Titel: Ueber ein einfaches Verfahren, mit Anwendung von Eisensalzen unmittelbar kräftige, positive Photographien zu erzeugen; von F. Zöllner.
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. CXII., S. 436
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CXII. Ueber ein einfaches Verfahren, mit Anwendung von Eisensalzen unmittelbar kräftige, positive Photographien zu erzeugen; von F. Zöllner. Aus Poggendorffs Annalen der Physik und Chemie, 1860, Bd. CX S. 153. Zöllner, über ein einfaches Verfahren, mit Anwendung von Eisensalzen. In neuerer Zeit hat Hr. Niepce de Saint-Victor ein Verfahren bekannt gemacht,Comptes rendus, t. XLVI p. 452 et 489; polytechn. Journal Bd. CXLVIII S. 126. durch welches man mit Anwendung des salpetersauren Uranoxydes Lichtbilder erhalten kann, die durch Behandlung mit salpetersaurem Silberoxyd zum Vorschein kommen. Man tränkt zu diesem Zwecke ein Blatt Papier mit einer Lösung von salpetersaurem Uranoxyd, bedeckt dasselbe, nachdem es getrocknet ist, mit dem zu copirenden negativen Bilde und setzt es ungefähr eine Viertelstunde dem directen Sonnenlichte aus. Legt man alsdann das exponirte Papier in eine Lösung von salpetersaurem Silberoxyd, so erscheint ein positives Bild in braunrother Farbe, das sich durch Schärfe und Deutlichkeit auszeichnet. Einige Zeit später theilte Hr. Magnus in der Gesammtsitzung der Berliner Akademie am 29. April 1858 einige Verbesserungen mit, welche Hr. O. Hagen Polytechn. Journal Bd. CXLIX S. 437. in dem so eben mitgetheilten Verfahren gefunden hat. Diese Verbesserungen bestehen in Folgendem: 1) Es muß ungeleimtes Papier angewandt werden oder das geleimte durch Kochen mit Wasser vom Leim befreit werden. 2) Das angewandte Uransalz darf keine freie Salpetersäure enthalten und nicht durch die Beimengungen des käuflichen Uransalzes wie Kupfer und Arsenik verunreinigt seyn. 3) Die wässerige Silbersalzlösung erhält einen Zusatz von Alkohol oder Aether. Mit Beobachtung dieser Vorschriften ist es Hrn. Hagen gelungen, Bilder in grauschwarzem Tone zu erhalten, welche 30 höchstens 60 Secunden, auf Löschpapier sogar nur 15 Secunden Expositionszeit erfordern. Auf die angeführten Punkte Bezug nehmend, gibt Hr. Hagen eine Theorie des hierbei stattfindenden chemischen Processes und bringt denselben mit der Eigenthümlichkeit der alkoholigen Lösungen des salpetersauren Uranoxydes in Verbindung, welche dem Sonnenlichte exponirt, sich zu Oxydul reduciren. Zur genaueren Feststellung dieser theoretischen Ansicht unternahm ich eine hierauf bezügliche Untersuchung, durch welche ich zu Resultaten geführt worden bin, welche, abgesehen von ihrem wissenschaftlichen Interesse, wie ich glaube auch für die praktische Photographie und ihre allgemeinere Verbreitung nicht ohne Bedeutung sind. Es kam mir zunächst darauf an, den im Lichte stattfindenden Reductionsproceß des salpetersauren Uranoxydes sichtbar zu machen und zu diesem Zwecke den frei werdenden Sauerstoff an einen Körper zu binden, durch dessen Oxydation eine deutlich hervortretende Färbung an denjenigen Stellen des Papieres entsteht, an welchen das Licht seine reducirende Wirkung geltend macht. Ein solcher Körper bot sich mir in dem Jodkaliumstärkekleister dar; ich legte daher das mit salpetersaurem Uranoxyd getränkte und dann getrocknete Papier auf eine verdünnte Stärkekleisterlösung, in welcher geringe Mengen von Jodkalium aufgelöst waren und setzte das so präparirte Papier getrocknet dem directen Sonnenlichte aus. Schon nach Verlauf von wenigen Secunden fing das Papier an sich merklich zu bläuen und nach 10 Minuten hatte dasselbe eine tief blaugraue, etwas ins Violette spielende Farbe angenommen, so daß ich schon bei der ersten Wiederholung dieses Versuches, wobei das Papier mit einer undurchsichtigen Schrift auf transparenten: Papier bedeckt war, die getreuen und