Titel: Ueber Uranoxyd und dessen fabrikmäßige Darstellung; von E. Friedr. Anthon.
Autor: Ernst Friedrich Anthon [GND]
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. LIX., S. 207
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LIX. Ueber Uranoxyd und dessen fabrikmäßige Darstellung; von E. Friedr. Anthon. Anthon, über Uranoxyd und dessen fabrikmäßige Darstellung. Die Geschichte des Uranoxyds bietet ein äußerst interessantes Beispiel dafür dar, daß Stoffe, welche früher werthlos gewesen sind, in einem verhältnißmäßig sehr kurzen Zeitraum zu einem sehr bedeutenden Werth gelangen können, und mag daher dieses Beispiel als Mahnruf dienen, die Gaben der Natur nie zu unterschätzen, auch wenn deren Werth noch nicht erkannt worden ist. Besonders gilt dieß vom Bergbau, wo nur zu häufig Mineralien als werthlos auf die Halden gestürzt werden, von denen man schon im Voraus erwarten kann, daß dieselben früher oder später eine nützliche Anwendung zulassen werden, und die man in den meisten Fällen ohne besondere Kosten abgesondert aufstürzen könnte. Es sind kaum dreißig Jahre, daß die Uranpechblende nur einen wissenschaftlichen Werth für die Mineraliensammler hatte, und dem Uranoxyd nur ein bescheidenes Plätzchen in dem chemischen Präparaten-Cabinet angewiesen wurde. Als man aber bald darauf anfing das Uranoxyd technisch zu benutzen, und besonders dasselbe zur Herstellung eines sehr schönen gelbgrüngefärbten Glases anzuwenden, nahm auch die Pechblende bald einen bestimmten Handelswerth an. Derselbe betrug anfangs beiläufig 10 fl. für den Centner, stieg aber in Folge des Beifalls, welcher den mit Uranoxyd gefärbten Gläsern zu Theil wurde, und wegen dem seltenen Vorkommen dieses Minerals auf 40, dann 100, später 280 und endlich im Jahre 1852 sogar auf die enorme Höhe von 500 fl. Conv.-M. und darüber für den Centner des bloßen rohen Erzes, während der Preis des daraus dargestellten Uranoxyds bis auf 2000 fl. Conv.-M. und darüber stieg. Unter solchen Umständen konnte es nicht ausbleiben, daß man in aller möglichen Weise die Darstellung eines so kostbaren Stoffes zu vereinfachen und zu verbessern suchte. Die früher bekannt gewordenen Darstellungsmethoden waren theils zu umständlich, theils mit der Anwendung zu theurer Chemikalien verknüpft und konnten daher auch bei der fabrikmäßigen Darstellung dieses Oxyds nicht wohl Anwendung finden, und zwar besonders deßwegen, weil die Pechblende in Folge der starken Nachfrage von immer schlechterer Qualität in den Handel gesetzt wurde, so daß dieselbe oft nicht mehr als 10 Procent Uranoxyd enthielt. Erst Patera ermittelte in Folge dessen, daß das österreichische Aerar beschloß, die Fabrication des Uranoxyds in Joachimsthal selbst ausführen zu lassen, eine für die Fabrication im Großen passende Methode, welche im Wesentlichen darin besteht, daß durch Glühen der fein pulverisirten Pechblende mit Kreide Uranoxydkalk gebildet, dieser dann mit Schwefelsäure behandelt und die so erhaltene Lösung alsdann behufs der Reduction des Uranoxyds zu Oxydul, mit metallischem Eisen gekocht, und hierauf durch starke Verdünnung mit Wasser aus derselben basisch- schwefelsaures Uranoxydul gefällt wird, welches man und das noch anhängende basisch schwefelsaure Eisenoxydul in möglichst wenig Schwefelsäure löst und nochmals durch Verdünnen mit Wasser fällt, und aus dem in dieser Weise rein erhaltenen basisch-schwefelsauren Uranoxydul die anderen