Titel: Ueber das Verhalten von kupfer- und manganhaltigem Roheisen beim Puddeln; von Dr. C. List, Lehrer an der kgl. Provinzialgewerbeschule in Hagen (Grfscht. Mark).
Fundstelle: Band 155, Jahrgang 1860, Nr. IX., S. 23
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IX. Ueber das Verhalten von kupfer- und manganhaltigem Roheisen beim Puddeln; von Dr. C. List, Lehrer an der kgl. Provinzialgewerbeschule in Hagen (Grfscht. Mark).Zuerst mitgetheilt im technischen Verein zu Hagen am 6. April 1859. List, über das Verhalten von kupfer- und manganhaltigem Roheisen beim Puddeln. Obgleich die Vorgänge im Puddelofen zu den interessantesten auf dem Gebiete der chemischen Technologie gehören, so kann doch nicht in Abrede gestellt werden, daß wir über dieselben von Seiten der Chemie nur unvollkommene Aufklärungen erhalten haben, ja daß unsere Vorstellungen über die dabei stattfindenden chemischen Processe mehr auf Vermuthungen als auf genaue wissenschaftliche Beobachtungen gegründet sind. Neben den früheren Mittheilungen von Karsten ist in neuerer Zeit – wo doch das Verfahren erst zu seiner jetzigen Vollkommenheit ausgebildet ist, die es dem Puddelmeister möglich macht, in demselben Ofen nach Belieben sehniges Eisen, körniges Eisen oder Stahl von der besten Qualität zu puddeln – das Feld fast gar nicht bebaut und außer der Untersuchung von Calvert und Johnson über die Abnahme des Kohlenstoff- und Siliciumgehaltes des Eisens während des Puddelns, keine Arbeit von Bedeutung veröffentlicht worden.Dem Verfasser war die Abhandlung von Lan in den Annales des mines t. XV p. 85 noch nicht bekannt. Dieser Mangel mag es rechtfertigen, wenn ich in Folgendem einige Beobachtungen mittheile, die ich über das Verhalten des Eisens habe machen können, obgleich ich nicht beanspruchen kann, dadurch die Entscheidung der Hauptfrage gefördert zu haben. In nicht allzuferner Zeit hoffe ich eine ähnliche Reihe von Analysen, wie sie von Calvert und Johnson ausgeführt sind, folgen lassen zu können. Durch Zufall bin ich dazu gelangt einen abnormen Gang des Puddelprocesses zu studiren. 400 Pfund von Siegener halbirtem Roheisen waren in den Ofen eingesetzt worden; nach 1/2 Stunde, wo das Eisen vollständig niedergeschmolzen war, wurde eine Probe desselben herausgenommen; es war vollkommen weiß geworden. Die nun erwartete Entwickelung von Kohlenoxydgas und das dadurch bewirkte Aufwallen der Schlacken, d.h. das sogenannte Hochkommen trat nicht ein, und anstatt daß, etwa nach einer Stunde, das Luppenmachen hätte beginnen sollen, mußte, nachdem das Eisen etwa drei Stunden im Ofen verweilt hatte, der Inhalt des Ofens abgezapft werden. Während des Herausfließens des Eisens zeigte sich besonders schön das Sprühen blauer Funken, welches auch schon vorher im Ofen beim Umrühren mit der Puddelstange aufgetreten war und welches von den Arbeitern mit dem Ausdruck „das Eisen hat Kupfer“ bezeichnet wird. Da nun der Zustand des Ofens durchaus normal war und die Charge von einem zuverlässigen Puddelmeister geleitet wurde, so mußte die Schuld des Mißlingens das verwendete Roheisen tragen. Dieses zu untersuchen fühlte ich mich um so mehr veranlaßt, als kurz zuvor in einer Sitzung des hiesigen technischen Vereins die Frage erörtert war, ob der Ausdruck: „das Eisen hat Kupfer“ mehr als eine Redensart sey, wobei die Angabe eines Praktikers, daß wenn ein Puddler einen andern ärgern wolle, er ihm einen Kupferdreier in den Ofen werfe, weil dann das Eisen nicht hochkomme, als eine Fabel verlacht war. Am andern Tage wurde daher das abgezapfte Eisen von der Schlackenmasse getrennt und eine Probe davon genommen. Die ganze Eisenmasse wog etwa 240 Pfd., es waren also 160 Pfd. in die Schlacken gegangen. Der Untersuchung wurden drei Proben unterworfen, I vom verwendeten Roheisen, II von dem nach einer halben Stunde völlig unter die Schlacke niedergeschmolzenen Eisen, III von der abgezapften Eisenmasse. – Die Gegenwart von Kupfer machte die Anwendung der gewöhnlichen Bestimmung des Schwefelgehaltes – Behandeln des Eisens mit Salzsäure und Einleiten des entweichenden Gases in Kupferauflösung zur Absorption des Schwefelwasserstoffs – unzulässig. Ich habe daher das Eisen in stark oxydirendem Königswasser gelöst, die