scharfen Züge dieser Schrift in weißer Farbe auf blauem Grunde erhielt. Die Empfindlichkeit wurde, wie es schien, noch etwas erhöht, wenn man die salpetersaure Uranoxydlösung mit reinem Stärkekleister versetzte. Zur Fixirung des Bildes ist es nur erforderlich dasselbe gehörig mit destillirtem Wasser abzuspülen, wobei die Farbe noch weit deutlicher hervortritt und zugleich einen mehr blauen Ton annimmt. Wenn nun aus dem hier beschriebenen Versuch hervorgeht, daß durch die Einwirkung des Lichtes auf das erwähnte Uranpapier in der That eine Sauerstoffentwickelung stattfindet und somit die von Hrn. Hagen aufgestellte Ansicht bestätigt wird, so müssen nun auch alle die oben angeführten Umstände, welche die Empfindlichkeit des Papiers bei dem Niepce'schen Verfahren vermehren, bei der Behandlung des Uranpapiers mit Jodkaliumstärkekleister vermindern, da es hier gerade darauf ankommt, allen disponiblen Sauerstoff ungetheilt auf die Zersetzung des Jodkaliums zu verwenden. In der That gelangen mir auch die Bilder auf Löschpapier nur äußerst unvollkommen und erwies sich die Gegenwart geringer Mengen von freier Säure ohne merklichen Einfluß auf die Empfindlichkeit des Papieres. In der Absicht, meine Untersuchungen in derselben Weise an Eisensalzen fortzusetzen, deren Zerlegbarkeit durch Licht schon anderweitig bekannt war,Gmelin, Handbuch der Chemie 1843, S. 164. DraperPhilosoph. Magazine, Septbr. 1857; polytechn. Journal Bd. CXLVI S. 29. behandelte ich ein mit Eisenchlorid präparirtes Papier mit Jodkaliumlösung und beobachtete an allen mit dieser Lösung in Berührung gewesenen Stellen durch Ausscheidung von Jod eine tief schwarzblaue Färbung des Papiers. Wurde hingegen das mit Eisenchlorid überzogene Papier hinreichend lange dem Lichte ausgesetzt, so verlor es die Eigenschaft, sich in Berührung mit Jodkaliumlösung zu schwärzen. Ganz dasselbe Verhalten zeigte ein mit Eisenrhodanid präparirtes Papier, und es war somit hierdurch die Möglichkeit gegeben, mit Anwendung gewisser Eisensalze und Jodkaliumlösung unmittelbar positive Photographien zu erzeugen. Von der soeben angegebenen Reaction machten alle von mir untersuchten Verbindungen des Eisenoxydes mit organischen Säuren eine Ausnahme. Vermischt man aber eine gewisse Menge einer Lösung von oxalsaurem Eisenoxyd mit Eisenchloridlösung, so erhält man ein Gemenge, dessen Empfindlichkeit um sehr viel größer ist, als Eisenchlorid allein. Während ein mit letzterem getränktes Papier sich in der Sonne erst in 15 bis 20 Minuten entfärbt, thut dieß ein mit der erwähnten Mischung präparirtes Papier schon in 2 Minuten. Diese Eigenschaft, die Empfindlichkeit der Eisenchloridlösung so bedeutend zu steigern, kommt jedoch von den von mir untersuchten organischen Eisenverbindungen dem oxalsauren Eisenoxyd allein zu. Es sey mir nun gestattet, im Folgenden kurz das Verfahren mitzutheilen, wie sich dasselbe nach vielen Versuchen zur Herstellung photographischer Copien nach den oben angedeuteten Principien als das beste und einfachste bewährt hat. Man bereitet ein Gemisch aus 1 Vol. concentrirter Eisenchloridlösung, 6 Vol. einer concentrirten Lösung von oxalsaurem EisenoxydDas oralsaure Eisenoxyd wurde dargestellt, indem man das aus einer Eisenchloridlösung mit Ammoniak gefällte und gehörig ausgewaschene Eisenoxydhydrat an einem dunklen Orte in einer concentrirten Lösung von Oxalsäure auflöste. Durch etwas freie Säure wird die Empfindlichkeit erhöht. und 14 Vol. destillirten Wassers. Auf diesem Gemisch läßt man an einem dunklen Orte ein mit Stärke geleimtes PapierAm besten das im Handel unter dem Namen „negatives photographisches Papier“ vorkommende mit dem Wasserzeichen: De Canson Frères. 