Titel: Ueber die Reactionen beim Verfrischen des Roheisens auf Stahl und Schmiedeeisen; von Hrn. Lan, Professor der Metallurgie an der Bergschule zu St. Etienne.
Autor: Lan
Fundstelle: Band 156, Jahrgang 1860, Nr. CXIV., S. 447
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CXIV. Ueber die Reactionen beim Verfrischen des Roheisens auf Stahl und Schmiedeeisen; von Hrn. Lan, Professor der Metallurgie an der Bergschule zu St. Etienne. (Schluß von S. 381 des vorhergehenden Heftes.) Lan, über das Verfrischen des Roheisens auf Stahl und Schmiedeeisen. III. Puddeln auf Stabeisen. Aus der vorangehenden Untersuchung des Stahlpuddelns scheinen einige auch für das Puddeln auf Stabeisen wichtige Resultate abgeleitet werden zu können. Die gegenwärtig allgemein bei der Umwandlung des Roheisens in Schmiedeeisen angewandten Methoden lassen sich auf zwei Typen zurückführen, auf das Trockenpuddeln, puddlage sec (Weiß eisenfrischen, Karsten), und das Schlackenpuddeln, puddlage gras Ersteres wird besonders bei Feinmetall oder bei Gemengen von Feinmetall mit verschiedenen weißen und halbirten Eisensorten, letzteres bei Roheisen von verschiedener Beschaffenheit angewendet. Ohne uns bei den zahlreichen Abänderungen aufzuhalten, welche diese beiden typischen Verfahren darbieten und welche ihren Grund sowohl in der Beschaffenheit des zu verwendenden Roheisens als der zu erhaltenden Stabeisensorten und besonders in localen Gewohnheiten haben, wollen wir den Vorgang in den beiden extremen Fällen näher untersuchen. Das Trockenpuddeln ist mit der vorbereitenden Behandlung des Eisens, welche Feinen (magèage) genannt wird, verknüpft. Durch die übereinstimmenden Untersuchungen verschiedener ChemikerVergl. besonders die Untersuchung von Karsten (Handbuch der Eisenhüttenkunde 1841, Th. IV S. 198), die Abhandlungen von Thomas (Ann. des mines Nr. III 1833) und Abel (Quart. Journ. of the Chem. Soc. Juli 1857) ist nachgewiesen, daß hierbei der Kohlenstoff zwar austreten kann, daß er aber im Allgemeinen im Feinmetall in fast gleicher, wenn nicht in größerer Menge wie im Roheisen zurückbleibt. Silicium, Phosphor und Mangan verschwinden bei guter Arbeit in sehr bedeutender Menge; nur der Schwefel leistet bei dieser Operation einen Widerstand, indem seine Menge eher zuzunehmen als sich zu vermindern scheint. Alle Untersuchungen dieses Gegenstandes schreiben dieses Verhalten dem Schwefelgehalt des Brennmaterials zu, und wenn man erwägt daß beim Feinen auf je 100 Pfd. Roheisen 30 bis 40 Pfd. Kohks verbraucht werden, welche wenigstens 0,30 bis 1 Proc. Schwefel enthalten, so kann es nicht befremden daß der Schwefel nicht zu entfernen ist. Die Analysen der Producte des Herdfrischens zeigen uns, daß während der beiden ersten Perioden, die einem wirklichen Feinen entsprechen, das Eisen dieselbe Einwirkung erleidet wie im englischen Feinfeuer, jedoch mit Ausnahme des Schwefelgehalts, der zwar etwas langsamer als die übrigen Bestandtheile verschwindet, aber doch zugleich mit ihnen abnimmt. Hierdurch allein würde schon die Richtigkeit der Ansicht bewiesen werden, nach welcher dem Brennmaterial die Unvollkommenheit des Feinens rücksichtlich des Schwefelgehalts zugeschrieben wird. Ohne bei den Einzelheiten der Feinarbeit zu verweilen, reicht es für unsern Zweck hin, hier festzustellen, wie schwierig es ist, bei der englischen Feinarbeit ein gleichmäßiges Product zu erhalten; man braucht nur die Producte von einer gewissen Anzahl von Operationen nebeneinander zu halten, um zu erkennen, daß die Veränderung welche das Eisen beim Feinen erleidet, sehr verschiedene Abstufungen hat. Auch ist diese Unregelmäßigkeit ohne Zweifel der Grund, weßhalb in mehreren Hütten Versuche gemacht wurden, statt der gewöhnlichen Feineisenfeuer Flammöfen mit Gebläsen einzurichten, auf deren Herde man erwartete die Arbeit regelmäßiger ausführen zu können. In dem hauptsächlichsten Material des Trockenpuddelns ist also während des Feinens der Kohlenstoffgehalt nicht vermindert, sondern vielmehr erst vermehrt worden, das Silicium und Mangan mehr oder weniger stets