Titel: Ueber die Analyse der Milch; von Prof. Dr. A. Vogel jun.
Autor: Alfred Vogel
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. XVII., S. 44
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XVII. Ueber die Analyse der Milch; von Prof. Dr. A. Vogel jun. Mit einer Abbildung. Vogel, über die Analyse der Milch. Die quantitative Analyse der Milch, namentlich die Bestimmung ihres Wassergehaltes, gehört mit unter die schwierigsten Operationen. Das Casein hält nämlich die letzten Reste von Wasser mit solcher Hartnäckigkeit zurück, daß das Trocknen sehr lange fortgesetzt werden muß, um nur einigermaßen zuverlässige Resultate zu erzielen. Bei rascherer Erhitzung aber wird nicht selten die gebildete Caseinhaut von den in die Höhe dringenden Wasserdämpfen durchbrochen, wobei durch Spritzen Verlust entsteht. Es darf daher als ganz richtig erscheinen, wenn Lehmann behauptet, daß das vollkommene Trocknen abgedampfter Milch, namentlich bei größeren Mengen Trockensubstanz, gerade zu unmöglich sey. Durch den Vorschlag Haidlen's, der Milch eine gewogene Menge Gyps zuzusetzen, ist die Abdampfung der Milch allerdings etwas erleichtert worden, allein da man nach seiner Vorschrift mit bedeutenden Mengen (20 bis 50 Grammen Milch und 1/5 Gyps) zu arbeiten hat, so ist mit Hinzurechnung des Abdampfungsgefäßes die Belastung viel zu groß, als daß der Versuch auf einer feinen Waage ausgeführt werden könnte. Dagegen ist nicht zu läugnen, daß nach der Haidlen'schen Methode für technische Zwecke hinreichend genaue Resultate erzielt werden können. Aus der Schwierigkeit der Milchanalyse erklärt es sich denn auch, daß fast jeder Chemiker, der sich mit diesem Gegenstande beschäftigt hat, diese Analyse nach seiner eigenen Methode ausführt, und wir haben gegenwärtig 6 Methoden, welche alle durch verschiedene Zusätze zur Milch das schwierige Abdampfen zu ermöglichen bezwecken. In neuester Zeit hat es Reichelt versucht, die hallymetrische Methode, welche zur Bestimmung des Wassergehaltes im Biere ausgeführt wird, auch auf die Bestimmung des Wassergehaltes der Milch anzuwenden. Diese Methode ist, seitdem sie bekannt gemacht, in meinem Laboratorium sehr häufig zur Analyse der Milch benützt worden, so daß ich von ihrer Brauchbarkeit mich hinreichend zu überzeugen Gelegenheit gehabt habe. Sie theilt indeß mit der hallymetrischen Bierprobe den Fehler, daß sie, wie ich demnächst ausführlich zu zeigen beabsichtige, den festen Rückstand um ein Geringes zu niedrig angibt. Ich bin nun bei der Wassergehaltbestimmung der Milch zu der ursprünglichen Methode des Abrauchens, aber ohne Zusatz irgend eines pulverförmigen Körpers zurückgegangen, und zwar habe ich hierzu den von mir zur Analyse des BieresChemisch-technische Beiträge von Prof. Dr. A. Vogel jun., München 1860, S. 138. in Vorschlag gebrachten Apparat, welchen ich a. a. O. noch nicht näher beschrieben habe, angewendet. Textabbildung Bd. 156, S. 45 Derselbe besteht, wie aus der beigegebenen Abbildung hervorgeht, aus einem weiteren Rohre a an dessen beiden Enden 2 engere b und c angelöthet sind. An der engern Röhre c ist eine Kugel d angeblasen. Das Verfahren besteht darin, daß man in den tarirten Apparat durch Einsaugen die zu untersuchende Milch einfließen läßt, mit der Vorsicht, daß die Milch die obere Wandung des Rohres a nicht berührt, und nun wägt. Man bringt nun den Apparat in ein Gefäß mit kochendem Wasser und leitet mittelst der von mir beschriebenen SaugvorrichtungPolytechn. Journal Bd. CXXXV S. 113. einen durch Schwefelsäure getrockneten Luftstrom hindurch. Es bleibt nun in kürzester Zeit ein vollkommen trockner Rückstand, welcher mit dem tarirten Apparat gewogen wird. Zu größerer Sicherheit kann man noch das Wasserbad mit einem Oelbade vertauschen und bei einer indeß 130° C. nicht übersteigenden Temperatur die Luft durch den Apparat hindurchleiten. Das aus der Milch verdampfte Wasser erhält man in einer kleinen Vorlage und es kann daher auf den Gehalt flüchtiger Producte weiter untersucht werden. Der im Apparate bleibende Rückstand eignet sich, da er nun absolut trocken ist, zu einer ferneren Behandlung mit Aether, Alkohol etc., um die festen Bestandtheile einzeln zu bestimmen. Da die Milch keine stabile Zusammensetzung hat, so konnte die Richtigkeit dieser Methode nur auf empirischem Wege geprüft werden. Dich geschah dadurch, daß man eine Portion Milch, deren Gehalt vorher mit diesem Apparate bestimmt war, mit einer gewogenen Menge Wassers verdünnte und nun in diesem Zustande bekannter Verdünnung abermals in der angegebenen Weise behandelte. Die Versuche zeigten vollkommen übereinstimmende Resultate. Zur Reinigung des Apparates, welche wegen des engen Lumens der Ausgangsröhren auf mechanischem Wege nicht stattfinden kann, saugt man ihn theilweise voll concentrirter Salpetersäure, welche bei schwacher Erwärmung die festen Bestandtheile leicht und vollständig auflöst. Zum Schlusse führe ich die Zahlen einer nach dieser Art der Bestimmungen vorgenommenen Versuchsreihe mit zwei aus verschiedenen Quellen bezogenen Milchsorten an. I. Leerer Apparat 14,780 Grm. Apparat mit Milch 17,381   „           d. i. Milch   2,601   „ Nach dem Trocknen im Wasserbade 15,070   „           d. i. fester Rückstand 11,161 Proc. Nach dem Trocknen im Oelbade bei 130° C. 15,065 Die Milch besteht daher in 100 Thln. aus 89,043 Wasser und 10,957 festen Bestandtheilen. II. Leerer Apparat 14,780 Grm. Apparat mit Milch 15,405   „           d. i. Milch   1,625   „ Nach dem Trocknen bei 100° C. 14,983   „           d. i. fester Rückstand 12,5    Proc. Nach dem Trocknen im Oelbade bei 130° C. 14,979 Die Milch besteht daher in 100 Thln. aus 87,76 Wasser und 12,24 festen Bestandtheilen.