Titel: Das Uebertragen der Collodiumbilder von der Glasplatte auf Papier, Wachsleinwand, Glanzleder und Gutta-percha; von Dr. Jul. Schnauß.
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. CXI., S. 431
Download: XML
CXI. Das Uebertragen der Collodiumbilder von der Glasplatte auf Papier, Wachsleinwand, Glanzleder und Gutta-percha; von Dr. Jul. Schnauß.Aus dem sehr empfehlungswürdigen Werke: Photographisches Lexikon. Ein alphabetisches Nachschlage-Buch für den praktischen Photographen, sowie für Maler, Chemiker, Techniker, Optiker etc. auf Grund der neuesten Fortschritte. Mit theilweiser Benutzung von Sutton's Dictionary of Photography und unter Berücksichtigung der neuesten Literatur sowie eigener Erfahrungen. Herausgegeben von Dr. Julius Schnauß. Leipzig, Verlag von Otto Spamer, 1860.“ A. d. Red. Schnauß, das Uebertragen der Collodiumbilder von der Glasplatte auf Papier etc. Wenn ein Collodiumbild nicht zu porös und pulverig ist, kann man es noch naß nach dem letzten Waschen leicht in folgender, namentlich für Negativs passenden Weise von der Glasplatte auf Papier übertragen. Man lege ein dickes angefeuchtetes Stück Löschpapier so auf das Häutchen, daß die ganze Platte bis auf ungefähr 1/4 Zoll an dem einen Ende bedeckt wird. Dann biege man mit einem Federmesser den schmalen Rand des Häutchens, welcher außerhalb des Löschpapiers liegt, über dasselbe und hebe das Löschpapier, an dieser Seite anfangend, sanft von der Platte ab, indem man während dieser Operation einige Tropfen Wasser zwischen Glas und Häutchen laufen läßt, welches letztere dann mit ihm abgehen wird. Es kann bleibend auf einen Bogen geleimten Papiers befestigt werden, indem man das das Häutchen tragende Löschpapier auf geleimtes Papier legt, beide Papiere zusammendrückt und sie dann von selbst trocknen läßt; dann kann man das Löschpapier abheben, und das Häutchen bleibt so fest an dem Leimpapier hängen, daß man es weder durch Kratzen noch Reiben davon zu entfernen vermag. Das Papier kann auch nöthigenfalls noch gewachst werden. Ein Panotyp ist bekanntlich ein auf Wachsleinwand übertragenes Collodiumpositiv. Nach des Verfassers Erfahrung verfährt man dabei am besten wie folgt: Das noch feuchte Collodiumbild, welches nöthigenfalls durch Ueberstreichen mit einem nassen, zarten, aber dicken Kameelhaarpinsel von allem Silberstaub, der mechanisch daran haftet, befreit worden, wird mit verdünnter Essig- oder Salzsäure, der man etwas Alkohol zusetzt, übergossen. Ein gutes Verhältniß ist: Wasser 100 Theile Salzsäure     5 Theile Alkohol     5 Theile. Man läßt diese Flüssigkeit so lange einwirken, bis eine Probe zeigt, daß sich das Häutchen leicht vom Glase trennen läßt. Hierauf wird die Flüssigkeit vom Bilde abgegossen, dieses gut mit destillirtem Wasser abgewaschen und nun sofort das gut gereinigte und stark erwärmte Stück Wachsleinwand mit Vermeidung aller Luftblasen rasch und ohne es zu verschieben aufgelegt. Einige Minuten oder länger setzt man nun das Ganze einem leichten Druck aus, wonach sich die Wachsleinwand mit dem Häutchen leicht wird abziehen lassen. Gut ist es dabei, die überstehenden Ränder des Häutchens an das etwas kleinere Wachstuch anzudrücken und während des Abziehens unter die zuerst aufgehobene Ecke des Wachstuchs einige Tropfen Wasser laufen zu lassen. Läßt man den Druck vor dem Abziehen