verschwunden, der Schwefelgehalt aber vermehrt worden oder wenigstens unverändert geblieben; wenn noch Roheisen hinzugefügt wird, so ist dieß weißes, Schwefel haltend und unreiner als das Feinmetall. Die Arbeit selbst wird in den meisten Fällen auf folgende Weise ausgeführt. Die Oefen haben meistens massive Wände aus feuerfesten Steinen und einen aus Eisenabfällen oder Gaarschlacken aufgeführten Herd, der sich sehr gut eine ganze Woche lang erhalten läßt, und dessen Dimensionen etwas kleiner als die Oefen beim Schlackenpuddeln seyn können. Die Arbeit zerfällt in fünf Perioden: Erste Periode. Das Einsetzen von etwa 200 Pfund Feinmetall entweder für sich allein oder mit etwas Roheisen auf den entweder trocknen oder mit etwas flüssiger Schlacke dünn bedeckt ist. Dauer 5 bis 6 Minuten. Zweite Periode. Einschmelzen oder vielmehr Erweichen des Eisens bei völlig offener Klappe. Nach 15 bis 20 Minuten scharrt der Arbeiter die noch nicht weich gewordenen Stücke mit der Stange zusammen. Indem von neuem 6 oder 8 Minuten lang ein volles Feuer gegeben wird, gelangt die Masse in einen breiartigen Zustand, welchen der Arbeiter mit großer Sorgfalt während der folgenden Periode zu erhalten sucht. Dritte Periode. In diesem Zustande wird die Masse mit dem Haken umgerührt; es entwickeln sich jetzt und schon etwas vor dem Beginn dieser Periode Blasen und Flämmchen von Kohlenoxydgas, aber ohne daß die Masse jemals flüssig wird oder bedeutend aufsteigt. Der Puddler sorgt sogar dafür, daß das Register zuweilen geschlossen wird, aus Furcht daß die flüssige Masse auf die Sohle des Herdes hinabsinken könnte; diese Vorsicht ist jedoch nur selten nöthig, wegen des immer etwas kalten Ganges des Ofens. Vierte Periode. Nachdem 20 bis 25 Minuten gerührt wurde, bildet sich eine dünne Schlackenschicht auf der Sohle des Herdes und blendend weiße Metallkörner schweißen aneinander. Der Puddler hebt sie in die Höhe und setzt sie auf der Sohle der zugleich erhitzenden und oxydirenden Wirkung der Flamme aus. Dieses Verfahren entspricht vollständig dem Aufbrechen beim Herdfrischen. Es erfordert 10 Minuten; während dieser ganzen Zeit ist das Register geöffnet. Fünfte Periode. Die mehr und mehr schweißbar und weißglühend gewordenen Massen werden zu Luppen von 30 bis 35 Kilogr. vereinigt und nacheinander herausgenommen bei noch immer geöffnetem Register, wozu 8 bis 10 Minuten erforderlich sind. Die Dauer der ganzen Arbeit erreicht also 1 oder 1 1/4 Stunde. Der Abgang schwankt zwischen 6 und 8 Procent und beträgt selten 8 Procent. Der Verbrauch an Kohlen dürfte 70 bis 80 Procent nicht überschreiten. Obgleich die steife Beschaffenheit des Eisens sich einer genauen Untersuchung der Veränderungen, welche es in den verschiedenen Perioden erleidet, widersetzt, so kann man doch aus dem verschiedenen Aussehen auf das schließen, was mit ihm vorgeht. Vom Anfang der Schmelzperiode an, selbst schon wenn der Arbeiter zum erstenmale die einzelnen Stücke zusammenscharrt, beobachtet man an der Oberfläche jedes Stückes Funken und blaue Flämmchen von Kohlenoxydgas. Dieses Kohlenoxydgas kann nur durch die Einwirkung des an der Luft entstandenen Eisenoxydes auf den vom Eisen gebundenen Kohlenstoff entstanden seyn. Das für sich allein unschmelzbare Eisenoxyd erzeugt sich in zu großer Menge um von der wenigen Kieselsäure, welche die Charge liefert, in flüssige Schlacke verwandelt zu werden; es wird vielmehr von dem geschmolzenen Theile des Eisens mit auf die Sohle des Herdes geführt, wo die zahlreichen aus der teigigen Masse hervorbrechenden Gasblasen eine unaufhörliche Entkohlung andeuten. Sobald von den Eisenstücken eine erste solche Schicht herabgeflossen ist, bildet sich eine neue, bis endlich das Ganze in eine zum Umrühren taugliche Masse verwandelt ist. Vom Umrühren an, welches unter directem Einfluß des oxydirenden Luftstromes geschieht, ist es leicht einzusehen, daß die Entkohlung fortschreitet theils unter directem Einfluß der Luft, theils des Oxydes, welches durch die letztere gebildet ist. Hieraus ergibt sich also, daß vom ersten Erweichen des