Uranverhindungen darstellt, – ein Verfahren, welches er später in der Weise abänderte, daß der mit Kalk im Flammenofen geglühten Pechblende, durch Schwefelsäure, welcher man etwas Salpetersäure zugesetzt, das Uranoxyd entzogen und diese noch unreine Lösung mit überschüssiger Soda zersetzt und so in Wasser lösliches kohlensaures Uranoxyd-Natron gebildet wird, aus welchem man mittelst Schwefelsäure uransaures Natron niederschlägt und als Urangelb in den Handel setzt. Dieses Verfahren lieferte jedoch ein Product welches im Handel nicht beliebt war. Auch ich hatte Gelegenheit die namhafte Quantität von mehr als 80 Centner Pechblende auf Uranoxyd zu verarbeiten, deren Gehalt zwischen 10 und 70 Procent schwankte, und wird es nicht ohne Interesse für den Chemiker seyn das Verfahren kennen zu lernen, dessen ich mich dabei bediente, da dasselbe in wesentlichen Punkten ein eigentümliches ist, und manche Vorzüge vor anderen Darstellungsmethoden darbietet. Dieses mein Verfahren ist nun folgendes. Die Uranpechblende wird zuerst möglichst fein pulverisirt, wobei man besonders bei schlechten (geringhaltigen) Erzen nicht leicht zu weit gehen kann. Das pulverisirte Mineral wird alsdann mit Wasser in einen dünnen rührbaren Brei umgewandelt und nun unter einem gut ziehenden Schlot oder bei windiger Witterung im Freien, so lange von einer Mischung von gleichen Theilen concentrirter Salpetersäure und Salzsäure (welche beide nicht rein zu seyn brauchen und namentlich, sogar mit Vortheil, größere Mengen Schwefelsäure enthalten dürfen) unter fleißigem Umrühren zugesetzt, als noch sichtbare Einwirkung stattfindet und insbesondere bei Zusatz einer frischen Portion Säure noch Aufbrausen und Entwickelung gelber Dämpfe stattfindet, welche Manipulation man entweder in großen glasirten thönernen Töpfen oder, und zwar am passendsten, im gußeisernen Kessel vornehmen kann, wenn die Localität ein rasches Ableiten der sich entwickelnden Dämpfe zuläßt. 25 Pfd. pulverisirte Pechblende für einen Topf welcher ungefähr 40 Pfd. Wasser zu fassen im Stande ist, oder 100–200 Pfd. bei der Arbeit in gußeisernen Kesseln sind hierbei passende Mengen. Selbstverständlich hat man sich bei dieser Manipulation so viel als möglich vor den sich entwickelnden sauren Dämpfen zu schützen, deren Auftreten man jedoch bedeutend vermindern und das Belästigende derselben dadurch abwenden kann, daß man das pulverisirte Erz vor der Behandlung mit dem Säuregemisch abröstet – eine Behandlung, welche auch eine namhafte Ersparung an Salpetersäure möglich macht, indem man dann eine Mischung von 3 Theilen Salzsäure und einem Theil Salpetersäure anwenden kann. Die Einwirkung der Salpetersalzsäure (Königswasser) ist (auch ohne Anwendung von Wärme) eine sehr energische, bei welcher sich, besonders bei der Anwendung von nicht geröstetem Erz, so viel Wärme entwickelt, daß die Aufschließung in den meisten Fällen eine vollständige ist. Die hierbei nöthige Menge Salpetersalzsäure läßt sich selbst nicht annähernd angeben, und ist eine sehr verschiedene, je nach der so sehr verschiedenen Qualität der Pechblende und je nachdem man dieselbe im rohen Zustande oder abgeröstet anwendet. Die Beendigung der Zersetzung ergibt sich jedoch sehr leicht aus den schon bemerkten Erscheinungen. Sobald nun auf einen erneuerten Zusatz einer geringen Portion von Salpetersalzsäure keine sichtbare Einwirkung mehr stattfindet, wird die breiförmige Mischung (die man