Titel: Ueber Photo-Zinkographie.
Fundstelle: Band 157, Jahrgang 1860, Nr. LXX., S. 289
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LXX. Ueber Photo-Zinkographie. Aus dem Journal of the Society of arts durch das württembergische Gewerbeblatt, 1860, Nr. 34. Ueber Photo-Zinkographie. Photo-Zinkographie nennt Henry James das von ihm angewendete Verfahren, Copien von Kupferstichen, Karten, Manuscripten u. dgl. auf photographischem Wege herzustellen und die Photographie direct auf eine Zinkplatte überzutragen, wovon sich jede beliebige Anzahl Abdrücke nehmen läßt. Oberst Sir H. James hat eine Zeitlang die Photographie dazu benützt, die Landesvermessungskarten von großem auf kleineren Maaßstab zu reduciren. Jedermann, der einige Kenntniß von der Camera obscura besitzt, wird sogleich erkennen, daß dieß mittelst einer sorgfältigen Bestimmung des Abstandes zwischen der Linse des Instruments und zwischen dem zu copirenden Gegenstand bewerkstelligt werden kann. Bei der Copirung der Landesvermessungskarten in verjüngtem Maaßstabe ist die größte Pünktlichkeit erforderlich, und diese wurde bei dem Kartenbureau zu Southampton dadurch erreicht, daß man die Camera obscura auf einer genau bemessenen Flächenscala hin und her schob. Die dadurch erreichte Vollkommenheit ist der Art, daß ein zur Prüfung des Werthes von diesem Verfahren niedergesetztes Comité sich dahin aussprach: „der größtmögliche Irrthum in irgend einem Theil der reducirten Plane übersteige nicht 1/400 Zoll und die jährliche Ersparniß belaufe sich auf 1615 Pfd. Sterling.“ Von dieser werthvollen Anwendung zur Reduction von Karten und dergl. weiter gehend, gelangte Sir Henry James zu nachfolgendem Verfahren, sie abzudrucken. Das in der Camera obscura gewonnene Negativbild wird auf ein Papier gebracht, das mit zweifach-chromsaurem Kali und Gummi abgewaschen und dann gut getrocknet worden ist. Der Gebrauch von zweifach-chromsaurem Kali wurde von Mungo Ponton eingeführt und in der Folge eine sehr gefällige Modification seines Processes, Chromatyp genannt, von Robert Hunt bei der Versammlung der brittischen Gesellschaft zu Cork zur Oeffentlichkeit gebracht.Polytechn. Journal Bd. XC S. 413. Eine andere Anwendung dieses eigenthümlichen Salzes als photographisches Agens wurde damals von E. Becquerel gemacht. Nachher bediente sich desselben Pretsch bei seinem interessanten Verfahren der Photo-Galvanographie,Polytechn. Journal Bd. CXLVII S. 442. und noch später H. Fox Talbot bei seinem Verfahren der Photoglyphie.Polytechn. Journal Bd. CI. S. 276. Der Werth dieses Salzes beruht in allen diesen Fällen auf einer merkwürdigen, ihm zukommenden Eigenschaft. Wird es in Contact mit einem organischen Stoff in das Licht gebracht, so zersetzt es sich und die Chromsäure geht eine starke Verbindung mit dem organischen Körper ein, welcher Art er auch seyn mag, so daß sie auf allen den Theilen, welche dem Einfluß der Sonne ausgesetzt waren, unauflösbar gemacht wird. Bei diesem besondern Verfahren wird das Collodium-Negativbild, nachdem man es fest an das mit zweifach-chromsaurem Kali und Gummi präparirte Papier (im Copirrahmen) gedrückt hat, dem Einfluß der Sonne ausgesetzt. Das so gewonnene Bild wird dann an seiner ganzen Oberfläche mit lithographischer Tinte überfahren und heißes Wasser darauf geschüttet. Nunmehr, da alle Theile, welche dem Licht ausgesetzt waren, eben dadurch unauflösbar geworden sind, übt