gewicht von ungefähr 300 Grammen, eine Länge von 1,20 Meter und eine Breite von 0,30 Met.; man legt sie behufs des Schlagens mit dem Hammer über einander auf einen steinernen Amboß, der sehr hart, vollkommen abgerichtet und mit einer Zinnplatte (grosse genannt) belegt ist; die verdünnten Folieblätter werden wieder in Quadrate zerschnitten, kommen alsdann zu einem neuen Schlagen, u.s.f. Nach beendigtem Schlagen werden die Folien beschnitten und nach Nummern sortirt, und sowohl für das reine Zinn, als auch für das legirte und das plattirte, zeigt die Nummer die Anzahl der Folien auf das Kilogramm an: Nr. 4 z.B. enthält 8 Blätter auf das Kilogramm, Nr. 6 enthält deren 12 u.s.f. Die gewöhnliche Dimension der Folien ist 0,81 Met. auf 0,54 Met. Für das Zinn sind die Nummern 4, 6, 8, 10, 12 und 15; diese letztere Nummer bildet die dünnste Folie; bei den angegebenen Dimensionen wiegt sie nur 33 bis 34 Gram. und hat nur eine Dicke von etwa 1/90 Millimeter. In plattirten Folien hat man nur die Nummern 4, 6, 8 und 10. Das Färben der Zinn- und Kupferfolie für Flittern und deren Fabrication werden in Massière's Anstalt nicht ausgeführt, weßhalb wir auch hier nicht weiter davon reden. Eben so wenig wird der Stanniol zum Belegen großer Glasspiegel in der uns beschäftigenden Werkstätte fabricirt; sie beschränkt sich auf Nr. 6 und 8 der Zinnfolie zum Belegen kleiner Spiegel. Die mit Eßwaaren und mit Parfümerien handelnden Kaufleute, die Apotheker und eine Menge anderer Gewerbetreibenden benutzen die Folien, sowohl die aus reinem Zinn bestehenden als die plattirten, zum Einwickeln ihrer Waaren. Die plattirte Folie, welche nur im Innern aus einer Legirung von Zinn und Blei besteht, und äußerlich reines Zinn ist, kann eben so gut wie die reine Zinnfolie zum Einhüllen gewisser Nahrungsmittel, mit denen sie unmittelbar in Berührung kommt, benutzt werden. Bei dieser Fabrication ist die oben erwähnte Legirung von Zinn und Blei seit einiger Zeit statt des bloßen Bleies zur Bildung der Kerne von Hrn. Massière eingeführt worden, was ohne Zweifel ein Fortschritt ist. Aber nur lange Zeit fortgesetzte vergleichende Beobachtungen können uns volle Gewißheit darüber verschaffen, ob der Stanniol ohne allen Nachtheil zum Einwickeln der Eßwaaren durch die plattirte Folie ersetzt werden kann. – Wir erwähnen schließlich des Metallpapiers, welches in der Massière'schen Fabrik zum Schutz der Tapeten und der Zimmer gegen feuchte Mauern angefertigt wird. Erklärung der Abbildungen. Fabrication der reinen Zinnfolie. – Fig. 19 erläutert die Gießoperation. Fig. 20 ist ein senkrechter Durchschnitt der Gießplatte oder sogenannten Mechanik, und des Gießtrichters (coulissoir). Fig. 21 und 22 stellen einen Durchschnitt senkrecht auf die Länge des Gießtrichters und eine vordere Ansicht desselben dar. A ist eine gußeiserne Pfanne, welche das zu schmelzende Zinn aufnimmt und von einem aus Ziegelsteinen bestehenden Ofen B, der mit Steinkohlen gefeuert wird, umschlossen ist. Das Zinn schmilzt bei einer Temperatur von 280 bis 300º C.; nachdem es gehörig flüssig geworden ist, schöpft eine Frau mit einer Kelle C, welche 700 bis 800 Gramme auf einmal fassen kann, eine gewisse Quantität desselben aus der Pfanne und gießt sie in den Trichter D. Dieser Trichter ist ein dreiseitiges Prisma von Bronze, an beiden Enden mit einem Griffe versehen (Fig. 21 und 22); der Arbeiter hält ihn regelmäßig mit einer seiner Längenflächen gegen den obern Theil der sogenannten Mechanik M (Fig. 20), welche gegen den Ofen gestellt ist. Diese Mechanik besteht, wie erwähnt, aus einer Platte von einem sehr feinkörnigen und dichten Gestein, deren Dicke 5 bis 6 Centimeter beträgt. Einerseits ist diese Platte auf einen Holzrahmen F befestigt, welcher gegen den Ofen gelegt wird; andererseits ist die