bei der Behandlung so consistent als thunlich zu halten hat, dabei nöthigenfalls aber auch etwas Wasser zusetzen kann), unter fleißigem Umrühren in einem flachen Kessel so lange mäßig erwärmt, bis sie trocken erscheint, wobei der Kessel nicht bis zum Glühen erhitzt werden soll, demselben aber doch nahe kommen darf. Die in dieser Weise ausgetrocknete Masse wird dann mit Wasser vollständig ausgezogen, die schwachen letzten Auszüge mit den zuerst erhaltenen in der Weise gemischt, daß man eine Flüssigkeit von 8 bis 12º B. erhält, worauf man allmählich unter stetem Umrühren so lange Soda zusetzt, bis sich diese in einem mäßigen Ueberschuß vorfindet, und durch den Geschmack bereits zu erkennen gibt, wobei jedoch ein größerer Ueberschuß derselben zu vermeiden ist. Die dadurch erhaltene und von ausgeschiedenen Oxyden dicklich und in der Regel gelbbraun erscheinende Flüssigkeit erhitzt man nunmehr zum Sieden (was am besten in einem gußeisernen Kessel geschieht), beseitigt dann das Feuer, verschließt die Züge des Ofens luftdicht, um die Wärme möglichst zusammenzuhalten, und läßt den Kessel, nachdem man ihn in derselben Absicht gut zugedeckt hat, zum Absetzen über Nacht stehen. Am andern Morgen wird die klar über dem Bodensatze stehende gelbe Flüssigkeit, welche nun eine Auflösung von kohlensaurem Uranoxyd-Natron ist, die aber noch fremdartige Stoffe, wenn auch oft nur in geringer Menge, enthält, mittelst eines Hebers klar abgezogen und der dicke Bodensatz in doppelte Leinensäcke (von circa 30 Zoll Länge und 8 bis 9 Zoll Breite), welche in einem Gestelle aufgehängt sind, gebracht, und dieselben, nachdem von ihnen nichts mehr abtropft, oben zugebunden und in einer kräftigen Presse gut ausgepreßt, der Preßrückstand alsdann in den Kessel zurückgebracht, in Wasser zertheilt, etwas Soda zugesetzt und nochmals gut aufgekocht, um die letzten Antheile Uranoxyds auszuziehen. Die hierbei neuerdings erzielte Auflösung von kohlensaurem Uranoxyd-Natron wird wie das erstemal von dem Bodensatze getrennt und sämmtliche klaren gelben alkalischen Uranoxydlösungen in einem gußeisernen Kessel der Concentration unterworfen. Wenn diese nun einen bestimmten Grad erreicht hat, so scheidet sich das kohlensaure Uranoxyd-Natron in Form eines schweren krystallinischen körnigen Pulvers von mehr oder weniger lebhaft citronengelber Farbe aus und wird dadurch gesammelt, daß man glasirte thönerne Schalen mittelst Schnüren innerhalb der kochenden Flüssigkeit aufhängt, in welchen sich das kohlensaure Uranoxyd-Natron ansammelt, und so oft beseitigt wird, als die Schalen sich damit vollgefüllt haben. Hiermit wird so lange fortgefahren, als sich von demselben noch erhebliche Mengen ausscheiden, die dann verbleibende Mutterlauge aber, welche immer noch viel Uranoxyd enthält, bei der Zersetzung neuer Mengen von roher (durch die Behandlung von Pechblende mit Salpetersalzsäure enthaltener) Uranoxydlösung durch Soda zugesetzt. Das auf diese Weise erhaltene kohlensaure Uranoxyd-Natron ist zuweilen, namentlich dann ein reines oder doch nahezu ein reines Präparat, wenn dasselbe eine reine, lebhafte und satte citronengelbe Farbe besitzt. Da dieses aber nicht immer der Fall, und das kohlensaure Uranoxyd-Natron im Handel nicht beliebt ist, so wird mit demselben noch die nachfolgende Behandlung vorgenommen, um dasselbe in das beliebte, viel dunkler gelb gefärbte und auch wegen feines viel größeren Gehaltes viel