Eisens bis zum Luppenmachen die Entkohlung des Eisens ununterbrochen fortschreitet. Wenn die durch das vorhergehende Feinen bewirkte Reinigung vollständig wäre, so wäre in diesem Verfahren keine Gefahr für die Reinheit des Productes enthalten. Nun ist aber, wie oben bemerkt, das beim Feinen entstehende Product theils nicht gleichmäßig, theils muß darin stets eine beträchtliche Menge Schwefel zurückbleiben, wenn graues Kohkseisen zum Feinen verwendet wurde. Nach Berthier's Versuchen wird aber Schwefeleisen nicht durch Eisenoxyd zersetzt, sondern beide verbinden sich mit einander, jedoch nur wenn beide in völlig flüssigem Zustande zusammen gebracht werden. Die letzte Bedingung ist aber im Puddelofen nicht erfüllt, da daselbst das Eisenoxyd fast sogleich nach seiner Entstehung bei der stattfindenden Entkohlung wieder reducirt wird, indem zugleich die Masse körnig und trocken wird und gewöhnlich nur wenig Schlacke zurückläßt. Hierzu kommt noch, daß sehr häufig die Arbeiter aus Nachlässigkeit, oder um schnell fertig zu werden, das Rühren schon anfangen, wenn die Masse noch zu kalt ist und die einzelnen Stücke noch nicht weich genug oder geschmolzen sind; deßhalb findet man auch häufig im Product dieser Arbeit Kerne von kaum entkohltem und sicherlich von anderen Verunreinigungen noch nicht hinreichend befreitem Eisen. Alle diese Mängel des Trockenpuddelns müssen, selbst wenn der Feinproceß gut ausgeführt ist, doch bewirken, daß ein äußerst rothbrüchiges Product erhalten wird, welches noch außerdem häufig die von den übrigen Verunreinigungen bewirkten Fehler zeigen wird. Daß dieses die Hauptursachen sind, weßhalb das beim Trockenpuddeln nach der noch jetzt in den meisten Hütten üblichen Methode erhaltene Eisen von schlechter Qualität ist, wird noch ferner durch die folgenden Betrachtungen über das Schlackenpuddeln bewiesen werden. Das Schlackenpuddeln hat nicht eher in Anwendung kommen können, bevor man auf den glücklichen Gedanken verfiel, die Wände des Puddelofens aus Eisen mit Luft- oder Wasserkühlung anzufertigen. In den alten, aus feuerfesten Steinen erbauten Oefen konnte man unmöglich einen aus flüssigem Eisen und Eisenschlacken bestehenden Satz verwenden, indem die Schlacken fortwährend auf die Wände auflösend wirken und aus diesem Grunde, abgesehen von ihrer zerstörenden Wirkung auf den Ofen, bald zu roh werden würden um noch weiter auf das Eisen frischend einwirken zu können. Zum Schlackenpuddeln wurden zuerst weiße Eisensorten verwendet. Aus dem im Vorhergehenden Gesagten ergibt sich, daß dieses Eisen wegen seiner Neigung nach dem Einschmelzen dickflüssig zu bleiben, unter dem Einfluß von Hammerschlag oder gaarenden Schlacken sehr bald hoch kommen müßte, also bei ihm die Entkohlung wenigstens ebenso rasch fortschreiten wird als die Reinigung. Wenn man nun bedenkt, daß diese Roheisensorte gewöhnlich unrein und namentlich schwefelhaltig ist, so wird man leicht begreifen, daß das rasche Schlackenpuddeln bei solchem Rohmaterial sich durch eine größere Billigkeit des Ausbringens vor dem Trockenpuddeln bei gefeintem grauen oder halbirten Eisen auszeichnen konnte, daß aber in Beziehung auf die Qualität die Resultate ungünstiger oder wenigstens ebenso wie bei den alten Methoden ausfielen. Ganz anders gestaltet es sich, wenn dem Schlackenpuddeln dieselben Sorten unterworfen werden, welche noch gegenwärtig zum Trockenpuddeln verwendet werden. Diese werden beim Einschmelzen völlig flüssig; da nun die Arbeit genau wie beim Stahlpuddeln ausgeführt wird, so erfolgt auch hier die Reinigung nur langsam, anfangs während des Einschmelzens, dann beim Umrühren des noch flüssigen Satzes am Anfang der dritten Periode, während erst in der vierten Periode beim Durcharbeiten eine kräftige Entkohlung eintritt. Mit anderen Worten, es findet während der zweiten und dritten Periode ein Vorgang statt, welcher dem Feinen sehr ähnlich, aber viel vollkommener ist, weil das Brennmaterial von dem Herde getrennt ist und das Eisen durch die Schlacke vor der Einwirkung des im Brennmaterial enthaltenen Schwefels geschützt