so lange einwirken, bis Alles getrocknet ist, so gelingt es, selbst sehr dünne Collodiumhäutchen abzuziehen, wenn anders das Wachstuch gut, nämlich etwas klebrig, biegsam und glatt ist. Collodiumpositivs kann man vom Glas auf Glanzleder übertragen, wenn man das Häutchen und das Leder mit Alkohol befeuchtet, sie zusammenpreßt und nach einigen Minuten das Leder abschält, welches das Häutchen mit sich nimmt und zwar fest mit dem schwarzen Glanz verbunden, so daß es nicht wieder durch Kratzen mit dem Nagel entfernt werden kann. Léon Gassagne beschrieb bei einer Versammlung der französischen photographischen Gesellschaft am 19. Juni 1857 folgende Weise, Collodiumnegativs auf Gutta-percha überzutragen: Es ist allgemein bekannt, daß in der kaiserlichen Druckerei zu Wien, wenn man ein gutes Collodiumnegativ auf Glas erhalten hat, dieses gewöhnlich mittelst eines doppelten Häutchens aus Leim und Gutta-percha, in Chloroform aufgelöst, übertragen wird. Das dabei angewendete Verfahren besteht in Folgendem: Man löse zuerst reine Gutta-percha 1,92 Gramme Chloroform oder Benzol 31,09 oder Gutta-percha 2,56 Chloroform oder Benzol 31,10 Man kann nach Bedürfniß das Mischungsverhältniß verändern. Wenn das Negativ auf dem Glase trocken ist, so gieße man auf die Collodiumseite einen Ueberzug von der obigen Lösung. Man lasse sie langsam und gleichmäßig laufen, damit ihr Zeit gegeben ist, in das Collodiumhäutchen einzudringen und sich mit ihm zu verbinden. Sobald dieser Ueberzug vollkommen trocken ist, verstärke man ihn durch einen zweiten, der aus folgenden Substanzen besteht: Käuflicher Leim (weißer) 30 Gramme Filtrirtes Wasser, so viel als der Leim aufnehmen    kann, um möglichst aufzuquellen Hauseublase 5 Alkohol 15 Man schmelze den Leim in dem Wasser, das er absorbirt hat, indem man das Gefäß, welches denselben enthält, in heißes Wasser stellt. Dann schmelze man die Hausenblase in derselben Weise in Alkohol. Hierauf mische man beides allmählich und sorgfältig, indem man diese Art Firniß mit einem hölzernen Spatel umrührt. Dann erwärme man die Mischung vorsichtig, damit sie nicht durch zu große Hitze verdorben wird. Man halte das Negativ mit dem Gutta-percha-Ueberzug nach Oben vor ein klares Feuer oder über eine Spirituslampe, bis es bis zu 20° C. erwärmt ist; dann übergieße man es, nachdem es von der Flamme hinweggenommen, mit der Leimlösung so dünn als möglich. Es ist nöthig zu sagen, daß der Leim dabei warm und vollkommen flüssig seyn muß. Dann lasse man es einen Augenblick abkühlen und trocknen, doch so, daß kein Staub darauf fällt; hierauf läßt sich leicht mittelst Wasserdampfes das dreifache Häutchen von Collodium, Gutta-percha und Leim entfernen. Diese gar nicht schwierige Operation führt man aus, sobald man sieht, daß das Häutchen durch den Dampf leicht erweicht ist, indem man es vom Glase dadurch zu trennen sucht daß man es bei der Ecke anfaßt, von welcher der Ueberschuß an Collodium abgegossen wurde. Man kann das Häutchen auch mittelst eines Hornmessers ablösen, während man einige Tropfen Wasser zwischen dasselbe und das Glas fallen läßt. Sobald man das Häutchen von der Glasplatte entfernt hat, presse man es zwischen zwei Gläsern, die eine platte Oberfläche haben und dick genug sind, um durch ihre eigene Schwere zu wirken. Das anzuwendende Collodium muß hinreichende Consistenz