Titel: Photographie unsichtbarer Schriftzüge.
Fundstelle: Band 155, Jahrgang 1860, Nr. LXXXVII., S. 300
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LXXXVII. Photographie unsichtbarer Schriftzüge. Aus dem polytechnischen Intelligenzblatt, 1860, Nr. 1. Photographie unsichtbarer Schriftzüge. Unter der Ueberschrift: Photographie de l'invisible befindet sich in Moigno's Cosmos vom 4. November 1859 eine höchst interessante Entdeckung des Dr. Gladstone mitgetheilt. Nach ihm liefert eine Schrift auf weißem Papier, welche mit einer in Wasser oder Weingeist bereiteten Auflösung fluorescirender Substanzen geschrieben ist, und die dem Auge unsichtbar erscheint, dennoch in wenigen Secunden auf einer mit Collodium-Silbersalz präparirten Platte in der Camera obscura einen deutlichen Abdruck der Schrift. Dr. Gladstone wendete dazu Lösungen von schwefelsaurem Chinin und von Chlorophyll, aus Theeblättern hergestellt, an. In dem genannten Journal vom 11. Nov. v. J. ist von Dr. Gladstone und G. Wilson eine Erklärung für diese eben so eigenthümliche als wissenschaftlich interessante Erscheinung angegeben, wonach der Mangel an chemischer Wirkung der fluoscirenden Substanzen es ist, welcher das Bild hervorbringt. Wir wurden veranlaßt, diese neue Entdeckung zu prüfen und ihren Werth für die Technik festzustellen. Wir fanden, daß nicht allein mit fluorescirenden Stoffen überzogene Gegenstände wenig chemisch wirkendes Licht reflectiren, sondern, daß sie auch wenig chemisch wirkende Lichtstrahlen hindurchlassen. Papier, worauf sich mit fluorescirenden Substanzen ausgeführte Schrift befindet, zeigt auf einem untergelegten empfindlichen, mit Silbersalz präparirten Papier nach längerer Lichtexposition die Schrift ausgespart. Ebenso haben damit getränkte Stoffe eine geringe Lichtwirkung, wie z.B. hellblau gefärbte Bänder und dergl. Es stand daher zu erwarten, daß damit getränkte Stoffe ihre auch noch so empfindliche Farbe im Lichte nicht verändern würden, was auch Versuche bestätigten. Ein mit Chlorsilber getränktes und gut ausgewaschenes Papier wurde zur Hälfte mit einer Weingeistlösung, in welcher nur 1/400 Theil fluorescirender Substanz gelöst war, bestrichen und nach dem Trocknen dem zerstreuten Tageslichte ausgesetzt. Sofort trat ein Dunkelwerden des nicht bestrichenen Theils des Papiers ein, und erst nach länger als 15 Minuten sing sich die bestrichene Seite dem Auge bemerkbar zu färben an. – Eine große Zahl höchst interessanter Erscheinungen beobachteten wir durch Abänderung der Versuche, und gewannen daraus die Ueberzeugung, daß Farbstoffe organischer oder unorganischer Natur, welche leicht durchs Licht verändert werden, durch Tränkung oder Ueberzug mit fluorescirenden Substanzen lichtbeständig gemacht werden können. Maler, Färber, Photographen u. dergl. dürften hieraus einen wesentlichen Nutzen ziehen. In einer kleinen Schrift sind die Erfahrungen des Hrn. A. Lipowitz in Berlin (Philippstr. 4.) niedergelegt.Die interessante Entdeckung des Dr. Gladstone suchte der genannte Herausgeber des polytechnischen Intelligenzblattes zum Schutz zarter Farben, welche im Lichte bleichen oder verändert werden, praktisch anwendbar zu machen. Gegen franco Einsendung von 1 Thlr. ist derselbe bereit, sein auf eine Reihe von Versuchen begründetes Verfahren, Farben gegen Ausbleichen zu schützen gleich viel, ob sie auf leinenen, baumwollenen, wollenen oder seidenen Garnen und Geweben oder auf Bildern (Aquarellen, Photographien, Farbendruck u. dergl.) sich befinden mitzutheilen Es ist in derselben die Methode zur billigsten Herstellung der geeignetsten fluorescirenden Substanz angegeben, sowie auch das Verfahren mitgetheilt: leinene, baumwollene, seidene und wollene Stoffe zu tränken und Bilder, insbesondere Aquarellen, farbige Drucksachen, Photographien u.s.w. zu behandeln, um sie vor den zerstörenden Einwirkungen des Lichts zu schützen.