Flüssigkeit mit dem ausgeschiedenen Kohlenstoff zum dicken Syrup eingedampft, diesen mit trockenem reinen kohlensauren Natron vermischt und stark erhitzt, die Masse mit Kalilauge gekocht und mit Wasser ausgewaschen und in der Lösung die Schwefelsäure wie gewöhnlich durch Chlorbaryum gefällt; das ungelöst gebliebene Eisenoxyd hatte keine Schwefelsäure zurückgehalten. – Zur Bestimmung des Mangans im Eisen bediene ich mich folgender Methode: die saure Lösung, aus welcher das Kupfer durch Schwefelwasserstoff gefällt ist, wird durch Erhitzen mit chlorsaurem Kali wieder vollständig oxydirt, allmählich mit kohlensaurem Natron übersättigt, das ausgeschiedene Eisenoxyd mit kaltem Wasser durch Decantiren ausgewaschen und das Filtrat mit unterchlorigsaurem Natron versetzt, wodurch das Mangan als Hyperoxydhydrat ausgeschieden wird. Daß das gefällte Eisenoxyd kein Mangan zurückhält, davon überzeugte ich mich, indem ich bei einer Probe dasselbe in Salzsäure auflöste und mit kohlensaurem Baryt zersetzte; das Filtrat enthielt kein Mangan. Die verschiedenen Proben enthielten: I. II. III. Silicium 1,32 0,29 Schwefel 0,28 0,20 Mangan 3,56 0,48 Kupfer 0,35 0,38 0,57 Es zeigt sich also in der That ein nicht unbedeutender Kupfergehalt; er beträgt in den zu der Charge verwendeten 400 Pfd. 1,40 Pfd. Es ergibt sich ferner, daß das Kupfer durch das Puddeln nicht aus dem Eisen entfernt werden kann. Berechnet man, wieviel der procentische Gehalt in dem abgezapften Eisen seyn muß, wenn kein Kupfer in die Schlacke gegangen ist, so erhält man 0,58 Proc., also fast genau die von mir in der Probe III gefundene Menge. Der neben dem Kupfer vorhandene Schwefel erklärt dieses Verhalten sehr leicht, da hier die große Affinität des Schwefels zum Kupfer dieselbe Rolle spielen muß, wie beim Verhütten der Kupfererze, wo ja, so lange noch hinreichender Schwefel vorhanden ist, um mit dem Kupfer Cu²S zu bilden, beim Steinschmelzen das Kupfer nicht in die Schlacke übergeht, sondern sich im Kupferstein concentrirt. In der Probe III sind auf 3 Aequiv. Kupfer noch 2 Aequiv. Schwefel vorhanden, also mehr als erforderlich ist, um Cu²S zu bilden. – In einer andern Eisenmasse, welche ebenfalls hatte abgezapft werden müssen, weil nach fünfstündigem Verweilen im Puddelofen noch kein Hochkommen eingetreten und das Eisen nicht schweißbar geworden war, fand ich auch etwa 0,5 Proc. Kupfer. Obgleich hierdurch nun zwar der Ausdruck „das Eisen hat Kupfer“ gerechtfertigt ist, so wäre es doch voreilig, diesem Kupfergehalt allein die Schuld des abnormen Verhaltens des Eisens beim Puddeln zuzuschreiben. Um dasselbe erklären zu können, würde die Bestimmung des Kohlenstoffgehalts der drei Proben erforderlich seyn, die ich leider bis jetzt noch nicht habe ausführen können, da mir die für solche Arbeiten nöthigen Hülfsmittel nur allzusehr fehlen. Die obigen Zahlen zeigen ferner, daß der Mangangehalt des Roheisens beim Puddeln das Eisen verläßt. Mit diesem Verhalten stimmt überein, daß die Schlacke einen bedeutenden Mangangehalt zeigt. In Betreff des Siliciums ergibt sich eine Bestätigung der von Calvert und Johnson gewonnenen Resultate, indem auch in meinen Proben der Gehalt an Silicium sich schon in der ersten Periode des Puddelns sehr bedeutend vermindert hat, ja diese Abnahme ist noch rascher erfolgt als bei den Versuchen jener Chemiker, wo der Siliciumgehalt in den ersten 40 Minuten von 2,72 Proc. auf 0,91, also auf 1/3 des anfänglichen herabgesunken war, während in der Probe II nicht ganz 1/4 von dem in der Probe I enthaltenen Siliciumgehalte vorhanden ist. – Hiernach entbehrt also die häufig ausgesprochene Ansicht, daß durch den Siliciumgehalt der Frischproceß erschwert werde, der experimentellen Begründung. Was endlich den Schwefelgehalt betrifft, so möchte ich darauf aufmerksam machen, daß in allen Fällen, wo das Eisen Kupfer enthält – und dieß scheint öfter der Fall zu seyn als man gewöhnlich annimmt – die gewöhnliche Methode der Bestimmung des Schwefelgehalts (als Schwefelwasserstoff u.s.w.) ein unrichtiges Resultat liefern muß, und daß bei allen Analysen, bei welchen auf diesen Umstand nicht Rücksicht genommen ist, keine Sicherheit gegen den Verdacht vorliegt, daß der Schwefelgehalt zu gering angegeben ist.