obere Seite dieser Platte mit dickem wollenem Zeuge, darüber mit Leinwand und über dieser mit sehr feinem Kattun überzogen, welche sämmtlich festgespannt sind. Auf diese Matratze, welche mit einer Art Appretur versehen ist, wird das Zinn gegossen. Der Arbeiter hält den Gießtrichter mittelst der Griffe gegen diese Platte und läßt ihn von Oben nach Unten hinabgehen, die Zinnfüllung des Trichters fließt aus, und wenn der Trichter unten angelangt, so ist das Folieblatt fertig. Dieses Blatt läßt sich nach einigen Secunden sehr leicht von der Platte abnehmen und während es auf einem gewöhnlichen hölzernen Tisch über andere Blätter abgelegt wird, wird ein neues Blatt gegossen; auf diese Weise entstehen Büschel auf einander liegender Blätter, die hernach zum Schlagen mit dem Hammer gelangen. Das Schlagen der Zinnblätter erfordert sehr geschickte Arbeiter, hauptsächlich wenn feine Foliesorten angefertigt werden sollen, z.B. Stanniol Nr. 15, welcher nur eine Dicke von 1/90 Millimetern hat und daher sehr leicht Risse bekommen kann. Ehe die Folie-Blätter in den Handel kommen, werden sie genau untersucht; die fehlerhaften werden zu kleinern Blättern zerschnitten und der Abgang wird wieder eingeschmolzen. Fabrication der plattirten Zinnfolie. – Fig. 23 ist eine innere Ansicht von der Hälfte der Form zum Gießen der Kernplatten für die plattirte Folie. Fig. 24 ist ein Durchschnitt der ganzen Form, senkrecht auf ihre große Achse. Fig. 25 stellt eine Kernplatte dar, wie sie aus der Form herauskommt. Die Form besteht aus zwei gleichen Theilen A und B aus Gußeisen, von denen jede mit einem Griff C versehen ist und die im Innern sowie auf den Rändern genau abgerichtet sind, damit sie sehr dicht auf einander passen. Man hält sie entweder mittelst eines Schraubstocks oder mittelst Schraubenzwingen auf einander. Im obern Rande ist ein conisches Loch (Fig. 24) gelassen, durch welches man das flüssige Metall eingießt. Drei kleine, halbcylindrische Einschnitte b, b, c (Fig. 23) sind auf den Seitenrändern jeder Formhälfte angebracht, so daß sie bei der Zusammenfügung kleine Cylinder bilden, welche beim Guß drei Zapfen geben, die zum Aufhängen der hinreichend abgekühlten Kernplatte in der zweiten Form dienen, worin sie mit reinem Zinn umgossen werden muß. Jede Kernplatte D hat also, wenn sie aus der Form A, B herauskommt, die aus Fig. 25 ersichtliche Gestalt und ist mit drei Zapfen b', b', c' versehen. Wenn sie noch nicht ganz abgekühlt ist, legt man sie in eine zweite Form, die der ersten ganz ähnlich, aber etwas größer ist, so daß in allen Richtungen ein leerer Raum bleibt. Die Enden der Zapfen b', b', c' treten in Einschnitte, die in den Rändern der Form vorhanden sind, und wenn diese zweite Form geschlossen ist, so hat die Platte eine solche Lage, daß sie als Kern für die anzufertigende plattirte Platte dient. Nun gießt man reines Zinn ein, bis alle leeren Räume ausgefüllt sind. Dieses umhüllt also die ganze Kernplatte und selbst den zwischen den Rändern und den Seitenwänden der Form befindlichen Theil ihrer Zapfen; es verbleiben daher nur noch die äußersten Enden der Zapfen, welche man abschneidet, nachdem der ganze Guß erkaltet ist. Die auf diese Weise gebildete Platte unterscheidet sich äußerlich gar nicht von einem aus Zinn bestehenden Zain. Um sie in Folie zu verwandeln, muß sie zuvörderst öfters durchgewalzt werden, wobei sie sich verlängert und in mehrere Tafeln zerschnitten wird, welche wie die Blätter von reinem Zinn zum Schlagen unter den Hämmern kommen. Man wird leicht einsehen, daß bei diesem Walzen und Schlagen das im Kern enthaltene Blei stets im Innern jedes Blattes bleibt, und daß das Zinn immer auf den zwei entgegengesetzten Oberflächen des Blattes das Blei bedeckt.

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