30 his 60 Secunden schwimmen und hängt dasselbe zum Trocknen auf. Das vollkommen getrocknete Papier, welches eine schwach gelbe Farbe hat, wird nun mit dem zu copirenden Gegenstande auf der präparirten Seite bedeckt und unter einem photographischen Copirrahmen dem Lichte ausgesetzt. In weniger als 3 Minuten findet im Sonnenlichte eine vollkommene Entfärbung aller nicht bedeckten Stellen statt und die Copie ist vollendet. Um die nicht vom Lichte getroffenen Stellen sogleich kräftig hervortreten zu lassen, bestreicht man das Papier mit einer Lösung von Jodkalium in Albumin (2 bis 3 Grm. Jodkalium auf das Weiße von 3 Eiern), spült alsdann das ganze Bild auf beiden Seiten gehörig mit gewöhnlichem Wasser ab und trocknet dasselbe zwischen Löschpapier. Die Anwendung des Albumins zur Lösung des Jodkaliums ist sehr wesentlich, indem an allen dunklen Stellen des Bildes durch Ausscheidung von Jod das Eiweiß wahrscheinlich in seine unlösliche Modification übergeführt und hierdurch das Verwaschen der Conturen beim Behandeln mit Wasser vermieden wird. Daher der Glanz an allen dunklen Stellen. Beim Abwaschen der Bilder beobachtet man eine Veränderung des Farbentones von Braunschwarz in Blauschwarz. Zur Anwendung dieses Papieres in der Camera obscura habe ich mich bis jetzt vergeblich bemüht, die Empfindlichkeit desselben zu steigern. Indessen ist es mir gelungen auf Papier, welches mit einer concentrirten Lösung von zweifach-chromsaurem Kali getränkt worden ist,Cosmos. vol. VIII p. 7; polytechn. Journal Bd. CXL S. 50. in verhältnißmäßig kurzer Zeit negative Bilder in der Camera obscura zu erzeugen, die jedoch bis jetzt zu wenig intensiv sind, um hiervon positive Copien anzufertigen. Sichtbar werden diese Bilder ebenfalls durch Jodkaliumlösung gemacht, zu der eine Spur von verdünnter Schwefelsäure gesetzt ist. Die Empfindlichkeit dieses, mit zweifach-chromsaurem Kali präparirten Papiers ist übrigens so außerordentlich groß, daß ein theilweis bedeckter Streifen desselben bei 2 Zoll Entfernung von der Flamme einer Argand'schen Lampe schon nach 2 Minuten eine deutliche Einwirkung des Lichtes an den nicht bedeckt gewesenen Stellen zeigt. Abgesehen von der großen Einfachheit und Wohlfeilheit des beschriebenen Verfahrens verdienen noch folgende Umstände hervorgehoben zu werden. 1) Soweit bis jetzt die Erfahrung reicht, kann das präparirte Papier bequem 8 bis 14 Tage vor dem Gebrauche präparirt und im Dunkeln aufbewahrt werden, ohne irgend wie seine Brauchbarkeit zu verlieren. In Betreff der Eisenlösung bemerke ich, daß eine vor 3 Monaten bereitete Mischung, die an einem dunklen Orte aufbewahrt wurde, noch vollkommen brauchbar ist.Vergl. Draper im Philosoph Magazine, September 1857; polytechn. Journal Bd. CXLVI S. 29. 2) Das Sichtbarmachen des Bildes kann bis 12 Stunden nach der Exposition verschoben werden, ohne dadurch die Deutlichkeit des Bildes zu beeinträchtigen. Bei einer längeren Zwischenzeit findet allmählich wieder eine Oxydation der im Lichte des oxydirten Stellen Statt. 3) Die über die Dauerhaftigkeit dieser Photographien angestellten Versuche sind bis jetzt durchaus zu Gunsten des mitgetheilten Verfahrens ausgefallen. Ich exponirte einige derselben ununterbrochen mehrere Wochen lang dem Tages- und Sonnenlichte und bemerkte nach fünfstündiger Bestrahlung durch directes Sonnenlicht nur eine Aenderung des Farbentones von Blauschwarz in Braunschwarz, ohne daß die Bilder hierdurch merklich an Intensität verloren hatten. Endgültig kann über diesen Punkt natürlich nur erst die Zeit entscheiden. Die zahlreichen Copien von getrockneten Pflanzen, Kupferstichen und einigen Handschriften, welche ich nach der hier mitgetheilten Methode angefertigt habe, zeichnen sich alle durch Schärfe und intensive Färbung aus. Die ziemlich umfangreiche Literatur über Photographien ohne Anwendung von Silbersalzen ist von mir bis zu Ende des vorigen Jahres berücksichtigt worden. Abgesehen von einigen Bemerkungen des Hrn. Niepce de Saint-Victor, über