besitzen, jedoch nicht so viel, daß Streifen oder Linien auf demselben entstehen, wenn es trocken geworden ist. Die Chloroform- oder Benzollösung sollte man mehrere Tage stehen lassen, ehe man sie anwendet, damit sich die färbenden Bestandtheile oder andere in ihr enthaltene Verunreinigungen absetzen. Man filtrire durch Papier, damit die Lösung hinreichend klar werde, und verschließe den obern Theil des Trichters, weil sich sonst die Lösung durch Verdampfung verdickt. Benzol, specifisch leichter als das Chloroform, gibt gute Resultate, doch noch nicht so gute als die durch Chloroform erhaltenen, das eine fast farblose Lösung gibt, die nach dem Verdampfen fest adhärirt; auch geht alles rascher als mit Chloroform. Die Dichtigkeit der Gutta-percha-Lösung, die immer etwas leicht gefärbt ist, verzögert beträchtlich ihre vollständige Klärung. Es ist nothwendig, alle Verunreinigungen aus dieser Lösung zu entfernen. Folgende Methode, trockene Collodiumnegativs auf Papier überzutragen, wurde von Bayard bei einer Versammlung der französischen photographischen Gesellschaft am 20. Februar 1857 beschrieben. „Unter den Proben, die ich Ihnen vorzulegen die Ehre habe, befinden sich einige, die von sehr alten Negativs und zwar von schon gefirnißten erhalten wurden. Sie waren alle leicht zu übertragen. Ich kann Ihnen indessen nicht versprechen, daß es immer so leicht gehen wird. Es ist wahrscheinlich, daß gewisse Firnisse und besonders fette Firnisse dem Erweichen und Abziehen des Collodiumhäutchens ein Hinderniß darbieten. Ich fürchte auch, daß auf Negativs aufgetragenes Albumin und Leim den Erfolg der Operation beeinträchtigen; ferner muß ich erklären, daß es mir noch nicht gelungen ist, bei Negativs, die mittelst Taupenot's Proceß erhalten wurden, dieses Uebertragen in einfacher Weise oder modificirt vorzunehmen. Folgendes ist mein Verfahren: Um das Collodiumhäutchen vom Glase abzulösen, benutze ich Leimpapier. Zur Bereitung desselben löse man in 1 Liter filtrirten Regenwassers 40 Gramme (ungefähr 4 Proc.) farblosen Leim auf. Hat sich der Leim gelöst, so gieße man die Lösung in eine Schale, die man vorher erhitzt hat. Dann lege man die Papiere 1–2 Minuten lang auf das Bad und hänge sie an einer Ecke zum Trocknen auf. Wenn sie trocken sind, kann man sie bis zum Gebrauch in einer Mappe aufbewahren. Die Sorte Papier, welche für diesen Zweck am meisten zu passen scheint, ist Canson's dünnes Negativpapier. Hat man das zu übertragende Negativ so eben aufgenommen, und es ist noch naß, so lege man das Glas auf eine horizontale Unterlage, mit der Collodiumseite nach Oben, und bedecke sie gleichmäßig und eben mit Wasser. Dann nehme man einen Bogen des präparirten Papiers (ebenso groß wie das Glas), bringe die geleimte Seite 3–4 Minuten lang auf ein Wasserbad, und nachdem man es wieder sorgfältig abgenommen hat, lege man es auf das Wasser, welches das Glas bedeckt. Dadurch nun, daß man das Glas neigt, läßt man das Wasser abfließen und das Papier am Collodium haften. Hierauf stelle man das Glas senkrecht auf und lasse es von selbst trocknen. Ist aber das zu übertragende Negativ alt und noch nicht gefirnißt worden, so lasse man es ungefähr 1/4 Stunde lang mit dem Häutchen nach Oben in einem Gefäß voll Wasser liegen. Nach 10 oder 15 Minuten lege man das gelatinirte Papier mit der Leimseite auf dasselbe