das heiße Wasser auch keinen Einfluß auf dieselben aus; alle anderen Theile aber werden beseitigt, und somit gewinnt man den Umriß einer Karte oder irgend eines Bildes oder Documentes in einem für Uebertragung auf Zink, Stein oder Kupferplatte fertigen Zustand. Der nachfolgende Auszug aus einer Mittheilung von Oberst Sir Henry James an die Photographic News gibt noch eine genauere Erklärung von dem Verfahren und seiner Anwendung. „Seit der Veröffentlichung dieses Berichts (d.h. des Berichts von dem Comité für das obenerwähnte Reductionsverfahren) hat Capitän A. de Courcy Scott, der mit diesem Theil der Arbeiten beauftragt ist, Experimente gemacht, um die reducirte Photographie in einem Zustand hervorzubringen, daß sie sogleich entweder auf Zink oder die mit Wachs bestrichene Oberfläche der Kupferplatten für den Stecher übertragen werden kann, und mit Hülfe des durch seine Geschicklichkeit in der Zinkographie bekannten Hrn. Appel und des Corporals A. G. Rider, eines unserer Photographen, haben wir, denke ich, unsern Zweck vollkommen erreicht; und unser Erfolg ist dem Umstand zuzuschreiben, daß wir bei diesem Institut Photographen und Zinkographen erster Classe haben, wiewohl ich selbst weder das Eine, noch das Andere bin. Das Verfahren wodurch die Photo-Zinkographieen der alten Manuscripte aus dem Staatsarchiv (angenommener Maßen aus der Zeit von Eduard I) gefertigt wurden, hat im Princip Aehnlichkeit mit dem sogenannten Kohlenstoffverfahren von Asser aus Amsterdam,S. 199 in diesem Bande des polytechn. Journals. welches darin besteht, daß man ein Papier mit einer Auflösung von zweifach-chromsaurem Kali und Gummi überfährt, es hernach in trockenem Zustand unter ein sehr verstärktes Negativ bringt und sofort lithographische Tinte auf der ganzen Oberfläche aufträgt, alsdann diejenige, welche auf dem lösbaren Theile des zweifach-chromsauren Kalis sich befindet, entfernt und endlich die also erzeugte Copie auf Zink überträgt. Aber wiewohl im Princip das Verfahren dasselbe ist, wie jenes von Asser, so kommt doch der bei uns erzielte Erfolg von Abweichungen in der Methode her, die beinahe auf jeder Stufe des Processes vorgenommen wurden, wie z.B. bei Ueberfahrung der ganzen Oberfläche mit Tinte und Wiederbeseitigung der überflüssigen Tinte, indem man beide Zwecke dadurch erreicht, daß man das Papier durch Zinkplatten, die gleichmäßig mit lithographischer Tinte bedeckt waren, unter Pressung gehen und dann wiederum den „anastatischen“ Proceß statt des Verfahrens der Uebertragung auf Zink eintreten ließ.“ Der Zweck, den wir im Auge haben, ist die Hervorbringung von Facsimiles von Planen oder Manuscripten oder Liniengravirungen jeder Art, und wir stoßen darum nicht auf Schwierigkeiten, wie jene, welche die Hervorbringung von Abstufungen in Schatten oder Halbtönen suchen; wir aber sind zu diesem wichtigen Resultat – nämlich daß wir nunmehr mit sehr geringen Kosten jede beliebige Anzahl Facsimiles von den alten Reichsurkunden oder auch von Bibelhandschriften u.s.w. erzeugen können, gelangt, ohne auch nur die Originalien zu berühren, und dieß, dünkt mir, ist eine höchst wichtige Anwendung der Kunst der Photo-Zinkographie. Es gibt nichts Vollkommeneres, als die solcher Art gewonnenen Copien von Manuscripten und gothischer Schrift. Ohne Zweifel läßt sich von diesem ebenso einfachen, als ökonomischen Verfahren eine sehr ausgedehnte Anwendung machen.