die Reaction einer concentrirten Jodkaliumlösung auf dem Sonnenlichte ausgesetztes Papier,Comptes rendus. Nov. 1858, Nr. 22. ist hier nur eine Arbeit von Hrn. Roussieu bemerkenswerth,Ann. de chim. t. XLVII p. 154–163 welche in gewisser Beziehung dem oben angegebenen Verfahren ähnlich ist. Das Verfahren des Hrn. Roussieu besteht in Folgendem. Tränkt man ein Stück Papier mit Bleizuckerlösung und bringt dasselbe getrocknet in Jodkaliumlösung, so schlägt sich auf seiner Oberfläche gelbes Jodblei nieder. Dieß hat die Eigenschaft in Gegenwart von Stärke durch das Licht sehr schnell eine olivengrüne Färbung anzunehmen, welche nach Hrn. Roussieu aus dem Violett der Jodstärke und dem Gelb des unverändert gebliebenen Jodbleies entsteht. Der Verfasser benutzte dieses Verhalten des Jodbleies, indem er Papier mit einem Gemisch aus Jodblei mit Stärkekleister überzog, zu photographischen Abdrücken von Spitzen, Federn, Blättern etc. Wie man sieht, können durch dieses Verfahren nur negative Bilder erhalten werden, und da dieselben sowohl nach der ausdrücklichen Bemerkung des Hrn. Roussieu als auch nach meinen hierüber angestellten Versuchen nur sehr wenig intensiv sind, so muß man auf die Herstellung von positiven Abdrücken bei diesem Verfahren verzichten. Schönweide, im März 1860. Nachtrag. Die oben angedeuteten Versuche über die Dauerhaftigkeit der beschriebenen Photographien sind in den Wintermonaten, also in einer für diesen Zweck sehr ungünstigen Jahreszeit angestellt worden. Bei Wiederholung derselben in den letzten Wochen des Mai hat sich gezeigt, daß dergleichen photographische Abdrücke unter einem Copirrahmen andauernd den directen, möglichst senkrecht auffallenden Sonnenstrahlen ausgesetzt, nicht nur, wie oben bemerkt, ihre Farbe verändern, sondern hierbei auch an Intensität verlieren. Diese Veränderung ist jedoch, wie es scheint, weniger der Einwirkung des Lichtes als vielmehr der durch die Insolation unter einem Copirrahmen erzeugten, sehr bedeutenden Temperaturerhöhung zuzuschreiben, indem solche photographischen Abdrücke einfach im Sonnenschein aufgehängt eine weit geringere Veränderlichkeit zeigten. Werden aber dergleichen Abdrücke bis zum Versengen des Papiers erhitzt, so verschwindet kurz vor dem Eintritt der Zerstörung des Papiers die darauf befindliche Copie. Dasselbe findet bei Behandlung der Copien mit Alkalien statt. – Obgleich also die Umstände, unter denen die beschriebenen Photographien vernichtet werden, im Allgemeinen nur abnormer Natur sind, so ist es dessenungeachtet für die Haltbarkeit derselben von höchstem Interesse, daß es Payen Comptes rendus, 1859, t. XLVIII p. 73. Dieses Verfahren besteht einfach darin, daß man die Stärke vor ihrer Verkochung zu Kleister mit Kupferoxyd-Ammoniak übergießt. durch eine einfache Behandlung der Stärke mit Kupferoxyd-Ammoniak gelungen ist, die Farbe der Jodstärke gegen die Einwirkungen des Lichtes und der Wärme zu schützen. Im Uebrigen ist zu bemerken, daß sowohl in der Haltbarkeit gegen die angeführten Agentien als auch in dem Ausfall des Farbentones sich bei den einzelnen Copien nicht unbedeutende Variationen zeigen, ohne daß es mir bis jetzt gelungen wäre die Bedingungen, unter denen diese Erscheinungen am vortheilhaftesten auftreten, mit der wünschenswerthen Präcision festzustellen. Indessen hat die allmähliche Vervollkommnung der gesammten Photographie bis zu ihrer heutigen, hohen Ausbildung gelehrt, daß dergleichen Bedingungen, bei dem vollkommenen Mangel an eigentlich theoretischer Basis über die hierbei stattfindenden, molecularen Vorgänge, lediglich durch eine möglichst vielfache und allseitige Wiederholung der Proceduren auf rein empirischem Wege ermittelt werden können, und daher zunächst auch nur auf diesem Wege eine Verbesserung des mitgetheilen Verfahrens zu erwarten steht. Schönweide, im Mai 1860.