ausgiebigere ammoniakhaltige Uranoxyd umzuwandeln. Zu diesem Behuf wird das kohlensaure Uranoxyd-Natron in Wasser aufgelöst, wobei man darauf Rücksicht zu nehmen hat, daß sich diese Verbindung nur langsam in Wasser auflöst, weßwegen man die Auflösung nicht eher als eine genügend gesättigte anzusehen hat, als bis dieselbe eine Dichte von 15–18º B. zu erkennen gibt. Ist dieser Zeitpunkt eingetreten, so läßt man die Flüssigkeit sich entweder durch Absetzen klären, oder unterwirft dieselbe der Filtration. Obgleich weder das Eine noch das Andere Schwierigkeiten unterliegt, so kann man doch auch in der Art verfahren, daß man das kohlensaure Uranoxyd-Natron in schmale, hohe hölzerne Behälter (von 2–3' Höhe und 8–10'' Durchmesser) bringt, und so lange Nasser langsam hindurchfließen läßt, bis alles kohlensaure Uranoxyd-Natron aufgelöst ist. Bei dieser Behandlung bleiben die fremdartigen Stoffe, welche das kohlensaure Uranoxyd-Natron in größerem oder geringerem Verhältniß verunreinigten, unaufgelöst zurück. Die reine Lösung des kohlensauren Uranoxyd-Natrons wird nun zum Schlüsse in einem gußeisernen Kessel zum lebhaften Kochen erhitzt, und so lange mit der nöthigen Unterbrechung mit einer Lösung von salzsaurem oder schwefelsaurem Ammoniak (je nachdem das eine oder das andere billiger ist) versetzt, als bei Zusatz einer neuen Portion desselben, ein erneuertes Aufschäumen und erneuerte oder lebhaftere Entwickelung von kohlensaurem Ammoniak (neben den Wasserdämpfen) sich einstellt. Hierdurch findet nun die Fällung von schönem sattgelbem ammoniakhaltigem Uranoxyd statt, welches man auf dieselbe Weise in Schalen aufsammelt, wie ich oben zum Sammeln des kohlensauren Uranoxyd-Natrons vorgeschrieben habe. Wenn sich trotz eines geringen Ueberschusses des zugesetzten Ammoniaksalzes bei fortgesetztem Kochen kein Uranoxyd mehr ausscheidet, und die kochende Flüssigkeit nicht mehr alkalisch reagirt, so ist der Proceß beendet, und ist das erhaltene Uranoxyd nunmehr nur noch auszuwaschen und zu trocknen. Da die hierbei erhaltenen Waschwässer, so wie die bei dieser letzten Behandlung verbliebene Mutterlauge in fast allen Fällen noch etwas Uranoxyd in Auflösung enthalten, so hat man mit denselben, um einem Verluste vorzubeugen, eben so zu verfahren wie schon oben in Bezug auf die Mutterlaugen vom kohlensauren Uranoxyd-Natron angegeben worden ist. Was die bei diesem Verfahren anzuwendenden Mengen von Ammoniaksalzen anbelangt, so sind dieselben sehr gering. Es ist von denselben nämlich nur so viel nothwendig, daß die Säure des einen oder des andern der genannten Ammoniaksalze ausreicht, um die Menge des im kohlensauren Uranoxyd-Natrons enthaltenen Natrons zu sättigen. Da nun das kohlensaure Uranoxyd-Natron 22,9 Proc. Natron enthält, so sind zur Zersetzung von 100 Pfd. wasserfreiem kohlensaurem Uranoxyd-Natron nur gegen 49 Pfd. schwefelsaures Ammoniak oder statt dessen nur 39–40 Pfd. Salmiak nothwendig. Wenn nun weiter berücksichtigt wird, daß das schwefelsaure Ammoniak oft um den vierten Theil des Preises vom kohlensauren Ammoniak zu haben ist, dieses letztere aber außerdem bei jenen Methoden der Uranoxydbereitung, welche auf dessen Anwendung beruhen, in 3–5facher Menge von der Menge, in welcher bei meiner Methode das schwefelsaure Ammoniak anzuwenden ist, erfordert wird, so ergibt sich aus diesem Grund allein schon die Vortheilhaftigkeit meines Verfahrens, ganz abgesehen von anderen Vorzügen.