Wasser und hebe dann die Glasplatte, sie an den Ecken anfassend, so aus dem Wasser, daß zu gleicher Zeit das Papier mit herausgehoben wird, und zwar mit den Ecken genau auf die des Glases passend. Wenn man vorsichtig zu Werke geht, so wird das Papier an dem Collodium haften bleiben. Dann trockne man, wie zuvor erwähnt. Ist das Negativ schon gefirnißt, so verfahre man wie vorher, aber mit dem Unterschied, daß man dem Wasser 3–4 Proc. Alkohol hinzusetzt und das Glas 1/2 Stunde lang in demselben liegen läßt. Wenn das an dem Bilde haftende Leimpapier freiwillig vollkommen trocken geworden (es darf nie am Feuer getrocknet werden), so mache man mit der Spitze des Federmessers rund herum einen Einschnitt nahe am Rande des Glases und tauche dann das Negativ in eine Schale, die ungefähr 1 Zoll hoch mit Wasser gefüllt ist. 1/4 Stunde darauf kann man dann versuchen, mit der Spitze des Federmessers eine Ecke des Collodiumhäutchens abzuheben. Wenn sich das Häutchen mit dem Papiere noch nicht abheben sollte, so lasse man es noch etwas länger liegen. Sobald man findet, daß sich das Collodium vom Glase abheben läßt, hebe man das Papier sorgfältig ab, ohne das Glas aus dem Wasser zu entfernen, das durch das beständige Befeuchten des Collodiums die Operation viel leichter macht. Ist das Papier mit dem anhängenden Collodiumhäutchen abgenommen worden, so presse man es zwischen Löschpapier und trockne es. Auf diese Weise übertragene Negativs besitzen für den Zweck des Copirens bedeutende Kraft, so daß zuweilen die von ihnen gewonnenen Copien in den Kontrasten etwas zu grell sind. Man braucht dann nur in der gewöhnlichen Weise die Rückseite des Papiers mit Wachs zu überziehen.“ Nachdem Bayard die eben erwähnte Mittheilung gemacht hatte, legte er, um zu zeigen, wie leicht man auf diese Weise übertragen könne, ein Collodiumnegativ auf Glas mit einem an dem Häutchen adhärirenden Leimpapier ins Wasser. Le Gray, welcher dieses Negativ geliehen hatte, erklärte Bayard, daß es nicht gut zu übertragen sey, da dem Häutchen die nöthige Consistenz fehle, daß aber das Experiment im Fall des Gelingens um so wichtiger wäre. Ungeachtet dieser ungünstigen Bedingungen brachte Bayard später das Uebertragen mit vollständigem Erfolg zu Stande. Collodiumpositivs können nach folgendem Verfahren, welches vor einem Jahre von Manson in den Photographic Notes mitgetheilt wurde, auf Papier übertragen werden. Um den Uebertragungsfirniß zu bereiten, nehme man 1 Drachme   Borax 4 Drachmen   Schellack, digerire sie mit ungefähr 5 Unzen   Wasser, welches man in einem verdeckten Gefäß bis fast zum Sieden erhitzt, bis sich das Ganze gelöst hat. Nach dem Erkalten ist es zum Gebrauch fertig. Uebertragen des Häutchens. Man trage auf die Oberfläche des Bildes einen Ueberzug von diesem Firniß auf, und zwar mit einem langen und weichen Kameelhaarpinsel, und trockne es schnell, indem man es über eine Flamme oder ein Feuer hält. Nach dem Trocknen trage man auf dieselbe Weise einen zweiten Ueberzug auf. Dann nehme man ein Stück schwarzes Papier, das etwas größer ist als das Glas, überziehe dieses und das Bild mit Firniß und lege die beiden nassen Flächen zusammen, indem man an dem einen Ende beginnt und sorgfältig Luftblasen vermeidet. Wenn das Ganze fast trocken ist, hebe man ein Ende des Papiers auf und streife das Ganze vom Glase ab.