wird. Außerdem muß diese Einwirkung viel gleichmäßiger seyn, weil die vollkommene Flüssigkeit eine innige Mengung möglich macht und die Auflösung der Silicate, phosphorsauren Salze und Schwefelmetalle in der Schlacke möglich macht. Wenn man am Ende der vierten Periode statt wie beim Stahlmachen das Register zu schließen, die Entkohlung ähnlich wie beim Trockenpuddeln durch ein Aufbrechen bei geöffneter Klappe vollendet, wird man statt des Stahles Eisen erhalten, welches ein derbes Korn hat und mehr hart als weich ist; um es weich und sehnig zu machen, braucht man nur die Schlacke gegen Ende der vierten Periode ablaufen zu lassen. In Betreff der Qualität scheint es nach dem Vorhergehenden unzweifelhaft zu seyn, daß dieses Eisen vorzüglicher als das durch trockenes Puddeln erhaltene seyn wird; außerdem kann dieses durch die Erfahrungen bewiesen werden, welche man in einigen Hütten im Loire-Departement gemacht hat, in welchen man für graues Kohkseisen statt des Trockenpuddelns das Schlackenpuddeln eingeführt hat. Während das erste Verfahren immer ein rothbrüchiges Eisen liefert, wird das nach der zweiten Methode erzeugte von Drahtfabrikanten und Hufschmieden gesucht, indem, wie sich der Verf. in einer dieser Hütten davon überzeugen konnte, der Rothbruch völlig verschwunden ist. In diesen Hütten wird das graue Eisen sowie die Schlacke beim Einschmelzen in völlig flüssigen Zustand gebracht, und auch beim weiteren Verlauf der Arbeit durch ein Offenbleiben des Registers bewirkt, daß der Satz flüssig bleibt, wodurch die Entkohlung verzögert, das Rühren verlängert, jedoch erschwert wird. Hierdurch wird größere Gewißheit gegeben, ein gutes Product zu erhalten, und da in gewissen Fällen eine gute Qualität das Hauptziel des Hüttenmannes ist, so tritt sie nicht in den Hintergrund vor der Vermehrung der Unkosten, welche durch dieses Verfahren theils durch den Mehrverbrauch an Brennmaterial und Eisenabfällen, theils durch größern Abgang und Vermehrung des Arbeitslohnes verursacht werden. Doch werden im Allgemeinen andere Verhältnisse eintreten. Dann wird man nach der Ansicht des Verf. durch zwei Abänderungen des Verfahrens ohne große Opfer an Zeit, Brennmaterial und Eisenabfällen statt der alten Methode des Trockenpuddelns das Schlackenpuddeln einführen, und hierdurch die Qualität des Eisens verbessern können, ohne den Preis erhöhen zu müssen, nämlich indem man die Kosten vermeidet, welche die Erhaltung eines aus Eisenabfällen hergestellten Herdes verursacht, denn Schweißofenschlacken oder auch die beim Puddeln selbst fallenden Schlacken werden, auf zweckmäßige Weise erweicht und wieder zusammengebacken, ein eben so dauerhaftes Material bilden, und nur in den Fällen, wo man sehr unreines Eisen verarbeitete, wird es nöthig seyn, den Ofen von den Schlacken zu entleeren. Eine zweite Verbesserung des Verfahrens würde gewonnen seyn, wenn das Einschmelzen nicht erst im Puddelofen selbst geschieht; hierbei werden nicht nur während der 3/4 Stunden, welche zum Einschmelzen von 200 Kil. Roheisen im Puddelofen erforderlich sind, 130 bis 140 Kilogr. Kohlen verzehrt, sondern beim Einschmelzen wird auch zugleich ein Theil des Eisens oxydirt und verschlackt, was aber ganz überflüssig ist, da ja schon die gaarenden Zuschläge das Frischen bewirken. Außerdem werden die Arbeiter theils aus Unachtsamkeit, theils wegen ihres Bestrebens die Arbeit zu erleichtern und abzukürzen, häufig das Rühren zu früh beginnen, d.h. bevor alle Eisenstücke völlig geschmolzen sind. Alle diese Uebelstände werden vermieden, wenn man das Roheisen in flüssigem Zustande direct aus dem Hohofen in den Puddelofen fließen ließe. Freilich wird sich dieß Verfahren nur in seltenen Fällen ausführen lassen, und selbst da, wo die Puddelwerke noch in hinreichender Nähe bei den Hohofen liegen, würde seine Einführung die Hindernisse finden, welche bei den in dieser Absicht gemachten Versuchen oft nicht haben überwunden werden können. – Vielleicht wird sich auch ein anderes wohlfeileres Verfahren finden lassen, um die Puddelöfen mit flüssigem Roheisen zu beschicken.